Protocol of the Session on January 26, 2011

2. Warum haben Sie nicht in Ihrer Regierungszeit von PDS und SPD zwischen 1998 und 2006 gehandelt, um hier eine Verbesserung für die Arbeitnehmer zu erreichen?

Wir von der NPD reden seit Jahren davon, dass es große Gefahren gibt, wenn die osteuropäischen Billiglohndrückerkolonnen durch Freizügigkeitsgesetzgebung der EU freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Sie von der LINKEN haben mir damals Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen

(Helmut Holter, DIE LINKE: Zu Recht, zu Recht, zu Recht. Sie sind ausländerfeindlich.)

und Sie waren es auch, die die Grenzöffnungen zum Nachteil gerade des Billiglohnbereiches freudig mitgetragen haben. Sie erinnern sich an Ihre Reden hier an dieser Stelle.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Es ist schon mehr als unverfroren, Herr Holter, ja, geradezu kriminell, wenn Sie als Kommunist sich hier als Anwalt der sozial Schwachen in Position bringen mit so einem Gesetzentwurf.

Herr Holter, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt und ich wiederhole das hier: Ich schließe mich da, was die politische Einschätzung Ihrer Person angeht, der Bewertung Ihrer Genossin Frau Dr. Linke nochmals ausdrücklich an, wenn sie sagt, Helmut Holter ist ein falscher Prophet.

12,3 Prozent aller Erwerbstätigen laufen Gefahr, trotz Arbeit total zu verarmen hier in Mecklenburg-Vorpommern. Mikrozensus 2008: verfügbares Einkommen je Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern – 73 Prozent des Bundesdurchschnitts. 25 Prozent sind Tagelöhner mit befristeten Arbeitsverträgen, 690.000 Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern werden immer stärker mit Abgaben belegt.

Durch die Erweiterung der EU gen Osten und die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie im letzten Jahre, die Sie alle hier wollten, die heute jammern, geraten die kleinen und mittleren Einkommen massiv unter Druck. Wettbewerbsverzerrung, haben wir eben gehört von Herrn Minister Seidel, die Wettbewerbsverzerrung kommt dadurch zustande, dass ungleiche De-facto-Ausstattungen der Volkswirtschaften aufeinander losgelassen werden.

Was wir im Bereich der Währungsspannungen erleben, setzt sich nun fort, wird sich fortsetzen auf dem Bereich des Arbeitsmarktes. Das, was hier jetzt möglich wird, nämlich das brutale Unterbieten deutscher Unternehmen durch das Hereinströmen von Billigangeboten aus dem Osten, das wird zum Nachteil der mittleren und kleinen Unternehmer nicht dadurch geschützt, dass man ein Schutzgesetz gegen das Gesetz der EU versucht aufzubauen, indem man dann auch schaut, dass es formalrechtlich eine Möglichkeit gibt, dass das auch zulässig ist.

Das Problem, was wir haben, ist, dass hier in Europa ganz einfach so unterschiedliche Standards, von denen Herr Roolf auch gesprochen hat, aufeinandertreffen, die in Wettbewerb treten und gar nicht wettbewerbsgleich einen Wettbewerb austragen können. Die Polen haben zum Beispiel einen ganz anderen Sozialstandard als die Deutschen in Mecklenburg-Vorpommern. Und Sie hetzen jetzt die bessere Kostenstruktur der polnischen Unternehmer auf die etwas sozial verpflichtendere gesetzliche reale Lage hier im Land, auf die Unternehmen hier in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel.

Ich frage mich, wie viele einheimische Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern werden nach dem 1. Mai 2011 überhaupt noch in der Lage sein, öffentliche Aufträge erhalten zu können, weil unsere Sozialstandards in der Regel fast doppelt so hoch sind wie zum Beispiel im Durchschnitt der Länder Osteuropas, die jetzt freien Zugang zu unserem Arbeitsmarkt erhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es soll nicht zusammengeführt werden aus Sicht der NPD, was nicht zusammenpasst und deshalb auch nicht zusammengehört, meine Herren und Damen.

