Protocol of the Session on January 25, 2006

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Aber gut, man kann darüber streiten, ob diese Regelung sinnvoll ist oder nicht. Sie schadet jedenfalls nicht und darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass das schon in Ordnung ist.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Aber ebenso kann man wohl auch darüber streiten, ob es wirklich zwingend notwendig ist – und das ist in diesem Gesetz passiert –, gesetzlich vorzuschreiben, dass einem Antragsteller binnen eines Monats mitzuteilen ist, ob die eingereichten Unterlagen vollständig sind oder nicht. Wenn ich in ein Gesetz schreibe, dem Antragsteller ist unverzüglich mitzuteilen, ob er seine Unterlagen vollständig oder nicht vollständig hat, dann – wenn ich in der Behördenorganisation ein bisschen Controlling habe und das vernünftig überwache –, glaube ich, beschleunige ich das einfach mehr, als wenn ich dem Mitarbeiter jetzt sozusagen ausdrücklich einen Monat Zeit gebe. Wenn ich diesem ausdrücklich einen Monat Zeit gebe für diese Mitteilung,

(Ministerin Sigrid Keler: Bis zu einem Monat.)

dann, so wissen wir doch aus Erfahrung, wird diese Frist auch hin und wieder bis zum letzten Tag genutzt. Ob das im Sinne von Beschleunigung so klug ist, auch da...

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Aber Sie kennen die Praxis, ja? Da ist unter einem Monat nicht viel zu machen.)

Ja, ich kenne die Praxis. Frau Gramkow, ich weiß nicht, ob das in der Stadt Schwerin nur explizit so ist.

(Beifall und Heiterkeit bei Lorenz Caffier, CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich hab da gerade ein Beispiel auf dem Tisch. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Woanders ist das mittlerweile wirklich nicht mehr so.

Auch die Aufnahme eines obligatorischen Sternverfahrens – das ist auch so ein Beispiel im Landesverwaltungsverfahrensgesetz – ist im Zweifel keine echte Deregulierung, denn die Ingenieurkammer hat darauf hingewiesen, dass das Verfahren längst geübte Praxis ist. Bodo wird das bestätigen. Das ist eigentlich selbstverständlich. Aber wenn wir schon vorhin über das Verwaltungsmodernisie

rungsgesetz gesprochen haben, dann bitte ich Sie wirklich, in diesem Zusammenhang auf diesen Hinweis zu achten, denn diese Regelung mit dem Sternverfahren macht zum Beispiel im Bereich der Bauaufsicht nur dann Sinn, wenn die Bauaufsicht auch wirklich bei den Kreisen verbleibt. Die anderen im Sternverfahren zu beteiligenden Behörden, ob das jetzt Denkmalschutz, Naturschutz, untere Wasserbehörde oder wer sonst auch immer ist, sind eben dort angesiedelt. Wenn wir die Bauaufsicht wie geplant – ich meine diesen berühmten Paragrafen 70, so steht es jetzt auch noch im Gesetzentwurf –

(Bodo Krumbholz, SPD: Noch!)

nun tatsächlich noch, Bodo legt die Betonung auf „noch“, auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden geben, dann muss doch der Sinn dieses Sternverfahrens einfach leer laufen, weil nämlich eine Beschleunigung durch Konzentration erreicht wird. Es wäre schade, wenn wir diesen Fehler machen würden. Ich glaube, die Ergebnisse der Anhörung im Sonderausschuss müssen uns dann gemeinsam einiges zu denken geben.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf enthält weiter diese Experimentierklausel, die das Justizministerium ermächtigen sollte, durch Rechtsverordnung Widerspruchsverfahren bei bestimmten Verwaltungsverfahren zu streichen. Herr Müller hat schon darauf hingewiesen, dass das auf Antrag nicht mehr da ist. Es wäre auch wirklich zu überlegen gewesen. Das hieße im Ergebnis, dass ein Antragsteller, dessen Antrag abgelehnt worden ist, hiergegen nicht erst den Widerspruch einlegen kann, um den Vorgang noch einmal innerhalb der Verwaltung zu prüfen, sondern sofort das zuständige Verwaltungsgericht entweder anrufen kann oder im Zweifel auch muss. Das ist bei den verschiedenen Verwaltungsverfahren auch eine ganz verschiedene Sache. Es ist wirklich manchmal einfach nur lästig. Dann sollten wir – allerdings dann eben auch wir – es uns vorbehalten, darüber gemeinsam zu reden in dem schon zitierten dritten Deregulierungsgesetz, und das sollte möglichst, wenn es denn irgendwie geht, noch in dieser Legislaturperiode kommen.

