(Angelika Gramkow, PDS: Nee. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wenn wir den Tunnel unter dem Ryck nicht bauen, haben wir schon Geld.)
Das, was die letzten vier Jahre in Berlin zur Thematik der Gemeindefinanzen passiert ist, ist doch der blanke Hohn! Bei der Reformkommission passiert nichts, aber auch gar nichts, und die ansatzweise Lösung des Problems der katastrophalen Finanzen können wir nicht sehen. Nach dem Grundsicherungsgesetz erhält Greifswald einen Bundeszuschuss, der nach ersten Schätzungen nur 20 Prozent der auferlegten Ausgaben deckt. Und ich glaube, das ist in allen anderen Kommunen auch so.
Es ist schon schlimm genug, dass uns diese Landesregierung in zunehmende finanzielle Bedrängnis bringt, aber was derzeit im Bund bei Rot-Grün geschieht, ist kein bisschen besser.
Sind Sie der Meinung, Frau Keler, dass Sie so sozialdemokratische Ziele verwirklichen können? Nicht im Ansatz, kann ich Ihnen sagen, aber das ist zum Glück nicht unser Problem.
Sie veranschlagen im Nachtragshaushalt bei der Gewerbesteuerumlage zusätzliche Einnahmen von 2 Millionen Euro. Exakt diese Summe haben wir bei uns in Greifswald für dieses Jahr als Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer angesetzt. Können Sie uns mal bitte erklären, auf welchen Annahmen Ihre Mehreinnahmen bei diesem Titel im Nachtragshaushalt basieren? Aus Greifswald kommen sie auf jeden Fall nicht.
Und wo wir schon bei Steuereinnahmen sind – da setzen Sie bei der Lohnsteuer Mehreinnahmen von 95 Euro an. Herr Rehberg hat vorhin nicht ganz genau die Position gesagt, aber wir hatten ja vorher 415 Millionen Euro im Ansatz und sind jetzt hochgegangen auf 510 Millionen Euro. Vielleicht haben Sie da eine Erklärung.
Wir haben im Januar bundesweit 4,6 Millionen Arbeitslose gehabt. In Mecklenburg-Vorpommern lag die Arbeitslosenquote bei 21,7 Prozent. Wer, bitte schön, zahlt denn Ihrer Meinung nach in diesem Jahr mehr Lohnsteuer? Wer soll denn für die Mehreinnahmen von 95 Millionen Euro sorgen? Die Hunderttausenden Arbeitslosen bei uns im Land werden es auf jeden Fall nicht sein.
Und was die angesetzten Mindereinnahmen bei der Umsatz- und Körperschaftssteuer angeht, da können wir leider nachvollziehen, das sind die Ergebnisse Ihrer
Finanz- und Wirtschaftspolitik der letzten vier Jahre in Land und Bund. Diese gravierenden Mindereinnahmen sind größtenteils hausgemacht und das haben Sie zu verantworten, Herr Ministerpräsident und Frau Finanzministerin!
Angesichts dieser Entwicklung lassen Sie leider viel zu wenig Vorsorge und Gegensteuern erkennen. Ihr Nachtragshaushalt ist doch keine Antwort auf die finanzielle Misere in unserem Land! Fangen Sie doch einmal bei sich im Landeshaushalt richtig an zu sparen, da, wo noch genügend Luft und der Staat zu aufgebläht ist! Und Luft ist an vielen Ecken vorhanden. Bei den sächlichen Verwaltungskosten, haben wir ja heute schon gehört, gibt es ja scheinbar Konsens, diese einzusparen. Beim Staatshochbau schieben Sie Reste aus 2001 und 2002 von mindestens 50 Millionen Euro vor sich her. Da kürzen Sie durch die Streckung von Maßnahmen circa 10 Millionen Euro.
Hier ist es doch eher sinnvoll, die Reste bei investiven Titeln so schnell wie möglich abzubauen oder frei werdende Restmittel umzuschichten, hin zu einer gezielten Investitionsförderung. Beispielsweise können Sie damit den Kommunen Investitionskürzungen von 6,9 Millionen Euro ersparen.
