Protocol of the Session on April 20, 2005

sicherlich einige lächeln, zwei Geschlechter gibt. Diese beiden Geschlechter haben unterschiedliche Lebensbedingungen, die wir auch gesondert wahrnehmen müssen. Gesundheit wird auch durch gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Bedingungen bestimmt und die sind nun einmal für Männer und Frauen verschieden. Das Robert-Koch-Institut Berlin hat die Vorteile dieser Betrachtungsweise für Frauen und Männer wie folgt konkretisiert:

Erstens. Der Präventionsbedarf wird spezifiziert.

Zweitens. Die Versorgungszugänge werden dargestellt.

Drittens. So genannte blinde Flecken in der Versorgung und Prävention werden aufgedeckt, also Über-, Unterund Fehlversorgungen bei Frauen und Männern festgestellt.

Und, meine Damen und Herren, letztlich wird durch einen geschlechterdifferenzierten Gesundheitsbericht ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität in der Versorgung und Prävention geleistet. Das ist ein Vorteil, der wohl in unser aller Interesse ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist vor allem das Verdienst der Frauengesundheitsbewegung, den Blick auf die Kategorie Geschlecht gelenkt zu haben und eindringlich auf die geschlechtsdifferenzierte Verteilung von Gesundheitsrisiken hinzuweisen. Die Frauengesundheitsforschung verfügt über langjährige Erfahrungen und eine Vielzahl von Forschungsergebnissen. Das wichtigste Ergebnis ist gleichzeitig auch der Grundstein für die Frauengesundheitsforschung. Frauen sind im Bereich des Gesundheitssystems ein eigener Bestandteil. Sie leisten den Hauptanteil der Gesundheitsarbeit in den Familien, in der Säuglingspflege, Kleinkindbetreuung, Schulkinderversorgung, Haushaltsführung, Pflege von kranken Familienmitgliedern und Versorgung älterer Angehöriger. Aber die Aussage, Frauen leben länger, gesünder und sorgen für Kinder und Angehörige, das allein kann es meines Erachtens nicht gewesen sein. Es geht darum, ein modernes lebensweltbezogenes Gesundheitsverständnis zu entwickeln.

Unsere Landesregierung, darauf hat Frau Ministerin Linke hingewiesen, reagierte bisher auf diese neue differenzierte Betrachtungsweise. Es gibt das beratende Gremium einer Landesarbeitsgruppe Frauengesundheit beim Sozialministerium. Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen, den Mitgliedern für ihre aktive Arbeit zu danken. Des Weiteren fördere ich aus meinem Bereich den gemeinsamen Arbeitskreis Frauengesundheit, der maßgeblich an den gleichnamigen Landeskonferenzen mitarbeitet. Wir haben schon gehört, wir haben vor kurzem erst eine sehr interessante Veranstaltung zum Thema Müttergesundheit gehabt. Darüber hinaus wird ein großer Teil der Statistiken in dem vom Sozialministerium erstellten Gesundheitsbericht geschlechtsspezifisch erfasst. Ich betone ausdrücklich, ein Teil! Und das ist vor allen Dingen auch dem Drängen des schon benannten Arbeitskreises Frauengesundheit mit zu verdanken. Trotz dieser Aktivitäten meine Damen und Herren, hat Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich eines gegenderten, darum geht es, eines gegenderten Gesundheitsberichtes im Vergleich zu manch anderen Bundesländern Nachholbedarf.

(Heiterkeit bei Detlef Müller, SPD: Gegendert! Ihr werdet gegendert! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Die Bundeskoordination Frauengesundheit hat eine entsprechende Zusammenfassung der wichtigsten Gesundheitsberichterstattungen der Länder ins Netz gestellt. Frau Schlupp, Sie werden sicherlich als Fachsprecherin diese Bundeskoordinierungsstelle kennen. Wenn Sie dort einmal ins Netz geguckt hätten, hätte sich, denke ich, eine Vielzahl von Ihren Fragen erübrigt. Hinsichtlich des Kriteriums Frauengesundheit beurteilt die Bundeskoordination folgendermaßen: Baden-Württemberg, also von den erstellten Berichten, viele Daten, wenig neue Erkenntnisse, Berlin unvollständig, unübersichtlich, allgemein, teilweise unkommentiert. Die Berliner haben sehr schnell auf diese Einschätzung reagiert. Im Juni letzten Jahres wurde der Senat aufgefordert, den Gesundheitsbericht künftig nicht allein geschlechtsspezifisch, sondern zunehmend geschlechtsvergleichend auszurichten.

(Torsten Koplin, PDS: SPD, PDS!)

