Protocol of the Session on November 9, 2005

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und, meine Damen und Herren, was uns empört, was mich auch persönlich sehr stört, ist der Verlauf dieses heutigen Tages. Die Landesregierung ist ganz offenbar davon ausgegangen, machen wir doch mal einen Rundumschlag. Alle Gesetzesänderungen des Schulgesetzes seit 1996 fassen wir zusammen und schreiben hinten hin

ein, wann sie im Einzelnen in Kraft treten. Also es war eine richtige Fleißarbeit, Herr Justizminister, und der Landtag wird das alles schön mitmachen, er wird nicht diskutieren. Wenn man die Rede des Kultusministers hier gehört hat, dann ist eine Diskussion auch nicht erwünscht, denn das, was er erzählt hat, ist ein Status quo, den er schildert. Er will gar nichts verändern, sondern – das ist dankenswert – er will endlich in seinem Ressort Rechtsicherheit haben.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Aber, Herr Kultusminister, ich muss Sie enttäuschen, die bekommen Sie eben gerade nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben nämlich mittlerweile festgestellt, was uns der Staatssekretär auch so bestätigt hat, der bei uns war, Sie waren auch dabei, dass dies kein normales Gesetz ist. Das stimmt, ich habe noch nie so ein Gesetz gesehen wie dieses. Da teile ich seine Auffassung. Aber dann war ich entsetzt, dann hat er gesagt, diese Formalien – die Geschäftsordnung der Landesregierung, Herr Ministerpräsident, halte ich schon für einen wichtigen Grundsatz – haben wir nicht eingehalten. Ob wir da eine Anhörung der Verbände durchgeführt haben, kann ich jetzt nicht so sagen.

(Lorenz Caffier, CDU: Das können die Fraktionen heilen.)

Ja, richtig.

Herr Kultusminister, das, was Sie sich wünschen, bekommen Sie gerade durch das Gesetz, das hier eingebracht worden ist. Übrigens, ich sage noch einmal, wir hätten uns sehr gewünscht, dass es von der Tagesordnung runtergenommen worden wäre, man die Möglichkeit gehabt hätte, miteinander zu diskutieren, wo die Probleme liegen, und dann hätten wir dabei geholfen. So sind wir ja nun auch nicht. Aber das haben Sie gar nicht gewollt. Sie haben das ganze Gesetz hingelegt nach dem Motto: Vogel friss oder stirb! Herr Minister, Herr Ministerpräsident, so geht man mit einem Landtag nicht um, dagegen verwahre ich mich!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn innerhalb der Landesregierung kein geordnetes Verfahren stattgefunden hat, dann ist Ihnen, Herr Ministerpräsident, etwas durchgerutscht. Und ich hätte von Ihnen eigentlich erwartet, nachdem bekannt wurde, dass zumindest eine Fraktion in diesem Landtag erhebliche Bedenken anmeldet, dass Sie das noch einmal überprüft hätten. Davon habe ich kein Wort gehört. Die Rechtssicherheit, die wir Schülern und Eltern dringend gönnen, die wir uns wünschen für Schule, ist wichtig. Diese dauernden Änderungen, rein in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln, ist für alle Beteiligten unerträglich. Diese bekommen Sie so nicht weg und Sie bekommen eins nicht weg, meine Damen und Herren, nämlich den Rechtsstaat.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Wenn nur eine Privatschule unabhängig von Ihren formellen Bedenken klagt und inhaltliche Mängel geltend macht, dann haben Sie das gleiche Desaster wie vorher. Dann sollten Sie, wenn Sie die Bedenken jetzt nachträglich haben und sich sehr eng an die Verfassung halten wollen, dies auch inhaltlich tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das erwarten wir auch von Ihnen.