Auf jeden Fall ist die CDU-Fraktion der Meinung gewesen, dass man die Entscheidung über die Streichung eines derartigen Widerspruchverfahrens nicht dem Justizministerium überlassen sollte, sondern wir an dieser Entscheidung mitwirken wollen. Wir haben dann diesen Antrag gestellt und, das ist geradezu symptomatisch für die Arbeit, wenn es um Deregulierung geht, ich habe es schon gesagt, diesem Antrag ist einstimmig gefolgt worden. Meine Damen und Herren, dieser Konsens sollte uns erhalten bleiben, auch in der nächsten Legislaturperiode.

Im Ergebnis ist – das haben wir ein wenig bedauert – auch das Staatshaftungsrecht, das ursprünglich im zweiten Deregulierungsgesetz komplett entrümpelt werden sollte, im Vorverfahren im Wesentlichen aus dem Gesetz gestrichen worden.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig. – Heiterkeit bei Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Manchmal sind wir eben doch nicht eins.)

Ja, darüber, Frau Gramkow, kann man ganz unterschiedlicher Auffassung sein.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht. Aber wir sind auch anderer Auffassung.)

Es wird Sie nicht überraschen, wenn wir da anderer Auffassung sind. Aber das ist dann sozusagen auch vorsichtig herausgenommen worden, diesmal von Ihnen offensichtlich.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja, genau.)

Sehen Sie! Ja, ja, so ist das mit der Deregulierung.

(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Ja, so ist es. – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Diesmal hat der Minister keine Schuld.)

So einfach ist das nicht. Da widerstreiten immer wieder Interessen, verschiedenste Interessen, manchmal auch politische.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja, genauso ist es.)

Meine Damen und Herren, wenn wir ganz ehrlich sind, der ganz große Wurf ist dieses Gesetz nicht. Es ist nicht der Meilenstein, aber es ist ein wichtiger Schritt auf dem richtigen Wege. Das ist die Meinung meiner Fraktion und deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf selbstverständlich zustimmen.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön.

Das bisschen Mehr an Redezeit möchte ich eigentlich nutzen für einen kurzen Rückblick und vielleicht auch schon für einen Ausblick auf die nächste Legislaturperiode. So weit ist es bis dahin nicht mehr.

(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Oh, wir wollen doch noch etwas deregulieren.)

Meine Damen und Herren, ich erinnere Sie daran, dass wir zu Beginn der 4. Legislaturperiode doch alle mit sehr viel Schwung dieses Vorhaben angegangen sind, möglichst viele Rechtsvorschriften zu deregulieren und Bürokratie abzubauen.

(Holger Friedrich, SPD: Das ist auch immer noch so. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD – Heiterkeit bei Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Das ist immer noch so.

Ich komme gleich zum Aber, aber erst einmal will ich uns selbst loben. Die IHK zu Schwerin hatte die 37 Vorschläge, von denen der Minister schon gesprochen hat, zur Änderung auf Landesebene und im Übrigen auch 84 Änderungen auf Bundesebene auf den Tisch gelegt. Wir haben damals einen großen Teil dieser Vorschläge aufgegriffen und in einem Initiativgesetz dem Landtag vorgelegt. Der Justizminister hatte eine Deregulierungskommission eingesetzt, die hervorragend gearbeitet und einen ersten bis dritten Bericht vorgelegt hat. Die Landesregierung hat daraus zwei Gesetze zur Deregulierung erarbeitet. Wir werden heute das zweite Gesetz verabschieden. Also es ist etwas auf den Weg gebracht worden, aber wenn wir ganz ehrlich sind, als ganz ausreichend, glaube ich, empfindet das vielleicht doch niemand von uns.

