Protocol of the Session on September 16, 2010

(Udo Pastörs, NPD: Das können Sie sich sparen!)

Ich habe das Gefühl, hier wird alles so ziemlich durcheinandergewürfelt und man muss das Ganze mal systematisch anfangen.

Ausgangssituation ist die Entscheidung unseres Bundesverfassungsgerichtes, was befunden hat, dass gerade die Regelkostensätze für Kinder nicht verfassungsgemäß sind,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

weil denen keine Bedarfsermittlung zugrunde liegt, sondern weil man nur einen bestimmten prozentualen Anteil des Erwachsenenregelsatzes auf Kinder übertragen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat der Regierung aufgegeben, einen bedarfsgerechten Kinderregelsatz zu ermitteln. Diese Sache läuft. Da werden wir irgendwann noch ein Ergebnis auf dem Tisch liegen haben und im Ergebnis wird das wahrscheinlich so aussehen, dass die Kinderregelsätze zu erhöhen sein werden, weil bestimmte Komponenten, die für Kinder spezifisch sind, in dem bisherigen Regelsatz nicht ausreichend berücksichtigt worden sind, wie beispielsweise das Thema Bildungsanteil, Schulfreizeiten und so weiter und so fort.

Und wenn wir diesen bedarfsgerechten Kinderregelsatz auf dem Tisch liegen haben, dann ist die Entscheidung zu treffen, wie der denn ausgezahlt wird. Es gibt ja vom Prinzip her die Möglichkeit, dass man sagt, wir stellen es den Eltern in Bargeld zur Verfügung, wie das heute

der Fall ist, und es gibt auch die Möglichkeit zu sagen, bestimmte Elemente aus diesem Regelsatz stellen wir über eine Bildungschipkarte zur Verfügung. Es gibt aber auch die Möglichkeit zu sagen, wir nehmen aus diesem Regelsatz bestimmte Elemente raus und investieren in die Infrastruktur. Das hat unsere Ministerin ganz eindeutig ausgeführt, also Investitionen in die Infrastruktur.

Und meines Wissens gibt es auf der Regierungsebene eine Verständigung, dass man hier in MecklenburgVorpommern keine Chipkarten will, sondern dass wir die Investitionen in die Infrastruktur haben wollen, weil wir einfach ländlich geprägt sind. Wir sind eine ländlich geprägte Region, die mit Stuttgart in keiner Weise zu vergleichen ist. Und es wird nicht möglich sein, dass jeder kleine Sportverein ein Lesegerät stehen hat, wo die Bildungschipkarte eingeführt werden kann, und außerdem haben wir in der Fläche auch nicht in jedem Falle die Angebote, die man braucht, um differenziert auswählen zu können. Es gibt nicht überall Volkshochschulen, es gibt nicht mal überall Sportvereine. Wir sind so strukturiert, dass wir sagen müssen, das macht hier bei uns in der Fläche wenig Sinn. Wir müssen hier in die Infrastruktur investieren.

Und Infrastruktur sind beispielsweise Kindertagesstätten, sind Schulen, wo man kostenloses Essen zur Verfügung stellen kann.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Das Essen ist übrigens auch Bestandteil des Regelsatzes. Und es ist völlig unbenommen zu sagen, also wir machen jetzt nicht irgendwelche Beträge für Bildungsinhalte darauf, sondern wir packen jetzt die Essensbeträge in die Infrastruktur, um auf diese Art und Weise sicherzustellen, dass auch wirklich jedes Kind in der Kindertagesstätte oder auch jedes Kind in der Schule jeden Tag zu einem ordentlichen, gesunden Essen kommt.

Das sind doch Dinge, die wir hier lang und breit erörtert haben. Wir haben doch allesamt hier beklagt, dass gerade diese Geschichte bei uns verbesserungsbedürftig ist, dass wir immer mehr Kinder haben, die nicht in ausreichendem Umfang und entsprechender Qualität zu essen erhalten. Und wenn man dann sagt, wir gehen jetzt den Schritt – wenn man sich zu Sachleistungen entscheidet – und investieren nicht zunächst in Plastik, sondern sagen, wir machen gleich was Vernünftiges und gehen damit in die Infrastruktur, dann ist das der richtige Schritt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja die entscheidende Frage: Wollen wir Zusatzleistungen oder wollen wir sie nicht?)

Das ist jetzt so die Ebene des Bundes, die Ebene des Bundes unter dem Gesichtspunkt kostendeckender, also bedarfsgerechter Regelsatz für Kinder.

Und natürlich kann man darüber diskutieren, ob wir als Land etwas zusätzlich machen. Da kann man drüber diskutieren, wenn man die nötigen Mittel zur Verfügung hat. Und ich darf daran erinnern, dass wir gerade für das Thema Kinder in diesem Doppelhaushalt in erheblichem Umfang Gelder zusätzlich zur Verfügung gestellt haben, Kindertagesstättenförderung 22 Millionen Euro obendrauf, und das Jahr für Jahr. Auch im Schulbereich ist da einiges passiert. Also wir als Land haben uns da schon tüchtig bewegt.

