Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will gestehen, Herr Heydorn, dass ich Sie recht gut leiden kann,
weil Sie ein sehr aufrichtiger Mensch sind, kein Heckenschütze und Sie ja vorher schon gesagt haben, mensch, es kommt mir hier vor wie so ein Schau fensterantrag, aber auch deutlich gemacht haben, welche Erkenntnis Sie gewonnen haben in der Befassung mit dem Thema.
Nein, nein, das ist kein Schaufensterantrag, weil es neben den vielen Chancen, die hier betont wurden von allen Rednern,
selbstverständlich auch Risiken gibt, wie überall im Leben und auch Unwägbarkeiten. Zum Beispiel Unwägbarkeiten für die Betroffenen: Wie gelange ich überhaupt an solch ein persönliches Budget? An wen muss ich mich wenden und was ist zu berücksichtigen? Für die Sozialleistungsträger stehen die Fragen: Wie ist das Budget zu bemessen? Welches Verfahren gibt es überhaupt dafür? Und für die Leistungserbringer: Wie kommt man zu einer Zielvereinbarung mit anderen Leistungserbringern und was ist rechtlich zu berücksichtigen? Letztendlich geht es auch darum, die Betroffenen zu schützen, denn ein persönliches Budget, wenn es eingeführt wird, kann durchaus zu fi nanziellen Nachteilen führen.
Also ich habe mir das mal angeguckt. Wir waren in Rheinland-Pfalz, es war sehr aufschlussreich. Und dann
gibt es, wie gesagt, ja auch in anderen Ländern oder Stadtstaaten bereits erste Erfahrungen. Die Hansestadt Hamburg hat einem Mann und einer Frau mit zwei schulpfl ichtigen Kindern, die beide behindert sind und bislang Sachleistungen in Höhe von 2.000 Euro bekommen haben, gesagt, ihr kriegt jetzt ein persönliches Budget, das könnt ihr haben, ihr habt das beantragt, aber wir kürzen mal um 580 Euro. Oder in Hildesheim ist einem Mann, der vorher Sachleistungen bekommen hat, ein um 450 Euro niedrigeres Budget angeboten worden.
Dahinter steht ja auch die Gefahr, dass angesichts der klammen Kassen, die es gibt, dann beigegangen und gesagt wird: Also ihr kriegt zwar das Geld jetzt in bar und könnt darüber verfügen, aber das Niveau ist nicht mehr das gleiche, es wird abgesenkt.
Herr Kollege Koplin, es ist heute zum einen darauf hingewiesen worden, dass wir leider keine Modellregion in Mecklenburg-Vorpommern haben, und zum anderen haben Sie darauf hingewiesen, wie kompliziert die ganze Geschichte ist. Würden Sie es unter diesem Gesichtspunkt für wünschenswert halten, dass gezielt Modellprojekte im Land, dort, wo schon erste Erfahrungen vorliegen, wo die Kapazität da ist, gefördert werden und mit den Trägern gemeinsam dieser schwierige Bereich vorbereitet werden sollte?
(Unruhe bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU – Torsten Renz, CDU: Ihm ist unwohl bei seinem eigenen Antrag.)
Ich möchte gern auf die Frage eingehen, lieber Gerhard, denn Sinn dieses Antrages ist es auch, zum einen zu sensibilisieren, aber auch selber weiterzukommen auf diesem Weg.
Ich beziehe mich da auf die Sozialministerin, die vorhin die Aktivitäten in der Stadt und der Region Rostock angesprochen hat. Hier macht sich, so meine Einschätzung, Herr Grabow, ein liberaler Politiker, Kommunalpolitiker im Übrigen, auf behindertenpolitischem Gebiet sehr verdient. Frau Ministerin hat ja darauf hingewiesen, dass diese Erfahrungen ausgewertet und begleitet werden sollen, und insofern unterstütze ich das sehr.
Ich bin da auch im Grunde genommen, sehr geehrte Damen und Herren, am Ende dessen, was ich hierzu noch sagen wollte. Chancen und Risiken sind angesprochen. Die Chancen überwiegen. Lassen Sie uns weitergehen auf diesem Weg im Interesse der Betroffenen, der Hilfebedürftigen! – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Kommen Sie doch mal zur Diakonie, Herr Koplin!)
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/2314. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/2314 bei Zustimmung durch die Frak tionen der SPD und Linkspartei.PDS, des fraktionslosen Abgeordneten und Stimmenthaltung der Fraktion der CDU angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 40: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Beabsichtigte Nachmeldung von Vogelschutzgebieten gemäß der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Europäische Vogelschutzricht- linie), auf der Drucksache 4/2306.
Antrag der Fraktion der CDU: Beabsichtigte Nachmeldung von Vogelschutzgebieten gemäß der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Europäische Vogelschutzrichtlinie) – Drucksache 4/2306 –
Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Holznagel. Bitte schön, Frau Vizepräsidentin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Unter der CDU-geführten Landesregierung wurden im Jahre 1992 von der Umweltministerin Frau Dr. Uhlmann 15 Vogelschutzgebiete mit einer Landesfl äche von immerhin 1,5 Prozent an die Bundesregierung zur Weitermeldung an die Europäische Kommission gemeldet. Schon damals ist Mecklenburg-Vorpommern seiner Verantwortung gegenüber dem Naturschutz nachgekommen.