Für einen geschlechterdifferenzierten Gesundheitsbericht sprechen auch folgende Auswertungsergebnisse: Hansestadt Hamburg, visionär mit pragmatischen Handlungsanleitungen an die Politik, Brandenburg, differenziert, ausgewogen, engagiert, verständlich. Sehr erwähnenswert ist der Gesundheitsbericht des Landes NordrheinWestfalen, der das Bewusstsein für frauengesundheitliche Forderungen schärft. Der Bericht zeichnet sich im Wesentlichen durch zwei Punkte aus:

Erstens. Ein Extrakapitel beleuchtet psychische und psychosomatische Störungen bei Frauen und Männern. Das Problem wurde hier von Frau Monegel schon angesprochen.

Zweitens. Der Gesundheitsbericht betrachtet die Gleichstellung von Frauen und Männern in Gesundheitsberufen – auch das darf man dabei nicht verkennen –, inklusive Ausbildungssituation sowie Qualifikationsbedarf und Möglichkeiten im Gesundheitssektor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die wichtigste Forderung an einen geschlechtersensiblen Gesundheitsbericht ist, dass daraus brauchbare Ergebnisse und damit auch Handlungsanleitungen an die Politik und andere Verantwortungsträger im Gesundheitswesen abgeleitet werden. Hamburg fordert aufgrund seiner Ergebnisse im Gesundheitsbericht die Einrichtung eines Frauengesundheitszentrums, die Integration des Themas Frauengesundheit in die Berufsausbildung von Fachpersonal, die Ausstattung der Selbsthilfeeinrichtung mit IT-Technik sowie die Verbesserung der Mammographieangebote.

Auch Nordrhein-Westfalen versteht seinen Gesundheitsbericht als Impulsgeber. Als ein Ergebnis des Berichtes wurde 2000 eine Enquetekommission zur „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsvorsorge in NordrheinWestfalen“ eingerichtet. Die Kommission hatte den Auftrag, Handlungsempfehlungen für Politik und Gesundheitswesen zu erarbeiten. Die Arbeitsfelder waren breit gefächert, unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Frau Monegel hat darauf hingewiesen, dass wesentlich mehr Frauen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben als Männer. Die Ursache liegt darin, dass die Symptome sich bei Frauen anders äußern als bei Männern und dadurch gerade Herzinfarkte bei Frauen später erkannt werden als bei Männern.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Weitere Arbeitsfelder sind HIV, Gewalt, Brustkrebs und Müttergesundheit. Im Sommer 2004 wurde die Arbeit

erfolgreich beendet. Eine Forderung der Kommission wurde sofort umgesetzt – und das ist meines Erachtens auch ein wesentliches Thema –, und zwar werden bei der Neuzulassung von Arzneimitteln auch Frauen als Probandinnen zukünftig angemessen berücksichtigt. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass gerade Tests von Arzneimitteln an männlichen Probanden erfolgen. Die Reaktion von Frauen und Männern im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten ist aber nun mal sehr unterschiedlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, versuchen wir, einige Beispiele auf unser Bundesland entsprechend unserer Spezifik mit zu übertragen. Wir brauchen die geschlechtsspezifischen Analysen und die Erfahrungen der angesprochenen Bundesländer, um für unser Land konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Es geht nicht darum, einen speziellen Frauengesundheitsbericht auszuarbeiten, sondern wir brauchen einen gegenderten Gesundheitsbericht für beide Geschlechter. Unsere Grundlagen sind gut. Wir haben teilweise geschlechterdifferenzierte Statistiken und verfügen über ein gleichstellungspolitisches Know-how. Darüber hinaus müssen wir auf die Ergebnisse der bundesweiten und auch der hiesigen Frauengesundheitsforschung zurückgreifen. Wir sollten zusätzlich überlegen, ob eine breite Beteiligung von Versorgungsträgern sowie Expertinnen und Experten dem Bericht zusätzliche Impulse verleihen können.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf ein weiteres nicht zu unterschätzendes Kriterium für die Notwendigkeit eines aktuellen geschlechtsspezifischen Gesundheitsberichtes kommen.

(Rainer Prachtl, CDU: Haarausfall bei Männern sollte auch angesprochen werden. – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Es ist unser Bestreben, Gesundheitsland Nummer eins zu werden. Das ist für unser Land eine ganz große Chance. Aber um diesen Platz mit ruhigem Gewissen einnehmen zu können, dürfen wir uns keine Schwachstellen erlauben. Also packen auch wir das Thema Gesundheit geschlechtersensibel an und setzen wir auch in diesem Bereich den Gender-Mainstreaming-Ansatz fort! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Seemann.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1631. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1631 mit den Stimmen der SPD, der PDS und des fraktionslosen Abgeordneten gegen die Stimmen der CDU-Fraktion angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Studiengang Zahnmedizin an der Universität Rostock, auf Drucksache 4/1629.

