Insofern sollten wir gemeinsam in der nächsten Legislatur überlegen, wie wir mit dem Agrarbericht umgehen. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Kühnel. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD und Linkspartei.PDS haben die Debatte zum Agrarbericht über das vergangene Wirtschaftsjahr angeregt.
Ich möchte gleich am Anfang auf die Ausführungen von Frau Holznagel zurückkommen. Also für mich ist der Agrarbericht eigentlich immer eine Voraussetzung, um wirklich anhand der relativ aktuellen Zahlen eine Auswertung für diesen Bereich vorzunehmen. Darüber hinaus ist der Agrarbericht Basis dafür, um auf Bundesebene und EU-Ebene eine Forcierung dieser Daten vorzunehmen. Sicherlich bedeutet das nicht, dass man einen Bericht nicht noch konstruktiver und noch besser gestalten kann, aber ich denke, die Zahlen sind schon sehr, sehr wichtig, um für uns dort und auch bundesweit Ausführungen machen zu können.
Ich sehe es so, dass dieser Bericht mit seiner Bilanz einen Schlussstrich unter eine für die Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes in Mecklenburg
entscheidende Etappe der Förderperiode des Jahres 2000 bis 2006 gibt. Die Landwirtschaft hat in Mecklenburg-Vorpommern eine Schlüsselstellung. Sie ist das grüne Herz unseres Landes. Kein anderes Bundesland – ich habe es schon mehrfach hier gesagt – wird so von der Arbeit der Landwirte geprägt wie unser Land.
Das Berichtsjahr ist für die landwirtschaftlichen Unternehmen durch mehrere Neuerungen und Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union gekennzeichnet gewesen. Eine wichtige Neuerung der gemeinsamen Agrarpolitik ist die Entkoppelung beziehungsweise die Teilentkoppelung der Direktzahlungen aus dem EU-Haushalt an die Unternehmen von der Produktionsmenge an die Acker- beziehungsweise Grünlandflächen. Es ist eine Zäsur, die in Mecklenburg-Vorpommern relativ problemlos gelungen ist. Zurückzuführen ist das auf die gute Arbeit der Unternehmen, der Landwirtschaftsämter und auch unserer Landesregierung. Dafür sollte man auch an dieser Stelle einmal Dank sagen.
Wer sich etwas näher damit befasst hat, der kann nämlich einschätzen, dass die für den Abgleich an den Bund gelieferten Unterlagen durch unser Ministerium termingerecht und fehlerfrei eingereicht wurden. Dass es zunächst nur zu einer achtzigprozentigen Abschlagszahlung von den beantragten Direktzahlungen gekommen ist, hat nicht an unseren mecklenburg-vorpommerschen Landwirten gelegen und auch nicht an unserer Regierung.
Bei einer realistischen Einschätzung sollte nicht verschwiegen werden, dass aber der bürokratische Aufwand, um zum Ziel zu gelangen, sehr, sehr hoch ist. Ein mittlerer Futterbaubetrieb hat etwa acht bis zehn Zentimeter dicke Belegstapel zu bearbeiten. Man muss dazu allerdings sagen, im Laufe des zweiten Jahres wird es schon etwas weniger, aber es musste erst mal diese Arbeit erbracht werden. 25 Prozent Bürokratieabbau, so hat der Deutsche Bauernverband ausgerechnet, würde für die deutschen Landwirte 250 Millionen Euro bare Kostenentlastung bedeuten. Insofern dürften die Vorschläge des Deutschen Bauernverbandes in seinem
Schwarzbuch „Bürokratieabbau“ interessant sein. Ich glaube, dieses Buch wurde auch der Bundeskanzlerin übergeben und man sollte da mal reinschauen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem Bericht wurden im Wirtschaftsjahr 2005 die Ergebnisse der Feld- und Viehwirtschaft als erfolg- und ertragreich bewertet. Im Durchschnitt wurden 35.000 Euro Gewinn plus Personalaufwand je Arbeitskraft erzielt. Damit kann Mecklenburg-Vorpommern gegenüber den anderen norddeutschen Ländern bestehen. Ich meine, man kann es gar nicht oft genug betonen und würdigen: Mit ihrer Arbeit sorgen die Landwirte für gesunde Lebensmittel, für einen gepflegten Zustand unserer Kulturlandschaft und sie machen unser Land dadurch für den Tourismus attraktiver.
