Protocol of the Session on June 30, 2006

Ich darf Sie nochmals an die potemkinsche Arbeitslosenstatistik der CDU von 1998 erinnern:

(Heiterkeit bei Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Unmittelbar vor der Landtagswahl wurden die Arbeitslosenzahlen damals mit Hilfe von rund 80.000 ABM-, SAM- und Weiterbildungsstellen künstlich heruntergerechnet. Beim Abbau der Arbeitslosigkeit liegen wir heute über dem deutschen und über dem ostdeutschen Durchschnitt. Für uns sind die Menschen entscheidend. Deshalb kann uns die Entwicklung auf unserem Arbeitsmarkt trotz aller Erfolge noch nicht zufriedenstellen, denn es sind nach wie vor zu viele Menschen ohne Arbeit in Deutschland, besonders in Ostdeutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern. Um die Arbeitslosigkeit nach und nach zu senken, werden wir auch in Zukunft die Ziele unserer Wirtschaftspolitik konsequent verfolgen und die Wirtschaft stärken, Wachstum fördern und so die Grundlage für neue Arbeitsplätze schaffen. Durch unsere Wirtschaftsförderung entstehen direkt und indirekt jedes Jahr viele Tausend neue Dauerarbeitsplätze. Wir werden das dem Land zur Verfügung stehende Geld deshalb auch weiterhin für die Investitionsförderung der gewerblichen Wirtschaft, für den Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur und die Förderung von Technologie und Innovation einsetzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Wie gut das Geld angelegt ist, lässt sich auch überregional nachlesen. Die „Welt“ berichtete letzten Donnerstag beispielsweise über die Gründungsintensität in Deutschland bei Spitzentechnik und technologieintensiven Dienstleistungen. Regionen im Land wie Rostock, Bad Doberan, Güstrow, Greifswald, Rügen und Schwerin

sind da ganz vorne mit dabei.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung ist praxis- und ergebnisorientiert. Wir hören uns die Bedürfnisse und Erwartungen der Unternehmen an und richten unser Handeln danach aus. Für unsere Wirtschaftspolitik erhalten wir von vielen Unternehmern Lob. Wir werden im Bundesrat auch das Thema Unternehmenssteuerreform zur Sprache bringen, denn so, wie es sich derzeit abzeichnet, würde die Reform vorrangig Großbetriebe entlasten.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

Das kann nicht in unserem Interesse sein,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

denn unser wirtschaftliches Rückgrat ist vor allem der Mittelstand

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

und eine unserer wirtschaftspolitischen Leitlinien ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der bestehenden Unternehmen. Zu den Leitlinien gehören auch die Stärkung des Tourismus und der Ausbau der Gesundheitswirtschaft. Wir haben uns das Ziel gesetzt, Gesundheitsland Nummer eins in Deutschland zu werden.

(Heiterkeit und Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Die natürlichen und bisher geschaffenen Voraussetzungen sind sehr gut. Nun gilt es, die Marke MecklenburgVorpommern zum Symbol für Gesundheit in Deutschland zu machen, um so von diesem Wachstumsmarkt zu profi tieren und weitere Beschäftigung im Land zu schaffen. Mit dem Slogan „MV tut gut.“ liegen wir da genau richtig. Der neue Masterplan Gesundheitswirtschaft ist die Zieldefi nition. Die Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft im Dezember letzten Jahres in Warnemünde hat große Aufmerksamkeit gefunden. Von der 2. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft erwarten wir weitere Impulse.

