Protocol of the Session on October 5, 2005

Ich glaube, dass der Haushalt 2005 einen fairen Umgang bedeutet, Wolfgang Riemann, denn wenn wir uns die Steuermindereinnahmen des Landes nach der Maisteuerschätzung, minus 90 Prozent, die Kassenstatistik der Kommunen zum 31.06. und die Veränderung im Gewerbesteuerbereich in den Kommunen anschauen, dann ist mit diesem Haushaltsansatz das Gleichmäßigkeitsprinzip nicht angewendet worden, sondern wir belassen den Kommunen die dem vorigen Haushalt 2005 zustehenden finanziellen Mittel und ziehen nicht aufgrund der Mindereinnahmen von 90 Millionen Euro irgendetwas ab. Das ist ein fairer Umgang.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Nichtsdestotrotz sage ich, den Kommunen 20 Millionen Euro mehr zur Verfügung zu stellen, ist natürlich sympathisch. Auf der anderen Seite unterstelle ich Ihnen jetzt etwas.

(Harry Glawe, CDU: Das ist ja nichts Neues.)

Dieser sympathische Antrag, den man aufgrund des Mittelabflusses auch politisch entscheiden könnte,

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

daraus mache ich keinen Hehl, hat natürlich den charmanten Vorteil, dass Sie dem Parlament sagen, die bisherige Finanzausstattung – es ist von Ihnen gesagt worden – ist wieder nicht verfassungskonform,

(Wolfgang Riemann, CDU: Dagegen klagen zwei Landkreise.)

in dem Wissen, dass beim Landesverfassungsgericht natürlich Klagen anhängig sind bezüglich des Finanzausgleiches und bezüglich insbesondere der Finanzmindestgarantie, die wir aufgrund der Finanzsituation des Landes aufgehoben haben. Glauben Sie im Ernst, wir geben dem Landesverfassungsgericht, indem wir Ihren Antrag annehmen, unsere Ansätze jetzt korrigieren, dann auch noch den Stein in die Hand zu sagen, er ist nicht verfassungskonform? Nein, die Finanzierung der Kommunen ist ein

schweres Brot und wir setzen nach wie vor im Maßstab der ostdeutschen und westdeutschen Länder für die Ausstattung der Kommunen und für den Leistungsbezug am meisten ein. Wir sind inkonsequent in der Frage, wenn wir ihnen nicht mehr Geld geben können, zu sagen, welche Aufgaben sie dann zukünftig nicht mehr in dem Maße realisieren sollen. Da haben wir den Kommunen versprochen zu reagieren. Hier werden wir mit der Funktional- und Verwaltungsreform auch eine neue Antwort finden müssen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Aber durch die Hintertür klar zu machen, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes nicht einhalten, das wird Ihnen heute nicht gelingen. Und ich hoffe sehr, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kommunalpolitiker den Trick, den Sie hier offerieren, auch erkennen.

Und noch eine weitere Bemerkung: Ich konnte in den Medien heute lesen, dass Sie den Doppelhaushalt für 2006/2007, den wir bereits in der parlamentarischen Beratung haben, auch als nicht verfassungskonform ansehen.

(Heike Polzin, SPD: Das ist ziemlich starker Tobak.)

Also jetzt müssen Sie sich irgendwann einmal entscheiden, ob Sie eine verantwortungsvolle Finanz- und Haushaltspolitik in diesem Lande betreiben wollen oder schon wieder, bevor wir beraten haben, bevor wir die Situation analysiert haben,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Vorurteile, Vorurteile!)

bevor Sie die Gelegenheit genommen haben, die Finanz- und Haushaltspolitik und damit die politischen Ansätze der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen zu kritisieren, vorher sagen, wir gehen zum Verfassungsgericht. Machen Sie sich auf den Weg!

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Machen Sie sich auf den Weg!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS – Heike Polzin, SPD: Das bringt dieses Land voran.)

Entgegen Ihrer Auffassung halten wir den Doppelhaushalt für konform und er tut sogar das, was Sie uns absprechen. Er sichert nämlich die Existenz des Landes und er trägt zur Zukunftsfähigkeit bei. Gerade mit dem Doppelhaushalt tragen wir Sorge dafür, dass Planungssicherheit in haushaltspolitische Entscheidungen kommt, gerade deshalb, weil nächstes Jahr Landtagswahlen sind. Nach den Landtagswahlen, das weiß jeder, der in der Opposition oder in Regierungsverantwortung war, wenn man dann erst anfängt, einen Haushalt zu planen, geht ein halbes Jahr ins Land und wir haben keine Planungssicherheit für Vereine, Verbände, Kommunen, Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktpolitik. Das ist unverantwortlich, was Sie uns hier auf den Tisch legen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Diese Planungssicherheit ist uns mehr wert als kleingängiges politisches Gerangel, wer dann in der Regierung sitzt. Eine Regierung, egal welche, kann über einen Nach

tragshaushalt viel besser und viel schneller politische Akzente setzen. Sie müssten wissen und wir wissen es doch alle, dass bei dem Haushalt von 7 Milliarden Euro zwei Drittel der Kosten Fixkosten sind,

(Heike Polzin, SPD: Ja, eben.)