Eine nach vorn gerichtete Agrarpolitik sollte daher in der Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes immer einen Schwerpunkt sehen. Unterschiedliche Betriebsgrößen, Rechtsformen und Produktionsweisen werden auch zukünftig, und zwar gleichberechtigt nebeneinander für die wirtschaftliche Struktur Mecklenburg-Vorpommerns charakteristisch sein. In der neuen Generation von gut ausgebildeten, unternehmerisch denkenden und flexibel agierenden Landwirten sehe ich die Basis für die Zukunft landwirtschaftlicher Unternehmen. Diese Landesregierung hat sehr gute Rahmenbedingungen für die Bildung und Ausbildung und die Nachwuchsgewinnung geschaffen. Das muss man auch anerkennen. Diese landesweiten Anstrengungen durch Informationen wie Tage des offenen Hofes oder Landwirtschaft als grünes Klassenzimmer dürfen nicht nachlassen.
Für wichtig halte ich, dass die landwirtschaftlichen Unternehmen bei der Gewinnung von Mitarbeitern selbst aktiver werden müssen. Der verschärfte internationale Wettbewerb und die gemeinsame Agrarpolitik mit neuen Rahmenbedingungen fordern von den Landwirten, sich ständig weiterzubilden, flexibel am Markt zu reagieren, wissenschaftliche Erkenntnisse effektiv zu nutzen und sich auch für sozioökonomische Belange im ländlichen Raum einzusetzen. Im Rahmen der Flurneuordnung werden auch in Zukunft weiterhin gezielt durchgeführte Investitionen dazu beitragen, dass die Attraktivität unserer Dörfer verbessert wird, damit natürlich auch die Infrastruktur und die Ansiedlung von kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wachstum und unternehmerische Entscheidungen besteht in der sicheren Ausstattung der landwirtschaftlichen Unternehmen. Es ist ein Grundanliegen der SPD in MecklenburgVorpommern immer gewesen, und das bereits seit der Wende. Für existenziell notwendig sehe ich neben einem gewissen Anteil an privatem Grundeigentum die langfristige Verpachtung von Landes- und BVVG-Flächen. Alternativ dienen Pachtflächen für die Unternehmen, um sie zukunftssicher zu machen, sei es durch Großinvestoren oder durch das Engagement unseres Ministers. Ich möchte hier sagen, ich war enttäuscht, dass nach den Ausführungen des Geschäftsführers der BVVG in unserem Agrarausschuss dann leider diese Verhandlungen nicht zum Erfolg geführt haben. Aber man muss sagen, die Ausführungen waren wahrscheinlich zu glatt und zu erwartungsträchtig. Ich bedauere das sehr und ich hoffe trotzdem, dass man weiter an dieser Stelle arbeitet, um für die Landwirte dort auf dieser Strecke, was die Flächen betrifft, mehr Sicherheit zu schaffen.
Mecklenburg-Vorpommern hat als Flächenland für eine wettbewerbsfähige Tierproduktion so gute Bedingungen wie kaum ein anderes Land in der Bundesrepublik. Trotzdem gibt es seit Jahren Defizite in der Bestandsentwicklung bei Rindern, Schafen und Schweinen. Diese müssen konsequent abgebaut werden. Das bedeutet aber auch, es müssen noch viele Menschen umdenken. Tierproduktionsanlagen sind nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen Investitionen in die Zukunft. Sie sind erforderlich, um den Anteil der Wertschöpfung aus dem ländlichen Raum und für den ländlichen Raum zu erhöhen.
Die flächendeckende Landbewirtschaftung ist und bleibt auch unter den Bedingungen der neuen Förderperiode 2007 bis 2013 ein grundsätzliches Ziel der Agrarpolitik. Intensive Landbewirtschaftung nach den Regeln guter fachlicher Praxis gehört auf die besten Böden, für leichte Standorte sind andere Alternativen zu entwickeln, mit denen aber – und das möchte ich unterstreichen – auch Geld zu verdienen ist.