Wie gut unsere wirtschaftspolitischen Instrumente ineinandergreifen, zeigt sich aktuell am Beispiel Tourismus. Nach der Vogelgrippe hat das Land 1 Million Euro in diesem Jahr zusätzlich im Rahmen der Landesmarketinginitiative bereitgestellt und der Erfolg der Informations- und Werbekampagne hat sich erfreulicherweise schnell eingestellt. In den ersten vier Monaten haben die Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent zugenommen. Stärkung des Tourismus, Stärkung der bestehenden Betriebe, Standortmarketing – diese Ziele, meine Damen und Herren, ergänzen sich und bringen Synergien. Das ist Wirtschaftspolitik aus einem Guss!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gegen Ende der 4. Legislaturperiode seit der Neugründung unseres Landes kann man feststellen: Die Wende in der wirtschaftlichen Entwicklung ist geschafft. Es geht stabil aufwärts. Die Stimmung in der Wirtschaft und die Erwartungen der Unternehmen sind optimistisch. In erster Linie ist das das Verdienst der Unternehmen mit ihren motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete: Lassen Sie uns gemeinsam mit der Wirtschaft und den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern dafür arbeiten, mit Mut und Beharrlichkeit, mit Herz und Verstand, dass sich die dynamische Entwicklung auch in Zukunft fortsetzen kann! Die Landesregierung wird mit ihrer Wirtschaftspolitik für die Zukunft ihren Beitrag dazu leisten, die positive Dynamik zu verstärken, denn das ist es, worauf es jetzt ankommt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine ehrliche wirtschaftspolitische Bilanz, das haben wir eben wieder einmal lernen können, erfordert immer einen Blick aufs Ganze. Und, Herr Ministerpräsident, völlig zu Recht haben Sie den Deutschen Industrie- und Handelskammertag zitiert, Sie haben mehrere Umfragen zu Rate gezogen. Und in der Tat, der Stimmungsumschwung in Deutschland ist unverkennbar: Die wirtschaftliche Entwicklung hat sich seit dem Regierungswechsel in Berlin in ganz erfreulicher Weise verbessert.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ach so! – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Es ist wirklich nicht nur ein Stimmungsumschwung zu verzeichnen, sondern wir können endlich auch von einem spürbaren Aufschwung reden. Und das ist gut so.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Und, Herr Ministerpräsident, es ist völlig in Ordnung, wenn heute, und das hoffen wir alle und davon gehen wir aus, unsere Nationalmannschaft gewinnt,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: 2:0!)

dann haben wir gewonnen. Und das ist in Ordnung.

Und, Herr Ministerpräsident, das wird Sie am meisten überraschen – ich versuche auch immer noch zu lernen –, ich fange erst einmal mit positiven Entwicklungen im Land Mecklenburg-Vorpommern an.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Aber?)

Nein, nein, ich werde die jetzt nennen.

Also ausdrücklich positiv hat sich das verarbeitende Gewerbe entwickelt, wo wir allein in der maritimen Wirtschaft mit 28.000 Beschäftigten und circa 2.000 Betrieben einen der wichtigsten Wirtschaftszweige im Land haben. Auch die Ernährungswirtschaft ist ein sich prächtig entwickelnder Wirtschaftssektor. Und mit der Callcenterbranche trägt eine weitere Branche positiv zur Gesamtbilanz bei. Tourismus will ich an dieser Stelle ein wenig ausklammern, da er sich zwar grundsätzlich sehr gut entwickelt hat, aber in den letzten beiden Jahren – und das wissen wir alle – geringere Übernachtungszahlen verkraften musste. Das hat vielerlei Ursachen,

dafür mache ich weniger die Regierung verantwortlich.

Nach Lesart vor allen Dingen unseres verehrten Herrn Wirtschaftsministers wäre die Bilanz an dieser Stelle schon vollständig gezogen, aber – das habe ich ja schon gesagt – den Blick aufs Ganze, den müssen wir dann auch wirklich so vollziehen, dass wir alles im Blick haben, damit wir Konsequenzen daraus ziehen können, dass es noch das eine oder andere gibt in unserem Land, wo Verbesserungsbedarf besteht. Wenn man die Broschüre des Wirtschaftsministers liest, fällt einem das erst gar nicht so richtig auf. Und damit Sie mir nicht nachher wieder vorhalten, das Land schlechtzureden, Herr Ministerpräsident, habe ich mir jetzt auch etwas überlegt, wie ich es so mache, dass Sie das, was ich an Anregungen habe, richtig positiv aufnehmen können.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich werde also nicht nur bei meinen Ausführungen objektive Daten und Fakten sowie Untersuchungen, die von Externen in objektiver Art und Weise über unser Land verfasst worden sind, zitieren. Davon gibt es genug. Bereits gestern habe ich den Wirtschaftsminister im Rahmen der Fragestunde zur Studie der BertelsmannStiftung befragt. Aber, Herr Ministerpräsident, ich habe mir überlegt, ich rede jetzt nicht von Schwachpunkten. Dann sagen Sie wieder, jetzt, bei dieser guten Stimmung, redet der wieder das Land schlecht. Nein, ich mache etwas anderes, ich rede, damit Sie eine richtige Motivation haben, das in Angriff zu nehmen, von Entwicklungspotenzialen, die es zu nutzen gilt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Oi! Na dann mal los! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Also noch mal ganz kurz, vor allen Dingen an den Wirtschaftsminister: Er hat ja gestern schon versucht, das hin und her zu wälzen.

