Protocol of the Session on June 28, 2006

(Harry Glawe, CDU: Sie wollen doch gar keine Veränderungen.)

Das Präsidium des Bauernverbandes MecklenburgVorpommern ist beispielsweise für eine stärkere risikoorientierte Beitragsveranlagung und gegen die jetzt vorgetragenen Fusionspläne der Träger der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Und das Präsidium des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommerns ist für die gesetzliche Festschreibung der Bundesmittelzuschüsse zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung und gegen eine Risikoabsicherung nach Kassenlage. Das teilen wir. Insofern denke ich, wir werden im Gespräch bleiben zu diesem Thema. Wir lehnen diesen Antrag in der gestellten Form aber ab. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Koplin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Holznagel von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, der Antrag spielte eine Rolle im Landtag von Schleswig-Holstein. Wir haben ihn extra genauso übernommen, wie er dort diskutiert wurde, um deutlich zu machen, dass wir hier eine gleiche Interessenlage haben, meine Damen und Herren. Und ich denke, wenn Sie sich orientiert haben, dass er dort schon debattiert wurde, dann wissen Sie auch, dass er dort angenommen wurde, und zwar auch aus der Sorge heraus. Es ist richtig, dass wir mit diesem Antrag aufmerksam machen wollten auf ein Problem, und ich denke, Herr Koplin, uns ist es gelungen. Das ist schon mal das erste gute Ergebnis dieses Antrages. Für mich ist es ganz wichtig, weil die Sachlage wirklich kompliziert ist, es frühzeitig einzubringen, und deswegen ist es für mich kein Frühstarter, denn in Schleswig-Holstein hat man sich auch dazu verständigen können, ohne hier dieses Thema Frühstarter zu nennen, aus der Sorge heraus.

(Egbert Liskow, CDU: Die haben noch früher gestartet.)

Ich denke, Sie wissen am besten, dass gerade auch zu den Fragen der Gesundheitsreform jetzt sehr viel in Bewegung ist. Wir wissen alle, dass die Reform kommen wird und dass es darum geht, aufmerksam zu machen, welche Dinge und Punkte wichtig sind, hier darzustellen, die für unser Land wichtig sind, genauso wie in Schleswig-Holstein. Deswegen ist uns das ganz besonders wichtig gewesen, hier einen gleich lautenden Antrag vorzulegen.

Sie haben es auch gesagt, Themen wie Generationsgerechtigkeit und Verlässlichkeit sowie die finanzielle Absicherung der bäuerlichen selbstständigen Familien gegen Unfall, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und die Versorgung im Alter sind Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln. Aus diesem Grund hat sich die große Koalition auf Bundesebene im Koalitionsvertrag für die Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Sozialversicherungssysteme ausgesprochen. Die landwirtschaftlichen Sozialversicherungssysteme sollen schrittweise mit dem allgemeinen sozialen Sicherungssystem verzahnt werden. Das ist noch mal deutlich geworden und da sind wir uns ja auch einig, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Dennoch soll an der Eigenständigkeit der agrarsozialen Sicherungssysteme festgehalten werden, weil eben auch das Besondere hier noch mal deutlich zu machen ist.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Reformüberlegungen auf Bundesebene im Bereich der sozialen Versicherungssysteme erst am Anfang stehen, so ist es meines Erachtens nach um so notwendiger, sich frühzeitig einzubringen und die Interessen der landwirtschaftlichen Unternehmen unseres Landes vertreten zu können. Das sehe ich nämlich ganz anders als Sie, Herr Koplin oder auch Frau Kühnel.

