Protocol of the Session on March 8, 2006

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der CDU auf der Drucksache 4/2122 hat der Abgeordnete Herr Schubert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Ik bün all hier.“, sagte der Igel zum Hasen. Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion und Linkspartei.PDS-Fraktion, die CDU-Fraktion ist schon lange da, wo Sie mit Ihrem Gesetzentwurf hinwollen.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Deswegen kommt der Gesetzentwurf der CDU heute schon!)

Ich habe mir berichten lassen, dass Herr Körner in der Landespressekonferenz gesagt hat, man sei der CDU

Fraktion dankbar, dass sie zwischenzeitlich keinen eigenen Gesetzentwurf zum SOG vorgelegt habe, schließlich sei genug Zeit vergangen, weil sich SPD und Linkspartei.PDS nicht auf ein neues Polizeigesetz haben einigen können.

(Harry Glawe, CDU: Das gibt es auch?!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wollen hätten wir schon gekonnt und können hätten wir auch gewollt, aber die Mehrheit wollte nicht oder konnte nicht zustimmen, und ohne Mehrheit nutzt einem auch der schönste Gesetzentwurf nichts.

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Da haben wir als Opposition so unsere Erfahrungen – leider, leider.

(Holger Friedrich, SPD: Ja, vielleicht in Ihrer Fraktion.)

Der vorliegende zugegebenermaßen kleine Gesetzentwurf – hören Sie doch bitte erst eimmal zu –

(Heike Polzin, SPD: Ja.)

der CDU-Fraktion zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz dient jetzt einzig und allein dazu nachzuweisen, dass Sie nun endlich auch dort angekommen sind, wo wir schon vor fünf Jahren gewesen sind.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Bei der letzten Novellierung des SOG im Jahr 2001 hatte die CDU-Fraktion zwei konkrete Änderungsanträge gestellt, die jetzt Inhalt dieser Gesetzesinitiative sind.

(Heike Polzin, SPD: Das wissen Sie doch gar nicht, da waren Sie doch noch gar nicht hier!)

Ich habe mich aber belesen und nachgeforscht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gute Vorbereitung!)

Meine Damen und Herren, die Gewährleistung der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger bedarf eines eindeutigen Rechtsrahmens. SPD und Linkspartei.PDS haben die Chance einer zeitgemäßen Novellierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes versäumt. So sind die Voraussetzungen der Rasterfahndung, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeleitet wurden, bis heute nicht verändert worden. Nach geltender Rechtslage ist ein flächendeckender Datenabgleich nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben und Freiheit einer Person möglich. Da der Innenminister aber bereits am 20.10.2001 bekannt gab, dass mit gezielten Angriffen in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu rechnen sei, hätte die Rasterfahndung eigentlich sofort eingestellt werden müssen. Sie wurde sinnvollerweise fortgesetzt, wenn auch ohne Rechtsgrundlage. Die Rechtsgrundlagen der so genannten Schleierfahndung wurden nicht verfassungskonform verbessert.

Derzeit kann die Polizei ohne konkreten Verdacht gegen bestimmte Personen an bekannten öffentlichen Ein- oder Ausbaustraßen keine allgemeinen Personenund Fahrzeugkontrollen durchführen. Gerade im Bereich der Schleuser- und Drogenkriminalität sind derartige Kontrollen aber, wie die Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, sehr erfolgreich. Ich denke da an Hessen. Die Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten dient der Abschreckung von Tätern und nutzt der Polizei bei der Aufspürung von Straftaten. Auch diese Möglichkeit ist

derzeit gesetzlich nicht gegeben. Die CDU will daher, dass die Einführung verbesserter Regelungen zur Rasterfahndung durch einen flächendeckenden Datenabgleich auch dann möglich ist, wenn dies zur Abwehr einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Das ist der Unterschied zu den jetzt geltenden Gesetzen.Bei verfassungskonformen Regelungen zur Schleierfahndung, auf deren Grundlage verdachts- und ereignisunabhängige Fahrzeug- und Personenkontrollen möglich sind, und bei der Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten entsprechen wir dem Gesetzentwurf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die von mir zitierten Sätze stammen aus einem Positionspapier zur Rechtsund Sicherheitspolitik der CDU vom Sommer 2002.

