Antrag der Finanzministerin: Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2001 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes – – Drucksache 4/124 –
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Finanzministerin auf der Drucksache 4/124 zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Industriefischerei, auf der Drucksache 4/188.
Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Monegel von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, dass sich die drei Fraktionen unseres Landtages zum Thema Industriefischerei gemeinsam positionieren.
Ziel des vorliegenden Antrages ist die nachhaltige Fischereiwirtschaft. Uns allen ist bekannt, dass die Ressource Fisch stark zurückgegangen ist. Die Ursachen sind vielfältig und liegen im System begründet. Wie das bei Biosystemen sehr häufig der Fall ist, sind es auch sehr vielfältige Ursachen. Wesentliche Ursachen liegen aber in den Eingriffen des Menschen in Form von fischereilichen Methoden. Dazu zählt in erster Linie die Konsumfischerei als wichtige Grundlage für die menschliche Ernährung.
Der Ihnen vorliegende Antrag befasst sich mit einer weiteren Form der Fischerei, der Industriefischerei, auch als Gammelfischerei bezeichnet, die für den permanenten Rückgang der Fischbestandsentwicklung hauptsächlich verantwortlich gemacht wird. Die Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommerns und auch SchleswigHolsteins sind zu Recht besorgt um den Schutz der Fischbestände. Und Sie wissen, Fischer sind diejenigen, die mit dieser Ressource ihr Brot verdienen müssen, und sie sind auch diejenigen, die am ehesten spüren, wenn die Fischbestandsentwicklung zurückgeht, oder sie spüren es zuallererst, wenn ihre Netze leer bleiben und damit auch ihre Erlöse geringer werden.
Eines der Hauptprobleme, welches weltweit zu verzeichnen ist, ist die Überfischung der Meere. Auf die Vielzahl der Gründe und Beispiele, die dazu führen, hier weiter einzugehen würde den Rahmen dieser Debatte jedoch sprengen. Um jedoch Größenordnungen zu nennen, über die wir hier debattieren: Die Fischanlandungen der EU werden für das Jahr 2000 in der Statistik mit 10 Millionen Tonnen Fisch angegeben. Fast 4 Millionen Tonnen Fisch, das sind also 40 Prozent, stammen aus der Industriefischerei.
Die Küstenfischereiverordnungen von MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein verbieten die Industriefischerei in weiten Teilen der Ostsee. Die Länder haben damit zunächst das Notwendige getan. Das ist nachdrücklich anzuerkennen. Die von der EU erlassenen Regelungen für die Gebiete außerhalb der 12-Seemeilen-Zone in der Ost- und in der Nordsee haben jedoch nicht die erhofften Verbesserungen in der Fischbestandsentwicklung gebracht. Es geht also um eine grundlegende Neuregelung außerhalb der Küstengewässer MecklenburgVorpommerns und der Deutschen Bucht. Besonders die Bestandsentwicklung des Kabeljaus beziehungsweise Dorschs gibt zu großer Sorge Anlass. Mit Teilverboten ist das Problem wachsender, nicht wieder gutzumachender Schäden für das Ökosystem Meer nicht gebannt.
Ich möchte an einem Beispiel noch mal darstellen, wie komplex diese ganze Sache ist, die wir hier in der Debatte sicherlich nur anreißen können. Die Sprotte ist Nahrungsfisch für den Kabeljau. Gleichzeitig nimmt die Sprotte aber auch den Laich des Kabeljaus als Nahrung auf. Somit ist die Entwicklung der Jungfischbestände des Kabeljaus bei einem vermehrten Sprottenanteil gefährdet. Da die Kabeljaubestände drastisch zurückgegangen sind, hat sich folglich die Sprottenpopulation erhöht und übt somit einen hohen Populationsdruck auf die Jungfischbestände des Kabeljaus aus.
