Protocol of the Session on July 8, 2010

(Beate Schlupp, CDU: Je kleiner die Kinder werden? Ich denke, die sollen größer werden?!)

desto höher ist der Anteil der Eltern, die eben von Hartz-IV oder ergänzenden Leistungen, Hartz-IV-Leistungen, leben. Das heißt also, das Land mit der größten Kinderarmut ist ein Land mit Elternarmut. Armut steht für wenig Geld, aber eben zugleich für Ausgrenzung und persönliche Demütigung.

(Vincent Kokert, CDU: So, und jetzt zurück zum Gesetz! – Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, das müssen Sie sich schon anhören.)

Das zeigt sich eben gerade in unserem dünn besiedelten Flächenland,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist die soziale Situation.)

wo jeder Weg mit kleinen Kindern zum Museum, zum Zoo, zur Bibliothek oder sonst wohin immer mit finanziellen Aufwendungen und hohen Fahrkosten verbunden ist. Also Armut ist ein Synonym für eingeschränkte Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Also lautet die Frage, die Sie, verehrte Koalitionäre,

(Harry Glawe, CDU: Ja?)

sich natürlich stellen müssen, wenn Sie ein solches Gesetz auf den Weg bringen:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da warten wir jetzt schon die ganze Zeit drauf.)

Wird mit dem novellierten KiföG das Fundament gelegt, um allen Kindern unter diesen – durch die Einführung von Hartz IV verschärften – sozialen Bedingungen einen Weg zu bahnen, der es ihnen ermöglicht,

(Vincent Kokert, CDU: Wir sind hier nicht im Bundestag. – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

ihre vielfältigen natürlichen Begabungen auch zu entfalten?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Selbstverständlich, Frau Linke. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Eine Antwort soll uns der Paragraf 1, nämlich „Ziele und Inhalte der individuellen Förderung“, geben.

(Egbert Liskow, CDU: Sie waren doch lange Ministerin. Was haben Sie denn da gemacht?)

Hier heißt es im Paragrafen 1 Absatz 1 Satz 3: „Kinder, die nicht altersgerecht entwickelt sind, werden in besonderem Maße gefördert.“ – Nun, das ist erst einmal nicht zu beanstanden.

(Vincent Kokert, CDU: Oi! – Egbert Liskow, CDU: Aha!)

Schwieriger wird es dann aber schon beim Absatz 5,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zustimmung. Ist doch ein gutes Gesetz, oder, Frau Linke?)

und richtig dramatisch, meine Damen und Herren Abgeordnete,

(Harry Glawe, CDU: Das war aber ein schöner Schlenker eben.)

wird es beim Absatz 6 des Paragrafen 1. Ich zitiere: „Weisen die Ergebnisse der Beobachtung nach Absatz 5 … eine erhebliche Abweichung von der altersgerechten, sozialen, kognitiven, emotionalen oder körperlichen Entwicklung aus, soll eine gezielte individuelle Förderung auf der Grundlage eines jährlich fortzuschreibenden Entwicklungsplans erfolgen, für die das Land nach Maßgabe dieses Gesetzes … finanzielle Mittel bereitstellt.“

In den meisten Stellungnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete der Koalition, unter anderem in den Stellungnahmen der LIGA, der Volkssolidarität, Sie können sie alle nehmen, wird festgestellt: Das Ziel frühkindlicher Erziehung, Bildung und Betreuung in den Kindertageseinrichtungen muss es sein, erst gar keine Defizite entstehen zu lassen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, aber wenn sie nun mal da sind?)

Also „besondere Bedarfslagen“ sollten doch gar nicht erst entstehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das ist aber Wunschdenken. Die sind aber da. Und was machen wir damit?)

Kindertagesstätten müssen Stätten der Prävention und Inklusion sein.

(Beate Schlupp, CDU: Ich würde gleich im Kreißsaal anfangen.)

Kinder mit Defiziten bedürfen selbstverständlich sonderpädagogischer Maßnahmen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

der Frühförderung, aber diese kann nicht die Zielsetzung der allgemeinen Kindertagesförderung sein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, Frau Linke!)

Lassen Sie mich zitieren:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aus dem guten Gesetz, Frau Linke, oder?)

„Die Erzieherinnen … sind gehalten, die Stärken jedes einzelnen Kindes zu beobachten und diese zu fördern, anstatt … Defizite in den Mittelpunkt zu stellen, wie das in Deutschland oftmals der Fall ist.“ Ja, nun könnte man denken, da hat jemand die Anhörung des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern verfolgt und uns einen guten Rat gegeben.

(Harry Glawe, CDU: Sowohl als auch.)

Das finden Sie in einem sehr anschaulichen Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, also passgerecht zum heutigen Tag, vom 05.07.

Ich denke, hier sollten wir also eine Änderung des Gesetzes gemeinsam vornehmen.

(Vincent Kokert, CDU: In welcher Form denn? In welcher Form?)

Wir schlagen Ihnen einen Antrag vor, in dem es heißt, direkt also für den Paragrafen 1 Absatz 6: „Die Ergebnisse der Beobachtung nach Absatz 5, Satz 2, dienen der Erarbeitung jährlich fortzuschreibender Entwicklungspläne zur Förderung“, und das ist der entscheidende Unterschied, „der Kompetenzen der Kinder sowie dem Ausgleich“ – denn darum geht es ja, wenn wir über soziale Probleme sprechen –, also um den Ausgleich „von Benachteiligungen, so weit sie sich auf die personalen, sozialen, kognitiven, emotionalen oder körperlichen Kompetenzen auswirken.“

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

„Für diese Aufgabe wird das Land nach Maßgabe dieses Gesetzes zusätzliche finanzielle Mittel … bereitstellen.“

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

In den Paragrafen 1 Absatz 1, meine sehr verehrten Damen und Herren – Sie können noch mal über diese Änderung nachdenken, und ich plädiere dafür, diese anzunehmen –, in den Paragrafen 1 Absatz 1 wurde durch die Koalitionsfraktionen eine Ergänzung aufgenommen, die bislang im öffentlichen Raum überhaupt keine Erwähnung fand. Künftig soll der Kindergarten, sollen die Kindertageseinrichtungen auch Stätten der Werteerziehung und Ethik und Religion sein. Diese Forderung wurde in der …

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, Vincent Kokert, CDU, und André Specht, CDU)

Ja, Sie haben es heute vorgetragen, aber ich gehe jetzt mal von der Anhörung aus, von den Stellungnahmen in der Anhörung.

(André Specht, CDU: Ja, dann hätten Sie zuhören müssen. Auch da wurde das gesagt von den Vertretern der Kirchen.)

Diese Forderung wurde in der Anhörung vom 21.06.2010 von Herrn Wiechert, dem Beauftragten der Evangelischen Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern, vom Erzbischöflichen Amt und dem Landespfarrer Herrn Dr. Scriba vorgetragen.

(Harry Glawe, CDU: Aha, also doch. Da hören sie alle aufmerksam zu, wenn die Kirchen was sagen.)

Der Vorschlag entspricht dem ausgeprägten Bestreben der Katholischen und Evangelischen Kirchen, verstärkt Nachwuchs zu akquirieren,