Protocol of the Session on December 17, 2010

Wir Liberalen wollen keine Kinderakte, die automatisch von der Kita an die Schule übergeben wird. Wir wollen den Kindern in unserem Land keinen staatlichen Gütestempel auf die Stirn drücken. Daher muss das Recht über die Verwendung der Beobachtungs- und Dokumentationsergebnisse einzig und allein bei den Eltern liegen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

denn die Eltern sind es, die das Erziehungskonzept und die Verantwortung für ihre Kinder haben und über die Weitergabe der kindbezogenen Daten entscheiden müssen. Ohne Zustimmung der Eltern gibt es für uns Liberale keine Weitergabe von kindbezogenen Daten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ohne Zustimmung der Eltern gibt es keine Weitergabe der kindbezogenen Daten. Ohne Zustimmung keine Weitergabe.

Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, damit der Interpretationsspielraum des KiföG nicht gegen die Interessen der Kinder und Eltern unseres Landes benutzt werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr gut.)

Danke, Herr Grabow.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Sozialministerin hat in Vertretung das Wort der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch.

(Hans Kreher, FDP: Das ist ja eine Schwerstarbeit heute.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Sie haben vielleicht gedacht, liebe Kollegen von der FDP-Fraktion, Sie kommen an diesem Text vorbei. Ich hatte vorhin ja schon mal Anlauf genommen, jetzt kriegen Sie ihn.

(Gino Leonhard, FDP: Ne, ne, ne, ne, ne!)

Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion zeigt zunächst zweierlei:

1. Die FDP-Fraktion hat das novellierte KiföG und die damit verbundene Zielstellung noch immer nicht verstanden. Vermutlich hat sie auch deshalb auf die schriftliche Begründung ihres Antrages besser gleich verzichtet.

(Matthias Mantei, CDU: Hört, hört!)

2. Bevor man Anträge in dieses Hohe Haus einbringt, ist man gut beraten, nicht reflexartig auf jeden Lobbyisten zu reagieren,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh, oh, oh, oh, Herr Tesch!)

sondern sich zunächst einmal mit der Sache auseinanderzusetzen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Dies gilt besonders dann, wenn man wie Sie, sehr geehrte Herren, muss man ja jetzt sagen, der FDP-Fraktion, den Vorsitzenden des Sozialausschusses in den eigenen Reihen weiß.

Gerne nutze ich die Gelegenheit, Ihnen die einschlägigen Regelungen und Zielstellungen des KiföG noch einmal zu erläutern, auch wenn es dazu eines solchen Antrages sicher nicht bedurft hätte. Wir haben in diesem Hohen Haus schon mehrfach und ausführlich darüber geredet.

Die FDP-Fraktion beantragt zunächst die Feststellung des Landtages, dass eine alltagsintegrierte Beobachtung und Dokumentation des kindlichen Entwicklungsprozesses in Paragraf 1 Absatz 5 KiföG „eine wichtige Grundlage für die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes sein kann“. Dazu kann ich nur sagen, einer solchen Feststellung des Landtages bedarf es nicht. Das steht alles so im Gesetz und in den Begründungen zu verschiedenen Paragrafen und wird sich so auch, das sei angefügt, in den Ausführungen der Anfang des Jahres in Kraft tretenden Rechtsverordnungen des Sozialministeriums und des Bildungsministeriums widerspiegeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der FDP-Fraktion, mit den Forderungen unter den Ziffern 1 bis 3 laufen Sie bei der Landesregierung offene Türen ein. Und es bedarf schon deshalb keines Landtagsbeschlusses, weil all das, was Sie da fordern, von Beginn an Leitlinie unseres Handelns war,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

sich im KiföG niederschlägt und jetzt auch bei der Erarbeitung der einschlägigen Rechtsverordnungen beachtet worden ist. Wie in der Vergangenheit auch werden die Trägerhoheiten beachtet und auch künftig werden allein die Träger darüber entscheiden können, welche Verfahren zur alltagsintegrierten Beobachtung und Dokumentation sie in ihren Einrichtungen anwenden wollen.

Wenn unter Ziffer 2 des Antrages die Landesregierung aufgefordert werden soll, „die Zuweisung von finanziellen Mitteln nicht von spezifischen Verfahren zur alltagsintegrierten Beobachtung und Dokumentation abhängig“ zu machen, so geht auch dies an der Sache und den gesetzlichen Regelungen komplett vorbei. Ein Blick ins Gesetz zeigt, dass nach Paragraf 1 Absatz 5 KiföG eine alltagsintegrierte Beobachtung und Dokumentation des kindlichen Entwicklungsprozesses Grundlage der individuellen Förderung in allen Altersstufen ist. Da ist es folgerichtig weder im Gesetz geregelt noch in der Rechtsverordnung vorgesehen, bei der individuellen Förderung die Zuweisung von Finanzmitteln von der Anwendung spezifischer Verfahren abhängig zu machen.

