Protocol of the Session on June 29, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 81. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 4/2342 vor.

Fragestunde – Drucksache 4/2342 –

Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Wirtschaftsministers und hierzu bitte ich den Abgeordneten Herrn Dr. Born, die Fragen 1 und 2 zu stellen.

Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich frage die Landesregierung:

1. In der Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zum Standortwettbewerb der Bundesländer 2005 belegt Mecklenburg-Vorpommern sowohl im Erfolgs- als auch im Aktivitätsindex den 16. und somit letzten Platz. Während der Erfolgsindex die Attraktivität des Standortes ermittelt, spiegelt der Aktivitätsindex die politischen Bemühungen der Länder wider, die eigene Position im Erfolgsindex zu verbessern.

Wie beurteilt die Landesregierung das Abschneiden im Erfolgsindex und welche konkreten Konsequenzen wurden daraus für das politische Handeln im Jahr 2006 gezogen?

Herr Dr. Born, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die Fragen 1 und 2 im Zusammenhang beantworten könnte, weil die Bertelsmann-Untersuchung in ihrer Analyse diese beiden Fragen auch nicht mehr trennt, sondern insgesamt zu einem Gesamtpaket macht.

Frau Präsidentin, das müssen Sie entscheiden. Entscheidend ist, dass die Nachfragen dadurch nicht in ihrer Anzahl geschmälert werden.

Herr Minister, ich denke, die Möglichkeit, die Fragen im Zusammenhang zu beantworten, besteht, und die Nachfragen sind davon nicht berührt.

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Dann stelle ich die zweite Frage:

2. Wie beurteilt die Landesregierung das Abschneiden im Aktivitätsindex und welche konkreten Konsequenzen wurden daraus für das politische Handeln im Jahr 2006 gezogen?

Herr Dr. Born, erlauben Sie vorweg eine allgemeine Bemerkung. Wir bekommen jede Woche solche Rankings auf den Tisch

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU)

und es werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich muss vorwegsagen, die Bertelsmann-Untersuchung ist eine der besseren. Insofern ist das schon ein guter Name. Aber der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat sich

in seinem Jahresgutachten 2004/2005 mit diesem Ranking beschäftigt, auch methodisch beschäftigt. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, ich zitiere seinen Schlusssatz: „Insgesamt ist gegenüber derartigen Studien Skepsis angebracht.“ Skepsis ist angebracht aus verschiedenen Gründen. Methodische Gründe hat der Sachverständigenrat vorgelegt. Einer der Gründe für die Skepsis ist der, es geht immer um historische Daten.

Die Bertelsmann-Indizes basieren auf Zahlen von 2001 bis 2003, der Aktivitätsindex auf Zahlen von 2002 bis 2004. Das heißt, hier wird über die Vergangenheit gesprochen. Da müssen wir einmal schauen, worüber überhaupt gesprochen wird, was in diesen Index eingeht. Das muss man ja wissen. Da gehen zum Beispiel ein – ich nehme jetzt einmal die Studie im Original – die Sozialhilfe, die Anzahl der Sozialhilfeempfänger, die Dauer der Arbeitsgerichtsprozesse, hier gibt es ein Problem, die Sicherheitslage, die sozialen Strukturen. Und dann gibt es zwei gewichtige ökonomische Gesichtspunkte, die eingehen. Das eine ist die Arbeitslosigkeit und das andere ist die Entwicklung des Inlandsproduktes.

Beim Bruttoinlandsprodukt wissen wir alle, ein Teil davon ist Wirtschaft und ein Teil ist Staat. Das wird beim Bruttoinlandsprodukt insgesamt nicht auseinander genommen, sondern hier wird eine Wachstumsrate genommen. Und da ist in der Bertelsmann-Studie etwas passiert. Im Jahr 2001 ist hier angesetzt ein Wachstum Mecklenburg-Vorpommerns von minus 1,1 Prozent. Das war damals das vorläufige Ergebnis unseres Statistischen Landesamtes, wie es vermittelt wurde.

Aber wie es bei diesen Statistiken häufig so ist und in Mecklenburg-Vorpommern leider wiederholt so ist, stellt sich dann heraus, bei der endgültigen Zahl schaut das ganz anders aus. Bei der endgültigen Zahl waren es nämlich nicht minus 1,1 Prozent beim Wachstum, sondern plus 0,3 Prozent, eine Abweichung, die kaum jemand für möglich gehalten hätte, aber die bei uns wiederholt vorgekommen ist, die natürlich zu anderen Ergebnissen geführt hätte, wenn man diese aufgenommen hätte. Jetzt hat Bertelsmann leider dieses vorläufige Ergebnis verwendet, nicht das endgültige.

