Protocol of the Session on September 15, 2010

Worin besteht...

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Da haben Sie geschlafen, Herr Minister, drei Jahre.)

Ach, ich glaube, mit Ihnen stimmt wirklich irgendwas nicht.

Aber die...

Herr Borrmann, ich möchte...

Ich will mich an den,...

Herr Minister, bitte!

... an den Themen entlanghangeln.

Herr Minister,...

Was?

... einen Moment bitte!

Herr Borrmann, ich möchte auch Sie noch einmal daran erinnern, dass Ihnen das Wort entzogen wurde.

Ach so! Das ist ja noch besser! Es stimmt also doch was nicht.

Das heißt also, für mich stellt sich wirklich die Frage: Worin besteht der Nutzen von gentechnisch veränderten Organismen? Wenn Sie sich mit der BASF oder Monsanto unterhalten, kommen die natürlich zur Erkenntnis, dass wir Pflanzenschutzmittel angeblich weniger einsetzen können, aber dass man dann auf der anderen Seite Resistenzen neu aufbegehrt oder dieses auch darstellbar ist, glaube ich, ist uns allen mittlerweile auch bekannt.

Sind gentechnisch veränderte Pflanzen aus dem Ökosystem rückholbar? Das heißt, kann ich, wenn ich dieses Ökosystem tatsächlich wieder auf die frühere Basis stellen will, kann ich das erreichen?

(Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Und wenn wir an die MeLa denken, die morgen beginnt, wir haben gerade auch für die Bienen in diesem Lande sehr viel getan. Wenn Sie sich mit den Imkern unterhalten, es brauchen nur einmal gentechnisch veränderte Pollen, und wir haben es hier gesagt, von mehr als 0,9 Prozent im Honig aufzutauchen, dann können Sie den Honig wegschmeißen. Der ist nicht mehr vermarktbar.

Diese ganzen Fragen, die müssen wir uns wirklich noch einmal zu Gemüte führen. Und deswegen ist aus meiner Sicht auch das Misstrauen in der Bevölkerung. Das geht auch quer durch die Reihen in den demokratischen Parteien jedenfalls, wo die Abgeordneten oder die Wissen

schaftler oder auch die Mitglieder und Menschen in den Vereinen und Verbänden sagen, wozu brauchen wir das eigentlich.

Mir hat im Übrigen den richtigen gesellschaftlichen Nutzen bis heute keiner erklärt. Ich habe den Unternehmen immer wieder versucht, an die Hand zu geben, uns zu erläutern, worin tatsächlich der wirtschaftliche und gesellschaftliche Nutzen dieser Produkte besteht.

Innerhalb der Bundesregierung scheint es ja auch unterschiedliche Meinungen zu geben. Nicht umsonst ist es ja so, dass bei Monsanto 810 der Anbau untersagt worden ist. Was ich eben nicht verstehe, ist, wenn ich auf die Amflora oder auf die Amadea auch noch mal hinweisen darf, warum man auf der einen Seite Risiken beim Anbau von Mais sieht und auf der anderen Seite Anbauregeln, die es eigentlich hätte geben müssen für die Kartoffeln, die gentechnisch verändert worden sind, bis heute noch nicht, obwohl ich immer wieder diese Forderung aufgemacht habe an die Bundesregierung, bis heute keine Anbauregeln vorgelegt hat. Ich glaube, das fördert auch nicht das Vertrauen in Politik und in Umsetzung von Politik, wenn solche Dinge durch die Bundesregierung einfach nicht vorgelegt werden.

Ich glaube aber auch, dass es einmalig in der deutschen Geschichte ist, wenn man sich tatsächlich mit dem Koalitionsvertrag auseinandersetzt, in dem es dann heißt, ich darf zitieren: „Der Anbau der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora für eine kommerzielle industrielle Verwertung wird unterstützt.“ Ich glaube, es ist wirklich ein Novum in Deutschland, dass tatsächlich der Produktname – ein Produktname! – in politischen Programmen sich wiederfindet. Und da muss man sich wirklich ernsthaft die Frage stellen: Wo kam und wo kommt das her? Ist hier die Lobby wieder mal stärker gewesen als das, was wir als Menschen oder als in der Verantwortung stehende Abgeordnete tatsächlich wollen?

(Marc Reinhardt, CDU: Oh! Hören Sie auf, so einen Dreck zu erzählen!)

Und ich glaube, es ist auch einmalig in der Geschichte in Deutschland, wenn ich das hier an dieser Stelle ausdrücklich sagen darf, wenn deutsche Zeitungen titeln, dass wir erstmalig einen Umweltminister in Deutschland haben, der als Atomminister oder Genminister bezeichnet wird. Ich glaube, es ist einmalig in Deutschland.