Ihre Sparpolitik – ein bisschen hier, ein bisschen da – bringt Sie doch nicht wirklich voran. Da werden Einsparpotentiale nicht erschlossen, die die Verantwortung und Funktionsfähigkeit des Staates in keiner Weise beeinträchtigen würden. Sehr geehrte Frau Finanzministerin, ich vermisse bei Ihrem Nachtragshaushalt klare Prioritäten, die unser Land dringender als je zuvor braucht. Investive Mittel müssen wesentlich dominanter eingesetzt werden. Ohne strategische Investitionen wird unser Land nie auf die eigenen Beine kommen.
Ich kann hier nur auf ein vernünftiges und strukturelles Umdenken beim nächsten Doppelhaushalt hoffen. Dazu gehört auch ein verschärftes Spardenken. Es ist in der heutigen angespannten Finanzsituation ein verantwortungsloses Handeln, Sparpotentiale im Landeshaushalt einfach zu ignorieren. Einsparungen sind nie einfach und in der Regel schmerzhaft, aber ich hoffe, dass wir in den anstehenden Ausschussberatungen gemeinsam einen soliden und dem Ernst der Lage angepassten Nachtragshaushalt mit nachhaltigen Sparmaßnahmen erarbeiten werden. Auf meine Unterstützung können Sie rechnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Als Nächstes hat noch einmal um das Wort gebeten die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Keler. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Lieber Herr Liskow, Sie haben eine Menge von Fragen gestellt, die darauf schließen lassen, dass Sie sich im Haushaltsplan des Landes noch nicht so gut auskennen.
Viele dieser offenen Punkte, denke ich, können wir im Finanzausschuss beraten, aber vorweg lassen Sie mich mal zu einigen noch kurz Stellung nehmen.
Sie haben da gesagt, wir hätten den Nachtragshaushalt durchgepeitscht. Herr Liskow, wir haben ihn aufgestellt, die Landesregierung, in einer kurzen Frist. Da möchte ich mich hier bei all meinen Kollegen bedanken.
und Sie können damit machen, was Sie wollen. Aber bitte nehmen Sie Rücksicht auf die Wirtschaft im Lande! Das ist das Erste.
Das Zweite, Herr Liskow, Sie sind eben neu hier. Ich war fünfeinhalb Jahre Finanzausschussvorsitzende. Wenn ich Ihnen sage, unter welchen Bedingungen wir damals Nachtragshaushalte bekommen haben und wie das damals gelaufen ist, dann sind wir jetzt doch ein ganzes Stück weiter und haben da wesentlich solidere Bedingungen.
Im November habe ich hier, Herr Liskow, ausgiebig über den Haushaltsverlauf des Jahres 2002 berichtet, habe Ihnen auch den Nachtragshaushalt angekündigt für das Jahr 2003. Wenn Sie jetzt sagen, warum haben Sie denn nicht schon im Frühjahr einen Nachtragshaushalt aufgestellt, kann ich Ihnen nur sagen, dann schauen Sie sich doch mal Ihre CDU-geführten Länder an!
Es hat nämlich keinen Nachtragshaushalt gegeben. Das erste Land, das dann einen Nachtragshaushalt aufgestellt hat, war Sachsen-Anhalt, weil es eine neue Regierung hatte. Sie haben das bei der Maisteuerschätzung des Jahres 2002 gemacht und müssen jetzt kräftig nachsteuern. Also, Herr Liskow, bleiben wir auf dem Teppich! Von verträumten Wachstumsprognosen, kann ich nur sagen, können Sie nichts wissen!
Beim Haushalt 2001 hat mich Herr Riemann an dieser Stelle damals beschuldigt, ich hätte bei den Einnahmen gemauert, um bei den Ausgaben meine Ressortkollegen mehr knebeln zu können. Das können Sie nachlesen. Der Abschluss 2001 war übrigens eine Punktlandung. Das war der beste Haushalt, den hat man wahrscheinlich nur einmal in seiner Karriere, so einen Haushaltsabschluss.
Aber das Jahr 2002 ist ein Ausnahmejahr gewesen, das sagen alle, und hat ja alle gleichmäßig getroffen, ob Schwarz, ob Rot oder sonst wie. Und, Herr Liskow, es kam vorhin schon der Zwischenruf von Frau Gramkow, die Wirtschaftsgurus haben uns eigentlich immer Prognosen gegeben, auf die wir aufgesetzt haben. Wir haben hier keine eigenen Rechnungen gemacht, sondern es gibt eine Steuerschätzung, dann gibt es eine Regionalisierung. Und bei der Regionalisierung gehen wir erfahrungsgemäß noch ein Stück vorsichtiger ran. Trotzdem haben wir das also nicht geschafft. Jetzt, für 2003, haben wir noch einmal Vorsorge getroffen in Höhe von 37 Millionen Euro. Ob es reichen wird oder nicht – ich habe es vorhin gesagt, die
Irak-Krise ist das Unkalkulierbare dabei und wir müssen abwarten. Aber wir können jetzt nicht hier irgendwie auf etwas aufbauen, wo keine gesicherten Unterlagen sind.