Wir haben bei den Beratungen zum Haushaltsbegleitgesetz natürlich auch durch das Landwirtschaftsministerium und die Koalition feststellen müssen, dass sie uns deutlich gemacht haben, dass es gar nicht so sehr viel Betroffene in Mecklenburg-Vorpommern gibt, dass die meisten in der Landwirtschaft Tätigen auch noch in der gesetzlichen Versicherung sind, sodass es kein Problem ist. Das sehe ich aber anders. Wenn wir davon ausgehen, dass wir

5.000 Unternehmer hier haben, dann ist das eine enorm wichtige Zahl. Gerade hier, denke ich, muss man über Belastungen nachdenken und das können erhebliche Belastungen sein, die ohne Bundesmittel nicht zu schultern sind. Deswegen haben wir noch mal aufmerksam gemacht auf dieses Problem und natürlich auch in Verbindung mit dem Bauernverband uns dieser ganzen Sache angenommen.

Dennoch ist es nachvollziehbar, dass auf Bundesebene aufgrund der aktuellen Haushaltslage verstärkt über eine Reform nachgedacht wird. Ich denke, auch da werden wir nicht umhinkommen. Dabei ist es aber besonders notwendig, die Situation der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung als soziales Sondersystem zu behandeln. Das möchte ich betonen, denn ich kann mir nicht vorstellen, wie man das Problem anders lösen könnte. Es muss eingebracht werden, dass wir dieses Sondersystem eben auch weiter behalten müssen. Das ist ein Punkt und deswegen sollte man das frühzeitig benennen.

Klar abgelehnt werden, das ist der wichtigste Hintergrund, muss allerdings die Absicht, die neuen regionalen Sozialversicherungsträger zu einem bundesweiten Gesamtträger mit einheitlicher Beitragsverteilung zusammenzufassen, so, wie es jetzt auch bei anderen Dingen diskutiert wird. Hier müssen wir es wirklich deutlich machen. Frau Kühnel hat es gesagt, es gibt hier ein Gefälle von Ost nach West beziehungsweise von Nord nach Süd. Das hat etwas mit der Landwirtschaftsstruktur zu tun. Die Belastung würde uns hier im Osten beziehungsweise auch im Norden treffen. Das muss man deutlich sagen. Es würde in dieser Region wesentlich teurer werden, weil nämlich die kleinbäuerlichen Strukturen im Süden vorhanden sind, und hier müssten unsere Landwirte, unsere Unternehmen mehr zahlen. Und deswegen ist es so wichtig, hier drauf aufmerksam zu machen, ein einheitliches System würde nicht helfen. Man könnte da, und so verstehe ich auch den Landtag von Schleswig-Holstein, drüber nachdenken, ob wir im Norden und im Süden, also zweigeteilt, etwas unternehmen können, aber am besten wäre es, hier gezielt drüber nachzudenken. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns über das Problem im Klaren sind und von Anfang an das mit einbringen. Die Notwendigkeit der Reform wird allein darin deutlich, dass in der landwirtschaftlichen Alterssicherung heute bereits 10 Landwirte 15 Rentner mit ihren Beiträgen finanzieren. Das ist ja die Belastung. Die Umstrukturierung in der Landwirtschaft wird dieses Verhältnis weiterhin zuungunsten der aktiven Landwirte und besonders bei uns verändern.

Ich möchte noch einmal zusammenfassen: Ziel der Reform muss die finanzielle Entlastung der Beitragszahler, die Entlastung des Bundeshaushaltes und die Senkung von Verwaltungskosten sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Auf keinen Fall darf es bei der beabsichtigten Reform der LSV aber zu einer strukturell bedingten Schlechterstellung der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern kommen. Desto eher und intensiver man sich in diese Diskussion einbringt, umso besser ist dann das Ergebnis für die aktiven Landwirte und landwirtschaftlichen Unternehmen in unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen meine Damen und Herren, bitte ich Sie, das doch noch mal zu überlegen und unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Holznagel.

Um das Wort gebeten hat jetzt noch einmal der Minister für Landwirtschaft, Ernährung, Forsten und Fischerei.

(Heiterkeit bei Egbert Liskow, CDU: Noch mal!)

Ich will es auch kurz machen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Der Hintergrund ist doch klar. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung, an der ich ja auch mitwirken durfte, in Berlin ganz klar festgeschrieben, dass eine Überarbeitung der sozialen Sicherungssysteme in der Landwirtschaft kommen muss. Das liegt ganz klar auf der Hand. Frau Holznagel, es hat doch keinen Sinn, den Landwirten oder uns allen jetzt zu erzählen, es muss alles so bleiben, wie es ist.