Und dann gibt es noch die Ebene der Kommunen. Es ist jeder Kommune im Rahmen ihrer kommunalen Daseins

vorsorge natürlich selbst überlassen, für Kinder zusätzlich Geld zur Verfügung zu stellen

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

und das obendrauf zu packen, eine Chipkarte zu machen oder sonst was.

(Hans Kreher, FDP: In die Chipkarte mit reinpacken.)

Wenn man gut dasteht, wenn der kommunale Haushalt das hergibt oder wenn man sich auf bestimmte Dinge konzentrieren will, dann kann man das tun. Das kann man heute schon machen, da braucht man keinen Landtagsbeschluss. Die Ministerin hat drauf hingewiesen, dass es solche Karten in Güstrow gibt, die gibt es in Schwerin und so weiter und so fort.

Und ich finde, wenn man hier irgendwie etwas machen will, dann muss man einmal systematisch bleiben, man muss abwarten, was kommt jetzt dabei raus. Und man muss eine prinzipielle Entscheidung treffen: Investiert man in Karten oder investiert man in die Infrastruktur? Und unsere Richtung ist die, dass wir sagen, wir sind bei der ländlichen Lage von Mecklenburg-Vorpommern schon sehr dafür, in die Infrastruktur zu investieren. Und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow für die Fraktion der FDP.

Also ich habe den Eindruck, dass manche Leute den Antrag nicht richtig gelesen haben.

(Michael Roolf, FDP: Nicht richtig lesen wollen. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, na, na! So nicht!)

Hier steht „zu prüfen“. Also was haben wir damit erreichen wollen? Wir haben gewollt, dass man die Einführung im ländlichen Raum und vielleicht auch in einer Stadt prüft, ob so was technisch möglich ist, ob vielleicht Gesetze in Mecklenburg-Vorpommern dagegensprechen. Da gibt es so viele Probleme, die dabei auftauchen können. Wir haben im Augenblick noch gar nicht die Debatte aufgemacht um Regelsätze, sondern wir haben gesagt, wir würden gerne wollen, dass man diese Karte prüft.

Und nicht alle Leistungen, wenn wir denn nachher, wir kommen ja noch zu der Diskussion Regelleistungen, da werden wir uns nachher noch unterhalten, wer das eine oder andere, nicht alles kommt auch vom Bund. Wir reden heute auch über den öffentlichen Nahverkehr.

Und, Frau Ministerin, meine Tochter besucht gerade eine neue Schule im ländlichen Raum. Da merke ich schon in der Klasse, dass da eben das Problem ist.

(Zuruf von Norbert Baunach, SPD)

Ja, Herr Baunach, Sie haben recht, den Sportverein kann sie in Kritzmow besuchen – ihre Freundin nicht –, weil der Bus da hinfährt. Also was dann auf diese Karte draufkommt, ob das ein Stückchen auch Nahverkehrskosten sind, weil das Kind sie dann benutzen kann, weil die Schulbusse, das haben wir ja zur Genüge hier gehört, nicht den ganzen Tag fahren …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das wird ja erst mal ein Verwaltungsaufwand. Oh, oh, oh!)

Was wird daran ein Verwaltungsaufwand? Und wenn ich dann höre: Lobbyist für die Kartensysteme –

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

wir haben uns vorher mal erlaubt, Sparkassen anzurufen und einfach mal zu fragen, wie die das sehen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Dann muss doch das Unternehmen die Kosten immer nachweisen.)

Das sind Pfennigartikel. Fragen Sie einfach nach in Ihrer Sparkasse, technische Abteilung, lassen Sie sich diese Kartensysteme erklären!

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Es sind Pfennigartikel. Und im Endeffekt ist es doch ein Angebot, vielleicht auch Leistungen zu bündeln.

(Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Ich sage mal, es sind jetzt alles Ideen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Wir haben doch nicht mehr gewollt. Wir haben heute nicht gesagt, liebe Kollegen, beschließt das gleich,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

sondern nur gesagt, lasst uns doch auch mal bitte prüfen, ob das nicht machbar ist. Und wenn man nicht mal mehr prüfen darf und es wird vorher schon alles abgelehnt, dann verstehe ich irgendwann mal die Welt nicht mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Also wir sind nicht bei den Regelsätzen. Da kommen wir noch zur Diskussion und da sind unsere Auffassungen sicherlich schon unter den Koalitionären, aber auch bei uns und der LINKEN wahrscheinlich unterschiedlich. Ich habe nicht davon gesprochen, dass wir uns alle einig sind, dass wir das Essengeld vielleicht direkt überwiesen haben wollen, also dass wir so viel wie möglich auch im direkten Verkehr machen wollen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ihr seid doch die Freiheitspartei.)

Also da sehe ich heute meine Baustelle nicht mit diesem Antrag. Ich wollte erreichen, dass wir diese Sachen prüfen.