Aber um eins ganz deutlich zu machen und auch klarzustellen: Sie haben am 22. September 40 Prozent bekommen, Sie haben die Verantwortung in diesem Land übertragen bekommen gemeinsam mit der PDS und diese Verantwortung wird Ihnen niemand abnehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben auch eine Bringschuld an die Menschen, die Sie gewählt haben. Und die Bringschuld kann nicht darin bestehen, dass Stagnation und Stillstand in der Landesregierung herrschen. Wir werden und können Ihnen diese Arbeit nicht abnehmen. Mit 25 Abgeordneten und 12 Mitarbeitern – uns stehen allein 2.500 Mitarbeiter in der Kernverwaltung des Landes gegenüber – ist das auch nicht ansatzweise machbar und möglich. Aber wir werden wie in den vergangenen Jahren auch – ich gehe noch auf einzelne Vorschläge ein – beim Nachtragshaushalt unsere Positionen deutlich machen.
(Rudolf Borchert, SPD: Wir sind schon gespannt. – Angelika Gramkow, PDS: Na dann mal los, Herr Rehberg, wir warten schon!)
Und, Herr Ministerpräsident, gehen Sie bitte von einem aus: Wir haben in der Vergangenheit Mut zu unpopulären Maßnahmen gehabt. Ich denke nur an das Thema Landesamt für Katastrophenschutz, ich denke an das Thema Absenkung der sächlichen Verwaltungskosten. Und, Frau Ministerin Keler, Sie haben nicht richtig zu Ende gerechnet bei unserem Vorschlag zur Kabinettsreform. Wir haben nicht nur die Zusammenlegung von Ministerien gefordert, wir haben auch die drastische Reduzierung von Abteilungen gefordert. Wir haben auch gefordert, dass man die Referatsstruktur überprüft. Und ich sage Ihnen eins voraus: Wenn Sie nicht heute damit anfangen, dann werden Sie nicht morgen und nicht übermorgen die Ernte einfahren. Auch wir wissen, dass das ein langfristiger Prozess ist. Nur, wenn Sie darauf hoffen, ab dem Jahr 2006/2007 diesen Prozess angehen zu können, dann werden Sie zu spät die Ernte davon einfahren.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer nicht bei sich selbst anfängt zu sparen – das ist ein ganz zentrales Thema –, der wird auch nicht andere mitnehmen. Sie können doch nicht im Ernst von Fusionen von Verwaltungen reden, von Abbau von Personal in kommunalen Verwaltungen und sagen: In der Landesregierung bleibt aber alles so, wie es ist. Dies ist doch kein gangbarer Weg!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns interessiert das schon und hier merkt man die ganze Crux des Doppelhaushaltes. Ich muss Ihnen ganz offen und ehrlich sagen, da tun mir insbesondere die neuen Kolleginnen und Kollegen Leid. Wenn sie den Nachtragshaushalt zur Hand nehmen, dann müssen sie den Doppelhaushalt daneben legen und dann ist es immer noch schwierig, sich da durchzuforsten. Die Unübersichtlichkeit, die Intransparenz des Doppelhaushaltes wird mit diesem Nachtragshaushalt mehr als deutlich.
Und, Frau Keler, ich sage Ihnen eins voraus: Ich sehe nicht, dass Sie die verfassungsmäßige Grenze werden einhalten können. Sie schrammen um 3 Millionen Euro daran vorbei. Kollege Liskow wird nachher noch näher darauf eingehen. Erklären Sie diesem Haus bitte eine Steigerung der Lohnsteuereinnahmen von 210 Millionen Euro um 95 Millionen Euro auf über 300 Millionen Euro, das heißt um ein Drittel! Das müssen Sie uns schon mal einnahmeseitig im Landtag erklären beziehungsweise nachher im Finanzausschuss. Es kann doch nicht wirklich wahr sein, dass Sie annehmen, dass die Lohnsteuern bei zunehmender Abwanderung, bei der drastisch gestiegenen Arbeitslosigkeit um über 30 Prozent ansteigen werden.
Frau Keler, allein aus diesem Grund sage ich Ihnen voraus: Sie werden die Kreditobergrenze überschreiten. Wenn Sie das nicht mitbekommen haben, wir haben es jedenfalls mitbekommen. Gucken Sie sich die Zahlen an, die stimmen. Egbert Liskow wird nachher noch näher darauf eingehen. So viel zur Haushaltswahrheit und zur Haushaltsklarheit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns interessiert schon, schon heute mit dem Jahr 2003: Wie sind die Entwicklungslinien der nächsten Jahre? Sie haben den besten Fall angenommen für das Jahr 2004 und folgende. Ich will Ihnen nur an einem Punkt deutlich machen, dass Sie sich nach meiner Auffassung mehr als irren werden.
Und, Herr Kollege Schlotmann, wenn Sie mit harscher Kritik an der Bundesregierung zugange sind, eine Gemeindefinanzreform einfordern, dann muss ich Ihnen eins sagen: Die desolate Finanzsituation gerade der größeren Städte in Mecklenburg-Vorpommern hat diese Landesregierung zu verantworten.