Gleichzeitig aber wurden die Interessen der vor Ort lebenden Menschen und der Wirtschaft berücksichtigt, um so die Akzeptanz für den Naturschutz zu erhalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diesen Grundsatz vermisse ich bei dieser Landesregierung. Denn nur so ist es zu verstehen, dass der Umweltminister am 11. April 2006 über das Verfahren zur beabsichtigten Neufestlegung von Vogelschutzgebieten in Mecklenburg-Vorpommern die Presse informierte. Eine Information des Landtages beziehungsweise von der Nachmeldung Betroffener erfolgte bis heute nicht. Mit dem vorliegenden Antrag meiner Fraktion fordern wir genau diese Information ein, hier heute im Hohen Hause. Nun kann es sein, dass die Landesregierung bisher nicht wusste, wie viel und aus welchen Gründen Vogelschutzgebiete nachgemeldet werden müssen. Oder wollten Sie uns etwa hinters Licht führen?
(Reinhard Dankert, SPD: Aber, Frau Holznagel! – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Na! – Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Oh, oh!)
Nur so ist es zu verstehen, warum die Landesregierung jetzt auf das Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission wegen unzureichender Meldung von europäischen Vogelschutzgebieten eingeht.
Denn schon gleich nach Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens war klar, welche Forderungen an Mecklenburg-Vorpommern gestellt wurden. So soll unser Land für über 16 Vogelarten eine besondere Verantwortung übernehmen und deren Lebensräume unter Schutz stellen. Wie notwendig der von meiner Fraktion vorgelegte Antrag ist, verdeutlicht allein die Tatsache, dass die Angaben über bestehende Vogelschutzgebiete zwischen Statistischem Landesamt und Umweltministerium stark differieren. So haben wir es herausgelesen. Wenn der Umweltminister den Anteil der Vogelschutzgebiete an der Landesfl äche noch mit 14,5 Prozent benennt, weist das Statistische Landesamt bereits 19,3 Prozent der Landesfl äche als Vogelschutzgebiete aus.
(Jörg Heydorn, SPD: Gott sei Dank! – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Hey! – Zuruf von Hans-Heinrich Jarchow, SPD)
Hier kommen noch neue Meldungen. Wer nun Recht hat, das soll sich vielleicht der Bürger aussuchen? Offensichtlich versuchte die Landesregierung, hier doch die Öffentlichkeit zu täuschen.
Diese Salamitaktik darf nicht aufgehen. Wir möchten und hoffen, dass wir heute eine klare Aussage bekommen, mit der wir dann alle genau wissen, wie viel Prozent es sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon im Rahmen der Meldung von FFH-Gebieten wurde seitens der Landesregierung darauf verwiesen, dass mit der Ausweisung von Natura-2000-Gebieten zusätzliche Fördermittel aus den europäischen Strukturfonds zur Umsetzung der Monitoringprogramme und der Erarbeitung der Managementpläne zur Verfügung stehen würden. Bis heute konnten wir keinen Eingang von zusätzlichen Fördermitteln der Europäischen Union verzeichnen. Vielmehr fordert die Landesregierung eine Umschichtung von Haushaltsmitteln innerhalb der europäischen Strukturfonds zulasten der aktiven Landwirte. Diese Herangehensweise, meine Damen und Herren, ist der falsche Weg. Er zerstört das Vertrauen und die Akzeptanz in verantwortungsvolle Naturschutzpolitik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom Parlament und der Landesregierung wurden Planungs- und Investitionssicherheit, Bestandsschutz für bisherige Nutzungsformen und zusätzliche Finanzmittel zugesichert. Die nunmehr beabsichtigte Meldung von weiteren Vogelschutzgebieten stellt diese Planungs- und Investitionssicherheit in weiten Räumen unseres Landes und damit die Glaubwürdigkeit der Landesregierung infrage.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 10. Januar 2006 wird nunmehr auch der Bestandsschutz für bisherige Nutzungsformen infrage gestellt. Nach diesem Urteil müssen die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen, dass es zu keiner unbeabsichtigten Störung in Natura-2000-Gebieten kommt. An einen Bestandsschutz, wie ihn die Landesregierung zugesagt hat, ist im Lichte dieses Urteils wohl nicht mehr zu denken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits bei der Ausweisung von FFH-Gebieten wurde deutlich, dass die seitens der Landesregierung vorgeschlagene Gebietskulisse große Mängel hinsichtlich des Vorkommens von Arten und Lebensraumtypen aufwies.
(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Genau. – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, waren das schon zu viel. – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das stimmt nicht.)
So entsprachen einige Gebietsmeldungen aufgrund einzelner Funde oder Sichtungen von Arten den wissenschaftlichen Anforderungen, um als Beleg für das Vorkommen dieser Art zu gelten, nicht. Um diese Fehler bei der beabsichtigten Nachmeldung von Vogelschutzgebieten zu vermeiden, müssen frühzeitig eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und die Berücksichtigung der abgegebenen Stellungnahmen gewährleistet werden.