Zunehmende Bedeutung gewinnt aufgrund günstiger Rahmenbedingungen die Biomasseproduktion zur Energieerzeugung. Wir hörten das bereits. Hier unterstütze ich besonders die Auffassung derjenigen Politiker der großen Koalition in Berlin, die sich für eine steuerliche Begünstigung von Biodiesel und Pflanzenöl auch über das Jahr 2009 hinaus einsetzen.
Um neue Erwerbsmöglichkeiten zu erschließen und wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir zukünftig intelligente Kombinationsmodelle für verschiedene betriebliche Standbeine in der konventionellen Landwirtschaft, dem ökologischen Landbau und dem ländlichen Tourismus sowie der Direktvermarktung. Der neue Landwirtschaftsfonds für die Förderperiode ELER mit seinen relativ großzügig beziehungsweise allgemein formulierten Zielen wird zahlreiche Begehrlichkeiten wecken. Ich warne davor, ihn aufzubröseln. Modern organisierte wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Unternehmen sichern auch für den ländlichen Raum eine Perspektive. Es gibt eine alte Weisheit, die besagt, wenn es den Landwirten gut geht, geht es auch den vor- und nachgelagerten Bereichen gut. – Danke.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Wien. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe agrarpolitische Kolleginnen, die hier sehr übersichtlich im Raum angeordnet sind! Liebe restliche Abgeordnete!
Der vorliegende Agrarbericht der Landesregierung hat zwei Besonderheiten: Er ist besonders umfangreich und detailliert. Darauf ist die Kollegin Holznagel schon einge
gangen. Er erscheint erstmals nach Beginn der Umsetzung der EU-Agrarreform. Darauf ging der Minister schon ein. Mir hat er noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt, und insofern bin ich sehr froh, dass wir doch noch einmal so einen detaillierten Bericht bekommen haben zum Ende der Legislatur, dass es keinen Zweig in der Volkswirtschaft gibt, der so viele neue Herausforderungen meistern muss wie die Landwirtschaft.
Allein die Tatsache, dass seit 1990 von 190.000 Mitarbeitern in der Landwirtschaft circa 160.000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind, zeigt die Größe der Umwälzung, die hier stattgefunden hat. Die Anwendung von erneuerbaren Energien, der Anbau nachwachsender Rohstoffe, die widersprüchliche Einheit von auf der einen Seite Umwelt und Naturschutz und der landwirtschaftlichen Produktion auf der anderen Seite stellen eine große Herausforderung dar und diese wird einfach gemeistert durch die Landwirte.
Der Bauer musste sich bisher als Unternehmer flexibler und anpassungsfähiger verhalten als Unternehmer in anderen Branchen, denn der Landwirt hat nicht nur Anforderungen an die neuen Techniken und Technologien, sondern der gute Bauer von heute muss auch ein guter Kaufmann sein und er muss, und darauf zielte auch Frau Kühnels Rede schon ab, nicht nur den Amtsschimmel im Zaum halten können, sondern der Amtsschimmel ist inzwischen eine ganze Pferdeherde geworden für ihn. Zusätzlich hat der Bauer noch zu kämpfen mit BSE, mit dem Gammelfleisch, was ihn irgendwo auch immer ein bisschen tangiert, mit der Vogelgrippe, mit Nitrofenskandalen, mit den Änderungen der Dieselbesteuerung, mit der neuen Zuckermarktordnung. Der Minister sprach davon. Das sind alles zusätzliche Hürden, die von den Landwirten zu meistern sind. Es ist eigentlich unglaublich.
Auch wenn sich der Bericht auf das Jahr 2005 bezieht, sei es mir gestattet, ebenso Ereignisse aus diesem Jahr in die Betrachtung mit einzubeziehen. Ich möchte einige Problemfelder des Berichtes aufgreifen und komme nun zu Fragen der Berufsausbildung in der Landwirtschaft. Der Bericht widmet diesem Bereich einen großen Raum, geht es doch um Nachwuchsfragen für die landwirtschaftlichen Berufe und damit nicht zuletzt um die Weiterführung von Betrieben. Eine flächendeckende Landwirtschaft, die nachhaltig Natur, Landwirtschaft und Landschaft pflegt und Nahrungsmittel produziert, kann man nicht vorrangig mit Fördermitteln betreiben. Das geht nur mit Menschen, die mit dem Beruf und der Natur eng verbunden sind.
