Protocol of the Session on January 25, 2006

Als Erste hat das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Peters. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Vorsitzender, Sie gestatten mir sicher, dass ich auch den Herren, die uns zeitweilig im Ausschusssekretariat unterstützen, unseren Dank ausspreche. Sie hatten eben lediglich die Damen genannt.

(Beifall Detlef Müller, SPD, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS – Zuruf von Detlef Müller, SPD)

Das gestatten Sie uns sicher. Im Zuge der Gleichberechtigung müssen wir das natürlich tun.

(Detlef Müller, SPD: Sehr richtig, Frau Peters!)

Ansonsten werde ich die statistischen Aussagen aus der vor Ihnen liegenden Sammelübersicht nicht wiederholen. Das hat der Vorsitzende in der Gesamtheit bereits getan. Ich möchte mich allerdings doch auf eine Aussage beziehen, und zwar auf die 23 Prozent der Petitionen, bei denen wir dem Anliegen ganz oder teilweise entsprochen haben, und im Umkehrschluss natürlich auf die mehr als 75 Prozent der eingegangenen Petitionen. Wie verfahren wir damit? Laufen die ins Leere oder was passiert damit?

Meine Damen und Herren, auch dem Petitionsausschuss sind Grenzen gesetzt, die im Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz unter anderem im Paragrafen 2 als Grenzen der Behandlung von Eingaben ausgewiesen sind. Von der Behandlung ist abzusehen, das heißt, wir können da nicht in dem Maße wirksam werden, wenn es sich nicht um die Zuständigkeit oder um rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Landesregierung oder von Trägern der öffentlichen Verwaltung unseres Landes handelt, sondern die Zuständigkeit, wie gesagt, bei anderen Bundesländern beziehungsweise bei der Bundesregierung liegt. Aus der Drucksache können Sie ersehen, dass aus diesem Grund allein 12 Petitionen abgegeben und weitergeleitet wurden, die sich mehrheitlich, so kann man das dort erlesen, auf die Bundessozialgesetzgebung bezogen. Diese 12 Petitionen müssen wir von den 75 Prozent abziehen, bei denen konnten wir nicht tätig werden.

Eine weitere Grenze für uns ergibt sich zum Beispiel, wenn unsere Behandlung der Petitionen einen Eingriff in ein schwebendes gerichtliches Verfahren, die Nachprüfung einer richterlichen Entscheidung bedeuten würde

oder bereits ein rechtskräftiges abgeschlossenes Verfahren mit Urteil vorliegt und der Petent die Wiederaufnahme begehrt, natürlich mit dem Ziel einer Abänderung des bestehenden Urteils. Auch da sind uns die Hände gebunden. Oder aber es handelt sich um eine Angelegenheit, die Gegenstand eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ist. Auch für diese drei Aussagen finden Sie Petitionen in der Sammelübersicht. Da konnten wir natürlich dem Begehren nicht stattgeben.

Wie in der Vergangenheit sind auch diesmal viele Petitionen dabei, die Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung beinhalten, die unter anderem durch Satzungen oder Beschlüsse der kommunalen Vertretungen bestätigt sind. Sicher beschäftigen wir uns damit, aber wenn hier keine Verstöße gegen geltendes Recht, keine Verfahrensfehler und keine Willkür nachweisbar sind, dann gilt der Mehrheitswille der gewählten Vertreter vor Ort, auch wenn es dem einzelnen Bürger oft nicht gefällt. Zu dieser Problematik finden Sie in der Übersicht ebenfalls etwa 13 Petitionen.

Beschwerden werden unter anderem geführt gerade zu diesem Schwerpunkt über Bebauungspläne, Gebühren und Beiträge der Zweckverbände oder auch Straßennutzungsentgelte. Das sind die wesentlichen Knackpunkte, die bei diesen Petitionen zum Tragen kamen.

