Protocol of the Session on November 9, 2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit der Errichtung einer weiteren mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage auf dem Gelände der Deponie Ihlenberg soll die derzeitige Lücke im Bereich der Siedlungsabfälle geschlossen werden. Nach Angaben des Umweltministers sollte die Anlage schon seit dem 1. Juni in Betrieb sein. Mit der Fertigstellung der Anlage ist laut Aussagen jetzt doch erst im Jahr 2007 zu rechnen. Die RABA Ihlenberg GmbH hat die Siedlungsabfälle der Landkreise Parchim, Nordwestmecklenburg und der kreisfreien Städte Wismar und Schwerin akquiriert. Da bisher keine Behandlungsanlagen auf dem Ihlenberg errichtet wurden, werden die Siedlungsabfälle zwischengelagert werden müssen oder durch Dritte behandelt. Wer die zusätzlichen Kosten, die durch die Zwischenlagerung beziehungsweise Behandlung durch Dritte entstehen, trägt, ist für uns derzeit nicht nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass auch diese Kosten letztendlich auf den Gebührenzahler umgelegt werden. Hier brauchen wir Aufklärung.

Meine Damen und Herren, mit dem Abfallwirtschaftsplan des Landes und der Verbindlichkeitsverordnung zum Abfallwirtschaftsplan wurden seitens der Landesregierung Vorgaben zum Aufbau von Abfallbehandlungsstrukturen und zur Entwicklung der künftigen Abfallgebühren in unserem Land gemacht. Heute jedoch stellt sich heraus, dass gerade die einseitige Förderung der mechanischbiologischen Abfallbehandlungsanlagen zu einer klaren Fehlentwicklung führt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Das kann doch wohl nicht wahr sein! Also meine Güte!)

Resultat dieser Entwicklung ist, dass für circa 30 bis 40 Prozent der Siedlungsabfälle unseres Landes keine Entsorgungssicherheit besteht.

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD: Habt ihr das Herrn Seidel schon erzählt? – Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Die Entsorgung der hoch kalorischen Fraktion in Zementwerken oder Braunkohlekraftwerken ist mehr denn je problematisch.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Ich denke, wir sollten darüber wirklich noch einmal nachdenken,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut, Frau Holznagel!)

auch gerade deshalb, weil Sie Herrn Seidel zitiert haben. Ich glaube, die Richtung, die damals eingeschlagen wurde, weiter zu gehen hätte uns schneller vorangebracht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja? – Unruhe bei Rudolf Borchert, SPD)

Wenn aber der jetzige Umweltminister vor einigen Jahren noch davon ausging, für die hoch kalorische Fraktion Einnahmen zu erzielen,

(Unruhe bei Rudolf Borchert, SPD, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

so sind heute Kosten für die Entsorgung von 60 bis 70 Euro je Tonne an der Tagesordnung, meine Damen und Herren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Hört, hört! Das war eine Fehlkalkulation!)

Trotz bestehender Verträge ist die Abnahme dieser nicht gesichert, das muss man auch noch einmal deutlich sagen,

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das stimmt doch nicht!)

und da brauchen wir auch Aufklärung. So nutzen die Zementwerke und Braunkohlekraftwerke die Situation am Markt natürlich aus, um ihre betriebswirtschaftlichen Ergebnisse zu steigern. Unter Scheinvorgaben, wie die Zusammensetzung der hoch kalorischen Fraktion entspricht nicht den Vorgaben, oder anderen Kriterien wird die Verwertung zugunsten eines anderen höheren Gebotes abgelehnt. Hier greift dann die Marktwirtschaft. Das Nachsehen hat allerdings der Bürger durch höhere Abfallgebühren.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass hier natürlich der Bundesumweltminister angesprochen werden muss, der deutlich kundgetan hat – und hier ist seine Einsicht für mich viel zu spät gekommen –, dass es ab 2020 nur noch thermisch behandelten Abfall geben wird. Und das wird uns Millionen, ja sogar Milliarden kosten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Deswegen sollten wir den austauschen und diesen jetzt gar nicht mehr ansprechen.)

Ich denke aber, das ist ein Problem, was auch auf unser Land zukommt und uns belastet.

Obwohl die rechtlichen Vorgaben und bestehenden Strukturen in der Abfallwirtschaft seit langem bekannt waren, vermochten die entsorgungspflichtigen Körperschaften oder die durch sie beauftragten Dritten es bisher nicht,

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Welche denn?)

eine hundertprozentige Entsorgung des Siedlungsabfalls in Mecklenburg-Vorpommern sicherzustellen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte noch ein Problem ansprechen, und zwar die Entsorgung von Gewerbeabfällen. Hier sieht es noch unfreundlicher aus als im Siedlungsabfallbereich. Im Bereich der Gewerbeabfallentsorgung haben sich die Gebühren in den letzten Wochen zum Teil verdreifacht. Aus diesem Grunde kommt es schon heute zu illegaler Abfallentsorgung in Kiesgruben oder auf Altdeponien. Die Rekultivierungskosten für illegale Deponien oder Kiesgruben fallen an die Kommunen.