Dann haben Sie gefragt – das will ich hier gleich erklären, damit da nicht etwas hängen bleibt – nach der aufgeworfenen Differenz zwischen dem BMF, der Abrechnung des Bundesfinanzministeriums, und MecklenburgVorpommern. Das BMF hat die reinen Kassenzahlen per 31.12.2002 berücksichtigt, wir haben noch zu erwartende EU-Einnahmen für das Jahr 2002 da mit drin.
Personalverstärkungsmittel, weil Sie uns da auch etwas unterstellen wollen, hängen eben jetzt tatsächlich damit zusammen, dass wir mit dem Nachtragshaushalt bei den Ressorts auf die Personalbudgetierung umgestellt haben.
Und die 93 Millionen Euro Verstärkungsmittel sind in erster Linie die Mittel, die wir für den Tarif angesetzt haben. Die werden dann umgesetzt. In der Gesamtsumme der Personalausgaben sind natürlich die 93 Millionen mit drin.
Fragen, okay, dann antworte ich Ihnen jetzt. Wir haben erstens damals beim Ursprungshaushalt die zweite Stufe der Steuerreform berücksichtigt. Die ist ja nun verlegt worden aufgrund der Flut. Wir haben zweitens das Ist von 2002 berücksichtigt. Das war um 74 Millionen Euro über dem Ansatz. Und wir haben jetzt drittens die Regionalisierung ganz exakt genommen. Also in diesem Fall ist es hier tatsächlich so, hier kommen zwei Komponenten zusammen. Wir hatten 2002 ein höheres Ist und wir haben 2003 nicht die zweite Stufe der Steuerreform.
Bei den sächlichen Verwaltungsausgaben, meine Damen und Herren – ich glaube, ich habe das bei dem Doppelhaushalt schon einmal ausführlich dargestellt, ich will es jetzt hier noch einmal tun, damit wir keine falschen Legenden bilden –, haben wir zwischen 1998 und 2003 eine Erhöhung um 41 Millionen Euro gehabt. Wenn man sich die aber einmal genau ansieht, dann sind 26 Millionen Euro darauf zurückzuführen, dass die Mieten vom BBL – das ist buchungstechnisch damals vorgenommen worden – jetzt bei den 5er Titeln mit dabei sind, und 11 Millionen Euro Gerichtskostenerhöhung, da können wir gar nichts dafür, sind leider Gottes eine Position, die seit Jahren ständig im Steigen ist. Wir haben außerdem noch in den letzten Jahren verstärkt Autos und PCs gekauft anstelle dessen, wo sie im investiven Bereich gewesen wären, und jetzt auf Leasing umgestellt. Auch das spielt hier mit rein.
Wenn man sich mal die Zahlen ansieht, so haben wir von 1998 bis 2003 praktisch keine Erhöhung der sächlichen Verwaltungsausgaben im üblichen Sinn. Also wir haben schon kräftig konsolidiert, das können Sie mir glauben!
Auch die Haushaltssperre im letzten Jahr hat hier nach unserer Meinung gezogen, die 45 Millionen Euro, die dann im Dezember sind. Wir haben jedes Jahr einen Anstieg im Dezember, aber das liegt auch im großen Umfang mit daran, dass alle 5er-Bautitel dann abgerechnet werden und praktisch im Dezember so reinfallen.
Und jetzt, es hat mich ein Stück geärgert, was Sie gemacht haben in Bezug auf den kommunalen Finanzaus
gleich, wenn ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern die Steuermindereinnahmen des Jahres 2002 bei den Kommunen nicht gegenrechnet. Da habe ich vorhin gesagt, das sind 140 Millionen Euro, die die Steuermindereinnahmen des Jahres 2003 in Höhe von 105 Millionen Euro nicht gegenrechnen. Und Sie sagen dann, wir würden uns auf Kosten der Kommunen hier zusätzliche Liquidität beschaffen. Herr Liskow, genau umgedreht ist es, wir halten die Kommunen frei