Was ist denn nicht geschafft worden? Was nicht geschafft wurde, ist die von allen Seiten damals geforderte Überprüfung der Durchführung von Förderprogrammen.

Förderprogramme sollten zusammengefasst werden. Es sollten Pauschalierungsmöglichkeiten genutzt werden. Es sollten gleiche oder ähnliche Zwecke nur auf einem Weg gefördert werden. Es sollten organisatorische Programme zusammengefasst werden, die bisher in unterschiedlichen Häusern mit unterschiedlichem Personal durchgeführt werden, und, und, und.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja, das kann man alles in der Opposition erzählen.)

Ja, aber man kann es vielleicht auch, bei der Gemeinsamkeit, Frau Gramkow, die wir in diesem Bereich immer so betonen, wenigstens angehen.

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Wenn wir ehrlich sind, Fortschritte haben wir in dem Bereich bisher noch überhaupt keine erreicht.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das sind ja auch ein paar Spielwiesen, die keiner abge- ben will. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ja, das sind Spielwiesen. Wissen Sie was, Spielwiesen sind etwas Wunderschönes und wer spielt nicht gern. Wir bleiben, glaube ich, immer irgendwo ein bisschen Kind. Aber ein wenig zurückzufahren würde diesem Land gut tun. Wenn wir uns da gemeinsam einig sind, dann müssen wir das auch angehen.

Meine Damen und Herren, auch die Ausdehnung von Landesaufgaben ist nicht so konsequent umgesetzt worden, dass sie entweder ganz wegfallen oder von Dritten erledigt werden. Die Herabsetzung von Standards, wir haben darüber auch im Ziegelsee-Kreis gesprochen, ist nicht wirklich befriedigend angepackt worden. Das reicht uns nicht. Und wenn man sich unsere Arbeit, ob im Innenausschuss oder im Sonderausschuss, anguckt, dann kann man nicht feststellen, dass wir weniger Gesetze als in den vergangenen Legislaturperioden verabschiedet hätten. Das ist nicht so. Und last, but not least, ist von den sieben Vorschlägen zur Deregulierung, die der Justizminister als Ergebnis der Ziegelsee-Gespräche im Juni 2004 vorgestellt hat, noch nicht allzu viel umgesetzt worden. Ich erwähne hier unter anderem den Vorschlag, den bürokratischen Schullastenausgleich – wir alle wissen, wie bürokratisch und eigentlich überflüssig der ist – durch eine Pauschalförderung zu ersetzen. Wir haben nun dieses Schulgesetz mehrfach novelliert.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Haben doch alle gesagt, wir wollen das nicht.)

Es stand auch mal drin, Frau Gramkow,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Was hat denn Ihr Landrat dazu gesagt?)

aber bevor es dann verabschiedet wurde, war es wieder draußen.

Ich erinnere auch an die mehrfache Befassung des Sonderausschusses mit dem Punkt Gestaltungsfreiheit bei der Mitgliedschaft in Wasser- und Bodenverbänden. Auch da sind wir nicht wirklich ganz zum Schluss gekommen. Einige, die kommunal engagiert sind, wissen, dass das immer noch ein großer Wunsch ist. Ob man es wirklich macht, bleibt dahingestellt, aber wir müssen es irgendwie zu Ende führen. Auch bei der Schülerbeförderung sind die Vorschläge des Justizministers eigentlich nicht umgesetzt worden und es gibt keine Neubestimmung der Aufgaben des behördlichen Datenschutzbeauf

tragten. Darüber hatten wir uns unterhalten, auch über den Rettungsdienst, und wollten dort Veränderungen bringen.

Wenn wir uns einmal die Zeitvorgaben in dieser Legislaturperiode anschauen – wir haben bis zur Sommerpause nur noch vier Landtagssitzungen –, dann wage ich zu behaupten, dass diese Vorschläge bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden, wenn wir vielleicht noch ein drittes Deregulierungsgesetz schaffen.