Protocol of the Session on April 20, 2005

Es ist auch nicht das richtige Signal für die, die hier im Land, an den Universitäten und Hochschulen ihre Zukunft suchen. Eines kann ich mir nicht verkneifen, Herr Minister: Und das alles im Einstein-Jahr! Das passt nun überhaupt nicht zusammen! Wir, die wir uns dafür engagiert haben, und der Landtag haben uns die Entscheidung zur Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin damals, wie schon erwähnt, eben nicht leicht gemacht. Schauen Sie sich die Protokolle an!

(Jörg Heydorn, SPD: War Einstein auch Zahnarzt?! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ach, erzählen Sie mir doch nicht so was! Sie waren doch gar nicht dabei.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das, was wir damals gemacht haben, war ein vernünftiger Kompromiss und ein vernünftiges Engagement, und zwar über Parteigrenzen hinweg. Das sollten wir ab und zu mal üben!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Sie waren doch gar nicht dabei, Sie können jetzt nur große Sprüche klopfen. Lesen Sie sich die Protokolle durch und dann sehen Sie, dass es eine gemeinsame verantwortungsbewusste Entscheidung war! Und dabei sollten wir es belassen. Auf der Grundlage dieser Entscheidung hat das Land mit der Universität Rostock einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Der gilt und wurde von der Universität Rostock erfüllt. Die Kostenneutralität, und das war ja damals ein Problem, ist auch gege

ben. Der von mir erwähnte Vertrag wurde seitens der Landesregierung aber nicht gekündigt. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, warum aus dem gesamten vorliegenden Gutachten die Schließung der Zahnmedizin ausdrücklich nur in der Kurzfassung Erwähnung findet. Ein Schelm, der dabei Böses denkt! Ich möchte die beiden Universitätsstandorte nicht gegeneinander ausspielen. Das hier gewählte Vorgehen erinnert aber stark an so eine Vorgehensweise, um nicht zu sagen, an so ein Spielchen.

Noch zwei Fakten, die an der Richtigkeit dieser Entscheidung grundsätzlich Zweifel aufkommen lassen:

Erstens. Trotz bereits vollzogener Schließung konnten die Studentenzahlen in Rostock im Rahmen des Vertrages wieder sehr schnell erreicht werden. Und da gab es auch sehr viel Kritik, das ist nicht zu schaffen, daran kann ich mich erinnern, und es wird schwierig sein. Der Studiengang Zahnmedizin hat in den klinischen Semestern keine Abgänge zu verzeichnen. Dagegen müssen wir für 2003 in der Zahnmedizin Greifswald zur Kenntnis nehmen, dass nur 50 Prozent der Studiengänger im Bereich der Zahnmedizin ihr Studium auch beenden. Das ist eine sachliche Feststellung. Und die vom Abgeordneten Brodkorb initiierte so genannte Effizienzstudie müsste daher eine Empfehlung für die Schließung des Studienganges in Greifswald aussprechen. Herr Brodkorb, dann sagen Sie das bitte auch offen! Sie sagen ja einige Dinge offen, über die man ab und zu doch einmal mit dem Kopf schütteln muss.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Zweitens. In der jüngsten Veröffentlichung des Wissenschaftsrates zur Zahnmedizin liegen bei der Drittmitteleinwerbung noch elf Universitäten hinter Rostock.

(Jörg Heydorn, SPD: Wie viel?!)

Die sehr gute Patientenbetreuung macht den Betrieb des Studienganges möglich, das sollten wir gemeinsam zur Kenntnis nehmen, vor allen Dingen die, die damals gemeinsam für die Zahnmedizin in Rostock gestimmt haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ne, Rudi, du warst auch im Finanzausschuss?!)

Und deswegen möchte ich, weil es ja so bedauerlich und auch so klar ist, diesen Unterschied noch einmal vor Augen führen. „Die Landesregierung steht zu der abgeschlossenen Vereinbarung über die Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin an der Universität Rostock und zu ihren Konsequenzen.“ Unterschrieben, wie schon gesagt, am 22.10.2003 von Professor Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann. „Als weitere Maßnahme“, und das ist heute, „schlägt die Kommission die Schließung der Zahnmedizin in Rostock als Universitätseinrichtung vor.“

Meine Damen und Herren, das passt nicht zusammen. Ich denke, wir sollten uns dafür engagieren, dass dieses einmal gegebene Wort auch gehalten wird. Auf was können wir uns sonst noch verlassen, wenn wir uns in diesem Landtag heute in dieser Politik nicht mehr auf das Wort eines Ministers verlassen können, der einen Eid geschworen hat vor diesem Parlament?! Ich finde schon, das ist etwas unglaublich!

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es unter Punkt II unseres Antrages statt „Aufstellung des Hochschulentwicklungsplanes“ heißen muss „Erarbeitung der Eckwerte“. Ich bitte Sie und vor allen Dingen die

jenigen, die damals diesem Antrag zugestimmt haben, auch heute wieder unserem Antrag zu folgen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Thomas.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion sowie drei Minuten für den fraktionslosen Abgeordneten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Dr. Dr. Metelmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich die Fakten aufzählen, an denen wir uns orientieren müssen, wenn wir über die Zukunft der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Rostock sprechen.

