Auch in diesem Punkt muss sich die CDU vorhalten lassen, dass sie das, was sie uns jetzt zur Last legt, früher selbst durchgeführt hat.
Ich kann nicht erkennen, dass die Entscheidung des Gerichts zu Artikel 55 Absatz 2 der Verfassung uns in irgendeiner Weise voranbringt. Nach meiner Auffassung stiftet sie eher Verwirrung und Auslegungsprobleme.
Festzuhalten ist, dass das Gericht die Überschreitung der Regelkreditobergrenze für das Jahr 2003 für verfassungswidrig erklärt hat. Zum Doppelhaushalt 2004/2005 hat es sich in diesem Punkt nicht geäußert. 2003 hat das Gericht zwar anerkannt, dass eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorlag. Es hat allerdings gerügt, dass Regierung und Parlament der Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen seien, insbesondere zu der Frage, warum eine erhöhte Kreditaufnahme für das Jahr 2003, die erst im Februar 2004 beschlossen wurde, positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage habe entfalten können.
Der Vorwurf einer unzureichenden Erfüllung der Darlegungslast ist für mich nicht verständlich. Wir haben bei den parlamentarischen Beratungen zum Nachtragshaushalt 2003 und zum Doppelhaushalt 2004/2005 umfangreich deutlich gemacht, welches finanzpolitische Konzept wir damals entwickelt haben. Dieses Konzept setzen wir bis heute konsequent um. Zielsetzung war und ist, die Folgen der dramatischen Steuermindereinnahmen durch konsequente Konsolidierungsmaßnahmen zu überwinden
und noch in diesem Jahrzehnt zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Dafür haben wir mit dem Nachtragshaushalt 2003 und dem Doppelhaushalt 2004/2005 entscheidende Weichen gestellt. Wir haben damals ein umfangreiches Sparprogramm vorgelegt, das Einschnitte in allen Bereichen des Haushaltes vorsah, insbesondere aber bei den Personalausgaben, die unsere Hauptlast bei den laufenden Ausgaben mit sich bringen. Ein Teilelement dieses Konzepts war der Verzicht auf betriebsbedingte
Dies hatte zwangsläufig zur Folge, dass wir für die Jahre 2003 und 2004 zur Abwehr einer weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen Krisensituation die Kreditobergrenze überschreiten mussten. Die vom Gericht in Betracht gezogene Alternative, im Jahr 2003 einen Fehlbetrag hinzunehmen, der dann in 2004 und 2005 zusätzlich durch Einsparungen hätte ausgeglichen werden müssen, wird dem nicht gerecht. Das hat die Regierung damals dargelegt und das ist auch heute noch richtig. Zusätzliche Einsparungen in 2004 und 2005 über das bereits getroffene Maß hinaus waren eben nicht möglich. Deshalb hätte auch ein weiterer Fehlbetrag nicht zu Einsparungen, sondern lediglich zu höherer Nettokreditaufnahme in 2004 und 2005 geführt. Darin kann ich überhaupt keinen Sinn erkennen. Zielgerichteter war es vielmehr, das Jahr 2003 mit dem Nachtrag auszufinanzieren, im Jahr 2004 letztmalig die Überschreitung der Kreditobergrenze hinzunehmen und dann im Jahr 2005 wieder die Kreditobergrenze einzuhalten.
Diesen Kurs der schrittweisen Verbesserung haben wir damals nicht nur planerisch entwickelt, sondern inzwischen auch im tatsächlichen Vollzug umgesetzt. Die Nettokreditaufnahme des Jahres 2004 hat die Haushaltsvorgaben eingehalten, sogar noch etwas unterschritten. Der bisherige Ablauf des Jahres 2005 signalisiert einen planmäßigen Vollzug. Mit dem Doppelhaushalt 2006/2007, den wir nächste Woche hier im Parlament einbringen werden, senken wir die Nettokreditaufnahme noch weiter ab, im Jahr 2006 auf 400 Millionen Euro und im Jahr 2007 auf 375 Millionen Euro. Dieses entspricht den Vorgaben der Finanzplanung. Bis zum Jahr 2009, das ist das Ende der Finanzplanperiode, werden wir eine Nettokreditaufnahme von 75 Millionen Euro erreicht haben. Das heißt, dass der ausgeglichene Haushalt noch in diesem Jahrzehnt absolut in Sichtweite ist.
Derartige Verbesserungen des Haushalts kommen natürlich nicht von selbst. Sie sind schmerzhaft und erfordern erhebliche Anstrengungen. Das zeigt die Diskussion um unser Personalkonzept, um die Verwaltungsreform, um die Hochschulreform und die Schulreform, um nur einige Beispiele zu nennen. Nur wenn wir auf all diesen Feldern erfolgreich sind, können wir unsere Vorgaben auch tatsächlich wie bisher umsetzen.