Meine Damen und Herren, natürlich können Sie meine Aussagen auch selbst an der einen oder anderen Stelle nachlesen. Ich wollte aber ganz einfach nochmals ins Gedächtnis rufen, was mit Hilfe des Petitionsausschusses möglich ist und was nicht möglich ist, und das mit einer Bitte an Sie und an uns alle verbinden. Wir alle haben oft Gespräche vor Ort mit Bürger/-innen, die in unsere Büros kommen, um Rat bitten und um Hilfe ersuchen. In dem Zusammenhang bitte ich ganz einfach darum, bei der Antwort beziehungsweise bei der Empfehlung, das Anliegen als Petition an den Petitionsausschuss weiterzuleiten, zu prüfen und abzuwägen, inwieweit tatsächlich durch den Petitionsausschuss Hilfe möglich ist. Uns erreichen häufig Petitionen auch auf Empfehlung von Abgeordneten. Letztendlich ist die Enttäuschung viel größer, wenn Erwartungen geweckt wurden und diese dann nicht erfüllt werden können.

Mit der heute vorgelegten Sammelübersicht beenden wir auch Petitionen, die vermutlich durch die Petenten in emotional sehr aufgewühltem Gemütszustand geschrieben und dann sehr schnell an uns gerichtet wurden. Nach Gesprächen zwischen den Beteiligten vor Ort und dem Ausräumen von Missverständnissen kam es folgerichtig zum Zurückziehen der Petition, in dieser Sammelübersicht konkret bei 15 Fällen. Und wenn Sie jetzt mitgerechnet haben, bleiben von den 148 Petitionen, die wir bearbeitet haben, und bei den 23 Prozent, denen wir praktisch etwas Gutes tun konnten, eigentlich nicht viele, wo wir wirklich nicht weiterhelfen konnten.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einige wenige Beispiele eingehen. Eine Petentin wendet sich auch im Namen mehrerer Bürger gegen die Schließung eines Supermarktes. Wir wissen aber alle, die Planungshoheit für den Einzelhandel liegt bei der Gemeinde. Das ist also eine klassische Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung. Auf die Entscheidung, wo sich ein Supermarkt mit welchem Sortiment ansiedelt, hat der Petitionsausschuss nun schon gar keinen Einfluss. Das ist alles Unternehmenssache. Sie finden dieses Beispiel unter der laufenden Nummer 101.

Ein nächstes Beispiel, nachzulesen unter der laufenden Nummer 11: Der Petent beschwert sich über die Vorgehensweise eines Bauordnungsamtes. Dieser Beschwerde konnten wir auch nicht entsprechen, weil der Petent sein Wochenendhaus ohne Baugenehmigung erweitert hatte. Er hatte auf mündliche positive Aussagen gebaut, die jetzt aber nicht mehr nachweisbar sind und keine rechtliche Grundlage darstellen. Auch hier konnten wir nicht helfen.

Ein letztes Beispiel: Stellen Sie sich bitte vor, Sie bekommen plötzlich so eine Gesichtshälfte und rufen beim zahnärztlichen Notdienst an, weil Sie Hilfe erhoffen.

(Volker Schlotmann, SPD: Den Stiftzahn!)

Dort wird Ihnen aber mitgeteilt, dass das kein Notfall ist. Man suggeriert also, das wäre kein Notfall. Zweitens hätten Sie nur noch ganz wenig Zeit, denn die Praxis schließt, obwohl ein Notfalldienst eigentlich rund um die Uhr eingerichtet wird. Natürlich hat sich die Petentin bei der Zahnärztekammer beschwert. Das hätten wir sicher auch alle getan. Die Zahnärztekammer hat lange nicht geantwortet. Nun hat sie sich beim Petitionsausschuss darüber beschwert, dass auf ihre Beschwerde durch die Zahnärztekammer nicht reagiert wurde. Letztendlich aber ist eine Rüge durch die Zahnärztekammer erteilt worden für das Verhalten gegenüber der Patientin/Petentin, auch deswegen, weil sie ganz einfach stur und steif auf die Stellungnahme, die durch die Zahnärztekammer abgefordert wurde, überhaupt nicht reagiert hat, wiederholt nicht reagiert hat und damit Anlass dazu gegeben hat, dass das Ganze verschleppt und das Verfahren verzögert wurde. Ich hoffe, dass die Rüge etwas bewirkt hat, denn die Rüge war nicht nur eine Rüge, sondern es gab auch eine finanzielle Rüge. Wir alle, denke ich, hoffen auf Besserung dieser Zahnärztin und nicht auf Nachahmung anderer, vielleicht auch ganz im Sinne von Shakespeare,