(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie wollten doch die Steuern noch mehr senken, Herr Rehberg, vergessen Sie das doch nicht! Was erzählen Sie denn für Märchen?)
23 Milliarden Euro im Jahr 2001, 25 Milliarden Euro im Jahr 2002 – zu verantworten. Und in diesem Jahr werden Sie in gleicher Größenordnung Steuereinbrüche bei der Körperschaftssteuer erwarten müssen. Dazu haben Sie Ja gesagt, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Sie sind dafür verantwortlich, dass insbesondere in den großen Städten die Gewerbesteuern dramatisch eingebrochen sind. Das ist Ihre Verantwortung!
Und deswegen: Haushaltspolitik fängt nicht heute bei der Stunde null an, Haushaltspolitik fängt auch nicht mit der Novembersteuerschätzung im Jahr 2002 an. Das ist Ihre Politik der letzten vier Jahre. Und im Bundesrat haben Sie hierfür Mitverantwortung getragen. Und, Herr Schlotmann, wenn Sie beklagen, dass die Kommunen Belastungen haben: Sie haben Ja gesagt, dass zu über 80 Prozent die Lasten der Grundsicherung auf die Landkreise und
kreisfreien Städte abgewälzt werden. Der Finanzausgleich der Bundesregierung ist Peanuts und niemand weiß in der Endkonsequenz, wie teuer die Grundsicherung wird. Das haben die Kommunen bei uns im Land zu tragen. Auch dazu haben Sie Ja gesagt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie fragen sich ganz offenkundig: Warum sind Menschen frustriert über Politik im Augenblick? Und, Herr Ministerpräsident, Sie haben vor wenigen Tagen einem Mann, dem ich mit sehr großem Respekt begegne, das Bundesverdienstkreuz übergeben, das ist Jürgen Hamke, der Vorsitzende des Landesverkehrsgewerbeverbandes. Und wenn dieser Mann ganz offen sagt, ich zitiere: „Es stimmt nicht, dass die Lohnnebenkosten gesenkt worden sind. Das ist gelogen.“, dann müssen Sie sich doch einmal fragen, wie Politik von Ihnen in den letzten Jahren gewirkt hat. Sie sind zwei Wege gegangen: Sie haben den Bürgern massiv in die Tasche gegriffen, nehmen Sie nur die Themen Ökosteuer und Rentenbeiträge. Wer glaubt denn der Politik noch, wenn auf der einen Seite heute 1,16/1,17 Euro an der Tankstelle stehen – wenn ich allein nur die Ökosteuer herunterziehe, bin ich noch bei einem Euro, das ist schon schlimm genug –, aber auf der anderen Seite die Rentenbeiträge bei 19,5 Prozent liegen? Und wenn nicht die finanzpolitischen Manipulationen – Stichwort: nur noch eine halbe Monatsrate als Reserve – noch dabei gewesen wären, dann wären wir heute bei 19,7 oder 19,8 Prozent. So eine Politik, Herr Ministerpräsident, kann Menschen nur frustrieren und dann kann man sich nur von Politik abwenden.
Junge Menschen sollen Existenzen gründen. Fragen Sie doch einmal bitte irgendjemanden außerhalb des Themas Ich-AG, wer überhaupt heute noch den Mut hat, das zu tun, nachdem er drei Bankgespräche hinter sich hat, bei der Industrie- und Handelskammer gewesen ist, sich den Wust von Papier abgeholt hat und so weiter und so fort. Herr Minister Holter, ich gebe Ihnen den guten Rat: Stampfen Sie Ihre Kampagne einfach ein, nehmen Sie die 1,6 Millionen Euro, übergeben Sie die den IHK für vernünftige Existenzgründerprogramme, dann sind wir einen Schritt weiter, das ist ein vernünftiger Weg.
Oder nehmen wir den viel gelobten Bereich Biotechnologie. „Die Welt“ titelte, Herr Ministerpräsident, am 25. Juli des vergangenen Jahres: „Mecklenburg-Vorpommern bei Biotechnologie nur Mittelmaß“, denn nur neun Unternehmen – übrigens unwidersprochen, ich habe es nicht erlebt an irgendeiner Stelle – arbeiten zurzeit direkt in dieser Branche. Und der Aufsichtsratsvorsitzende von BioCon Valley Professor Klinkmann beklagt, dass der Prozess des Aufbaus dieser Branche ins Stocken geraten ist. Die Zahl der Ausgründungen aus den Hochschulen hat sich halbiert. Da geht es doch um Mittelstandspolitik. Da geht es nicht um Überschriften, sondern es geht darum:
a) Bekommen junge Leute Geld von der Bank? b) Welche Sicherheiten müssen sie beibringen? c) Welche Chancen haben sie letztendlich, welche Chancen bietet die Politik?
Und wenn sie dann sehen, dass in den letzten Jahren die Wirtschaft weiter massiv belastet, nicht entlastet worden ist und der Sachverständigenrat das ganz deutlich sagt, dann, glaube ich, ist eben nicht das Klima da, um Existenzen zu gründen. Und da hilft es auch nicht, ständig von einer Standort- und Investitionsoffensive zu reden.
