(Egbert Liskow, CDU: Das machen die. – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)
dass Sie und die Mehrheit Ihrer Fraktion eine solche Respektlosigkeit gegenüber einer staatlichen Institution und staatlichen Symbolen gutheißen.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir erweisen unserer Nationalhymne den notwendigen Respekt, Herr Nieszery.)
Ich hoffe, dass Sie hier und heute noch die Gelegenheit ergreifen, um sich unmissverständlich zu distanzieren.
Unsere Kritik, insbesondere am Afghanistaneinsatz, richtet sich also ausdrücklich nicht gegen die Bundeswehr, sondern gegen die politische Entscheidung, eine politische Entscheidung, die einen Auftrag formuliert, der
sich immer mehr von der Realität vor Ort entfernt, einen Auftrag, der immer weniger dazu geeignet scheint, das ohnehin verschwommene strategische Ziel der internationalen Gemeinschaft zu erreichen.
Entsandt haben wir unsere Soldaten mit dem Auftrag, den zivilen Wiederaufbau in Afghanistan zu sichern und die Demokratisierung des Landes voranzubringen.
Afghanistan, meine Damen und Herren, ist heute aber von demokratischen Verhältnissen ähnlich weit entfernt wie zu Beginn der Initiativen.
Es produziert heute genauso viel Rauschgift wie die Kokainländer Kolumbien, Peru und Bolivien zusammen.
Die meisten humanitären Helfer im Land leben in Todesangst, einerseits vor den wieder erstarkten Taliban und andererseits vor Minen und Entführungen.
Von der zunehmend verunsicherten Bevölkerung und insbesondere den Taliban werden sie als Handlanger des fremden Militärs angesehen und dementsprechend auch behandelt.
Zahlreiche Hilfsprojekte wurden zwar finanziert, aber nicht realisiert. Ein guter Teil der Hilfsgelder versickert in einem hochgradig korrupten System. Nach Aussagen eines deutschen Generals – ich darf das wiederholen: eines deutschen Generals –
laufen rund 60 Prozent der von Deutschen und der EU ausgebildeten afghanischen Soldaten und Polizisten zum Gegner über, und zwar allein aus dem Grund, weil er zehnmal mehr Sold zahlt.
Hinzu kommt, dass die Autorität der afghanischen Zentralregierung kaum über Kabul hinausreicht. Sie ist extrem schwach und bietet so gut wie keine Perspektiven für eine eigenständige Fortführung des Wiederaufbau- und Demokratisierungsprozesses. Das, meine Damen und Herren, sind die Realitäten vor Ort.
Deshalb trauen sich die Soldaten nur noch in schwer gepanzerten Wagen vor ihr Lager. Jeden Tag müssen die Einsatzkräfte damit rechnen,
in einen Hinterhalt zu geraten, auf Minen zu fahren oder Opfer von Sprengfallen und Selbstmordattentätern zu werden.
Offiziell, meine Damen und Herren, werden die Kampfeinsätze der Bundeswehr als Notwehrsituation eingestuft. Das mag ja in juristischem Sinne auch richtig sein. Jedoch ist Notwehr normalerweise ein Ausnahmefall. In Afghanistan aber sind Notwehrsituationen zur Alltäglichkeit geworden. Sie bedrohen die Soldatinnen und Soldaten jeden Tag auf Schritt und Tritt. Fragen Sie doch einmal diejenigen, die da waren, wie sie diesen Einsatz beschreiben! Fragen Sie die Verwundeten oder Traumatisierten! Sie werden Ihnen sagen, dass sie sich wie im Krieg fühlen.
Wenn sich also unsere Soldaten in einem Krieg befinden, stellt sich doch die Frage, ob es überhaupt noch ein realistisches strategisches Ziel dieses Kriegseinsatzes gibt und, wenn ja,
Diese Fragen stellen sich auch eine Vielzahl von Soldaten, meine Damen und Herren, der unterschiedlichsten Dienstgrade. Sie haben ebenso wie wir erhebliche Zweifel daran, dass sich der politische Auftrag und die Realität in Übereinstimmung bringen lassen.
Seien Sie gewiss, mit dieser Kritik fallen wir Sozialdemokraten den Soldaten nicht in den Rücken! Das, meine Damen und Herren, werden Sie von mir und der SPD niemals erleben. Aber wir stellen Fragen nach der Legitimation und der Sinnhaftigkeit des Unterfangens. Das sind die Fragen und Probleme, die uns Sozialdemokraten bewegen
und auf die wir ebenso wie die Soldaten eine Antwort verlangen. Darüber wollen wir politisch diskutieren, auch und gerade zum Schutz und im Interesse unserer Soldaten. Eine Diskussion über die Frage von Krieg und Frieden gehört zu den ureigensten Aufgaben von Politik, hoffentlich auch bei Ihnen, meine Damen und Herren von den Liberalen!
Die parlamentarische und gesellschaftliche Diskussion über die Mission der Bundeswehr ist ausgesprochen wichtig und hat natürlich auch etwas mit der Strukturde
batte zur Reform der Bundeswehr zu tun, aber nicht so, wie Sie, meine Damen und Herren von der FDP, es hier versuchen darzustellen. Die kritische Haltung der SPD in Mecklenburg-Vorpommern zu den Einsätzen in Afghanistan hat nichts, aber auch gar nichts mit den künftigen Entscheidungen zu Standorten der Bundeswehr zu tun.