(Heinz Müller, SPD: Oh?!)

der sagt: „Glücklich sind diejenigen, die erfahren, was man an ihnen aussetzt, und die sich danach verbessern können.“ Aber ich denke, das trifft nicht nur allein für Zahnärztinnen zu.

(Heinz Müller, SPD: Wohl wahr! – Dr. Margret Seemann, SPD: Auch für Zahnärzte!)

Ich danke Ihnen.

(Beifall Jörg Vierkant, CDU)

Danke schön, Frau Peters.

Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Vierkant?

Aber das ist ja ein Andrang hier! Bitte sehr.

(Heinz Müller, SPD: Die Männer drängeln sich!)

Bitte schön, Herr Vierkant.

Frau Peters, ich achte Sie sehr als eine kritische Mitstreiterin, deshalb wollte ich Sie eigentlich nur fragen: Könnten Sie mir zustimmen, dass ich in meinen Dank für die Amtshilfe seitens der Landtagsverwaltung ganz explizit die drei Herren, die uns unterstützt haben, eingeschlossen hatte?

Ja, gut, wenn Sie das so explizit gesagt haben. Vielleicht habe ich da ein Kommunikationsproblem gehabt. Aber Sie hatten ausdrücklich die Damen des Sekretariats genannt.

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Vielen Dank.

Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Lohse?

Bitte schön, Herr Lohse.

(Heinz Müller, SPD: Das Mikro ist immer noch nicht an.)

Frau Peters, sind Sie mit mir der Auffassung, dass wir die hier vorliegende Beschlussempfehlung nicht als erledigt erklären, sondern zur Abstimmung bringen müssen?

(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Nein.)

Nein, das Verfahren wird für erledigt erklärt, denn es ist ein Bericht, der für erledigt erklärt wird.

Danke.

Danke schön, Frau Peters.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ihnen vorliegende Sammelübersicht beinhaltet 148 Petitionen, über die wir heute abzustimmen haben. Wieder konnten wir uns durch Ortstermine realistische Einblicke in die teils sehr vielfältigen Fassetten von Petitionen verschaffen, die sich durch das bloße Betrachten der Aktenlage ganz anders dargestellt hätten. So besuchten Vertreter des Ausschusses die Forensische Klinik in Ueckermünde und ließen sich unter anderem über das therapeutische Konzept dieser Einrichtung unterrichten. Allein dadurch konnten drei Petitionen von Insassen dieser Einrichtung sachgerecht bearbeitet werden, da sich einige der Beanstandungen d e r Petenten als Bestandteile der dort praktizierten Therapieform einer Beurteilung durch den Petitionsausschuss entzogen. Zusätzlich erfolgte eine grundsätzliche Information über den Zusammenhang zwischen der verhängten Haftstrafe und der Dauer des Aufenthalts im Maßregelvollzug im Rahmen einer Ausschusssitzung. Die gesammelten Informationen werden in die Bearbeitung zukünftiger Petitionen aus diesem Bereich einfließen und dazu beitragen, dass sich auch durch bloße Einsichtnahme in die Akten ein realistisches Bild der Situation in diesem Bereich verschaffen lässt.

