Protocol of the Session on January 29, 2003

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 7. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der 7. und 8. Sitzung liegt Ihnen vor.

Zum Tagesordnungspunkt 6 liegt Ihnen auf Drucksache 4/188 ein interfraktioneller Antrag zum Thema Industriefischerei vor, der die auf der Tagesordnung stehenden Anträge ersetzt. Die bereits hierzu verteilten Anträge der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/46 und der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/161 wurden zurückgezogen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, wird der vorliegenden Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 7. und 8. Sitzung gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der CDU hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Auswirkungen rot-grüner Gesundheitspolitik auf Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.

Aktuelle Stunde Auswirkungen rot-grüner Gesundheitspolitik auf Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Auswirkungen der rot-grünen Gesundheitspolitik auf das Land Mecklenburg-Vorpommern sind gravierend. Eine Hiobsbotschaft jagt die andere. Die Politik der rot-grünen Regierung in Berlin und unserer rot-roten Landesregierung greift den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ungeniert in die Taschen.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist eine Unterstellung. – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Ein Notsparpaket jagt das andere und unter anderem sind Rente und Gesundheit bedroht. Die Einnahmeseite der Krankenkassen in Mecklenburg-Vorpommern sinkt dramatisch. In den letzten vier Jahren sind unter Ministerpräsident Ringstorff und dem Arbeitsminister Holter insgesamt 60.000 Arbeitsplätze verloren gegangen und damit die Einnahmeseiten der Krankenkassen dramatisch strapaziert worden.

Meine Damen und Herren, der DGB prognostiziert für Mecklenburg-Vorpommern im ersten Quartal diesen Jahres 200.000 Arbeitslose. Steuererhöhungen wurden vor der Wahl durch Rot-Rot und durch Rot-Grün und speziell auch durch den Bundeskanzler ausgeschlossen. Ein Blick auf den Lohnzettel und ich gucke mal in mein Portemonnaie – meine Damen und Herren, was kostet uns RotGrün? Ab Januar jeden Arbeitnehmer auf dem Lohnzettel 28 Euro mehr Lohn- und Einkommenssteuer,

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Glawe, haben Sie sich im Thema geirrt?)

10 Euro mehr Sozialabgaben, Frau Fraktionsvorsitzende,

(Angelika Gramkow, PDS: Ich habe ja nur an das Thema erinnert.)

12 Prozent mehr Ökosteuer und für die Heizung und 3 Euro mehr Tabaksteuer. Das nennt man auch Rauchen für den Frieden, Frau Kollegin.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Angelika Gramkow, PDS: Ich bin nicht Ihre Frau Kollegin. Zum Glück! – Heinz Müller, SPD: Das ist gar nicht so verkehrt. – Zuruf von Ute Schildt, SPD – Dr. Margret Seemann, SPD: Was ist denn das für ein Niveau, Herr Glawe?! – Glocke der Vizepräsidentin)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung verordnet dem Gesundheitsberuf in Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2003 eine Nullrunde. Was heißt das, meine Damen und Herren? Das ist ein Schlag ins Gesicht für 2.400 niedergelassene Ärzte, für 1.400 niedergelassene Zahnärzte, für 18.000 Beschäftigte in unseren Krankenhäusern, für 940 Altenpfleger, für 1.700 Krankenschwestern, für 540 Physiotherapeuten, 100 Masseure und medizinische Bademeister, die im öffentlichen Gesundheitsdienst und in den Heimen tätig sind, meine Damen und Herren. Es betrifft auch die Pflegedienste, es betrifft die Betreiber von Heimen und es betrifft unsere 36 Krankenhäuser im Land. Das ist die Bilanz. Es betrifft 390 Apotheken und ihre Mitarbeiter, das sind etwa 2.400, und es ist letztlich eine Zahl zu nennen der Betroffenen von 34.000 Beschäftigten im Gesundheitswesen in Mecklenburg-Vorpommern. Und nicht zuletzt betrifft es auch die geriatrische Reha im Land Mecklenburg-Vorpommern.

Demos gegen diese Politik stehen auf der Tagesordnung. Die Leistungserbringer, die Selbstverwaltungsorgane, die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassen stehen jeden Tag in den Schlagzeilen. Jeder wirft jedem Versagen vor.

(Ute Schildt, SPD: Ja, das hilft.)

Der Ausstieg aus den Tarifsystemen ist Programm. Sie verabschiedeten sich vom öffentlichen Tarif. Sie gefährden sozusagen den sozialen Frieden mit dieser Politik im Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eine Nullrunde, meine Damen und Herren, ist ein Spardiktat. Sie ist eine Minusrunde, sie führt zu Arbeitsplatzverlusten und Arbeitsplatzängsten bis hin zur Demotivation. Sie schadet unter den gegebenen Voraussetzungen unserem Land. Die rot-rote Landesregierung hat einen Berufsstand in Knebelhaft genommen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Torsten Koplin, PDS: Sie kennen doch die Posi- tion. Sie kennen doch die Bundesratsposition.)

Die Sozialministerin reitet verbale Attacken gegen Demonstranten, wie vorige Woche bei der Demo in Rostock zu beobachten während einer Presseerklärung – selbst war sie ja nicht da.