(Minister Dr. Gottfried Timm: Oho!)

Wenn Sie die Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zur Rasterfahndung und zur Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten lesen, könnten sie aus dem CDU-Programm abgeschrieben sein.

(Zurufe von Holger Friedrich, SPD, und Heike Polzin, SPD)

Sie sind identisch, wenn man die beiden Gesetzentwürfe vergleicht.

Wir begrüßen es sehr, dass die Regelungen hinsichtlich der Rasterfahndung und der Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten in die jetzige Novellierung des SOG aufgenommen wurden. Lediglich mit der Schleierfahndung sind Sie noch nicht so weit,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das sind wohl diese Fünfjahreszyklen.)

aber vielleicht findet auch hier noch ein Lernprozess bei Ihnen statt und wir können das in den Ausschussberatungen nachholen. Das wäre mein Wunsch. Ansonsten können wir gemeinsam beide Gesetzentwürfe überweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Schubert.

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Dr. Timm. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen der SPD und Linkspartei.PDS haben nach einer sehr langen und intensiven Diskussion, an der wir uns auch als Ministerium beteiligt haben, Herr Ringguth, zwei Gesetzentwürfe vorgelegt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich rede jetzt von dem SOG-Gesetzentwurf und dem IFG-Gesetzentwurf, der nachher erst unter dem Tagesordnungspunkt 6 behandelt wird. Ich will hier nur erwähnen, dass wir zwei Gesetzentwürfe parallel diskutiert haben, und zwar deswegen, weil der eine Gesetzentwurf Sicherheitsbefugnisse der Polizei verschärft und demzufolge Freiheitsrechte der Bürger in bestimmten Einzelfäl

len einschränkt, und der andere Gesetzentwurf Rechte der Bürger gegenüber der Verwaltung stärkt. Insofern, meine Damen und Herren, hat die Koalition nach ihrer internen Diskussion bei diesen beiden Gesetzentwürfen nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

sondern den größten gemeinsamen Nenner gefunden und eben zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die Weiterentwicklung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und die Einführung eines völlig neuen Gesetzes, was es bisher in diesem Bundesland noch nicht gab. Andere Bundesländer, meine Damen und Herren, haben auch solche Gesetze, aber nicht gleichzeitig. Es gibt keine Koalition – in keinem Bundesland –, die in der Lage war, sowohl das Polizeirecht zu verschärfen, als auch gleichzeitig ein Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg zu bringen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Exakt, exakt!)

Dieser breite politische Konsens ist in diesem Bundesland möglich.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist doch schön geregelt.)

Ich freue mich darüber, weil die Bürger davon einen großen Nutzen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es doch!)

Die letzte SOG-Änderung, Herr Jäger, das hat Herr Schubert schon erwähnt, liegt fünf Jahre zurück. Sie war im Jahre 2001.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja, richtig.)

Seitdem haben wir eine teilweise beängstigende Entwicklung. Ich will einige Stichworte dazu nennen:

Erstens. Wir haben ein massives Ansteigen der weltweiten Terrorismusgefahr, die leider, wie wir inzwischen feststellen mussten, auch bis nach Mitteleuropa hineinragt. London im letzten Sommer ist hier nur ein Stichwort.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Zweitens. Weiterhin haben wir ein deutliches Anwachsen der grenzüberschreitenden Kriminalität, und zwar gerade an den Grenzen unseres Bundeslandes gegenüber den östlichen Nachbarn.

Drittens haben wir zu verzeichnen, dass wir moderne Entwicklungen von anwendungsfähiger Technik haben, die wir auch der Polizei zur Verfügung stellen müssen, denn andere, und zwar diejenigen, die die Polizei bekämpft, wenden diese Technik auch an.