Die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“, eine polnische Zeitung, schrieb vor Kurzem, Zitat: „Über eine halbe Millionen Polen wollen gen Westen aufbrechen.“ Arbeitsno

maden arbeiten dort für 4,80 Euro, weil sie nämlich dort unter Vertrag genommen worden sind von Leiharbeitsfirmen, die in Polen ansässig sind. Für die 11.000 in Mecklenburg-Vorpommern mit Leiharbeitsverträgen arbeitenden Einheimischen ist schon jetzt der Kampf verloren, wenn in wenigen Monaten die Polen hier freizügigen Zugang zu unserem Arbeitsmarkt haben. Und wenn Sie mit dem Billiglohn kommen, was ich ja auch in Ihrem Gesetzentwurf gelesen habe, dann erinnere ich Sie, dass wir es waren, die vor Jahren hier an dieser Stelle einen Mindestlohn von 8,80 Euro gefordert haben.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wir haben schon 2002 den Mindestlohn gefordert, Herr Pastörs.)

Und jetzt sage ich Ihnen noch einmal, wie wir das damals gemeint haben.

(Regine Lück, DIE LINKE: 2002 sind wir in den Wahlkampf mit dem Mindestlohn.)

Das haben wir explizit nicht gemeint, dass dann der Pole, der vielleicht in Deutschland arbeitet, auch die 8,80 Euro bekommt,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

sondern dass das zunächst einmal ein Mindestlohn für die deutsche Arbeitnehmerschaft hier in Mecklenburg-Vorpommern und, wenn es geht, in ganz Deutschland auch der Fall ist. Denn stellen Sie sich bitte vor, die 8,80 Euro für einen deutschen Arbeitnehmer hier in Mecklenburg-Vorpommern haben eine ganz andere Kaufkraft, auch heute noch, als die 8,80 Euro oder die 10,00 Euro, die Sie da jetzt einräumen wollen. Das hört sich gut an, aber das sollte man mal ein bisschen kritisch abklopfen, Herr Holter. Dann wird Folgendes eintreten: Die Polen werden dann für 10,00 Euro umso lieber hier in Deutschland den deutschen Arbeitnehmern Konkurrenz machen, als sie das schon auch für 7,00 Euro oder 8,00 Euro machen würden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schüren Sie doch hier nicht solche Ängste!)

Und was sind die 8,80 Euro oder die 10,00 Euro für deutsche Arbeitnehmer hier in Deutschland, was die Kaufkraft angeht, denn für ein attraktives Angebot? Gar keins! Sie stimulieren mit diesem Gesetz, was Sie da aufgeschrieben haben, geradezu, dass immer mehr Billiglohnangebote aus dem Osten hier nach MecklenburgVorpommern und nach Deutschland hineinströmen. Das ist die Wahrheit.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ihre Wahrheit ist das.)

Das ist die Wahrheit.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Ihre verdammte Wahrheit.)

Die wird geteilt durch führende Wirtschaftswissenschaftler. Lesen Sie,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Unsinn, das wissen Sie auch.)

lesen Sie mal...

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Unsinn und Menschenverachtung ist das.)

Mein lieber Herr Dr. Nieszery, Sie sind ja für Ihre Pöbeleien bekannt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ja. Gott sei Dank!)

Aber ich empfehle Ihnen, lesen Sie mal

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein.)

einschlägige Wirtschaftsliteratur, die sich mit dem Problem der Wettbewerbsfähigkeit

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht jede, nicht jede, Herr Pastörs.)

der deutschen Industrie im Verhältnis zu der osteuropäischen sachlich auseinandersetzt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ja, ja. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Dann würden Sie ganz, ganz ruhig auf Ihrem Plätzchen Platz nehmen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, da bin ich ganz ruhig, da bin ich ganz ruhig.)

und Ihre Diäten kassieren und nicht mehr aufpiepen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach so?!)

Sie machen doch hier nur Blabla

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und Sie? Was machen Sie denn den ganzen Tag?)

und wenn Sie hier vorne stehen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was machen Sie denn, Herr Pastörs?)

wenn Sie hier vorne stehen, dann ist außer Hetze nichts von Ihnen zu hören.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Außer was?! Hetze?! – Angelika Peters, SPD: Hetzen können Sie am besten.)

Und dass Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung, Herr Seidel zum Beispiel, jetzt hier auch mit einem Gesetz kommen, das wundert mich dann schon sehr. Ich kann mich erinnern,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

ich kann mich erinnern, Herr Seidel, dass vor zwei Jahren Sie sich hier hingestellt haben und Folgendes dem Sinne nach diesem Auditorium, dem Plenum mitteilten: Also durch mehr Wettbewerb in Europa würde ja dann auch für die Verbraucher draußen ein viel günstigeres Angebot für die Verbraucher nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu erwarten sein. Dieses Ammenmärchen ist seit spätestens zwei, drei Jahren gestorben. Die Realitäten in Europa zeigen etwas ganz, ganz anderes.