Es muss also in der Konsequenz darum gehen, für bestimmte Seegebiete zielgenaue Lösungen zu finden. Dazu gehören die Freigabe bestimmter reduzierter Fangmengen, Regelungen zu Beifangobergrenzen und entsprechende Vorgaben zur technischen Entwicklung und zum Einsatz der Fanggeräte. Ich denke, wir sind uns einig, oberstes Ziel muss eine Fischerei sein, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Das, denke ich, sind wir unseren nächsten Generationen schuldig.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch mal darauf hinweisen, dass in den Binnengewässern große Mengen an Weißfisch vorhanden sind, die zurzeit auch bei uns nicht ausreichend genutzt werden. Auch sie stellen eine Eiweißreserve dar.
Um noch mal zu betonen, unsere Fischer aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beteiligen sich nicht an der Industriefischerei, im Gegensatz zu ihren dänischen Berufskollegen. Die dänische Regierung hat zwar ebenfalls ein Industriefischereiverbot erlassen, als festgestellt wurde, dass der Beifang deutlich höher ist, als er sein sollte. Dieses Verbot gilt, auch wenn man es als Schritt in die richtige Richtung durchaus begrüßen kann, nur vorübergehend. Es ist deshalb zu befürchten, dass angesichts der in Dänemark vorhandenen großen Strukturen für die Verarbeitung sehr bald auch eine Aufhebung dieses Industriefischereiverbotes erfolgen könnte.
Meine Damen und Herren, es muss uns also darum gehen, dauerhafte Lösungen in diesem Bereich zu finden,
die für alle am Fischfang beteiligten Nationen der EU gültig sind und die auch keine Hintertüren offen lassen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass sich die Fachsprecher der norddeutschen Küstenländer im März 2002 auf Einladung des Präsidenten des Deutschen Fischereiverbandes, unseres Kollegen Brick, in Hamburg getroffen haben. Ich danke noch mal – ich denke, auch in unser aller Namen – dafür, dass Sie diese Initiative ergriffen haben.
Beraten wurde darüber, wie die Fischerei ihr Bestehen in Zukunft sichern kann, auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Quoten weiterhin zurückgehen, damit sich auch die Bestände wieder erholen können. In diesem Zusammenhang wurde vom schleswig-holsteinischen Landtag an uns die Bitte herangetragen, einen entsprechenden Beschluss hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern herbeizuführen. Und ich möchte in diesem Zusammenhang auch nicht versäumen, der PDS-Fraktion zu danken, die die Initiative ergriffen hat und diesen Antrag mit auf den Weg gebracht hat.
Würdigen möchte ich auch die konstruktive Mitarbeit der Oppositionsfraktion bei der Erarbeitung dieses interfraktionellen Antrages.
Ich bin der Meinung, dass mit diesem gemeinsam formulierten Auftrag an die Landesregierung der Fischerei unseres Landes gedient ist. Die gemeinsame Willensäußerung der Nordländer soll auch Grundlage für die weitere Zusammenarbeit zur Sicherung der Fischerei sein. Vom Verband der Kutter- und Küstenfischer wird dieser Antrag ausdrücklich befürwortet.
Und noch einen weiteren Aspekt möchte ich erwähnen. Um die Ernährung mit Fisch weiterhin zu gewährleisten, wird es zwingend notwendig sein, auch in diesem Land intensiver über den Bereich Aquakultur nachzudenken und auch dort zu weiteren Entwicklungen zu kommen.
Meine Damen und Herren, wir betreten mit unserem Antrag kein politisches Neuland. Auch die Agrarministerkonferenz – darauf wird sicherlich unser Minister noch mal eingehen – hat sich mit dem Thema Konsum- und Industriefischerei beschäftigt und die Forderung nach Nachhaltigkeit und Schutz der Meere aufgemacht, des Weiteren auch nach EU-Beschlüssen zu Schon- und Verbotszonen. Der EU-Kommissar Fischler hat, wie kürzlich veröffentlicht, dem Rat mehrjährige Bewirtschaftungspläne nach biologischem Zustand vorgeschlagen und bei der Bewirtschaftung von Kabeljau die Reduktion der Tage auf See, verstärkte Kontrollen, Fangnetze mit entsprechender Maschenweite vorgeschlagen und er beabsichtigt auch, die Sanktionen innerhalb der EU zu harmonisieren.
