Drittens haben wir zu verzeichnen, dass wir moderne Entwicklungen von anwendungsfähiger Technik haben, die wir auch der Polizei zur Verfügung stellen müssen, denn andere, und zwar diejenigen, die die Polizei bekämpft, wenden diese Technik auch an.
Demzufolge haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zum einen auf die Gefahr, die anwächst in den Bereichen Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität, reagiert und zum anderen neue Technik der Polizei zur Verfügung stellt, genauer gesagt, die rechtlichen Befugnisse dafür schafft, dass wir als Haushaltsgesetzgeber der Polizei diese Technik zur Verfügung stellen können.
Ich komme zu einigen Einzelvorschriften und damit zu dem, was wir Ihnen unter dem Gesichtspunkt Videoüberwachung als Novelle vorlegen. Die bisherige Vorschrift im jetzt geltenden SOG ist nicht praxisgerecht, weil wir keine Videobilder aufzeichnen können. Warum sind Bild- und Tonaufzeichnungen notwendig? Notwendig sind sie des
wegen, wie wir letztes Jahr in London gesehen haben, weil wir, wenn wir die Bilder speichern können, gegebenenfalls auch unmittelbaren Zugriff haben auf die Tatverdächtigen, wenn sie Straftaten ausüben.
Das ist nicht möglich, wenn die Bilder sozusagen nur beobachtet werden und gar nicht gespeichert werden können. Mit dieser Vorschrift ist eine Speicherung der Bild- und Tonaufzeichnungen – befristet natürlich – möglich. Das brauchen wir gerade in Mecklenburg-Vorpommern, wenn wir uns in diesem Jahr ansehen, welche Großveranstaltungen wir haben – Fußballweltmeisterschaft.
Auch im nächsten Jahr haben wir Großveranstaltungen in diesem Lande und so weiter. Demzufolge ist das eine sinnvolle polizeiliche Vorschrift, die dieser Gesetzentwurf enthält.
Diese Videoüberwachung soll möglich gemacht werden an Verkehrs- oder Versorgungsanlagen, an und in öffentlichen Verkehrsmitteln, in und an Amtsgebäuden und an vielen anderen besonders gefährdeten Objekten unseres Bundeslandes, die immer dann möglich wird, wenn die Polizei aufgrund einer konkreten Lageeinschätzung davon ausgehen kann, dass an diesen Orten Straftaten begangen werden können. Demzufolge bitte ich um Ihr Wohlwollen, wenn Sie diese Vorschrift bewerten.
Weiterhin haben wir vorgeschlagen, dass die Polizei eine Videodokumentation in die Hand bekommt bei Personen- und Fahrzeugkontrollen. Es hat sich gezeigt – zum Glück nicht in unserem Bundesland –, dass bei bestimmten Fahrzeugkontrollen die kontrollierenden Beamten teilweise tödlich verletzt wurden von denen, die sie kontrolliert haben, und niemand im Grunde genommen wusste, wer dieser Täter war. Mit dieser Dokumentation ist es möglich, wiederum auch in einer befristeten Speicherzeit, diese Fahrzeugkontrolle zu dokumentieren und sie gegebenenfalls auch zum Eigenschutz der Polizeibeamten anzuwenden.
Ich komme zur nächsten Vorschrift unter der Überschrift „Präventive Telekommunikationsüberwachung“. Wir haben vor, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, die ergangen ist zum SOG des Landes Niedersachsen, in dieses Gesetz aufzunehmen. Das heißt, grundsätzlich wollen wir Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen nicht nur möglich machen zur Verfolgung von Straftaten – da ist sie schon möglich –, sondern auch zur Verhütung von Straftaten im Rahmen der Gefahrenabwehr. Das heißt, Telefonüberwachung nicht nur dann, wenn wir eine Straftat feststellen mussten, um den Täter zu kriegen, sondern auch dann, wenn die Gefahr droht, dass eine Straftat begangen wird, um diese zu verhindern. Das wollen wir auch mit der Telekommunikationsüberwachung möglich machen, die wir Ihnen in dieser Gesetzesnovelle vorlegen.
Weiterhin haben wir aufgenommen eine Spezifizierung der Vorschriften zur Wohnraumüberwachung. Auch das geht zurück auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Hier stärken wir den Schutz privater Lebensräume in den Wohnräumen, die auch unter grundgesetzlichem Schutz stehen. Das werden Sie lesen. Es geht um die Erhebungs-, Überwachungs- und Verwertungsverbote bei bestimmten Feststellungen oder
Außerdem schlagen wir Ihnen vor, dass die Polizei in Zukunft ein automatisches Kfz-Kennzeichenlesesystem anwenden kann, nicht nur zur Strafverfolgung, sondern auch zur Gefahrenabwehr. Das erleichtert das polizeiliche Handeln deswegen, weil in Zukunft eine Anhaltekontrolle bei dem Datenabgleich, der hier erforderlich ist, nicht mehr notwendig sein wird. Das heißt, aus dem fließenden Verkehr heraus kann die Polizei dann, wenn sie die Nummernschilder mit diesem automatischen Lesesystem liest, sofort das Nummernschild mit dem Datenbestand beim Bundeskriminalamt abgleichen und hat sofort in ihrer Erkenntnisdatei gegebenenfalls Hinweise auf mögliche Straftäter. Das alles ist bisher nicht möglich gewesen. Ich meine, wir sollten der Polizei die Rechtsgrundlage zur Anwendung dieses Gerätes schaffen.
