Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Nachhaltige Raumentwicklung durch eine Untertageraumordnung sicherstellen, Drucksache 5/3802. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3845 vor.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Nachhaltige Raumentwicklung durch eine Untertageraumordnung sicherstellen – Drucksache 5/3802 –
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die folgende Aussage mag Sie verwundern, aber sie ist dennoch wahr: Unser Land ist reich an Bodenschätzen. Und zwar sind es nicht Bodenschätze, die in der Vergangenheit eine besondere Rolle gespielt haben, sondern solche, die in Zukunft eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung unseres Bundeslandes erhalten werden. Wir haben Lagerstätten von Erdwärme, die wir schon heute nutzen und auch in
Zukunft weiter nutzen werden für Heizungswärme und für die Erzeugung von Elektrizität. Wir haben Potenziale für die Speicherung von Energie, überschüssige Windenergie als Zwischenspeicher. Wir haben Potenziale für die Speicherung von Erdgas aus Russland und wir haben natürlich Speicherpotenziale für Treibhausgas aus Kohlekraftwerken. Aber es geht immer nur eine Nutzung,
mehrere gleichzeitig schließen sich aus. Und deswegen müssen wir uns entscheiden, wofür wir unsere Lagerstätten in Zukunft nutzen wollen.
Die aktuelle Diskussion über die Nutzung der Untertageressourcen ist ausgelöst worden durch diejenigen, die die weitere Nutzung fossiler Energieträger befürworten, ohne das schädliche Kohlendioxid weiterhin in der Erdatmosphäre endlagern zu wollen.
in Pipelines oder in Tankwagen transportiert und unter Tage endgelagert werden, klimaneutrale Kohleverbrennung sozusagen.
Ein Argument für diese Auffassung ist, es sei theoretisch besser, die Endlagerung von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre zu vermeiden, um die Erderwärmung abzubremsen. Aber praktisch liegen überhaupt keine gesicherten Erkenntnisse vor, ob so eine Endlagerung überhaupt risikolos und wirtschaftlich vertretbar ist.
Risiken sind zuhauf aufgelistet auf der Internetseite der Bundesregierung. Ich spreche hier an das Bundesministerium für Umwelt und Natur. Dort heißt es: „Bei der CCS-Technologie ist bisher nicht vollständig abgeklärt, ob es Beeinträchtigungen der Trinkwasserqualitäten geben wird, ob Undichtigkeiten bei den Deckschichten über den Lagerstätten ausgeschlossen werden können.“ Haftungsrisiken sind ungeklärt und der Nachbetrieb, ich sage es mal mit meinen Worten, „bis in die Ewigkeit“ kann gar nicht abgeklärt sein.
Es gibt keine Halbwertzeiten bei der Endlagerung von Kohlendioxid. Insofern muss hier eine hundertprozentige Sicherheit der Lagerstätten, und zwar in endloser Zeit –
vier Milliarden Jahre meinetwegen oder wie viel auch immer – gesichert werden können. Und das, meine ich, soll mir mal einer erklären, wie das wissenschaftlich hundertprozentig abgesichert sein kann.
Meine Damen und Herren, wir in Mecklenburg-Vorpommern allerdings würden die langfristige Nutzung unserer eigenen Untertageressourcen, die eine elementar wichtige und wichtiger werdende Ressource für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes sind, kaputt machen, weil wir dann nämlich keine Möglichkeiten oder deutlich eingeschränkte Möglichkeiten haben für die Nutzung der Geothermie, für die Zwischenspeicherung von Energien – zum Beispiel aus der Windenergie – in Druckluft oder für die Zwischenlagerung von Erdgas,
welches aus Russland in Lubmin ankommt. Wir zerstören einen wichtigen Zukunftsaspekt von MecklenburgVorpommern durch eine veraltete Technologie.
Und genau das wollen wir nicht. Wir wollen solche Unternehmen, die wir heute schon in Neustadt-Glewe haben, in Waren, in Neubrandenburg, die sich mit Geothermietechnologien befassen und Strom und Wärme erzeugen, weiter ausbauen, weil das eine neue Energie ist, die Zukunft hat.
Wir wollen neue Energien in unserem Bundesland entwickeln und deswegen brauchen wir diese Bodenschätze, die wir in Mecklenburg-Vorpommern – zukünftig immer wertvoller werdend – haben. Wenn wir sie vernichten, vernichten wir, wie gesagt, ein wirtschaftliches Potenzial, und das können wir auch mit Blick auf die Menschen dieses Bundeslandes, die auch zukünftig Arbeit suchen, nicht verantworten. Insofern gibt es tatsächlich einen Nutzungskonflikt, den wir – mit „wir“ meine ich vor allem natürlich die Landesregierung – auflösen müssen. Kurzfristige Effekte mit unabgeklärten Risiken machen unsere langfristigen Entwicklungen kaputt.
Und genau darum geht es in dem Antrag der LINKEN, sozusagen das Ergebnis zum Jahresende vorzulegen. Da kann ich nur sagen, das ist nicht in Monaten zu leisten, sondern nur in Jahren. Wir werden jahrelang brauchen, um diesen Nutzungskonflikt zu moderieren und aufzulösen, und sicherlich wird die Regierung auch uns im Parlament berichten. Davon gehe ich aus.
