Protocol of the Session on January 26, 2005

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Herr Holter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nachdem Herr Sellering hier den Stand der Deregulierungsvorhaben der Landesregierung dargestellt hat, möchte ich noch gern eins drauflegen. Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf soll Landesrecht an die Regelungen des Baugesetzbuches des Bundes angepasst und damit den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Landes entsprochen werden. Kern dieses Gesetzgebungsverfahrens ist die Übertragung weiterer Aufgaben auf die Landkreise und damit die Stärkung ihrer Kompetenz. Die Landesregierung vollzieht damit einen weiteren Schritt der umfassenden Funktionalreform. Damit wird auch dem Bestreben der Landkreise zur Erweiterung ihrer Zuständigkeit entsprochen.

Gegenwärtig liegt die Genehmigung von Bebauungsplänen amtsfreier Gemeinden, die nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden sind, und ebenso der Bebauungspläne aller kreisangehörigen Gemeinden mit Festsetzungen von Sondergebieten noch in der Hand des Bauministeriums. Künftig sind allein die Kreise zuständig. Die Landkreise haben seit der Übertragung der ersten Aufgaben im Jahre 1993 Erfahrungen gesammelt, insofern ist eine Erweiterung ihrer Zuständigkeit zu rechtfertigen.

Stellt sich die Frage nach den Kosten. Zunächst entstehen den Landkreisen geringfügige Mehraufwendun

gen. Dies wird jedoch dadurch kompensiert, dass die Zahl genehmigungspflichtiger Satzungen zurückgehen wird, und zwar deshalb, weil die Zahl der rechtswirksamen Flächennutzungspläne zurückgehen wird, denn die daraus entwickelten Bebbauungspläne sind genehmigungsfrei. Weiterhin werden die Landkreise entlastet, weil die Anzeigepflicht für Bebauungspläne und die Zustimmungspflicht zur Verlängerung der Geltungsdauer von Veränderungssperren sowie Aufgabenreduzierungen künftig entfallen. Insgesamt wird die Aufgabenübertragung deshalb nicht zur Kostensteigerung bei den Landkreisen führen.

Meine Damen und Herren, für das landwirtschaftlich geprägte Mecklenburg-Vorpommern ist von Bedeutung, dass die Umnutzung ehemaliger land- und forstwirtschaftlicher Gebäude auch weiterhin unkompliziert ist. Die wegen des Strukturwandels der Agrarwirtschaft leerstehenden Gebäude sind trotz guter Bausubstanz und tragfähiger Nutzungskonzepte vielerorts dem Verfall preisgegeben. Der Bundesgesetzgeber hat dieses Problem aufgegriffen und den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, die Frist für die erleichterte Umnutzung bis zum Jahre 2008 zu verlängern. Nutzungsänderungen können demnach auch dann erfolgen, wenn die Aufgabe der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung länger als sieben Jahre zurückliegt.

Eine weitere Änderung, meine Damen und Herren, betrifft genehmigungsfreie Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Um zu verhindern, dass der Wille der Gemeinden missachtet wird, ist eine Regelung zur Sicherung der Planung geschaffen worden. Der Bundesgesetzgeber hat die Möglichkeit zur vorläufigen Untersagung von Vorhaben eingeräumt, die nicht den Bebauungsplänen entsprechen. Bisher nicht geregelt waren die Fristen für das Handeln der Behörden in diesen Fällen. Nun wird die Zeitspanne, innerhalb derer die Gemeinde den Antrag bei der Baugenehmigungsbehörde stellen muss, und die Frist, innerhalb derer diese die vorläufige Untersagung auszusprechen hat, mit jeweils einem Monat festgelegt. Damit werden in Mecklenburg-Vorpommern kürzestmögliche Fristen eingeführt.