Damit, meine Damen und Herren, stehen wir deutlich besser da als der Bund und eine Reihe anderer Länder, die ebenfalls ab 2003 eine Überschreitung der Regelkreditobergrenze hinnehmen mussten. Außer MecklenburgVorpommern waren es 2003 Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Schleswig-Holstein, Berlin und Bremen. Thüringen und Sachsen-Anhalt haben Fehlbeträge gebaut. Sie hätten sonst auch in 2003 die Kreditobergrenze überschritten. In 2005 sind es inzwischen neben dem Bund elf Länder. Mecklenburg-Vorpommern ist nicht mehr dabei. Also: Ein erheblicher Teil der genannten Länder ist inzwischen mit der Rückführung der Nettokreditaufnahme noch nicht so weit vorangekommen wie wir.
Während zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern die Nettokreditaufnahme, welche noch im Jahr 2003 bei gut
1 Milliarde stand, im nächsten Jahr auf 400 Millionen mehr als halbieren wird, liegen diese Daten in unserem Nachbarland Schleswig-Holstein für 2005 bei circa 1,6 Milliarden und für 2006 immer noch bei gut 1,5 Milliarden. Das ist weit jenseits der Kreditobergrenze. Wir halten in 2005 die Kreditobergrenze ein und werden sie in 2006 um circa 200 Millionen unterschreiten.
Mit diesen Ausführungen möchte ich aber keine Kritik an meinem CDU-Kollegen in Schleswig-Holstein verbinden.
Ich weiß, dass er wie auch andere Kollegen mit schwierigen Problemen zu kämpfen hat. Es regt mich allerdings schon ein bisschen auf, wenn Vertreter der gleichen Partei hier in unserem Land bei einer um ein Vielfaches niedrigeren Nettokreditaufnahme vollmundig von einer finanzpolitisch roten Karte sprechen.
Darüber hinaus muss ich Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ein erstaunliches Maß an Doppelzüngigkeit vorwerfen.
Während uns auf der einen Seite Herr Rehberg geißelt wegen unserer angeblichen Verschuldungspolitik, wird Herr Glawe gleichzeitig nicht müde, die Mitbürger aufzufordern, möglichst schnell Anträge auf Landeserziehungsgeld zu stellen,
(Harry Glawe, CDU: Wollen Sie Ihre Gesetze außer Kraft setzen, Frau Keler? – Wolfgang Riemann, CDU: Wollen Sie die Gesetze brechen, Frau Keler? Wollen Sie die Gesetze außer Kraft setzen?)
Herr Glawe, was wollen Sie denn nun eigentlich? Konsolidierung der laufenden Ausgaben und Einschnitte in Leistungsgesetzen oder Wohltaten verteilen?
(Harry Glawe, CDU: Wollen Sie, dass Recht und Gesetz eingehalten werden oder wollen Sie nur, dass Sie Recht haben? – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)
Die gleiche Unberechenbarkeit, meine Damen und Herren, stelle ich übrigens auch auf Bundesebene bei der CDU/CSU fest.
Meine Damen und Herren, die Finanzminister aller Länder, auch der unionsgeführten, haben im Vorjahr festgestellt, dass das Kirchhof-Programm so nicht geeignet ist, ich zitiere, „die erforderliche grundlegende Reform des Steuerrechts anzustoßen“.
Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums würde dieses Kirchhof-Programm 42 Milliarden Euro kosten,
(Wolfgang Riemann, CDU: Auf der alten Bemessunungsgrundlage. Herr Eichel hat sich mal wieder geirrt.)
Für Mecklenburg-Vorpommern bedeutet das rund 400 Millionen Einnahmeverluste. Die Kommunen würden mit Mindereinnahmen aus dem FAG in Höhe von 120 Millionen Euro rechnen müssen.
Für das Land wäre die Folge, dass wir deutlich weniger investieren oder die Verschuldung deutlich wieder nach oben treiben müssten.
Wenn dieses Programm umgesetzt wird, ist unser Ziel, den Haushalt noch in diesem Jahrzehnt auszugleichen, nicht mehr erreichbar.
Wir haben schon jetzt eine Steuerquote, die mit circa 2 0 Prozent weiter unter dem langjährigen Durchschnitt von 23 Prozent liegt. Wir brauchen keine weitere Erosion unserer Steuereinnahmen, sondern vielmehr verlässliche Rahmenbedingungen für die Zukunft.