Ein Petent, Frau Peters erwähnte es schon, beklagte Mängel beim Zahnärztlichen Notdienst. Und obwohl unstrittig ist, dass er jedem Bürger zu jeder Zeit zugänglich sein muss, so ist es auch bei der Aufarbeitung durch die Zahnärztekammer zu Verzögerungen gekommen. Eine Ausschussberatung mit der Kammer und die dort getroffenen Aussagen geben Anlass zur Hoffnung, dass sich ein solcher Vorfall in dieser Form nicht wiederholen wird.

Andere Petitionen lassen Handlungsbedarf auf Bundesebene erkennen. Ich verweise in diesem Zusammen

hang auf die Petition Nummer 35. In ihr wird die Diskrepanz zwischen der Höhe des erhobenen Beitrages der Krankenkassen für freiwillig selbstständig Versicherte und Zahlung von Krankengeld in Abhängigkeit ihres erzielten Arbeitseinkommens beschwert. Diese Bemessung kann dazu führen, dass der abgeführte Mindestbeitrag ein höheres Krankengeld abdeckt, als dann durch Ansatz des letzten erzielten Einkommens tatsächlich gezahlt wird, ein Umstand, der gerade in unserem Land viele kleine Handwerksbetriebe mit unregelmäßigem Einkommen trifft.

In einer anderen Petition beklagte ein Bürger die Sondernutzungsgebühr für eine Gemeindestraße, die er als Teil seines Arbeitsweges befahren muss. Für den Petenten, dessen Einkommen ohnehin nicht sehr hoch ist, stellen diese Zusatzkosten einen erheblichen Einschnitt dar. Der Petitionsausschuss befasste sich mit diesem Fall – wohl wissend, dass die vorgetragene Regelung unter die kommunale Selbstverwaltung fällt – in der Hoffnung auf ein Einsehen der Gemeinde. Leider fanden nicht einmal vorgeschlagene Kompromisslösungen Gehör, sodass ich an dieser Stelle nur mein Unverständnis über diese wenig bürgerfreundliche und wenig arbeitnehmerfreundliche Entscheidung zum Ausdruck bringen kann.

(Beate Mahr, SPD: Richtig.)

Eine Tendenz, die einem aufmerksamen Leser der vorliegenden Beschlussempfehlung nicht entgangen sein dürfte, möchte ich nicht unerwähnt lassen. So erreichen uns in letzter Zeit vermehrt Petitionen aus den Justizvollzugsanstalten unseres Landes, die während des laufenden Verfahrens zurückgezogen werden. Allein in dieser Stellungnahme sind es zehn an der Zahl, wobei insbesondere eine JVA hervorsticht. An einen lediglich statistischen Effekt mag ich nicht so recht glauben. Zwar ist der Beweis schwer zu führen, doch es drängt sich hier der Verdacht auf, dass von Seiten der jeweiligen Anstaltsleitung gegebenenfalls auch durch Vergünstigungen auf die Petenten eingewirkt und ein Zurückziehen der Petition nahe gelegt wird. Sollte sich diese Tendenz fortsetzen, werden wir uns nicht mit Spekulationen über mögliche Ursachen zufrieden geben, sondern jeden Einzelfall detailliert hinterfragen.

Auf eine Petition aus dem Bereich der Justizvollzugsanstalten – sie wurde im Übrigen nicht zurückgezogen – möchte ich hier abschließend näher eingehen. Hier beklagt eine Gruppe von Insassen die mangelnde psychologische Betreuung während des Strafvollzuges, ein Thema, das uns in den nächsten Wochen und Monaten ganz sicher beschäftigen wird. Ich erwähne diese Petition deshalb so explizit, damit die Debatte nicht allein auf ein Einzelereignis beschränkt wird, sondern der Problemkreis Resozialisierung und Therapie eine grundsätzliche Aufarbeitung erfährt. Eine Vielzahl von Petitionen aus den letzten Jahren thematisiert Probleme in diesem Bereich und könnte deshalb bei einer grundsätzlichen Situationsanalyse durchaus herangezogen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.