Über den fragwürdigen Einsatz des Ministerpräsidenten zur Abwehr der Truppenabbaukatastrophe im fernen Vorpommern beim Bundesverteidigungsminister wurde in diesem Hause bereits trefflich und verständlicherweise sehr emotional gestritten. Es wird immer sehr emotional gestritten in diesem Hause, wenn es um Regionen geht
und die Abgeordneten sich angesprochen fühlen. Dennoch bemüht der Ministerpräsident gern Ludwig Erhard mit dem Zitat, Wirtschaftspolitik sei zu 50 Prozent Psychologie.
Recht hat er. Wenden Sie diese Erkenntnis bei uns an, Herr Ministerpräsident! Schaffen Sie eine Aufbruchstimmung in den östlichen Landesteilen wie Demmin und Uecker-Randow, indem Sie ihnen spürbar Referenzen einräumen
Geben Sie uns vor diesem Hintergrund vor allem verkehrstechnisch die Chance, das für uns viel gepriesene Oberzentrum Stettin auch als solches zu nutzen! Und binden Sie auch den Norden unseres Landkreises an die dort hinführenden Verkehrswege auf der Schiene, dem Wasser und über den Autobahnzubringer an! Ansonsten bleiben wir auch nach der EU-Osterweiterung eine Randregion.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantrage, den Antrag der PDS- und SPD-Fraktion auf Drucksache 4/158 federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Innenausschuss zu überweisen, um ihn so zu modifizieren, dass er eine echte Handlungsaufforderung an die Landesregierung darstellt, und schließe mich im Prinzip den Meinungen des Herrn Ritter an.
Als Nächstes hat ums Wort gebeten der Wirtschaftsminister des Landes Herr Ebnet. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind ja schon ein paar Einigkeiten heute hier genannt worden. Die erste Einigkeit kann ich so feststellen: Wir alle sind der Meinung, die Konversionsleitlinien aus dem Jahre 1992 behandeln einen anderen Sachverhalt. Sie gelten heute nicht mehr. Neue sind angebracht.
Zweite Einigkeit ist die, Bundeswehr ist ein Wirtschaftsfaktor. Bundeswehr hat etwas zu tun mit Arbeitsplätzen, mit Kaufkraft. Und das war ja auch der Grund, dass die Landesregierung gesagt hat, jetzt soll die Zuständigkeit
innerhalb der Landesregierung übergehen vom Innenminister zum Wirtschaftsminister, was jetzt geschehen ist.
Es geht schon beim Sachverhalt los. Frau Fiedler – und jetzt ist der Abgeordnete Thomas leider nicht mehr hier –, man kann sich auf solche Reden ein bisschen vorbereiten. Ich habe es mal nachprüfen lassen, wie sich denn jetzt der Bundeswehrabzug ausgewirkt hat, die Dienstposten, welche vorher und welche nachher waren. Und da kam etwas Überraschendes heraus für mich. Für mich war es auch nicht selbstverständlich.
In der Debatte hieß es ja immer, die Bundeswehr zieht sich zurück. Aber die Bundeswehr hat damals über 1.000 Dienstposten unter der Regierung Kohl abgebaut. Da sind die Standorte Demen und Karow geschlossen worden. Dann gab es noch in Neustadt-Glewe etwas und in Dranske. Und bei der Bundeswehrstrukturreform jetzt, die dann unter dem Namen Scharping lief, sind mehr als 1.000 Dienstposten dazugekommen im Land Mecklenburg-Vorpommern.
Da sind 1.131 Dienstposten dazugekommen, mehr, als damals abgebaut wurde in den 90er Jahren. Das ist die globale Sicht der Dinge. Das heißt also, wir haben hier auch Zuwächse zum Beispiel in Rostock, in Bad Sülze und so weiter. Das darf man einfach nicht vergessen, wenn man eine Gesamtbewertung vornimmt. Man kann also nicht sagen, insgesamt würde sich die Bundeswehr zurückziehen.
Sie hat sich allerdings anders strukturiert und ist jetzt anders aufgeteilt. Deshalb gibt es auch starke Betroffenheiten ganz bestimmter Standorte, nämlich Eggesin, Stavenhagen und Kölpin. Und dann haben wir noch aus der vorherigen Strukturreform Demen und Karow. Das sind im Wesentlichen die fünf Problemstädte und Gemeinden, mit denen wir es zu tun haben. Es ist auch gut, wenn man die Probleme beim Namen nennt, dann sind wir schon ein Stückchen weiter und können das konkret abarbeiten. Und jetzt kommt es darauf an, die negativen wirtschaftlichen Folgen für die Kommunen abzumildern, neue Chancen zu erkennen und sie dann zu nutzen. Da sind wir uns wieder alle einig hier, glaube ich. Und dabei wird natürlich das Land das tun, was es tun kann.
Wir haben eine Standortkonversionsrichtlinie im Jahre 2000 erlassen und in der Finanzplanung bis 2004 jährlich rund 4 Millionen Euro eingestellt. Diese Mittel sollen helfen, zusätzlich zu den anderen Geldern, die ja auch noch zur Verfügung stehen, die Folgen des Truppenabbaus zu bewältigen.
Wir haben eine IMAG-Bundeswehrstrukturreform eingesetzt, um mit den betroffenen Kommunen konkrete Probleme und Projekte zu besprechen und Förder- und Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wir haben eine Bund-Land-Arbeitsgruppe „Anschlussnutzung Bundeswehrliegenschaften in Mecklenburg-Vorpommern“ gebildet. Die Arbeitsgruppe befasst sich konkret mit der Vermarktung und Entwicklung frei gewordener militärischer Liegenschaften.
