Protocol of the Session on December 15, 2010

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl ich inhaltlich das soeben beschlossene Gesetz mittrage und mich im Rahmen der Ausschussberatungen aktiv am Gesetzgebungsverfahren beteiligt habe, habe ich mich aus grundsätzlichen Erwägungen gehindert gesehen, mich an der

Abstimmung zu beteiligen. Mein Verhalten begründe ich wie folgt:

Mit der vorliegenden Gesetzesfassung verfehlt der Gesetzgeber nach meiner festen Überzeugung vorsätzlich und ohne Not fundamentale Prinzipien.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Oi!)

Gesetze sind nämlich kein Selbstzweck, sondern haben eine Regelungsfunktion, die sich nicht an einige wenige Expertinnen oder Ministerialbeamtinnen richtet, sondern an die Allgemeinheit, und das heißt an eine unbestimmte Zahl von Adressatinnen. Das Gesetz muss also so allgemeinverständlich wie möglich sein, und das heißt lesbar und verständlich. Diese Grundvoraussetzung wird aber im vorliegenden Gesetz über weite Strecken verfehlt und stellt sich, weil nämlich Frauen für diese Vorgehensweise herhalten müssen, ohne sich dagegen wehren zu können, als diskriminierend und frauenfeindlich dar.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ein Beispiel anstelle von vielen weiteren entsprechenden textlichen Gestrüpps mag dies verdeutlichen. Ich zitiere Paragraf 66 unter der kurzen Überschrift

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

„Persönliche Voraussetzungen für die Wahl zur Bürgermeisterin oder zum Bürgermeister oder zur Landrätin oder zum Landrat“.

Dort heißt es in Absatz 1 Satz 1, Zitat: „Wählbar zur ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeisterin oder zum ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeister oder zur Landrätin oder zum Landrat ist, wer am Tag der Wahl nicht nach § 6 Absatz 2 von der Wählbarkeit ausgeschlossen ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat.“

Absatz 2 lautet: „Wählbar zur hauptamtlichen Bürgermeisterin oder zum hauptamtlichen Bürgermeister oder zur Landrätin oder zum Landrat ist nur, wer das 60. Lebensjahr, bei Wiederwahl das 64. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und die Voraussetzungen zur Ernennung zur Beamtin auf Zeit oder zum Beamten auf Zeit erfüllt.“ Haben Sie verstanden, was Sie da beschlossen haben?

(Zurufe von Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU: Ja!)

Falls nein, empfehle ich die amtliche Begründung zu Paragraf 66. Dort heißt es klar und deutlich ohne sogenannte sprachliche Paarbildungen, ich zitiere: „Alle Kandidaten, die sich um das Amt eines ehrenamtlichen … Bürgermeisters oder Landrates bemühen …“, und so weiter. Auf die Nachfrage im Rechtsausschuss, warum denn im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut in der Begründung auf die sprachliche Paarbildung verzichtet worden sei, wurde uns sehr einleuchtend erklärt, wegen der besseren Verständlichkeit.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Der Gesetzestext wird vorsätzlich unnötig so verkompliziert, dass er eine Zumutung für die Adressatin ist, während hingegen die amtliche Begründung, die der normalen Gesetzesanwenderin natürlich nicht mitgeliefert wird, so einfach und verständlich abgefasst ist, wie es sich für den Gesetzeswortlaut gehört hätte.

Übrigens, als Alibi für die sprachlichen Verunglimpfungen mussten in den Ausschussberatungen immer wieder die „Gemeinsame Geschäftsordnung II – Richtlinien zum Erlass von Rechtsvorschriften und weiteren Regelungen durch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern (GGO II) “, der von der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Dr. Margret Seemann herausgegebene „Leitfaden für die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Amts- und Rechtssprache“ und die Parlamentarische Staatssekretärin selbst herhalten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Und das Handbuch der Rechtsförmlichkeit. – Udo Pastörs, NPD: Oh!)

Aber damit tut man der Gemeinsamen Geschäftsordnung II, dem besagten Leitfaden und Frau Dr. Seemann in boshafter Weise Unrecht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: In boshafter Weise!)

So beruft sich die Parlamentarische Staatssekretärin im Leitfaden ausdrücklich auf die entsprechende Passage in der GGO II Paragraf 3 Absatz 10, ich zitiere: „Auf die sprachliche Gleichstellung von Männern und Frauen ist zu achten. Sprachliche Paarformen sind zu vermeiden.“ Zitatende.

