Protocol of the Session on September 7, 2005

(Beifall Egbert Liskow, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

So viel zur Gleichmäßigkeit, zur Ehrlichkeit unter den Ebenen und zur kommunalen Selbstverwaltung im Land. Das, meine Damen und Herren, geht so nicht. Und ich bin auch ganz sicher, nach den Grundsätzen, die wir aus der Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes ableiten können, und die Verfassung dort ist nicht anders als bei uns, meine Damen und Herren, wird es wieder scheitern. Der Griff in die Kasse der Kommunen wird wieder schief gehen, nur dann haben wir mehr Unsicherheiten im Haushalt. Und, meine Damen und Herren, man merkt Ihnen an, diese kommunale Ebene, das sind für Sie unliebsame Mitesser und nicht etwa die Ebene, auf der Bürger und Bürgerinnen Selbstverwaltung erleben und mitgestalten können. Das wollen Sie gar nicht. Sie wollen uns die letzten Gestaltungsspielräume wegnehmen und das finde ich in hohem Maße bedenklich. Dann stellt sich der eine oder andere von uns noch irgendwo auf irgendwelche Plätze und beklagt mangelnde Wahlbeteiligung und sonst noch was. Meine Damen und Herren, kommunale Selbstverwaltung macht nur Spaß, wenn man Gestaltungsspielräume behält. Sie nehmen sie uns weg,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und zwar vollkommen unnötig, weil Sie Ihre Hausaufgaben nicht machen.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch die fällige Abrechnung nicht ersparen. Wir hatten einmal ein gutes Finanzausgleichsgesetz. Darin war ein Verbundsatz enthalten, der auch nicht jedes Jahr zur Disposition stand,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

sondern das war die Garantie kommunaler Selbstverwaltung. Das haben wir alle einmal gewollt in diesem Landtag, nur Sie haben es einfach mehrheitlich geändert. Dass wir dagegen waren, brauche ich hier nicht zu erwähnen, denn gegen so etwas muss man einfach sein. Gegen die Aufkündigung der gemeinsamen Finanzverantwortung werden wir uns immer wenden. Meine Damen und Herren, dieser Verbundsatz betrug damals 28 Prozent. Der Städte- und Gemeindetag hat das in seiner Stellungnahme im Einzelnen ausgerechnet. Daher stammen auch einige Zahlen, die ich hier vorgetragen habe, weil ich mich nicht alleine auf meinen Rechenstift verlasse. Ich habe mich auf den der Finanzministerin verlassen und auf den derjenigen, die das bei uns vortragen, nämlich die kommunalen Landesverbände. Und da hätte das Land nicht einen Hel

ler mehr abgegeben, als es vorher abgegeben hat. Das Land hätte sich nur an die Solidargemeinschaft Land und Kommunen halten müssen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Bei 28 Prozent hätten wir in den drei genannten Haushaltsjahren 2005, 2006, 2007 – Sie wissen, der Haushalt 2005 ist noch auf – 313 Millionen Euro mehr gehabt. Und, Herr Innenminister, da hätten Sie keinen Konsolidierungsfonds gebraucht, da hätten Sie gar nichts anderes gebraucht.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Aber natürlich! Wir hätten noch mal 150 Mil- lionen Euro Schulden in den Kommunen!)

Wenn Sie schon für den Haushalt 2005 hier etwas mehr Rückgrat als Anwalt der Kommunen gezeigt hätten, dann hätten wir viele Fehlbeträge gar nicht erst zu beklagen. Wenn gesagt wird, die Kommunen leisten sich zu viel,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist geradezu unglaublich!)

meine Damen und Herren, dann hat jemand, wie ich finde, seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Zu den einzelnen Binnenverteilungsregelungen, die der Entwurf der sechsten Änderung des FAG vorsieht, kann man sehr viel sagen. Was eingetreten ist, meine Damen und Herren, das muss Sie nicht wundern. Wenn es schon im Vorfeld Streit zwischen den beiden Gruppen gibt, wenn nämlich das Geld weniger wird, wenn Sie mehr aus dem kommunalen Finanzausgleich entnehmen, dann wird natürlich der Streit derer, die daraus ihr kommunales Leben zu finanzieren haben, groß, und prompt haben wir in den vorliegenden Stellungnahmen zum Referentenentwurf unterschiedliche Stellungnahmen der beiden kommunalen Landesverbände. Meine Damen und Herren, als Landtag haben wir zu entscheiden. Aber es macht mich schon traurig, dass wir diesen Streit dadurch schüren, dass wir die Finanzausgleichsmasse, und ich sage, unnötig, weil das Land nicht selber spart, weil es sich selber nicht an seine Grundsätze hält und es nur bei den Kommunen wegnimmt, verringern. Diesen Streit haben Sie provoziert und den werden wir alle zusammen ausbaden dürfen, denn, meine Damen und Herren, es geht einfach nicht, dass man oben weniger hineintut und dann noch glaubt, es kommt unten mehr heraus.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist eine alte Binsenweisheit.)

Das können Sie Schulkindern ab der ersten Klasse beibringen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wer sagt denn das?)