Unser Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern hat ja heute schon einige Lasten zu tragen, zum Beispiel die Sondermülldeponie in Ihlenberg, das atomare Zwischenlager in Lubmin. Wir wollen kein CCS-Endlager aus der deutschen Kohleindustrie bei uns einrichten.
Meine Damen und Herren, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat im September dieses Jahres ein Gutachten veröffentlicht. Darin heißt es: „Die CCS-Technologie ist technisch nicht abgeklärt, unwirtschaftlich und als Baustein für das Energiekonzept der Bundesregierung ungeeignet. Schätzungen der Speicherpotenziale in Deutschland sind in den letzten sieben Jahren um den Faktor fünf zurückgegangen.“ Ich zitiere: „Wir haben hier andere Möglichkeiten. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist besser als neue Kohlekraftwerke“, sagt eine der Mitautorinnen, Frau Claudia Kemfert. Der andere heißt Dr. von Hirschhausen. Das ist ein sehr deutlich in unsere Richtung geschriebenes Gutachten, das ich jedem zum Lesen empfehle.
Die CCS-geeigneten neuen Kohlekraftwerke haben einen um zehn Prozent geringeren Wirkungsgrad, meine Damen und Herren –
das ist auch dort noch einmal nachzulesen, das wussten wir auch vorher schon –, womit alle Effizienzgewinne in der Kohleindustrie aufgefressen werden, die wir in den letzten Jahren erzielen konnten. Möglicherweise wird es auch auf absehbare Zeit notwendig sein, Kohle als Rohstoff einzusetzen, dann insbesondere in der Grundstoffindustrie, Stahlindustrie, Aluminiumherstellung. Aber dann muss es darauf auch konzentriert sein und kann nicht weiter zur Verstromung verwendet werden, wo wir inzwischen andere Möglichkeiten haben, insbesondere die neuen Energien.
Unser eigenes Konzept „Energieland 2020“, meine Damen und Herren, das wir hier an dieser Stelle ja schon des Öfteren diskutiert haben, hat die Ziele für unsere energiepolitische Richtung in Mecklenburg-Vorpommern klar definiert. Die CCS-Technologie steht diesen Zielen vollständig entgegen und insofern auch noch mal hier ein Achtungszeichen für die Moderation dieser Nutzungskonflikte. Wir jedenfalls wissen, wohin wir mit diesem Bundesland marschieren wollen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Ergebnis: Die globalen Klimaschutzziele sind nur zu erreichen, wenn der Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft beschleunigt wird. Die Quellen und Ressourcen für neue Energien dürfen in der Schlussphase der Nutzung alter Energien nicht verschüttet werden.
Unsere energiepolitischen Landesziele erlauben keine Endlagerung von Kohlendioxid unter Tage, weil dadurch wichtiges wirtschaftliches Potenzial in unserem Bundesland verloren geht oder deutlich eingeschränkt wird. Neue und dauerhafte Arbeitsplätze entstehen gerade mit der Windtechnologie, der Geothermie, der Bioenergie, der Solartechnik, mit regionalen Wirtschaftskreisläufen, wozu wir unsere eigenen Ressourcen unter Tage – die Bodenschätze der Zukunft – dringend brauchen.
Zum Schluss: In dem Monitoring, das jetzt am Dienstag durch die Staatskanzlei vorgestellt worden ist, wurde auch abgefragt, welche Wirtschaftsbranchen die Bürger in diesem Bundesland für bedeutend halten. Und da haben Sie lesen können, neue Energien rangieren zwischen der Tourismuswirtschaft, die davor steht, und der Gesundheitswirtschaft, die dahinter kommt. Und insofern müssen wir auch darauf achten, was die Menschen in unserem Bundesland nicht nur sagen, sondern auch fühlen, um nicht solche Fehler zu begehen, wie sie in Stuttgart begangen worden sind. Das, meine ich, können wir uns nicht leisten. Wir wollen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Land entwickeln und sehen, dass hier ein wichtiges Thema angesprochen wurde. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat zunächst der Verkehrsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Bauminister Herr Schlotmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dem Falle jetzt mal als der Raumordnungsminister, weil das fällt manchmal so hinten runter,
aber wir hörten ja auch schon durch die Einbringungsrede des Kollegen Timm, dass das Thema Raumordnung eigentlich viel dominanter im Hintergrund ist, als sich das die meisten Menschen vorstellen, weil extrem vieles davon beeinflusst wird und gesteuert werden kann. Auch das ist Fakt.
Ich denke, unstrittig ist – zwischen denen zumindest, die sich politisch, aber auch fachlich mit dem Thema beschäftigen –, dass Raumordnung immer sinnvoll ist, wo es verschiedene Nutzungsansprüche gibt. Auch das erleben wir ständig bei den unterschiedlichen Themen. Auch da hat der Kollege Timm das Thema zum Beispiel angesprochen mit der Diskussion um das Kohlekraftwerk, das mal geplant war.
Raumordnung auf dem Land gibt es schon sehr lange, ist auch unbestritten. Raumordnung auf dem Meer gibt es ebenfalls seit einigen Jahren, auch entgegen, ich sage mal, falscher Presseverlautbarungen in den letzten Monaten. Mecklenburg-Vorpommern war an der Stelle einer der Vorreiter. Wir waren die Ersten, die das praktisch umgesetzt haben.