(Egbert Liskow, CDU: Besser werden, besser werden!)

Das wird gar nicht gehen.

(Renate Holznagel, CDU: Das habe ich doch gar nicht gesagt.)

Nein, ich habe es auch so nicht verstanden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es soll besser werden.)

Ich war ja noch nicht ganz fertig.

Ich will an den Zahlen deutlich machen, warum und weshalb wir ein Sondersystem Landwirtschaft haben. Dass da 3,8 Milliarden Euro hineinfließen, ist hier gesagt worden. Das ist ein Zuschuss der Bundesrepublik Deutschland, des Steuerzahlers an die Landwirtschaft. Der Hintergrund ist ganz einfach. Wir hatten – die Zahl kann man sich vielleicht noch mal auf der Zunge zergehen lassen – 1995 in Deutschland noch 587.000 Landwirtschaftsbetriebe und wir liegen heute bei 395.000. Das heißt, die Gruppe derjenigen, die als Beitragszahler in dieses System einzahlen, wird immer kleiner und der Zuschussbedarf des Bundes aufgrund der Situation der Strukturen wird immer größer.

(Renate Holznagel, CDU: Die Belastungen werden ja auch immer höher. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist ähnlich wie bei der Gesundheitsreform oder bei der Rentenreform. Das ist so. Dieses System ist marode und muss erneuert werden.

(Harry Glawe, CDU: Richtig, sehr richtig.)

Deswegen haben wir ja angefangen. Im Übrigen, wenn man sich überlegt, wir hatten noch vor zwei, drei Jahren 19 oder 21 Landessozialversicherungssysteme innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind mittlerweile bei 9. Das ist doch der richtige Weg. Und auf der anderen

Seite glaube ich persönlich daran, dass wir ähnlich wie in der Gesetzlichen Krankenversicherung die Landwirte mit in dieses System hineinnehmen müssen und dass hier ein Sonderfall besteht. Dass auf der einen Seite Unfälle, letzten Endes die Rente oder eben auch die Altersrente mit abgesichert werden sollen und müssen, ist klar. Deswegen kann ich nur um Verständnis bitten.

Ich weiß nicht, ob Ihnen die Information bekannt ist, dass inzwischen der Bundesregierung ein aktueller Bericht des Bundesrechnungshofes vorliegt. Darin wird deutlich, dass das System auf Dauer so nicht zu halten ist. In der Vergangenheit war es so, dass wir großen Wert darauf gelegt haben, dass neben dem sozialen Sicherungssystem insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe stabil gehalten wird. Es darf aus meiner Sicht um Gottes willen nicht passieren, dass doch wieder an die Gemeinschaftsaufgabe herangegangen wird. Auch solche Überlegungen hat es immer wieder gegeben. Ich sage das hier in aller Klarheit, ich hoffe, dass es auch die Meinung des Hohen Hauses ist, dass, wenn zusätzliche Mittel benötigt werden, gegebenenfalls auch zusätzliche Modulationsmittel in die sozialen Sicherungssysteme hineinfließen könnten, das ganz klar zu Nachteilen für die neuen Länder führen würde, was wir aus meiner Sicht in keinster Weise unterstützen dürfen. Deswegen wird es in Kürze einen Bericht zu dem Landesrechnungshofbericht geben, den die Bundesregierung abgeben wird. Und da wir Herrn Seehofer kennen, der in der Vergangenheit Gesundheitsminister gewesen ist, gehen wir davon aus, dass er sehr zügig – und ich habe da auch die Information – an die Reform der sozialen Sicherungssysteme herangehen wird, und deswegen, glaube ich, ist das auf einem vernünftigen Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe

die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2304. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2304 b e i Zustimmung der Fraktion der CDU, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS sowie des fraktionslosen Abgeordneten abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages auf Donnerstag, den 29. Juni 2006, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.