Deswegen bin ich der festen Überzeugung, es sollte in Deutschland konkrete Anforderungen für den Anbau, die Lagerung und den Transport geben. Und wenn diese Anweisungen nicht erfolgen, erwarte ich eine ganz klare Aussage der Bundesregierung, dass man die Schutzklausel, die sie ohne Weiteres auch hätte ziehen können, auch was die Kartoffel betrifft, dass die Schutzklausel in Deutschland hätte gezogen werden können, weil bis heute nicht klar ist, wie insbesondere das Antibiotikagen der Kartoffel auf den Gesamtorganismus reagiert.

Im Übrigen weise ich ausdrücklich darauf hin, auch die europäische Zulassungsbehörde war sich mit den Wissenschaftlern nicht zu Hundert Prozent einig. Es gibt in dieser Frage unterschiedliche Meinungen und dieses hätte aus meiner Sicht gerade auch bei der Kartoffel zu einem Nichtanbau führen müssen.

Insofern ist klar, wir haben weltweit auf 134 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Organismen im Anbau. Das ist so. Davor dürfen und können wir die Augen nicht verschließen. Auf der anderen Seite nehme ich zur

Kenntnis, dass in Europa der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen erheblich zurückgegangen ist, dass nämlich nur noch 96.000, knapp 100.000 Hektar im Anbau sind. Das hat ja Ursachen. Warum haben andere Nationen auch den gentechnischen Anbau zurückgedrängt?

Ich will abschließend noch einmal deutlich machen, das Ministerium, dem ich vorstehe, wird alles dafür tun und ist klar gehalten, geltendes Recht umzusetzen. Ich werde dieses ausdrücklich konsequent tun. Wir haben es hier mit Bundesrecht zu tun. Das Gentechnikgesetz ist relativ klar formuliert. Deswegen gibt es aus meiner Sicht daran nichts zu deuteln. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Herr Abgeordneter Reinhardt, Ihren Zwischenruf weise ich als unparlamentarisch zurück.

(Minister Dr. Till Backhaus: Was hat er denn gesagt?)

Herr Minister, von der Regierungsbank bitte keine Äußerungen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. von Storch von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag lautet: „Risikoreiche Grüne Gentechnik verhindern“, und schon stellt sich die Frage: Können wir das überhaupt?

Sie, Herr Minister, haben vorhin gesagt, dass die Anbaufläche weltweit bei 134 Millionen Hektar liegt. Das entspricht mehr als der gesamten Ackerfläche der EU. Und glauben wir wirklich ernsthaft, dass wir da das Rad der Geschichte zurückdrehen können? Wem wollen Sie das hier eigentlich verkaufen? Wir können es nicht.

Wir haben hier im Landtag im Jahre 2007/2008 eine umfangreiche Anhörung zum Thema Gentechnik gehabt. Der Agrarausschuss hat sich damit eingehend befasst und dem Landtag eine Beschlussvorlage zugeleitet, die er auch angenommen hat. Demgegenüber hat sich in der Vergangenheit jetzt nichts, aber auch gar nichts geändert.

Ich will dem Minister gern folgen, dass es Anbauregelungen bundesweit geben soll. Es ist auch richtig, dass der Bereich der Forschung vielleicht nicht den Stellenwert hat, den wir brauchen, und dass da sicher immer gefordert werden muss, auch letzte Risiken auszuschließen, wenngleich wir uns mal nichts vormachen wollen: Gibt es überhaupt einen Bereich, in dem man letzte Risiken ausschließen kann?

(Hans Kreher, FDP: Ja, das meine ich auch. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Na, dann glauben Sie das ruhig.

Ich sage nur eins: Dieser Antrag hier bringt uns in keiner Weise weiter. Ich bin der Meinung, Agrarforschung zu verbessern, das ist oft genug gesagt worden, auch ohne diesen Antrag. Und wenn wir im Augenblick vielleicht einen Rückgang haben beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Europa, sagt das über die Zukunft überhaupt nichts aus.

Ich kann Ihnen nur sagen, wir waren gestern mit unserem Arbeitskreis in einem großen Milchviehbetrieb und wir haben uns erkundigt, was denn da verfüttert wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Da hat man uns gesagt, wir brauchen auch Soja neben Luzerne und Mais. Das Soja ist ausschließlich gentechnisch verändertes Soja und kommt aus Brasilien.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Jeder Liter Milch – außer Biomilch –, den wir trinken, kommt von Kühen, die Futter bekommen aus gentechnisch verändertem Soja. Und dann stellen wir uns hier hin und tun so, als müssten wir die Gentechnik abschaffen!

(Rudolf Borchert, SPD: Wenn die Verbraucher das wüssten, würden sie wahrscheinlich diese Milch auch nicht mehr trinken.)

Das ist an Realitätsferne kaum zu überbieten, meine Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)