Wissen Sie, Herr Ministerpräsident, eine Standortoffensive, das ist alles gut und richtig. Es ist auch positiv, dass Sie partiell hier Mittel verstärken, dazu werden wir nicht Nein sagen. Aber wenn Sie im Jahr 2001 355 Millionen Euro Investitionsmittel bauseitig ins Folgejahr übertragen, dort die Mittelabflüsse im letzten Jahr wieder genauso dramatisch schlecht sind – die Zahlen bekommen wir wahrscheinlich erst zum Jahresende 2003 –, dann kann ich doch nicht von einer Infrastruktur- und Investitionsoffensive sprechen. Herr Ministerpräsident, sorgen Sie in Ihrem Kabinett dafür, dass nach Verabschiedung des Nachtragshaushaltes schnellstmöglich die Investitionsmittel abfließen, damit die Bauwirtschaft im Frühjahr und im Sommer arbeiten kann und nicht erst im Herbst und im Winter!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werfen uns vor, Herr Ministerpräsident, dass wir in der Vergangenheit immer nur dann unsere Zusammenarbeit angeboten haben, ich zitiere, „wenn es darum ging, Wohltaten zu verteilen.“ Und Sie weiter: „Jetzt erst wird es darum gehen, auch unpopuläre Maßnahmen mitzutragen.“ Ich will Ihnen ein Beispiel aus dem Jahr 2001 zitieren, und zwar einen Antrag von uns im Finanzausschuss: „Einsparungen bei den Verstärkungsmitteln für die sächlichen Verwaltungsausgaben in Höhe von insgesamt 2 Millionen Euro, Einsparungen bei den Fernmeldegebühren, beim Geschäftsbedarf und bei Bewirtschaftungskosten im Umweltministerium exemplarisch für alle anderen Ressorts.“ Und ich kann mich noch gut an unsere Anträge für den Haushalt 2000 erinnern. Da haben wir für jedes Ressort pauschal zwischen 10 bis 20 Prozent Einsparungen bei sächlichen Verwaltungskosten gefordert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war nach Aussage der Finanzministerin hier im Landtag alles unseriös. Heute wird bei Fernmeldegebühren gespart, heute werden die sächlichen Verwaltungskosten um 15 Millionen Euro abgesenkt und das nennt man jetzt seriöse Finanzpolitik und populäre Maßnahmen.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie 1999 damit angefangen hätten, dann hätten Sie heute einen noch größeren Spielraum im finanziellen Bereich.
Wir werden weiter unsere Vorschläge machen. Und, meine Damen und Herren, Einsparungen nicht nur am Personal, sondern auch im Bereich der sächlichen Verwaltungsausgaben sind möglich und sie sind auch nötig.
Und, Frau Ministerin Keler, die Zahlen kommen aus Ihrem Haus, standen in einer großen deutschen Zeitung, in der „Frankfurter Allgemeine“: „60 Millionen Euro im öffentlichen Beschäftigungssektor.“ Fangen Sie doch bitte, Frau Keler, nicht mit Peanuts in diesem Bereich an, sondern wirklich drastisch! Und wenn wir gemeinsam – und zu dieser Kraftanstrengung, Zusammenarbeit sind wir bereit – dafür sorgen könnten, dass die Kommunen im nächsten
Jahr eine kommunale Infrastrukturpauschale an frei verfügbaren Mitteln nicht in Höhe von 20 Millionen Euro haben, sondern von 76,7 Millionen Euro, damit wirklich vor Ort weiter finanziert werden kann,
nicht in Feuerwehrhäuser, nicht in Spaßbäder, sondern für das dringend Notwendige, dann sind wir alle, CDU, SPD und PDS, in diesem Land einen Schritt weiter. Das verstehe ich unter Zusammenarbeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht es aber mit Initiativen aus, die kein Geld kosten, frage ich mich ganz besorgt. Ich akzeptiere, dass der Landwirtschaftsminister sich für Bauernmärkte am Wochenende einsetzt. Aber, Herr Ministerpräsident, warum sind Sie nicht auf das Land Sachsen-Anhalt zugegangen, auf den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und auf andere, die im Bundesrat letzten Freitag eingebracht haben, dass das Ladenschlussgesetz Ländersache wird? Dass Sie nachher auf den Zug aufgesprungen sind, das finde ich ja noch ganz positiv.
(Heiterkeit bei Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff, Minister Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann, Minister Dr. Wolfgang Methling und Minister Erwin Sellering)
Und ich erwarte von Ihnen, Herr Ministerpräsident, dass, wenn gute Vorschläge von CDU-geführten Landesregierungen kommen, Sie dann nicht nur, weil das von CDU-geführten Landesregierungen ist, abseits stehen, sondern dass Sie im Interesse dieses Landes handeln. Und ich sage Ihnen voraus, dass andere Landesregierungen, gerade in den neuen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, ganz intensiv zusammenarbeiten werden, insbesondere im Sinne der neuen Bundesländer. Und ich habe die Hoffnung, dass Sie hier endlich einmal Parteigrenzen fallen lassen können und Landesinteressen vorne anstellen.