(Reinhard Dankert, SPD: Heißt das auch, dass wir die entwickeln sollen?)

Diese Studie der Bertelsmann-Stiftung hat festgestellt, im Gegensatz zu den mitteldeutschen Ländern Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt geht es bei uns weiter abwärts. Und im Erfolgs- und Aktivitätsindex, Herr Minister, das sage ich noch einmal, waren wir auf Platz 16 gelandet. Wir haben leider nur 16 Bundesländer.

(Reinhard Dankert, SPD: Mallorca gibt es ja noch! – Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD)

Also, was den Platz angeht, war das gar nicht so gut. Vor allen Dingen der Aktivitätsindex erlaubt eine Einschätzung der politischen Bemühungen, die eigene Position im Erfolgsindex zu verbessern. Und da sind wir ja nun auf dem letzten Platz. Damit das nicht immer so schmerzhaft ist mit dieser Bertelsmann-Stiftung, etwas anderes, ein Blick auf objektive Daten, und zwar solche, die in unserem Land erstellt worden sind. Druckfrisch ist der Statistische Jahresbericht 2005 erschienen. Und, verehrter Herr Wirtschaftsminister, hier steht extra in meinem Manuskript, bitte hochhalten. Deshalb will ich das jetzt tun, damit Sie sehen, dass es aus unserem eigenen Land ist. Also sagen Sie nicht, das sind wieder alte Zahlen. Das ist das Neueste und Aktuellste, was es gibt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wo sind denn nun die Entwicklungs- linien von Ihnen?)

Statistischer Jahresbericht 2005, hier ist er. Und dieser Bericht beginnt mit einer Gesamtbewertung. In dieser Gesamtbewertung werden kurz und knapp auf drei Seiten die entscheidenden Entwicklungsparameter des Landes Mecklenburg-Vorpommern dargestellt. Schön übersichtlich gibt es eine Spalte am rechten Blattrand, in welcher zusätzlich die Kernaussagen schlaglichtartig dargestellt sind. Damit Sie nicht immer so viel lesen müssen, haben die das noch mal schön übersichtlich gemacht. Diese Schlaglichter möchte ich Ihnen in der gewählten Reihenfolge des Berichts einmal kurz vorlesen. Ich hoffe, damit doch etwas den Blick fürs Ganze schärfen zu können. Und, Herr Ministerpräsident, darin enthalten sind die Anregungen für Entwicklungspotenziale.

Die Schlaglichter lauten:

Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent – überdurchschnittliche Industrieentwicklung – weitere Schrumpfung des Baugewerbes – Exportrückgang – Tourismus: 0,6 Prozent weniger Übernachtungen und Beherbergungsstätten – Produktivitätsrückstand 26 Prozent gegenüber alten Bundesländern – weniger Gewerbeanmeldungen, weniger Unternehmensinsolvenzen – 7.700 weniger Arbeitsplätze per saldo im Land – bundesweit höchste Arbeitslosenquote – 0,7 Prozent weniger Einwohner durch Wanderungsverlust und Geburtendefi zit – weiter stagnierende Angleichung der Verdienste an das Westniveau – Einzelhandelsumsatz stagnierte – Bautätigkeit weiter rückläufi g – hohe Abhängigkeit von öffentlichen Auftraggebern und vom Eigenheimbau – weiterer Abbau des Personalüberhangs im öffentlichen Dienst – Patientenrückgang in Krankenhäusern und Rehakliniken – Sozialleistungen weiter angestiegen

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

anhaltender Schülerrückgang – weniger neue Ausbildungsverträge – 13 Prozent weniger Studienanfänger – an den Gerichten deutlich weniger Verfahren in der ersten Instanz

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)