Ich komme zu einem weiteren Punkt, den auch Herr Schubert schon angesprochen hat, das ist die Vorschrift zur Rasterfahndung, die wir in diesem Gesetzentwurf novellieren. Wir Innenminister haben uns seit dem 11. September 2001 mehrfach – Herr Schubert, Sie möglicherweise auf Ihren Parteikonferenzen, wir im Übrigen auf unseren auch – mit dieser Frage befasst. Die Innenminister empfehlen alle, in ihren Landesgesetzen eine Vorschrift zur Rasterfahndung aufzunehmen, die abgeht von der Feststellung der gegenwärtigen Gefahr. Das haben Sie ja auch schon gesagt.
Wir haben in unserem Bundesland keine Rechtsprechung zu der Vorschrift des SOG, die wir hier haben. Andere Bundesländer haben dortige Rechtsprechungen. Da sind teilweise die Vorschriften zur Rasterfahndung oder die Durchführung der Rasterfahndung nach dem 11. September von den Gerichten angegriffen worden.
Das ist bei uns nicht der Fall, aber dennoch sagen wir, wir müssen die Rasterfahndung auf eine andere rechtliche Basis stellen, nämlich darauf abstellen, dass das Vorliegen einer erheblichen Gefahr in unserem Bundesland oder für unser Bundesland festgestellt werden muss,
um die Rasterfahndung hier in diesem Bundesland durch die Polizei anwenden zu können. Das, was Sie, Herr Schubert, in Ihrem Gesetzentwurf vorschlagen, sagt nicht nur, dass beim Vorliegen einer erheblichen Gefahr die Rasterfahndung angewendet werden kann, sondern generell zur Gefahrenabwehr die Rasterfahndung möglich gemacht werden soll. Da haben wir, wenn man die beiden Vorschriften vergleicht, keinen Konsens und demzufolge ist die Überweisung sinnvoll, um das im Ausschuss weiter zu beraten.
Ich persönlich sage für die Polizei, dass die Vorschriften, die die Koalition vorlegt, ausreichen. Man kann über weitergehende Vorschriften diskutieren, aber diese Vorschriften, die die Koalitionsfraktionen vorlegen, reichen aus. Wenn wir sie haben, haben wir ein gutes Mittel, um Gefahrenabwehr möglich zu machen. Deswegen bin ich nicht der Ansicht, dass wir ihre Vorschriften brauchen. Aber wir sollten sie diskutieren, sicherlich auch im Rahmen der Anhörung mit den Fachleuten diskutieren
Weiterhin haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen – wir nicht –, dass Sie eine Vorschrift zur erweiterten Schleierfahndung in das SOG aufnehmen wollen. Nun muss ich darauf hinweisen, dass das Landesverfassungsgericht in Mecklenburg-Vorpommern vom 21.10.1999 den damaligen Paragrafen 29 des damaligen SOG gecancelt hat.
Deswegen sagen Sie, Herr Schubert, mit Has’ und Igel, dass der Weg lang war, aber in der Zwischenzeit ist auch etwas passiert. Deswegen empfehle ich Ihnen, nicht nur die Unterlagen aus Ihrer Fraktion aus der 3. Legislaturperiode zu lesen, sondern auch die Rechtsprechung hier im Bundesland zur Kenntnis zu nehmen.
Damals hatte der Landtag die Vorschrift 29 Absatz 1 des damaligen SOG für erledigt erklärt. Es gab deswegen eine Novelle des SOG. Entstanden ist damals ein anderer Paragraf, nämlich die Anhalte- und Sichtkontrolle. Diese Anhalte- und Sichtkontrolle ist, wenn Sie so wollen, ein anderer Begriff und ermöglicht es der Polizei, flächendeckende Kontrollen durchzuführen.
Sie nennen das nicht Schleierfahndung, ich auch nicht. Es ist aber eine rechtlich einwandfreie Möglichkeit für die Polizei, in bestimmten Großlagen – nicht nur an der Grenze, sondern im ganzen Land – tätig zu werden. Deswegen sage ich hier: Eine Rechtsvorschrift, die möglicherweise erneut verfassungsrechtlich beklagt wird und dann scheitert, brauchen wir nicht. An dieser Stelle brauchen wir Rechtssicherheit und deswegen sage ich an dieser Stelle Ihres Gesetzentwurfes, den sollten wir nicht annehmen, weil wir dann ein Gesetz bekommen könnten, das erneut vor dem Verfassungsgericht scheitert. In diesem Sinne plädiere ich für die Anhalte- und Sichtkontrolle des Paragrafen 27 a des jetzt geltenden SOG, den wir unverändert fortgelten lassen sollten.