die aufgrund gesetzlicher Leistungen, Umsetzung von Landesgesetzen, der Ausfinanzierung von Gerichtsbarkeiten und so weiter festgesetzt sind, dass in diesem Doppelhaushalt bereits erste Maßnahmen der Einsparung von Personalstellen getroffen wurden in einer Größenordnung von 10.000 Stellen. Das sind 10.000 Arbeitsplätze, die wir abfangen müssen, um der finanzpolitischen Lage des Landes gerecht zu werden und trotzdem die Aufgaben zu erfüllen. Und wir sagen, ohne betriebsbedingte Kündigungen. Deshalb geht es langsam. Wenn Sie es schneller machen wollen,

(Egbert Liskow, CDU: Langsam, aber mit hohen Abfindungen.)

dann sprechen Sie auch zu den Beschäftigten von betriebsbedingten Kündigungen. Das wäre ehrlich, aber nicht die Drohung mit dem Landesverfassungsgericht in dieser Art und Weise!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und noch ein Letztes – ich habe Verständnis dafür und ich sage dieses auch, weil man irgendwann einmal nicht alles der Finanzministerin dieses Landes anhängen kann: Sie sagen, wir haben nicht genug Planungssicherheit bei den EU-Strukturfonds. Das ist richtig.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das haben die Finanzministerin und die Landesregierung an diesem Pult auch erklärt, weil wir nicht wissen, was unter der Regentschaft von Herrn Blair denn tatsächlich mit dem EU-Haushalt passiert. Aber wir wissen doch eins, meine Damen und Herren, dass die Europäische Union den Status des Ziel-1-Fördergebietes für Mecklenburg-Vorpommern beibehält. Wir wissen, dass wir zusätzliche Mittel aus der Europäischen Union bekommen. Und weil das so ist, hat die Landesregierung nicht 100 Prozent der Mittel der Finanzplanung eingestellt, sondern 90 Prozent der Mittel, und hat uns entsprechend in einem Zwischenbericht vorgelegt, wie sie gedenkt, in der neuen Förderperiode diese Mittel einzusetzen. Sie hat damit Vorarbeit geleistet, wenn die entsprechenden Verordnungen der Europäischen Union da sind, dass wir die Operationellen Programme schnell machen und das umsetzen können, was die Wirtschaft, was der ländliche Raum, was Vereine, Verbände und Institutionen fordern, dass es zwischen der Förderung von 2006 und der Förderung von 2007 keine große Lücke gibt, sondern Planungssicherheit. Auch das müsste doch im Interesse der gemeinsamen Koalition und der Opposition im Land Mecklenburg-Vorpommern sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Und lassen Sie mich etwas zu den Zahlen sagen: Wir reden hier bei der Unsicherheitsfrage von circa 500 Millionen Euro, von 5,5 Prozent des Gesamthaushaltes, und vielleicht bekommen wir nur 80 Prozent.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Vielleicht bekommen wir nur 80 Prozent, Herr Riemann. Dann reden wir über ein null Komma des Gesamthaushal

tes, bei dem Sie sagen, weil dieses null Komma nicht besetzt ist, ist er verfassungswidrig. Sie müssen sich ernsthaft fragen, ob Sie von Finanz- und Haushaltspolitik ernsthaft etwas verstehen wollen oder nur so tun.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Ich fand es unfair, in der Öffentlichkeit anhand der Debatte zu einer Korrektur, zu einer Ohrfeige, die wir bekommen haben als Parlament, als Mehrheitsparlament, derart zu reagieren und draufzusatteln und zu sagen, wir hätten nichts gelernt, sondern machten alles so weiter. Das ist infam und das weise ich im Auftrag meiner Fraktion entschieden zurück!

(Volker Schlotmann, SPD: Unserer auch.)

Wenn Sie so in den Ausschüssen mit uns umgehen wollen, dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie überhaupt an diesem Tisch bleiben!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Fraktionsvorsitzende Gramkow.

Das Wort hat jetzt die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Sigrid Keler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mich erst einmal bei Frau Gramkow für diese engagierte Rede bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Rudi, heißt das, dass sie bei dir eingeschlafen ist?!)

Und, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich möchte es Ihnen ein bisschen staatstragender sagen, aber ich werde Ihnen das Gleiche ins Stammbuch schreiben, was Frau Gramkow gerade mit Ihrer engagierten Rede getan hat. Am Anfang beglückwünsche ich uns alle, dass wir den neuen Haushalt 2005 so rechtzeitig beschließen, dass er entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts bis zum 20. Oktober in Kraft treten kann, und ich danke allen, die daran mitgearbeitet haben.

Herr Liskow, meine Einbringungsrede war vom Respekt gegenüber dem Gericht getragen, aber auch von der Sorge, wie die geschaffene Lage von uns bewältigt werden könnte. Das hat nichts mit mangelnder Einsicht zu tun. Ich bin jetzt noch sicherer als bei der Einbringung dieses Haushalts, dass der von uns gefundene Lösungsweg für die verfassungsrechtliche Problemstellung richtig ist. Darin bestätigen mich die Äußerungen des Verfassungspräsidenten am 22. September im „Nordkurier“.

(Egbert Liskow, CDU: Das sehen wir anders.)

Dann haben Sie doch mal den Mut und kommen konkret damit raus und nicht immer so, wie es gerade Frau Gramkow Ihnen gesagt hat, sich hinzusetzen, im Finanzausschuss nichts zu sagen, aber hier in der Öffentlichkeit...

(Egbert Liskow, CDU: Das ist aber wirklich eine Unterstellung!)