(Unruhe bei Rudolf Borchert, SPD, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Die wirtschaftlichen Nachteile für unser Land durch die hohen Entsorgungsgebühren, aber auch die Nachteile der

Umweltgefährdung gehen zulasten der Landesregierung. Die Wirtschaft im Bereich der siedlungsähnlichen Gewerbeabfälle, kann man so sagen, hat auch versagt. Warum? Eines ist aber klar, solange der Weg des billigsten Geldes nicht beendet wird, solange kann die Wirtschaft nicht in Behandlungsanlagen investieren. Das heißt, so lange Gewerbeabfälle auf einer Deponie des Landes zu Dumpingpreisen angenommen und zum Schein sortiert und verwertet werden, solange wird kein fairer Wettbewerb am Markt existieren, solange werden keine Anlagen der Wirtschaft entstehen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Holger Friedrich, SPD)

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass aufgrund verfehlter Vorgaben im Abfallwirtschaftsplan die Kosten für die Entsorgung von Siedlungsabfällen explodieren, Wettbewerbsverzerrungen die Errichtung von Behandlungsanlagen für Gewerbeabfälle nicht zugelassen haben, aufgrund mangelnder Behandlungskapazität im Land es zu einer Verlagerung der Wertschöpfung kommen wird und die hohen Entsorgungskosten zu Nachteilen für die heimische Wirtschaft und zu Umweltbelastungen führen. Aus unserer Sicht ist es deshalb wichtig, dass wir diesen Antrag gestellt haben, und ich hoffe, dass es genügend Anregungen gibt, damit auch hier in der Landesregierung ein Umsteuern eingeleitet wird. Ich bitte unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Holznagel.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Herr Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich werde heute die Rede in Vertretung des Umweltministers halten,

(Karin Strenz, CDU: Wie schön.)

der sich auf einer Auslandsreise befindet. Wer sich ein bisschen mit dem Thema auseinander gesetzt hat – wir in unserem Hause natürlich auch, ich will ausdrücklich betonen, dass das, was von Frau Holznagel hier vorgetragen worden ist, mit dem Umweltminister natürlich abgestimmt ist –, sieht aber, dass wir das gemeinschaftlich, ich glaube, so kann ich das bewerten, nicht ganz nachvollziehen können.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Aber das war doch gut, was sie gesagt hat.)

Ich kann es nicht nachvollziehen und deswegen werde ich konkret darauf eingehen.

Im Bereich der Abfallwirtschaft spricht man davon, dass seit dem 1. Juni 2005 eine neue Epoche angebrochen ist. Ich glaube, das haben Sie auch versucht deutlich zu machen. Daher ist es folgerichtig, dem Landtag eine Übersicht zu den aktuellen Entwicklungen in unserem Land zu geben. Das werden wir dann auch tun.

Ich darf Ihnen heute stellvertretend für meinen Kollegen Professor Dr. Methling die Probleme aus der Sicht der Landesregierung darlegen. Sie sind in einem Strukturwandel, wie wir ihn jetzt insgesamt erleben, tatsächlich nicht zu vermeiden. Aber ich möchte Ihnen auch mitteilen, welche enormen Leistungen und welcher Kraftakt von den Beteiligten hier mit Bravour in den letzten Jahren gemeistert worden sind.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Dem von der CDU vorgelegten Antrag werden die Koalitionsfraktionen, davon gehe ich jedenfalls aus, zustimmen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja? Das ist ja gut.)

Daher könnte ich es mir jetzt einfach machen und sagen, es ist natürlich legitim und Ihnen lediglich mitzuteilen, dass der geforderte Bericht selbstverständlich fristgerecht zugestellt wird. Wir halten es aber dennoch für angebracht, Ihnen heute einen Überblick – zumindest zu den wesentlichen Eckpunkten – der aktuellen beziehungsweise künftigen Abfallwirtschaftsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern zu geben und damit auch schon ein Stückchen Klarstellung vorzunehmen.

Beginnen möchte ich mit den Entsorgungsanlagen für die Vorbehandlung von Siedlungsabfällen. Ich glaube, man muss hier noch einmal deutlich herausarbeiten, wir müssen ausdrücklich trennen zwischen den Siedlungsabfällen und den Abfällen, die aus der gewerblichen Wirtschaft kommen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das hat Frau Holznagel aber gemacht. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Das haben Sie auch korrekterweise getan, aber bei dem Letzteren, nämlich beim Gewerbeabfall, liegt der Hase eigentlich im Pfeffer,

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Das hat sie gesagt.)

wie im wahrsten Sinne des Wortes.