Antrag der Fraktion der CDU: Studiengang Zahnmedizin an der Universität Rostock – Drucksache 4/1629 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Thomas von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gar nicht so einfach, nach dem letzten Vortrag wieder zur Zahnmedizin umzuschalten.

(Heiterkeit bei Angelika Peters, SPD: Da seid Ihr ja auch sehr empfindlich, Ihr Männer! – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU)

Ja, wahrscheinlich deswegen. Man muss auch einmal den Frauen Recht geben.

(Heinz Müller, SPD: Mal ja.)

Mal nicht, sondern fast immer.

(Heinz Müller, SPD: So ist es besser.)

Ich darf mit einem Zitat beginnen: „Die Landesregierung steht zu der abgeschlossenen Vereinbarung über die Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin an der Universität Rostock und zu ihren Konsequenzen.“ Schwerin, 22.10.2003 – unterschrieben von Professor D r. Dr. Hans-Robert Methling, Minister für Bildung, Wissenschaft …

(Heiterkeit bei Andreas Bluhm, PDS – Heinz Müller, SPD, und Ilka Lochner-Borst, CDU: Metelmann!)

Metelmann, Entschuldigung.

… und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ich zitiere erneut: „Als weitere Maßnahme schlägt die Kommission die Schließung der Zahnmedizin in Rostock als Universitätseinrichtung vor.“ Schwerin, 16.02.2005 – unterschrieben von dem gleichen Minister für Kultur.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Wahl- versprechen sind schnell gegeben!)

Er ist auch der Minister für Kultur. Und zur Kultur gehört meines Erachtens in einer Gesellschaft auch, dass man sich auf gegebene Worte verlassen kann.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Beide vorangegangenen Zitate zeigen, sehr geehrter Herr Minister, wie in diesem Land Hochschulpolitik gemacht wird. Manchmal hat man den Eindruck, vor, zurück, zur Seite. Früher sagte man, heute hü und morgen hott!

Wir, und damit meine ich nicht nur unsere Fraktion, sondern auch die, die sich damals alle für die Zahnmedizin engagiert haben, empfinden mehr Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger und für diese Entscheidung, für die wir gemeinsam gekämpft und argumentiert und mit der wir uns letztlich hier im Landtag durchgesetzt haben. Ich darf in diesem Zusammenhang auch an unsere ehemalige Kollegin Steffie Schnoor erinnern, die sich dort auch mit vielen anderen engagiert und eingebracht hat. Wir als CDU-Fraktion stehen natürlich nach wie vor zu der Entscheidung, die der Landtag 2001 getroffen hat. Viele derer, die damals die Hand für die Zahnmedizin gehoben haben, glaube ich, sitzen noch hier im Landtag.

Die Entscheidung zur Zahnmedizin, sehr geehrter Herr Minister, fiel in eine Zeit, in der Sie als Rektor der Greifswalder Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Recht, denke ich, für ein modernes Hochschulgesetz und für mehr Hochschulautonomie gekämpft haben. Mit Ihrer Unterschrift vom 16. Februar geben Sie aber diesen Kampf offenbar selbst auf.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Wie schon im Jahr 2001 geht es uns nicht in erster Linie um die Zahnmedizin. Als Rostocker sage ich, dass es uns natürlich um die Zahnmedizin geht, aber insgesamt haben wir ja einen vernünftigen Kompromiss gefunden. Sie verkörperte damals für uns mehr, denn das war damals wie heute für uns eine Grundsatzentscheidung. Ihre Entscheidung zur Zahnmedizin fällt heute in eine Zeit, in der die Landesregierung leider die hochschulpolitischen Uhren in diesem Lande wieder anders stellt, und zwar nicht zugunsten der Hochschulen, in einer Zeit, in der die Landesregierung erwägt, die Hochschulautonomie mittels eines Strukturgesetzes am Landeshochschulgesetz vorbei einzuschränken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich denke, das sollten wir uns nicht antun. Sie fällt in eine Zeit, in der Bildung und Wissen die Geschicke von Gesellschaften und Staaten ganz entscheidend heute und morgen mitbestimmen. Und in dieser Zeit Stellen zu streichen, vor allen Dingen bei dem wissenschaftlichen Personal und bei den Wissenschaftseinrichtungen, das provoziert natürlich auch zukünftig die Schließung von Studiengängen. Ich glaube, das ist nicht das richtige Signal für die Zukunft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es ist auch nicht das richtige Signal für die, die hier im Land, an den Universitäten und Hochschulen ihre Zukunft suchen. Eines kann ich mir nicht verkneifen, Herr Minister: Und das alles im Einstein-Jahr! Das passt nun überhaupt nicht zusammen! Wir, die wir uns dafür engagiert haben, und der Landtag haben uns die Entscheidung zur Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin damals, wie schon erwähnt, eben nicht leicht gemacht. Schauen Sie sich die Protokolle an!