Protocol of the Session on September 7, 2005

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Gestern hatte die Ministerin abermals die Gelegenheit genutzt, ihre Kritik zu erneuern und zu untermauern. Sie hat auch heute wieder Kritik an den Überlegungen von Professor Kirchhof aufgegriffen

(Angelika Peters, SPD: Das kann man gar nicht oft genug machen.)

und ganz leichtfüßig gemeint: 400 Millionen weniger im Jahr würden bei der Verwirklichung der Vision von Professor Kirchhof herauskommen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, was man von Ihren Zahlen halten kann, das wissen wir ja.)

Das sind undurchsichtige Berechnungen, die akzeptieren wir nicht.

(Heinz Müller, SPD: Machen Sie doch mal eine durchsichtige!)

Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, es muss doch einen Grund geben für diese massiven Attacken gegen Professor Kirchhof und seine Vorstellungen von der Steuerreform in Deutschland.

(Heinz Müller, SPD: Allerdings!)

Wo sind denn eigentlich die Alternativen zu Kirchhof

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

für ein innovatives Steuersystem? Da hören wir nichts.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sie haben noch nie zugehört!)

Niemand kann bestreiten, meine Kolleginnen und Kollegen, dass die Steuer auf die Einkommen dringend erneuerungsbedürftig ist, dass wir ein irreparables Steuersystem in Deutschland haben, das durch ein neues und gerechtes System ausgewechselt gehört.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Was heißt für Sie wohl gerecht?!)

Meine Kolleginnen und Kollegen, es ist doch ein Irrtum zu meinen, die Vorstellungen von Professor Kirchhof seien eine Weltneuheit. Solche Konzeptionen funktionieren anderswo längst.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Die hat er auch schon vor 30 Jahren vorgestellt.)

Es ist doch bezeichnend, Frau Kollegin Gramkow, dass in einer internationalen Bewertung der Rangfolge von nationalen Steuersystemen in ihrer Effizienz beispielsweise Hongkong auf den vorderen Plätzen rangiert und Deutschland von 104 ausgewählten Ländern nahezu am Ende zu finden ist, und zwar unmittelbar vor Ghana.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wenn uns das nicht...

(Heinz Müller, SPD: Können Sie uns das hong- kongsche System mal ein bisschen erläutern?)

Das ist ganz einfach: Sie nehmen die Gesamtsumme der Einnahmen und multiplizieren sie mit dem Steuersatz. Das reicht, das ist weniger als ein halber Bierdeckel.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das versteht auch Herr Müller. – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Die Gesamteinkünfte werden, und das ist richtig so, mit einem einheitlichen Steuersatz berücksichtigt. Es gibt auch schon erste EU-Beitrittsländer wie die Slowakei, die sich mit ähnlichen Gedanken tragen wie Professor Kirchhof.

Beruht, frage ich Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, die Kritik an Professor Kirchhof nicht auch darauf, dass die Steuerpolitik der rot-grünen Bundesregierung nicht aus der Sackgasse herausfindet, die sie sich selbst gewählt hat?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Professor Kirchhof hat in seinem Buch „Der sanfte Verlust der Freiheit“ – das ist ein Buch, das ich Ihnen sehr zu lesen empfehle – die Mängel des geltenden Steuersystems beschrieben und deren Korrektur in fünf aktuellen Verfassungsaufträgen dargelegt. Diese Mängel sind:

1. Einkünfte aus Auslandskapital werden verschwiegen.

2. Es fehlt eine rechtsformneutrale Besteuerung.

3. Wir haben eine zu hohe Familienbesteuerung.

4. Die Besteuerung der Zukunftsvorsorge in Deutschland ist verfassungswidrig.

5. Der Steuerpflichtige muss mindestens die Hälfte seiner Einkünfte behalten dürfen.

Darum ist Kirchhofs Ziel Steuergerechtigkeit und Verlässlichkeit des Systems. Die fehlende Verlässlichkeit unseres Steuersystems hat unsere Wirtschaft oft genug angemahnt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich frage mich ernsthaft, wer dafür zuständig ist.)

Meine Kolleginnen und Kollegen, eines muss ganz deutlich werden. Wir dürfen uns nicht um die Frage herumdrücken, ob entweder der Staatsbedarf oder die individuelle Belastbarkeit die Intensität der Steuer ausmachen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Beides, Herr von Storch, beides!)

Bei uns in Deutschland wird die Steuerdebatte vorwiegend ideologisch geführt. Ein Zusammenhang mit der Neiddiskussion unserer Tage ist nicht zu verkennen,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Oh!)

verbunden mit der häufig erhobenen Forderung nach Gleichheit in der Gesellschaft. Vielen ist nach wie vor Reichtum suspekt. Deshalb fordert die SPD ja auch eine Reichensteuer.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig. – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja auch vernünftig.)

Unsere Diskussion, die wir im Augenblick innerhalb der Gesellschaft führen, verstellt uns den Blick für die Gesamtverantwortung für unsere Gesellschaft.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Und deshalb ist es gut, dass ein Mann wie Professor Kirchhof, dessen Fachkompetenz unbestritten ist und nur zu Wahlkampfzwecken diskreditiert wird, eine Vision für unser künftiges Steuersystem entwickelt. Visionen, meine Kolleginnen und Kollegen, daran muss man heute erinnern, sind nun einmal in der Politik notwendig, denn ohne sie versinkt Politik in Populismus und Pragmatik.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Die massiven Angriffe auf Kirchhof machen aber auch deutlich, dass weder bisher noch in Zukunft von Rot-Grün eine überzeugende Alternative erwartet werden kann.

(Reinhard Dankert, SPD: Deshalb haben Sie Kirchhof, weil Sie keine Visionen hatten.)

Rot-Grün von morgen, das hat die Diskussion am Sonntag ergeben, ist Rot-Grün von gestern.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Und das ist keine Zukunft für uns in Deutschland.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und auch die Fernsehdiskussion zwischen Herrn Professor Kirchhof