Nur der Vollständigkeit halber will ich darauf hinweisen, dass es sich bei der gezielten individuellen Förderung tatsächlich anders verhält. Hier ist vorgesehen, dass die für die gezielte individuelle Förderung zur Verfügung stehenden Finanzmittel, Sie erinnern sich, in Höhe von insgesamt 5 Millionen Euro nur denjenigen Einrichtungen gewährt werden sollen,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

die unter Anwendung eines vergleichbaren Verfahrens,

(Michael Roolf, FDP: Siehste, da ist das Problem! Da ist das Problem!)

und Sie haben davon gesprochen, das sogenannte DESK-Verfahren, Förderbedarfe einzelner Kinder tatsächlich festgestellt haben.

(Michael Roolf, FDP: Korrekt.)

Dieses DESK-Verfahren hat sich im Modellversuch auch in Mecklenburg-Vorpommern bewährt.

(Michael Roolf, FDP: Da ist genau das Problem.)

Wie der Abgeordnete Herr Grabow auf die Idee kommt, dafür müssen Kinder in den Einrichtungen trainiert werden, ist der Landesregierung mit Verlaub nicht bekannt und ist aus unserer Sicht Unsinn.

Bei DESK 3-6 werden spielerisch Stärken und Schwächen bei Feinmotorik, Grobmotorik, Sprache und sozialer Entwicklung festgestellt. Wir haben uns nach ausführlicher Diskussion mit den Wissenschaftlern unserer beiden Universitäten und der Hochschule Neubrandenburg – und auch das würde ich jetzt einfach mal unterstellen, dass das auch Fachleute sind – dazu entschieden, bei der gezielten, …

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Ja, dann sagen Sie, es gibt die und die Fachleute, aber sagen Sie nicht, die Fachleute.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

… dazu entschieden, bei der gezielten individuellen Förderung nach Paragraf 1 Absatz 6 KiföG tatsächlich auf die Anwendung des DESK-Verfahrens abzustellen. Nur so können wir einen wichtigen Punkt der KiföG-Novelle, nämlich die Evaluation, auch sachgerecht aus unserer Sicht umsetzen.

Ich finde, es ist nicht nur zulässig, sondern angesichts der knappen finanziellen Ressourcen geradezu geboten, wenn das Land den Einsatz von 5 Millionen Euro an bestimmte Vorgaben knüpft, nicht zuletzt auch mit der Zielstellung, die Zielgenauigkeit des Einsatzes dieser Mittel wissenschaftlich zu überprüfen. Da wir für dieses neue Förderinstrument der gezielten individuellen Förderung 5 Millionen Euro zur Verfügung stellen können, geht es auch darum, diese Mittel zielgerichtet einzusetzen und nicht mit der Gießkanne über das Land zu verteilen.

(Ralf Grabow, FDP: Darüber reden wir gar nicht.)

Deshalb sind in der Rechtsverordnung Mindestbeträge vorgesehen, die im Ergebnis dazu führen, dass ohnehin nicht alle Einrichtungen davon profitieren werden, sondern in erster Linie die sogenannten BrennpunktKitas. Sie brauchen also keine Sorge zu haben, dass wir irgendjemandem ein Verfahren aufzwingen, das er gar nicht haben will.

(Ralf Grabow, FDP: Wenn die das Geld haben wollen.)

In diesem Zusammenhang darf ich in Erinnerung rufen, dass wir hier über zusätzliche 5 Millionen Euro für die Förderung von Kindern reden, die einer besonderen Förderung bedürfen. Für die allgemeine Förderung von Kindern stehen, das nur zu Erinnerung, rund 96 Millionen Euro zur Verfügung. Ich freue mich, dass die Bundesregierung mit ihrem Programm für Sprachförderung in sozialen Brennpunkten genau diesen Ansatz und diesen Weg in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Die von der FDP-Fraktion unter Ziffer 3 des Antrages angesprochene datenschutzrechtliche Komponente ist

mir ebenfalls sehr wichtig und deshalb breit im Gesetz geregelt. So heißt es in Paragraf 1 Absatz 5 KiföG, dass die Ergebnisse der Beobachtung und Dokumentation nur mit schriftlicher Einwilligung der Personensorgeberechtigten den Grundschulen sowie den Horten zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will es jetzt gar nicht so hart vorlesen, wie es hier steht, aber da steht: Damit ist die Nachhilfestunde in Sachen KiföG beendet. – Herzlichen Dank.