Protocol of the Session on April 5, 2006

Meine Damen und Herren! Wir werden demokratische Leitbilder erarbeiten. Auch das steht in dem Antrag, über den wir morgen reden und, wie ich hoffe, gemeinsam so beschließen.

Der Kreistagspräsident des Müritzkreises – ich nehme das jetzt wieder aus dem Protokoll, weil es ein öffentliches ist – hat gesagt, wenn ich mir nur überlege, in einem Großkreis lädt mich jeder von 15 oder 18 Stadtbürgermeistern zu einem Jahresempfang ein. Überall wird so ein Kreistagspräsident zu offiziellen Gedenkveranstaltungen und Festveranstaltungen eingeladen. Wenn ich dann noch an die Frage der Partnerkreise denke, dann sage ich Ihnen, das kann man im Ehrenamt nicht mehr leisten. Meine Damen und Herren, Sie haben das nicht aufgenommen!

(Heinz Müller, SPD: Nee.)

Schade! Sie haben das, was Ehrenamtliche gesagt haben, nicht ernst genommen.

(Heinz Müller, SPD: Das stimmt nicht! – Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Doch, das stimmt!)

Und, Herr Müller, den Vorwurf kann ich Ihnen nun wirklich nicht ersparen. Ich bin diese dicke Broschüre – ich habe Herrn Winkelmann dafür schon gelobt und das meine ich sehr, sehr ehrlich – durchgegangen. Es gibt zugegebenermaßen viele Änderungen. Aber neben den redaktionellen Änderungen, die uns mit dem Fleiß des Sekretariats vorgetragen und auch von uns mitgetragen wurden,...

(Heinz Müller, SPD: Nee, nix, kein Stück habt Ihr mitgetragen.)

Die redaktionellen haben wir mitgetragen. Bei einem hat sich sogar Herr Nieszery furchtbar gewundert.

(Heinz Müller, SPD: Eine einzige habt Ihr mitgetragen!)

Ja, das war ich. Das ist in Ordnung. Aber trotzdem.

Neben den redaktionellen Änderungen sind Sie auf die Anregungen der Sachverständigen nicht eingegangen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Meine Damen und Herren, ich will das Wort von der „Diktatur der Mehrheit“ hier nicht mehr gebrauchen von diesem Pult aus.

(Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch auch schändlich.)

Nein, das ist nicht schändlich! Aber was wahr ist, ist das Unterbinden von Diskussionen.

(Heinz Müller, SPD: Nein.)

Ich weiß, warum das so ist. Sie mussten von Anfang an die Defizitanalyse, die Herr Timm irgendwann einmal vorgetragen hat, die nicht vorne und nicht hinten zusammenpasste, immer wieder zur Grundlage machen. Mit dieser Defizitanalyse haben Sie bis zuletzt mit geschlossenen Augen diesen Kurs durchgehalten. Dieser Kurs ist falsch,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

weil er die gesamte kommunale Ebene kaputtmacht.

Es wird deutlich, warum da noch Veränderungen sind. Da hatte ein Berater der Landesregierung, Herr Professor von Mutius, gesagt, wenn ihr das macht mit den vier oder fünf Kreisen, hat das Auswirkungen auf die Gemeindeebene. Das ist sogar Gegenstand der Debatte in diesem Landtag gewesen, meine Damen und Herren, ich entsinne mich noch sehr deutlich. Dann haben wir darüber im Sonderausschuss debattiert. Nun wird es interessant: Es gibt einen einstimmigen Beschluss dieses Sonderausschusses, dass der Sonderausschuss eine neue Diskussion über Gemeindegrößen ablehnt.

(Heinz Müller, SPD: Nein.)

Ja, ja, Beschlusslage, Herr Vorsitzender.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Können Sie ihn mal zitieren, den Beschluss, Herr Jäger?! – Der Abgeordnete Heinz Müller bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Ich mache es gerne am Schluss, weil meine Rede heute so lang ist.

