Protocol of the Session on October 6, 2005

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben nach dem Bundessozialhilfegesetz und anderen Vorschriften erfolgte zum 1. Januar 2002 die Zusammenführung von Entscheidungs- und Kostenverantwortung in der überörtlichen Sozialhilfe. Zentrale Punkte dieser Neuregelung waren die Bestimmung des Kommunalen Sozialverbandes Mecklenburg-Vorpommern, kurz KSV genannt, zum neuen überörtlichen Träger der Sozialhilfe in Mecklenburg-Vorpommern und die Bündelung von Aufgaben der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe bei den Landkreisen und kreisfreien Städten. So weit der Kommunale Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern nicht zuständig ist, wurde die sachliche Zuständigkeit der überörtlichen Sozialhilfe den örtlichen Trägern übergeben.

Die Zusammenführung der Entscheidungs- und Kostenverantwortung in der überörtlichen Sozialhilfe erfolgte mit dem Ziel, durch die Verzahnung von ambulanten und stationären Hilfen ein bedarfsgerechtes Angebot mit effektivem Mitteleinsatz und besserer Beachtung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ zu erhalten beziehungsweise zu erreichen. Zudem sollte im Rahmen der kommunalen Eigenverantwortung eine nachhaltige Nutzung vorhandener Hilfen gewährt und das Kostenbewusstsein der Landkreise und kreisfreien Städte für die Einnahmen und Ausgaben in der überörtlichen Sozialhilfe gestärkt werden. Die finanziellen Ausgleichsregelungen, die sich aus dieser Neustrukturierung ergeben, wurden zunächst bis zum Jahr 2004 im Sozialhilfefinanzierungsgesetz geregelt. Dessen Novellierung steht jetzt an.

Eine Fortschreibung der Mittel über 2004 hinaus sollte nach Paragraph 1 Absatz 4 des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes auf Basis der tatsächlichen Aufwendungen für das Jahr 2004 erfolgen. Im Dezember 2004, darf ich noch einmal erinnern, hat deshalb der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die kommunalen Spitzenverbände gebeten, die für die Fortschreibung notwendigen Daten zügig zur Verfügung zu stellen. Diese Daten liegen seit Juni 2005 vor und sind Ausgangspunkt des Ihnen heute vorliegenden Entwurfs.

Novellierungsbedarf ergab sich zudem daraus, dass die Kostenerstattungsregelung für die so genannten Altfälle in Paragraph 3 des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes befristet waren und die Mittelverteilung an die Landkreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren waren.

Alles das leistet der Ihnen vorliegende Entwurf. Er hält an der strukturellen Entscheidung zur Zusammenführung der Verantwortung in der überörtlichen Sozialhilfe bei den Kommunen fest. Auch zukünftig erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte die Mittel in der überörtlichen Sozialhilfe zur Verauslagung in eigener Verantwortung. Das steigert ihr Kostenbewusstsein, trägt zu einer nachhaltigen Nutzung vorhandener Hilfen und zu einem effektiven Mitteleinsatz bei.

Die jährlichen Finanzzuweisungen für die Landkreise und kreisfreien Städte für die überörtliche Sozialhilfe seien noch einmal genannt: 196,2 Millionen Euro für das Jahr 2004 , 208,8 Millionen Euro im Jahr 2005, 216,9 Millionen Euro

im Jahr 2006 und 225,6 Millionen Euro im Jahr 2007. Es erfolgt also eine deutliche Steigerung. Auf der Basis der erhobenen Daten werden diese Mittel den Kreisen und kreisfreien Städten zielgenauer als bisher zugewiesen. Dafür wurden Kriterien im Gesetzentwurf verankert. Zu 50 Prozent sind die Gesamtausgaben der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte bezogen auf die Vorjahre ausschlaggebend. Zu 30 Prozent ist der Anteil der Landkreise und kreisfreien Städte an der Einwohnerzahl in Mecklenburg-Vorpommern ausschlaggebend und zu 20 Prozent ist der Anteil der über 65-Jährigen im jeweiligen Landkreis oder der kreisfreien Stadt entscheidend.

Auch eine Lösung zur Abminderung von Defiziten der Landkreise und kreisfreien Städte, deren Gesamtausgaben über den ihnen zugewiesenen Mitteln liegen, ist in den Entwurf eingeflossen. Bis zu zwei Prozent der Zuweisungen können hierfür im Folgejahr verrechnet werden. Die vorgeschlagenen Regelungen wurden in einer Arbeitsgruppe meines Ministeriums mit den kommunalen Landesverbänden abgestimmt.

Neben den genannten Zuweisungen war hierbei auch das Problem der Altfälle abschließend zu regeln. Dabei geht es insbesondere um die Kostenerstattung für Heimbewohnerinnen und Heimbewohner, die ihren Heimplatz außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern haben, aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor der erstmaligen Heimaufnahme in Mecklenburg-Vorpommern hatten. Mit dem Ihnen nun vorliegenden Gesetz bekennt sich das Land endgültig auch in dieser Frage zu seiner finanziellen Verantwortung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Entwurf regelt in umfassender Weise alle anstehenden Fragen der Novellierung der Sozialhilfefinanzierung in unserem Land. Er geht damit wesentlich weiter als der Ihnen gleichzeitig vorliegende Antrag der CDUFraktion. Ihr Vorschlag, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, regelt nur die Verlängerung der Altfallregelung und greift damit einfach zu kurz.