So hat sich das Projekt des Bauernverbandes und der Landesregierung „Externes Ausbildungsmanagement“, in der Kurzform EXAM genannt, bewährt und sollte unbedingt fortgeführt werden. Ich persönlich denke, dass, wenn keine Landesgelder mehr in diesen Bereich hineinfließen werden, möglicherweise der Erfolg bedeutend geringer werden wird im nächsten Jahr. Deshalb sollten wir unser Augenmerk darauf richten, dass EXAM in seiner vollen Wirksamkeit erhalten bleibt.
Insgesamt kann auf eine erfolgreiche Förderperiode zurückgeblickt werden. Das habe ich jetzt selbst bei der
Opposition so herausgehört und meine Vorredner haben auch schon eine Menge dazu gesagt. Wir können sozusagen auf einem sehr hohen Niveau in die Vorbereitung der neuen Förderperiode 2007 bis 2013 starten. An den neuen ELER-Fonds, der hier auch schon angesprochen wurde, werden sehr hohe Erwartungen geknüpft, denn wir müssen uns vorstellen, dass er uns ganz neue Möglichkeiten für die Förderung ländlicher Räume eröffnet.
Er verlangt ein vernetztes und integriertes Herangehen der einzelnen Ressorts der Landesregierung an die Gesamtaufgabe „Entwicklung ländlicher Räume“. Und da sind wir endlich an dem Punkt, den gerade wir agrarpolitischen Sprecher immer wieder herausheben, und zwar dass die ländlichen Räume nicht nur entwickelt werden durch die Landwirtschaft, sondern dass der ländliche Raum mehr ist als die Landwirtschaft, wobei natürlich die Landwirtschaft auch weiterhin das Rückgrat des ländlichen Raumes bildet.
Aber auch die immer geringer werdenden öffentlichen Mittel sind zukünftig eine breite Herausforderung für wirksame Landesprogramme. Die Mitarbeit des Parlaments und der Wirtschafts- und Sozialpartner ist dazu weiterhin dringend notwendig. Es gilt, die Chance der wohl letztmalig so hohen Förderung effektiv zu nutzen und die Vorschläge, die wir zum Beispiel im Bereich der Wirtschaftsförderung immer wieder machen, nämlich über revolvierende Fonds nachzudenken,
(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU, Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut! – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)
Die Meldung über die Eröffnung des Fleischverarbeitungswerkes in Valluhn hat wiederum gezeigt, dass Mecklenburg-Vorpommern auch für die Ernährungswirtschaft ein erstklassiger Standort ist.
(Beifall Ute Schildt, SPD, und Volker Schlotmann, SPD – Ute Schildt, SPD: Stimmt. – Volker Schlotmann, SPD: Das stimmt, das sehe ich auch so.)
Immerhin werden in 170 Betrieben circa 14.000 Mitarbeiter beschäftigt. Gleichzeitig, und das Thema hatten wir heute auch schon recht breit in den Vordiskussionen, wird auch in diesem Bericht daran erinnert, dass die Viehbestände im Land zu gering sind, um den Ernährungsbedarf zu decken. Das ist sehr bedauerlich. Während der vier Jahre, die ich jetzt im Parlament bin, haben wir als Parlamentarier immer wieder darüber nachgedacht, wie wir das ändern können. Frau Holznagel selbst hat es vorhin hier angesprochen. Aber weder die Opposition noch wir haben den Stein der Weisen bisher gefunden, wie wir das umkippen können. Ich hoffe einfach, dass die nächste Legislatur, die dann ein Jahr länger Zeit hat zum Nachdenken, diesen Stein der Weisen findet.
(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Renate Holznagel, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Aber Frau Holznagel hat viele Vorschläge gemacht. – Renate Holznagel, CDU: Ja.)