Meine Damen und Herren, Sie erreichen beim besten Willen – den unterstelle ich – nicht das, was Sie sich und uns hier als Ziel gesetzt haben. Über das Ziel sind wir uns einig, wir brauchen Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Ich fange jetzt da an, wo es am wichtigsten für mich ist, nämlich bei den Schülern. Ich möchte aber auch gern, dass Eltern wissen, was denn nun im Schulgesetz gilt und was nicht, was getan wird und was nicht. Ich wünsche mir, dass Lehrer die Chance bekommen, ihren Beruf so auszuüben, wie sie ihn einmal selbst aus Berufung ausgewählt haben. All das bringt diese Änderung, die gar keine ist, überhaupt nicht.

Und, meine Damen und Herren, was ich sehr bedauere, Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Fehler, den Sie erkannt zu haben glauben, zu umschreiben. Dass es diese Änderung des Schulgesetzes gibt, mit der wesentliche Inhalte in den Parlamentsberatungen eingebracht worden sind, bei der Sie Bedenken haben, setze ich mal voraus. Obwohl ich dabei meine Zweifel habe, ob es da wirklich Bedenken gibt, meine Damen und Herren. Die Artikel 54 und 55 der Landesverfassung gab es auch schon zu diesem Zeitpunkt. Dass Sie die plötzlich entdeckt haben, können Sie mir nicht erzählen. Dass erst das Landesverfassungsgericht Sie darauf hinweisen musste, dass es die gibt, und Sie diese möglicherweise nicht richtig verstanden haben, das nehme ich Ihnen nun wieder ab.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Zumindest fände ich es doch bedauerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und deswegen, meine Damen und Herren, ein Angebot zur Güte: Wir sollten dieses Gesetz nicht in die Ausschüsse überweisen. Gehen wir zurück auf den Punkt null. Legen Sie ein Gesetz vor, das Rechtssicherheit bringt! Herr Ministerpräsident, diesmal achten Sie bitte darauf, dass Ihre Geschäftsordnung eingehalten wird! Wir haben die herzliche Bitte: Legen Sie ein Gesetz vor, in dem der Casus knacksus umschrieben ist! Das ist zulässig, wenn man feststellt, dass man an einem Punkt einen Fehler gemacht hat. Wir haben in diesem Landtag schon andere Heilungsgesetze beschlossen. Aber bitte nicht das gesamte Schulgesetz mit der Änderung von 1996 heute auf den Prüfstand stellen, meine Damen und Herren! Das gibt keine Rechtssicherheit, das gibt bei den Betroffenen erst richtige Unsicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie wissen nämlich nicht mehr, was dann wirklich gilt.

Herr Kultusminister, natürlich juckt es mir in den Fingern, zu den inhaltlichen Fragen Stellung zu nehmen, die Sie hier angesprochen haben. Aber erstens haben wir in unserer Fraktion erstklassige Schulpolitiker und denen vertraue ich, dass sie das in den weiteren Beratungen dieses Jahres tun werden, und zweitens traue ich Ihnen einfach nicht zu, dass das, was Sie uns hier erzählt haben, wirklich von Ihnen durchgesetzt wird. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Das ist kein persönliches, sondern mehr ein institutionelles Misstrauen. Wir haben Ihre Unterstützung für unsere Anträge sehr vermisst. Wir wollten den Schulen in den Haushaltsberatungen etwas Gutes tun. Wir haben zum Beispiel die Anhebung der Mittel für die Weiterbildung von Lehrern und Mitarbeitern der Schulaufsicht auf insgesamt 1,5 Millionen Euro beantragt.

Warum haben wir das getan? Weil wir wissen, dass Schule auch Weiterbildung für die Beteiligten heißt, dass

Schule nicht ein statischer Prozess ist, sondern Weiterbildung heißt Qualifizierung, und das kommt unseren Kindern zugute. Da haben wir von Ihrer Unterstützung überhaupt nichts gehört. Und das Zweite war, wir sind der dringenden Überzeugung, dass der Förderunterricht nach der Entscheidung der Schulen verstärkt werden muss. Die Lehrer an den Schulen können das viel besser beurteilen als irgendeine Schulaufsicht oder jemand im Kultusministerium. Ich habe hohen Respekt vor Ihren Mitarbeitern, aber die Lehrer sind mir ehrlich gesagt eher qualifiziert, weil sie vor Ort sind. Wir haben 8 Millionen Euro beantragt, das ist viel Geld.