(Harry Glawe, CDU: Na ja, Frau Ministerin, darüber reden wir noch. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Der Verteilungsmodus für die Gesamtzuweisungen an Landkreise und kreisfreie Städte bliebe danach unverändert erhalten. Der augenblicklich unbefriedigende Zustand, dessen Regulierung Sie im Übrigen immer wieder vehement mit Ihren Pressemitteilungen gefordert haben,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Jeden Frei- tag. – Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD)

wäre damit fortgesetzt. Das ist weder im Sinne der Landesregierung noch im Sinne der betroffenen kreisfreien Städte.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: War das die Freitagsmeldung? Wir fragen nicht, Sie antworten trotzdem. – Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Deshalb werbe ich jetzt für eine zügige Verabschiedung des Gesetzes, damit rechtzeitig zum Jahr 2006 eine neue tragfähige gesetzliche Grundlage zur Sozialhilfefinanzierung im Land Mecklenburg-Vorpommern vorliegt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1766 hat der Abgeordnete Herr Glawe.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Da hat er aber viel, einen ganzen Ordner!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Frau Ministerin hat es wieder einmal verstanden, beispielhaft vorzutragen, wie man ein Jahr Nichtstun

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na, na! – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig, sehr richtig.)

in einen Sieg verwandeln möchte –

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Da ist sie clever. – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

das Sozialhilfefinanzierungsgesetz, meine Damen und Herren, ist in besonderer Weise bei den Altfällen am 31.12.2004 ausgelaufen gewesen –, und dass Sie...

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Da haben wir Vorsorge getroffen. – Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Hören Sie doch mal zu, was ich zu sagen habe! Nachher können Sie immer noch dazwischenrufen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das mache ich aber jetzt.)

... mit dem, was Sie hier vortragen, insbesondere davon sprechen, dass die Altfälle einer Lösung zugeführt werden müssen und sollten. Die Lösung aus Ihrer Sicht war so angelegt, dass Sie etwa 3,75 Millionen bis 4,3 Millionen Euro den Kommunen als Aufgabe überantworten wollten. Das war Ihr Ziel und deswegen haben Sie auch nicht verhandelt mit den kommunalen Spitzenverbänden dieses Landes.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Ein weiterer Fehler, der Ihnen hier beim Vortrag unterlaufen ist, ist die Tatsache, dass Sie zwar richtigerweise gesagt haben, dass die kommunalen Spitzenverbände im Dezember 2004 geliefert hätten, aber nicht gesagt haben, dass Sie seit Juli 2004 jedes Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden unterbunden haben.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU) Das haben Sie nicht gesagt. Also das heißt, in Ihrem Haus wurde sozusagen auf Zeit gespielt, um die Frage der Finanzierung der kommunalen Spitzenverbände und des Kommunalen Sozialverbandes in der Schwebe zu halten mit dem Ziel, vielleicht auch richtigerweise, Kosten vom Land fern zu halten. Am Ende wird nun kräftig draufgesattelt. Das ist auf der einen Seite, denke ich, ein Erfolg vor allen Dingen für die Menschen mit Behinderung, für pflegebedürftige Menschen, die Hilfe brauchen, (Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das stimmt.)

die in Werkstätten, die in Heimen untergebracht sind. Daher sind wir sehr zufrieden mit dem, was Sie jetzt erreicht haben, denn seit Mai haben wir Sie aufgefordert, endlich dieses Gesetz vorzulegen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Im Juni haben wir ein eigenes Gesetz eingebracht, um Ihnen die Gelegenheit zu geben, die Altfälle auszuzahlen, denn dafür haben Sie keine gesetzliche Grundlage gehabt. Uns dafür zu kritisieren, erscheint mir schon abenteuerlich, Frau Ministerin.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist wohl wahr. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht.)

Und im Übrigen gebe ich gern zu, dass Sie es auch durch den Druck der CDU im Sommer dahin gebracht haben, einen Tag vor der öffentlichen Anhörung im Sozialausschuss ein Ergebnis vorzulegen. Also daher, meine ich schon, sind die Aktivitäten unsererseits sehr berechtigt gewesen und Sie haben sich sozusagen auf unsere Aufforderung hin auch zum Arbeiten bewegt.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na! – Dr. Ulrich Born, CDU: Endlich.)

Das will ich Ihnen gern attestieren. So ist es, meine Damen und Herren.

Und das Schärfste in Ihrem Gesetzentwurf ist...

(Jörg Heydorn, SPD: Herr Glawe, Sie sind ja ein Interpretationskünstler. – Zurufe von Holger Friedrich, SPD, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Ja, ja, Herr Heydorn, lesen Sie mal nach, wann das Gesetz in Kraft treten soll! Das wird rückwirkend zum 01.01.2005 in Kraft gesetzt. Verabschiedet wird es wahrscheinlich am 15. Dezember 2005, also ein Jahr rückwirkend. Tolle Leistung, Frau Ministerin, kann ich nur sagen!

Unter diesem Aspekt bin ich sehr gelassen und sehr froh, dass wir eine Anhörung haben werden, wo die kommunalen Spitzenverbände uns als CDU eher Dank abstatten werden als Ihnen, denn Sie haben sich weitestgehend durch Ihre Verhandlungstaktik als Verweigerin für die Belange der Behinderten und der sozial Schwachen in diesem Land erwiesen.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Das, denke ich, werden wir auch noch einmal in der einen oder anderen Pressemitteilung zum Ausdruck bringen, da können Sie ganz sicher sein.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Davon gehen wir aus. – Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Und, meine Damen und Herren, wir stehen als CDU auch für die Interessen sozial Schwacher in diesem Land ein.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Eijeijeijei! – Heinz Müller, SPD: Gut, dass Sie uns das sagen!)

Ja, ja. Deswegen sind dieses Gesetz und diese Debatte für Sie heute auch wieder so schwierig.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Deswegen waren Sie auch nie in der Beiratssitzung.)

Was hat das damit zu tun, Frau Kollegin?