Meine verehrten Damen und Herren, ich bitte um Überweisung in die Ausschüsse und um zügige Beratung. Wir wissen alle, die Legislaturperiode ist in absehbarer Zeit zu Ende. Ich hätte das SOG gerne noch in dieser Legislaturperiode. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Schubert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Dr. Timm, leider muss ich Ihnen widersprechen, denn das Urteil vom Verfassungsgericht ist von 1999. Wir haben unsere Änderung 2001 eingebracht. Wir haben also damals schon versucht, darauf zu reagieren. Und wenn ich jetzt unseren neuen Gesetzentwurf sehe, dann würde ich Sie einmal bitten, wenn Sie sich den richtig durchgelesen haben, schlagen Sie doch einmal die Seite 4 auf.
Da steht in der Begründung: „Die vorgeschlagene Neuregelung orientiert sich an § 18 Absatz 2 Nummer 6 HSOG. Durch Urteil des Landesverfassungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern vom 21.10.1999 wurde die vormalige Vorschrift des § 29 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nur insoweit für verfassungswidrig erklärt, als der Gesetzgeber keine näheren Bestimmungen zur Eingriffsschwelle getroffen habe.“
„Eine derartige Bestimmung wird mit dem Vorschlag jetzt getroffen, indem darauf abgestellt wird, dass die Örtlichkeit aufgrund von Lageerkenntnissen oder polizeilicher Erfahrung von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität ist.“
„Durch eine Verwaltungsvorschrift zu § 29 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 soll jede örtliche Polizeibehörde verpflichtet werden, für ihren Zuständigkeitsbereich, unter Angabe der Gründe, in einem ständig zu aktualisierenden Verzeichnis die Örtlichkeiten zu benennen, die die Voraussetzungen dieses Gesetzes erfüllen.“
Daher sind wir der Meinung, es ist eigentlich geregelt, und darauf haben wir uns auch bezogen. Ich denke, wenn man das als Vorschlag mit in die Beratung des Innenausschusses einbringt, können wir natürlich auch eine Möglichkeit schaffen, dass wir uns darüber einig werden.
Und jetzt zum Paragrafen 44. Ich sehe eigentlich nicht, dass wir hier so weit auseinander liegen. Bei uns steht drin: „… soweit dies zur Abwehr von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist“, bei Ihnen steht drin, „,… Abwehr der Gefahr oder zur Bekämpfung der Straftaten erforderlich ist.‘“ Ich denke, darüber kann man noch im Innenausschuss diskutieren. Insofern werden wir sehen, wie das Ergebnis, das aus diesem Ausschuss herauskommt, aussieht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und PDS, ich kann mich heute sehr kurz fassen, denn Ihr Gesetzentwurf zum SOG greift die Vorstellungen auf, die wir in unserem Gesetzentwurf auch geregelt haben. Ich kann nur dafür werben, dass beide Gesetzentwürfe zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden. Wenn Sie sich den Paragrafen 44 „Rasterfahndung“ in beiden Gesetzen ansehen, dann können Sie fast Übereinstimmung feststellen. Wir hatten bereits 2001 mit der Drucksache 3/2354 eine Gesetzesänderung beantragt, aber leider wurde dieser Antrag im Innenausschuss und im Landtag abgelehnt. So ist es leider, dass aufgrund der Mehrheiten unsere Anträge immer abgelehnt werden.
Nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001 hatte die CDU-Fraktion die dringende Notwendigkeit der Veränderung des Paragrafen 44 „Rasterfahndung“ aufgrund der Sicherheitslage richtig erkannt, nur SPD und PDS haben sich geweigert, durch Gesetzesänderungen für die Polizei einen Rechtsrahmen zu schaffen, damit der Terrorismus wirksam bekämpft werden kann. Unser Antrag ging schon damals davon aus, dass die Polizei einen Datenabgleich durchführen kann, wenn dieses zur Abwehr von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren
von PDS und SPD, einige Abgeordnete sind auch in der jetzigen Legislaturperiode vertreten, beharrten auf die Begriffsbestimmung im Paragrafen 3 des SOG „gegenwärtige Gefahr“.
In der Begriffsbestimmung im Paragrafen 3 des SOG hieß es unter Punkt 2: „gegenwärtige Gefahr: eine Sachlage, bei der das die öffentliche Sicherheit oder Ordnung schädigende Ereignis bereits eingetreten ist“, also die Störung ist schon eingetreten, „oder (steht) unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevor“. Sie wollten also abwarten bis Leib, Leben oder Freiheit von Personen sowie wesentliche Sach- und Vermögenswerte oder der Bestand des Staates bereits geschädigt wurden. Dieser Starrsinn hat fünf Jahre überdauert. In der Zwischenzeit gab es Terroranschläge in London und Madrid, aber Sie haben immer noch keine Notwendigkeit gesehen, eine Gesetzesänderung vorzunehmen.