Wir sind also in einer sehr intensiven Diskussionsphase. Wir vertreten die Auffassung, dass mit diesem Beschluss das Parlament Mecklenburg-Vorpommerns die Verhandlungspositionen der Regierung unseres Landes gegenüber dem Bund und der EU stärkt. Ich bitte Sie daher, die
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Zuerst hat in der Aussprache das Wort der Abgeordnete Brick für die Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eigentlich könnten wir jetzt abstimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS – Norbert Baunach, SPD: Wir wollen dich aber gerne hören, Martin.)
Aber nichtsdestotrotz, das war ja eine schwierige Geburt und darum das Positive zuerst. Man muss schon weit zurückdenken, um sich erinnern zu können, dass hier ein Antrag zu Fischerei und Fisch auf der Tagesordnung stand.
(Minister Dr. Till Backhaus: Das waren noch Zeiten, ne?! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)
Mangels Lobby hat der Fisch besondere Aufmerksamkeit verdient. Dieses ferne Wesen, die meisten kennen ihn nur tot, er wird nicht nach Individuen gezählt, sondern er wird gemessen in Tonnen und Biomasse. Er erfreut sich zunehmender Beliebtheit auf deutschen Tellern. Und stellen Sie sich vor, die Kinder malen ihn analog der lila Kuh sogar wieder, allerdings viereckig. Insofern, meine ich, hat diese Kreatur Lobby verdient.
Das zweite Positivum: Es gibt, Frau Vorsitzende, Sie haben es gesagt, einen gemeinsamen Antrag von allen Fraktionen. Ich sag mal, immerhin ein Anfang, aber der Weg dahin war schwierig und erst gestern wurde das Ziel erreicht.
Die erste Initiative ging zurück auf den Deutschen Fischereiverband, der sich an die fischereipolitischen Sprecher der Küstenländerparlamente mit der Bitte gewandt hat, ein gemeinsames Vorgehen gegen die Industriefischerei zu ermöglichen. Die zweite Initiative, auch das darf ich hier im Parlament durchaus erwähnen, ging aus von der Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses in diesem Parlament, Frau Monegel. Dafür herzlichen Dank!
Dann gab es erste Absprachen zwischen CDU und SPD. Der Antrag wurde nicht zurückgezogen, das will ich ausdrücklich betonen, aber er wurde aufgehalten. Es gab einen Vorschlag der CDU. Es gab eine Einigung mit der SPD. Es gab ein Zucken bei der PDS. Und – wie ein Wun
der – auf irgendeinem Weg gelangte dieser Antrag dann zu Ihnen, Herr Minister, ins Ministerium, was Sie wahrscheinlich dazu veranlasste, die Begründung dieses Antrages an Ihre Presseerklärung vom 14.01. anzubacken.
Und nun war die Welt in Ordnung, denn diese beiden letzten Absätze Ihrer Presseerklärung sind nun die Begründung des heute uns vorliegenden Antrages. Meine Damen und Herren, ich meine das nicht persönlich, will das nicht personifizieren, ich will es auch nur auf diese Sache beziehen, aber mich beschlich da ein Spruch, der da heißt: „Künstliche Intelligenz ist kein Ersatz für angeborene Schlichtheit des Geistes.“
Wie dem auch sei, ich kann mich mit dem Antrag identifizieren, soweit wir beachten, dass Fische von Artgenossen leben und Fischer von Fischen und die Industriefischerei nicht zum Topthema der Fischerei erhoben wird. Da hätten wir, wenn wir uns vor Augen halten die Einschränkungen, die ab 01.01. diesen Jahres gelten, sicher ein weit größeres Betätigungsfeld.