Jetzt kann man sagen, die könnten ja schon viel weiter sein. Das ist eigentlich der Kern der Kritik. Nicht die Richtung ist falsch, sondern die Frage, ob das denn alles schon schnell genug geschehen ist. In der Tat kann man immer kritisieren. Wenn etwas geschehen soll, dann kann es nie schnell genug gehen. Das ist auch klar. Wir geben uns Mühe, hier so schnell, wie es geht, zu arbeiten.
Wir haben Projekte der Konversionsstandorte gefördert, zum Beispiel das Regional-Management-Projekt im Landkreis Uecker-Randow – Herr Ritter hat schon darauf hingewiesen –, die Konversionskonzeptionen für Demen und Karow, Beratungsleistungen zur Ansiedlung von Investoren im Gewerbegebiet Nordost in Pasewalk oder Machbarkeitsstudien für den Bundeswehrstandort Basepohl/Stavenhagen und die Vorpommernkaserne in Eggesin oder auch das begleitende Konversionsmanagement zur Konversion des Bundeswehrstandortes Stavenhagen/ Basepohl. Vorbereitungsarbeiten sowie konventionelle Arbeiten wurden in Gang gesetzt und sind am Laufen.
Meine Damen und Herren, wichtig ist natürlich, dass auch nach der Konzeption dann die Umsetzung kommt, und die haben wir vor uns. Das gesamte Förderinstrumentarium des Landes steht hierfür zur Verfügung. Was wir können, werden wir auch tun. Es kommt darauf an, die gegebenen Möglichkeiten kreativ zu nutzen. Aber, Frau Fiedler, so einfach geht das nicht. Am Ende müsste ja eigentlich die Nutzung stehen, um wieder Kaufkraft und Arbeitsplätze in die Regionen zu bringen, was wir alle wollen, damit sich dort Wirtschaft ansiedelt, die jetzt nicht in der Region ist, die von außen kommt. Und das ist natürlich das Problem. Sie haben ja gesagt, Investoren stehen nicht Schlange. Wie bekommt man diese Investoren ran? Hier geben wir uns natürlich und ich speziell für UeckerRandow wirklich Mühe, Investoren und Wirtschaft nach Uecker-Randow und auch nach Stavenhagen zu bringen. Nur ist es so, die Schlange, die man anstehen sieht, ist nicht vorhanden. Wir müssen wirklich hart daran arbeiten und da bitte ich auch um Unterstützung durch den Landtag. Das kann einer allein nie machen. Wenn jemand etwas weiß, wenn er mithelfen kann, dann bitte ich um Nachricht. Wenn es alle zusammen tun, dann sind wir ein Stückchen stärker und kommen auch ein Stück weiter, als wenn wir gegeneinander arbeiten,
was hoffentlich nicht der Fall ist. Meine Bitte ist: Ziehen wir alle an einem Strang! So können wir den Gemeinden auch maximale Hilfe geben. – Danke sehr.
Als Nächstes hat das Wort der Abgeordnete Schwarz für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Schwarz, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin natürlich nun als Vierter ein bisschen im Dilemma, denn Kollege Ritter, Kollegin Fiedler und jetzt noch der Minister haben bereits alles gesagt.
Vielleicht so viel: Ich bin ja Bürgermeister einer der betroffenen Gemeinden, und zwar der Gemeinde Demen.
Der Minister brachte es ja rüber. Demen ist bereits schon etwas länger im Dilemma, weil ja die Schließung des Standortes bereits vor 1998 – Mitte der 90er Jahre – so beschlossen worden ist. Das heißt, wir hatten wirklich zum Teil eine Tragödie, was dort abging. Ich kann das nur aus meinen Erfahrungen heraus sagen, die ich als Bürgermeister gesammelt habe. Ich hatte immer ein offenes Ohr. Wenn es ein Problem mit der Bundeswehr gab, konnte ich damals jederzeit federführend ins Innenministerium kommen. Und jetzt ist die Federführung ja dem Wirtschaftsminister zugetan worden und ich denke, dass ich auch mit dem Wirtschaftsministerium keine Probleme haben werde.
Was wichtig ist, das habe ich gelernt. Ich bin seit Jahren in Kontakt mit dem Kommandeur dort vor Ort. Ich sage Ihnen, die Bundeswehr kommt der Gemeinde wirklich so weit entgegen, dass ich Begehungen machen kann, mit Investoren schon einmal die Strecke abschreiten kann, weil es gewisse Ideen gibt. Wir haben Ideen, ich werde sie spätestens am Wochenende zusammenhaben. Wir werden uns mit dem zuständigen Ministerium kontaktieren, uns beraten lassen, was davon machbar ist. Ich denke, es sind interessante Ideen. Es ist machbar. Und was für mich wichtig ist, ist, dass auch die Gemeinden vor Ort – und da, denke ich, spreche ich nicht nur in meinem Namen – mächtig in die Hände spucken.
Das Problem, Frau Fiedler, was Sie angesprochen haben in Vorpommern, ist natürlich ein anderes. Das sehe ich auch, dass es vielleicht in diesem Raum noch schwieriger ist als im westmecklenburgischen Bereich. Aber ich denke, wenn so viel Bereitschaft zum Konsens hier besteht, sehe ich eigentlich der Sache – wie sagt man –,
jawohl, sehr optimistisch entgegen, dass wir da etwas bewirken. Gut Ding will Weile haben, das weiß ich auch. Aber ich denke, dass wir da etwas Parteiübergreifendes hinbekommen. Darüber würde ich mich mächtig freuen. – Danke schön.