Der Herr Innenminister hat gesagt, das ist doch ganz klar, das muss man machen. Meine Damen und Herren, wie kurz die Gültigkeit von Zusagen in diesem Land ist, merkt man an dieser. Wir haben die Kommunen überre

det, wir haben ihnen zugeredet, sie sollten sich freiwillig auf der Ebene von Absprachen, von öffentlich-rechtlichen Verträgen zusammenfinden zu leistungsfähigen Ämtern. Wir sind stolz auf unsere Kommunen. Sie haben das prima gemacht. Jetzt, als sie durch waren, kam irgendjemand auf die Idee, und zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen, es passen die Großkreise nicht zu den relativ – aus der Sicht eines Verfassungsrechtlers – kleinen Ämtern.

(Heinz Müller, SPD: Worüber reden wir eigentlich? Über Gemeinden oder über Ämter?)

Entschuldigung, Herr Müller, wenn Sie über Gemeinden reden, reden Sie in diesem Lande immer über Ämter, weil wir nämlich die Ämter zur Schreibstube der Gemeinden gemacht haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Das haben wir gemeinsam, glaube ich, mal für richtig gehalten.

(Heinz Müller, SPD: Aber dass wir über die Größe von Gemeinden und über die Größe von Ämtern reden, ist ja wohl was anderes.)

Das ist wohl richtig.

(Heinz Müller, SPD: Das müssen selbst Sie verstehen, Herr Jäger! – Dr. Ulrich Born, CDU: Na, was soll denn das schon wieder?! Das ist doch wieder unter aller Kanone, was Sie sich da erlauben!)

Werden Sie nicht gleich beleidigend, Herr Müller! Sie waren bisher ein ganz ordentlicher Ausschussvorsitzender. Jetzt seien Sie nicht so empfindlich!

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Da bin ich sehr empfindlich. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Wissen Sie, Herr Müller, so manches habe ich ganz gerne. Was ich nicht so gerne habe, ist eine bewusste Beleidigung,

(Zuruf von Dr. Harald Ringstorff, SPD)

das ist unter Ihrem Niveau.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist unglaublich für einen Ausschussvor- sitzenden, was Sie hier äußern!)

Das könnten Sie in einem Kreistag sagen, wenn Sie da drin wären, aber hier nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Vincent Kokert, CDU – Heike Polzin, SPD: Da haben Sie das Niveau aber noch getroffen! – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS – Heinz Müller, SPD: Das ist der kleine Demagoge, der nicht angreifen kann, was jemand sagt, sondern er greift denjenigen an, der etwas sagt. – Lorenz Caffier, CDU: Das war kein parlamentarischer Ausdruck!)

Unser Präsident nimmt das sicher auf, Herr Müller,

(Heinz Müller, SPD: Ich auch.)

und dann gucken wir mal! Darf ich jetzt weitermachen? Vielleicht gehen Sie ein bisschen zum Abkühlen.

(Heinz Müller, SPD: Sie dürfen mal fühlen, wie kühl ich bin!)

Wir werden diesen Gesetzentwurf auch deshalb ablehnen, Herr Müller, weil Sie nichts von dem, was die Volksvertreter Ihnen vorgetragen haben, akzeptiert haben. Sie haben auf nichts bei der Anhörung der gewählten Vertreter reagiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren! Wer dann noch behauptet, dass dies ein Gesetz ist, das der Selbstverwaltung dient, nein, das ist nicht glaubwürdig. Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, ob Sie das wirklich glauben, was Sie hier gesagt haben. Aber wenn Sie bei uns gewesen wären, wenn Sie sich das angehört hätten, wenn Sie heute Morgen einmal zugehört hätten, hätten Sie festgestellt, das, was Sie da wollen, wollen zumindest diejenigen nicht, die vom Volk gewählt sind, und andere könnten Sie sich nicht aussuchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Da müssen Sie bitte bis zur nächsten Kommunalwahl warten!

Was die ganze Diskussion um die Einsparung von Kosten angeht, die auch, sagen wir mal, verfassungsrechtlich relevant werden kann: Hat jemand schon den Sachverständigen Herrn Professor Seitz – Kollege Müller, Sie haben es getan – erwähnt? Die Kritik, die der Rechnungshof da erhoben hat, war so eindeutig, dass ich sie hier nicht wiederholen will. Wenn Sie darauf Ihre Vermutung stützen, dass alles billiger wird, dann bauen Sie auf Sand. Das sollte man nicht tun, weil bekanntlich solche Gebäude nicht besonders haltbar sind.