Was hätten wir als Gesetzgeber tun können, um beiden Aspekten – Gleichstellung von Frauen und Männern und Textverständlichkeit – Rechnung zu tragen? Das will ich Ihnen sagen. Nehmen Sie bitte noch einmal ste llvertretend Paragraf 66 zur Hand. Der hätte wie folgt sinnvollerweise gelautet: „Persönliche Voraussetzungen für die Wahl zur Bürgermeisterrätin“, „Persönliche Voraussetzungen für die Wahl zur Bürgermeisterin oder Landrätin …“ und so weiter. Absatz 1: „Wählbar zur ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeisterrätin …“

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Rätin!)

Noch mal, selbst die einfache Fassung ist schon kompliziert.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist kompliziert. Das ist einfach kompliziert. – Udo Pastörs, NPD: Gut, dass wir drüber geredet haben.)

Noch einmal, Absatz 1: „Wählbar zur ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeisterin oder zur Landrätin ist …“ und so weiter.

Nach Artikel 4 wäre ein neuer Artikel 5 mit folgendem Wortlaut einzufügen gewesen: „Sprachliche Gleichstellung“, „Personen-, Funktions- und Dienstbezeichnungen gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form.“

(Udo Pastörs, NPD: Jawoll.)

Der bisherige Artikel 5, „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“, würde dann Artikel 6.

Ich hoffe im Interesse unserer Gesetzeskultur, der Verständlichkeit und aus Respekt vor den Frauen, dass wir künftig sprachliche Paarbildungsmonster unterlassen und das uns tatsächlich Mögliche tun, um den Adressatinnen und Rechtsanwenderinnen halbwegs schlanke und aus sich heraus erschließbare Gesetze zu bescheren, wobei meine Ausführungen sich natürlich gleichermaßen auf Frauen und Männer beziehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und wenn wir das zukünftig so machen, knüpfen wir an Jahrzehnte lang bewährte, gute deutsche Gesetzgebungstradition an, mit einem einzigen Unterschied, dass wir zukünftig die Frauen in den Gesetzen benennen und mit einer Generalklausel klarstellen, dass die Männer mitgemeint sind. Und das haben die Frauen auch verdient, dass wir das jetzt mal so rum machen. Aber diese Paarbildungen sollten wir uns und den Gesetzesanwenderinnen wirklich nicht mehr antun. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jawoll. – Helmut Holter, DIE LINKE: Beifall von der Koalition. Wer entlarvt hier wen?)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4.

Meine Damen und Herren, bevor ich den Tagesordnungspunkt 4 aufrufe, gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Mit Datum vom 1. Dezember 2010 ist Herr Reinhard Dankert aufgrund eines Mandatsverzichtes aus dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern ausgeschieden. Als Listennachfolgerin der Landesliste der SPD ist Frau Hannelore Monegel festgestellt worden. Am 15. Dezember 2010 hat Frau Monegel schriftlich die Annahme ihres Mandats erklärt und ist somit seit dem 15. Dezember 2010 Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern.

Ich heiße Frau Monegel in unserem Haus erneut herzlich willkommen und wünsche ihr alles Gute für ihre Arbeit hier im Landtag

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 10. Juni 2010, Drucksache 5/3707, hierzu Beschlussempfehlu ng und Bericht des Innenausschusses, Drucksache 5/3991.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Vierzehnter Rundfunkänderungs- staatsvertrag) vom 10. Juni 2010 (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/3707 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 5/3991 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 10. Juni 2010 auf Drucksache 5/3707. In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Innenausschuss, den Gesetzentwurf der

Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/3991 unverändert anzunehmen.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und einer Stimme der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktion der NPD …

(Regine Lück, DIE LINKE: Wir haben abgelehnt. – Torsten Renz, CDU: Renate, ich glaube, du musst wiederholen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Die Fraktion DIE LINKE hat ansonsten abgelehnt und die Fraktion der NPD ebenfalls. Enthalten hat sich die Fraktion der FDP. Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 5/3707 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/3707 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU gegen die Stimmen der Fraktion der NPD und der Fraktion DIE LINKE und bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen.

In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Innenausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Innenausschusses mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU gegen die Stimmen der Fraktion der NPD und der Fraktion DIE LINKE bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen.

Meine Damen und Herren, die Fraktion der NPD hat um eine Auszeit von 15 Minuten gebeten. Ich unterbreche die Sitzung für 15 Minuten. Wir beginnen dann wieder um 14.05 Uhr.

Unterbrechung: 13.49 Uhr