(Heinz Müller, SPD: Oh! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist Pech für Bertelsmann. Sie hätten noch einmal draufschauen müssen. Das haben sie nicht getan.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist Pech für Bertelsmann, aber ich muss sagen, es ist peinlich für die CDU hier im Landtag, die das nicht gemerkt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Das zweite Thema ist die Arbeitslosigkeit. Arbeitslosigkeit ist unser Hauptproblem in Mecklenburg-Vorpommern. Das wissen wir alle und das ist auch nicht neu.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber schauen Sie sich doch einmal nicht die Jahre 2001, 2002 oder 2003, sondern das Jahr 2006 an. Wir sind doch schon fünf Jahre weiter in der Zwischenzeit.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Jetzt kommen die neuen Arbeitsmarktzahlen auf den Tisch:

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

159.000 Arbeitslose. Sie wissen, wir waren schon einmal über 200.000.

(Harry Glawe, CDU: Ja, die Bedürftigkeit ist weiter da.)

159.000, das ist eine Arbeitslosenquote von 18,1 Prozent. Das sind immer noch 18 Prozent zu viel.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber wir haben nicht mehr 22 Prozent wie damals. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 16.817, also haben wir fast 17.000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Weil Sie die Realität nicht sehen.)

Herr Dr. Jäger, weil Sie es ja wieder gestern und vorgestern gemacht hatten und die zwei Kopien von der Bertelsmann-Studie in die erste Reihe gemurmelt haben, wer heute hergeht und diese Bertelsmann-Studie verwendet,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Herr Minister, dafür werden Sie sich noch rechtfertigen müssen für diese Vergleiche. Glauben Sie mir das! – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Oh!)

heute noch diese Bertelsmann-Studie verwendet und den Zustand des Landes damit beschreiben will, der handelt nicht richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Das Protokoll brauche ich. Wir haben noch viel Spaß an Ihnen, glauben Sie mir! – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Herr Minister, können Sie bitte einmal darlegen – abgesehen davon, wie sich 2001 im Nachhinein die Zahlen verändert haben, was wir selbstverständlich genauso zur Kenntnis genommen haben wie in den Folgejahren, wo sich die Zahlen dann verschlechtert haben, nachdem Sie vorher entsprechend positive Äußerungen von sich gegeben haben –, wie es zu erklären ist, dass die Bertelsmann-Stiftung, nachdem sie alle 16 Bundesländer sehr sorgfältig vergleicht, was Sie auch bestätigt haben, folgende Feststellungen trifft:

Nachdem sich Mecklenburg-Vorpommern in den letzten beiden Beobachtungszeiträumen jeweils um einen Platz verbessern konnte, fällt es im aktuellen Erfolgsindex um zwei Plätze auf den 16. Rang zurück und hält damit wieder die rote Laterne im Bundesländervergleich. Der Punktwert reduziert sich im aktuellen Zeitraum um 0,32 Punkte und liegt mit 2,29 Punkten nun wieder deutlich unter dem Wert von Sachsen-Anhalt, welche 2,92 und Brandenburg 2,46 Punkte aufweisen.

Damit weist Mecklenburg-Vorpommern den zweitniedrigsten Wert im Erfolgsindex auf, der je für ein Land im Bundesländerranking ermittelt wurde. Können Sie einmal erklären, wie eine Stiftung, deren Seriosität Sie verbal nicht infrage stellen, die von allen anerkannt ist, die sich damit befasst haben, seriöse Untersuchungen anstellt, über einen längeren Zeitraum zu einer Bewertung kommt, nach der das Land Mecklenburg-Vorpommern sich im

Ländervergleich zwei Jahre hintereinander verschlechtert hat beziehungsweise in den letzten beiden Beobachtungszeiträumen jeweils um einen Platz verbessern konnte, es im aktuellen Erfolgsindex um zwei Plätze wieder zurückfällt? Können Sie uns einmal sagen, wie das möglich ist? Und vor allen Dingen interessiert mich in dem Zusammenhang auch die Frage, wie Sie denn den Aktivitätsindex bewerten, denn dieser ist nun unmittelbar bezogen auf die Tätigkeit der Landesregierung und auf Ihren Geschäftsbereich.

Herr Dr. Born, Sie haben den Satz richtig zitiert. Da steht drin, dass wir wieder zurückgefallen sind auf den letzten Platz. Das „wieder“ ist wichtig, weil wir nämlich zu Ihrer Regierungszeit auf dem letzten Platz waren.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Das ist richtig. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja, als Herr Ringstorff damals das Handtuch geworfen hat, ne? – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Zu dem Aktivitätsindex habe ich schon die eine entscheidende Größe genannt, nämlich das Wirtschaftswachstum angeblich minus 1,1 Prozent im Jahr 2001. Dieses ist voll eingegangen in diesen Aktivitätsindex und das tatsächliche Ergebnis beträgt plus 0,3 Prozent. Wenn das tatsächliche Ergebnis genommen worden wäre, dann wären wir wahrscheinlich, ich habe das jetzt nicht nachgerechnet, nicht auf dem letzten Platz gelandet, sondern weiter vorn.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)