Der Herr Innenminister hat gesagt, das liegt an den Kommunen, die leisten sich zu viel. Er hat nicht gesagt, dass das Land sich so viel leistet, dass es den Kommunen über die Jahre hinweg immer weniger gegeben hat.

Und wenn ich jetzt einmal die Haushaltsfehlbeträge einer kreisfreien Stadt angucke, wenn ich tatsächlich das bekommen hätte, was einmal 28 Prozent waren, dann wissen wir beide –

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Dass wir unsere Hausaufgaben in Schwerin auch nicht gemacht haben, seitdem wir einen neuen Oberbürgermeister haben oder was?!)

wir können das nachrechnen –, dass wir unsere Hausaufgaben in den letzten Jahren durchaus gemacht haben, aber es sind uns jeweils immer zwischen 3 und 5 Millionen Euro im Jahr weggenommen worden. Das heißt, belastbar waren Zusagen des Landes nie.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das Land ist nicht für die Haushalts- misere in Schwerin verantwortlich.)

Und dann sollen wir den Bürgern gegenüber erklären, dass sie Verständnis dafür haben sollen, dass wir als gewählte Stadtvertreter oder als gewählte Mitglieder eines Kreistages

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Da kenne ich zwei Oberbürgermeister.)

nicht besser können. Wir können nicht deswegen nicht besser, weil wir nicht sparen können, sondern weil uns einfach alles das, was wir einsparen, sofort weggenommen wird.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch Unsinn!)

Ein eklatantes Beispiel: Den Brief haben auch Sie, Frau Gramkow,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Oh, natürlich! Der Oberbürgermeister hat mir geschrieben.)

den haben auch Sie, Herr Timm, wenn Sie Ihre Post lesen. Darin steht, gerichtet an alle Abgeordneten aus der Landeshauptstadt Schwerin, was es bedeutet, wenn man zum Beispiel die Tatsache nimmt, dass wir beim ÖPNV, weil wir nicht anders können, den Zuschuss kürzen. Hören Sie gut zu, meine Damen und Herren: Wir kürzen den Zuschuss beim Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs!

(Reinhard Dankert, SPD: Sie in Schwerin?)

(Reinhard Dankert, SPD: Weil Sie einmal „wir“ sagen und einmal „Kreistagsabgeordneter“. Ich muss nur aufpassen, dass ich das richtig trenne.)

Ja, wissen Sie, ich bin nicht schizophren, sondern ich habe von denselben Bürgern, auf die ich mich hier beziehe,

(Reinhard Dankert, SPD: Ja, das haben Sie mir schon mal erklärt.)

mein Mandat und sie haben mir so viele Stimmen gegeben, Herr Dankert, dass ich das Vergnügen habe, sogar der Stadtvertretung vorsitzen zu dürfen,

(Klaus Mohr, SPD: Alle Achtung!)

und deswegen sage ich, wir. Und damit meine ich zunächst meine Stadt und dann meine ich das Land. Und ich sage Ihnen als Landtagsabgeordneter...

(Reinhard Dankert, SPD: Oder haben Sie mit „wir“ gemeint „die CDU-Landtagsfraktion“?)

Nein, Herr Dankert, hören Sie mir zu!

(Reinhard Dankert, SPD: Man muss ein bisschen aufpassen.)

Ich weiß, dass das schwer fällt. Ich weiß nicht, ob Sie das in Rostock anders halten. Ich jedenfalls fühle mich

zunächst einmal den Bürgern der Stadt verantwortlich, die mir ihre Stimme gegeben haben.

(Beifall Egbert Liskow, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das ist in einer Demokratie richtig. Da entscheidet für mich keine Koalition und ich lasse mich auch von niemandem irgendwo an einen Zügel nehmen.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und jetzt sage ich Ihnen das, was ich unbedingt loswerden muss. Wenn wir auf der kommunalen Ebene sparen, müssen wir zum Beispiel den Zuschuss kürzen und deswegen die Tarife anheben, siehe Nahverkehr. Was macht die Landesregierung? Sie sagt ganz einfach: Da haben einige Städte ihren Eigenanteil gekürzt, deswegen kürzen wir jetzt auch den Landesanteil. Also, meine Damen und Herren, Herr Innenminister, das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch auch nicht die Begründung.)

Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass Sie uns oben im Finanzausgleich das Geld wegnehmen. Wenn wir dann notgedrungen da kürzen, wo freiwillige Leistungen sind, also nicht gesetzlich verpflichtende, sagen Sie, prima, ihr habt gekürzt, dann kürzen wir auch. Also das nennt man prozyklisch in der Volkswirtschaft und das war, jedenfalls zu meiner Zeit, als ich noch gelernt habe, sehr verpönt. Wenn das heute anders ist, müssen Sie mich da vielleicht neu belehren.

Etwas zum kreisangehörigen Raum: Sie haben das hier nur so gestreift, dass Sie jetzt 43 ländliche Zentralorte aus der Finanzierung herausgenommen haben. Sie haben es als tolle Leistung angesehen, dass diese ländlichen Zentralorte noch eine Übergangshilfe erhalten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Übergangsgeld.)