Aber, meine Damen und Herren, wer Bildung in diesem Land voranbringen will, der muss auch Schwerpunkte setzen. Da hätten wir Ihre Unterstützung gebraucht. Und, meine Damen und Herren, machen Sie sich keine Illusionen, diese Themen, die echten Themen, die diesen Schulalltag bewegen, werden wir weiter mit Ihnen diskutieren. Wir können dieses Verfahren nicht gutheißen und wir werden deshalb auch der Überweisung nicht zustimmen können. Meine herzliche Bitte ist: Bitte nicht trotzig sein gegenüber einem Landesverfassungsgericht! Das wirkt ein bisschen so nach dem Motto: Wir nehmen jetzt einen ganz überspitzten Fall und sagen, das kommt dabei heraus. Tun Sie es nicht! Gehen Sie mit uns den Weg von mehr Rechtssicherheit! Ich erkläre mich hier persönlich bereit, und das darf ich für meine ganze Fraktion sagen: Wenn Sie einen vernünftigen Gesetzentwurf einbringen, der den Fehler heilt, den Sie sehen, dann reden wir darüber und werden uns auch einigen können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Das Wort hat jetzt der Justizminister Herr Sellering.

(Wolfgang Riemann, CDU: Der steht auf meiner Liste nicht drauf. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Völlig zu Recht bemerkt Herr Riemann, dass ich nicht auf der Rednerliste stehe. Aber nach dem Beitrag von Herrn Dr. Jäger geht es nicht mehr nur um schulrechtliche Fragen, sondern es geht offenbar auch um verfassungsrechtliche Fragen. Deshalb melde ich mich gerne zu Wort.

Vielleicht eines vorab: Herr Dr. Jäger, Ihre würdigende Zusammenfassung der Geschehnisse würde ich nicht für schlampig halten, das ist nicht meine Wortwahl, sondern das haben Sie uns in einem anderen Zusammenhang vorgeworfen. Aber ich würde schon sagen, sie ist sehr stark von der oppositionellen Brille geprägt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein, überhaupt nicht. Das ist ja nachweisbar!)

Sie haben uns vorgeworfen, dass die Landesregierung die Geschäftsordnung nicht eingehalten hätte.

(Dr. Ulrich Born, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Es ist gesagt worden, dass mein Staatssekretär das gestern gesagt oder sozusagen zugestanden hätte.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist absolut korrekt. – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, das ist korrekt.)

Ich habe mit Herrn Dr. Litten geredet. Dr. Litten ist ein sehr zurückhaltender Mann. Er hat mich gebeten, Ihnen seine herzliche Bitte zu übermitteln, ihm nicht das Wort im Munde umzudrehen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, nee! Dafür gibt es Zeugen! – Dr. Ulrich Born, CDU: Da waren ja auch Mitglieder des Landtages dabei. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Es ist außerdem gesagt worden, wir würden beim Schulgesetz nicht das normale Verfahren einhalten.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Deutschlandweit einmalig!)

Natürlich nicht!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Jaja!)

Wir setzen mit dem Gesetzentwurf, der Ihnen allen allzu vertraut ist, Vorgaben, Forderungen aus dem verfassungsgerichtlichen Urteil um.

(Der Abgeordnete Dr. Ulrich Born bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Am Ende, Herr Dr. Born.

Das ist zum Glück nicht der Normalfall.

Zur Lage: Das Schulgesetz gilt und ist anzuwenden! Aber die Diskussion nach der Verkündung des Gesetzes hat doch gezeigt, dass verfassungsrechtliche Unsicherheiten bestehen. Das Landesverfassungsgericht könnte, wenn es angerufen wird, sagen, dieses Gesetz ist von Anfang an nichtig.

Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben beim Landesverfassungsgericht ein Urteil erstritten,