Erster Punkt: Die Zahn- und Kieferheilkunde hat zwei Aufgabenbereiche, die wir trennen müssen. Sie hat einen Aufgabenbereich Krankenversorgung und der zweite heißt Lehre und Forschung, der akademische Bereich Wissenschaft. Im Bereich der Krankenversorgung haben wir im Jahr 2002 zunächst einen Fehlbetrag, ein Minus von 289.000 Euro gehabt. Im Jahr 2003 ist das ausgeglichen worden. Wir haben ein Plus von genau 8.000 Euro. Die Zahlen von 2004 liegen noch nicht vor. Das ist die Krankenversorgung. Im akademischen Bereich Lehre und Forschung haben wir dennoch 1,3 Millionen Euro Jahr für Jahr in die Zahnmedizin gesteckt. So viel nur zum Stichwort Kostenneutralität.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Zweiter Punkt: Wissenschaftsrat. Der Wissenschaftsrat hat sich mit der Zahnmedizin in ganz Deutschland vielfach beschäftigt, und zwar mit ihrer wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Was tut sie in der innovativen Forschung, in der Produktentwicklung, im Technologietransfer? Was tut sie in der Vernetzung mit den anderen Fächern der Medizin? Wie steht sie im internationalen Maßstab da? Und der Wissenschaftsrat hat einige immer wieder zuletzt im Winter dieses Jahres publizierte Aussagen:

Erstens. Wir haben ein Überangebot in ganz Deutschland an Ausbildung von Zahnärztinnen und Zahnärzten.

Zweitens. Die Zahnmedizin – und, Herr Abgeordneter Thomas, an dieser Stelle müssen wir die Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie einmal herausnehmen – ist ein separates ärztliches Fach. So betrachtet ist die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit unter allen Wissenschaftsdisziplinen in Deutschland immer auf den letzten Plätzen. Es ist das schwächste Fach, was die Forschungsleistung angeht. Und deshalb hat der Wissenschaftsrat den Zahnmedizinern in ganz Deutschland einige Forschungsschwerpunkte verordnet, mit denen sie sich beschäftigen sollen.

Für Mecklenburg-Vorpommern hat der Wissenschaftsrat, das sind die Fakten, zwei Aussagen getroffen:

1. Konzentration der Ausbildung von Zahnärztinnen und Zahnärzten an einem Standort

2. Die Universität Greifswald soll sich um das Thema Community Dentistry kümmern.

Drittes Faktum. Zahn-, Mund-, Kieferheilkunde ist selbstverständlich ein Teil der Hochschulmedizin. Deshalb hat sich die Kommission unter Leitung von Professor Wilms mit der Hochschulmedizin im Lande beschäftigt, mit der Evaluation und Neustrukturierung. Es gibt zwei Ergebnisse. Das eine ist, sie hat hinsichtlich der Zahnmedizin die Empfehlungslage des Wissenschaftsrates bestätigt, und sie hat zusätzlich gesagt, dass der Studiengang in Rostock aufgehoben werden soll. Das ist die Empfehlung der Kommission.

(Angelika Peters, SPD: Hört, hört!)

Viertes Faktum. Rostock benötigt dringend für die Weiterentwicklung der Medizin am dortigen Standort einen Klinikumsneubau. Dafür sind über 100 Millionen Euro erforderlich. Diese 100 Millionen Euro müssen im Wettbewerb der Bundesländer eingeworben werden. Das entscheidende Gremium, das den Zuschlag geben kann, das uns das Geld gibt und nicht anderen Bundesländern oder anderen Projekten, ist der Wissenschaftsrat. Bei der letzten Plenarversammlung des Wissenschaftsrates in Greifswald vor einigen Jahren hat der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Einhäupl, unseren Ministerpräsidenten, der dort bei dem Empfang eine Rede gehalten hatte, noch einmal darauf hingewiesen, dass eine alte Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Entwicklung der Zahnmedizin in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht umgesetzt ist. Es ist ausgesprochen schwierig, jetzt den Wissenschaftsrat im Wettbewerb dafür zu gewinnen, den Klinikumsneubau in Rostock mit zu finanzieren, wenn er darauf hinweisen kann, dass ein noch unfertiges Konzept der Zahnmedizin in diesem Lande vorliegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Thomas, Herr Minister.

Selbstverständlich.

Herr Abgeordneter, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Sie haben jetzt einige Argumente gebracht aus Ihrer Sicht, die Ihren Meinungsumschwung, wenn ich so sagen darf, begründen, aber das Entscheidende ist für mich als Rostocker

(Zurufe aus dem Plenum: Frage!)

auch vor dem Hintergrund unserer damaligen Entscheidung …

Herr Abgeordneter, stellen Sie bitte Ihre Frage.

Ja. Meine Frage: Stehen Sie zu Ihrem Wort vom 22.10.2003?

Herr Abgeordneter, ich stehe dazu, dass wir uns der Faktenlage, die wir vor uns haben, nicht verschließen können. Und wenn wir über eine Hochschulstruktur reden, wenn wir eine Kommission einsetzen und wenn wir den Wissenschaftsrat an dieser Stelle einspannen und dann feststellen, dass diese zu einer anderen Aussage kommen, als wir uns vornehmen, dann müssen wir an dieser Stelle darüber nachdenken. Deswegen habe ich ausdrücklich gesagt, das sind Fakten, an denen wir uns orientieren müssen, wenn wir über die Zukunft der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in diesem Land nachdenken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten?

Natürlich, selbstverständlich.

Ich frage jetzt noch einmal: Also gab es offenbar vor zwei Jahren, das ist ja kein langer Zeitraum,

(Angelika Peters, SPD: Doch!)

ganz andere Fakten als heute? Ist das so richtig?