Meine Damen und Herren, das Stimmenwirrwarr dieser rot-roten und rot-grünen Politik ist langsam unerträglich. Noch im Wahlkampf haben die SPD und ihre Bundesgesundheitsministerin gerade den Forderungen der CDU nach Grund- und Wahlleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Absage erteilt. Sie hat gesagt, es wären Sargnägel für die solidarische Gesundheitsversorgung. Heute, meine Damen und Herren, ist das anders. Und da will ich Ihnen nur vier Beispiele bringen: Sie setzen

Kommissionen ein, mal bedienen sie die linke Ecke in der SPD, mal die rechte, einmal nennen sie es Strategiepapier – dieses kommt aus dem Bundeskanzleramt –, dann gibt es eine Schmidt-Kommission, schließlich wird die RürupKommission eingesetzt und da der DGB nicht zu kurz kommen darf, wird man auch dort noch eine weitere Kommission einsetzen, die nach dem Prinzip „Hase-und-IgelWettbewerb“ arbeitet, meine Damen und Herren, denn Frau Engelen-Kefer darf nicht zu spät kommen. Sie will ja sozusagen die Botschaften zuerst verkünden.

Meine Damen und Herren, dann werden Testballons gestartet, wie zurzeit in allen Medien, ob im TV, im Radio oder auch in unseren Massenblättern zu lesen. Mal soll ein Arzt operieren wie in einer Kfz-Werkstatt, mal sollen befristete Zulassungen für Ärzte das Problem lösen. Dann wieder droht man mit Liebesentzug,

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

also, wenn es mal anders kommt, wollen die Krankenkassen den Ärzten sozusagen Zulassungen verweigern. Und es geht dann letzten Endes die Frage nach Bonussystemen um und so weiter und so weiter.

Meine Damen und Herren, die Versorgungssicherheit ist von zentraler Bedeutung im Gesundheitswesen. Der Bürger muss die Gewissheit haben, dass Krankheit für ihn und seine Familie niemals zu einem existenzbedrohenden finanziellen Risiko werden darf.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Der medizinische Fortschritt muss allen Bürgern zugute kommen. Und der alte Mensch darf nicht ausgegrenzt werden, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Hinzu kommt das Prinzip der wohnortnahen Versorgung im ambulanten und im stationären Bereich. Ich denke mal, das sind Dinge, die wir auch alle gemeinsam unterstreichen und auch unterschreiben können. Die Frage nach der fachärztlichen Versorgung oder nach der Frage des Hausarztes, denke ich, beantworten wir sehr unterschiedlich.

Die gegenwärtige rot-grüne Gesundheitspolitik, die sich aus Berlin kommend wie Mehltau über unser Land legt, wird zurzeit keine Besserungen erreichen. Im Gegenteil, es droht der Verlust von Qualität in der Vorsorge und in der Versorgung, es droht der Verlust von Versorgungssicherheit und ein Verlust von Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren. Wenn es so kommt, wie Sie es wollen, und Benchmarking das Modell der Zeit wird, dann, das sage ich Ihnen voraus, gefährden Sie 20 Prozent der Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und das, denke ich, kann nicht das Ziel für MecklenburgVorpommern sein, für die Beschäftigten und für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. Der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Richter-Reichhelm, wertet die Pläne der Bundesregierung, eine Nullrunde im Gesundheitswesen einzuführen, als Abwürgung des Beschäftigungsmotors der Jobmaschine Gesundheitswesen. Meine Damen und Herren, wo er Recht hat, hat er Recht.

Und den Osten – uns – trifft es mal wieder besonders hart, wo kaum Privatpatienten versichert sind, wo die Morbidität sehr hoch ist. Und auch die Reserven, die

Finanzreserven aller im Gesundheitssystem Beteiligten im ambulanten wie im stationären Bereich sind überschaubar. Wir haben nicht die Reserven, wie sie in den alten Bundesländern teilweise vorhanden sind.

Die niedergelassenen Ärzte werden abgestraft, sie werden fast als Unpersonen in den öffentlichen Darstellungen ausgewiesen. Denken Sie mal daran, vor zehn Jahren war der Arzt auf der Beliebtheitsskala in der Öffentlichkeit noch unter den beliebtesten Berufen zwischen 1 und 5! Heute steht er auf Platz 15.

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Und wenn es so weitergeht, sage ich Ihnen voraus, werden wir auch im Bereich der medizinischen Ausbildung an unseren Hochschulen unsere Probleme bekommen.

(Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Die Versorgung im ländlichen Raum ist heute schon gefährdet. In nächster Zeit werden über 700 Ärzte im stationären wie im ambulanten Bereich ersetzt werden müssen. Und da muss eben auch diese Landesregierung in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den Kassen Vorsorge tragen.

Aber oftmals und in besonderer Weise misst man wohl der Autoindustrie mehr Bedeutung zu als dem Gesundheitswesen hier in diesem Land. Und ich verweise noch mal auf die Imagekampagne „MV tut gut“. Diese ist ja gerade auf das Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern ausgerichtet, soll ausgebaut werden auf das ganze Land. Und andererseits gefährdet diese Politik in Berlin und auch teilweise in Schwerin, indem man nämlich nichts tut, indem man nur zuschaut,

(Torsten Koplin, PDS: Das ist doch gar nicht wahr. Das wissen Sie doch besser.)

den Sachen nicht entgegentritt, gefährdet diese Politik Arbeitsplätze, gefährdet das Image für Mecklenburg-Vorpommern.

Das dritte Mal in Ihrer Legislaturperiode haben Sie sozusagen ein Spargesetz auf den Weg gebracht.

(Angelika Gramkow, PDS: Wir!)

Ja, Sie als Genossinnen und Genossen,

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS: Wir kön- nen wirklich sagen, wir waren immer beteiligt.)

Sie als Wohlbeter für Berlin. Sie haben damals 1998 angekündigt, dass alles viel besser wird, Sie sind für soziale Gerechtigkeit.