Insgesamt gilt der vorliegende Entwurf der Änderung des Baugesetzbuchausführungsgesetzes zur Straffung der Verwaltungsverfahren und zur Stärkung der Kompetenz der Landkreise. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Peter Ritter, PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/1481 zur federführenden Beratung an den Bauausschuss und zur Mitberatung an den Innen-, den Finanz- und den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dem Überweisungsvorschlag einstimmig gefolgt.

Meine Damen und Herren, vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des

Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk, auf Drucksache 4/1500.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) (Erste Lesung) – Drucksache 4/1500 –

Das Wort zur Einbringung...

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seitens der Fraktion der SPD ist eine Unterbrechung der Sitzung für fünf Minuten beantragt worden. Wir setzen die Sitzung um 11.25 Uhr fort.

Unterbrechung: 11.20 Uhr

Wiederbeginn: 11.28 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Das Wort zur Einbringung des Tagesordnungspunktes 7 – Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk, auf Drucksache 4/1500 – hat der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Ringstorff.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Bereits im letzten Jahr hat das Land Niedersachsen im Alleingang und ohne Vorabsprache angekündigt, den bestehenden NDR-Staatsvertrag vom Jahr 1992 kündigen zu wollen. Damit knüpft Wulff an die Tradition seines Vorgängers Albrecht an. Der NDR-Staatsvertrag wurde 1978 vom damaligen CDU-Ministerpräsidenten Albrecht schon einmal gekündigt, damals mit der Begründung, der NDR sei zu politisch eingestellt. Nun scheint es dem politischen Enkel von Herrn Albrecht, dem Herrn Wulff, mit der Staatsferne zu weit zu gehen. Übrigens, in Zeiten, als es vier SPD-regierte Länder im Norden gab, hat es keine Versuche gegeben, Personalentscheidungen zu beeinflussen.

Meine Damen und Herren, alle beteiligten Länder sind sich einig darüber, dass bezüglich des NDR-Staatsvertrages Änderungsbedarf besteht, denn immerhin ist dieser Vertrag seit dem Beitritt Mecklenburg-Vorpommerns im Jahr 1992 nicht novelliert worden. Änderungsnotwendigkeiten ergeben sich allein daraus, dass zwischenzeitlich verschiedene andere rundfunkrechtliche Staatsverträge in Kraft getreten sind, die Auswirkungen auf den NDRStaatsvertrag haben. Dabei geht es jedoch mehr um einen juristischen Schönheitspreis, denn welche Regelungen gelten, das ist für Juristen eigentlich offenkundig.

Doch darüber hinaus wird zwischen den Ländern über weitere Änderungen verhandelt. So möchte Niedersachsen den NDR-Staatsvertrag nicht nur an die Rundfunkstaatsverträge anpassen, sondern unter anderem auch stärkeren Regionalbezug, bessere Satellitenverbreitung des Niedersächsischen Landesprogramms und auch inhaltliche Änderungen bei der Gremienzusammensetzung durchsetzen. So soll der Verwaltungsrat zur Hälfte ohne Wahl politisch besetzt werden. Damit möchte Herr Wulff den Zugriff auf die Personalentscheidungen des Senders

haben und Einfluss auf die Programme gewinnen. Das ist auch die eigentliche Zielvorstellung hinter dem Bestreben, die Zahl der Rundfunkratsmitglieder zu verringern und gewählte Mitglieder auch abberufen zu können. Das hat für mich doch starke Anklänge an einen Staatsfunk, und den kennen ja viele, denke ich, noch aus DDR-Zeiten. Wir wollen die Unabhängigkeit des NDR auch für die Zukunft sichern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Gemäß gültigem Staatsvertrag ist der Vertrag bis zum 25. Februar 2005 mit Wirkung zum 28. Februar 2007 kündbar, danach ist dies erst wieder bis Februar 2010 mit Wirkung zum Jahre 2012 möglich. Die Landesregierungen haben sich kurz vor Weihnachten auf ein Vorgehen geeinigt, um dem dadurch entstehenden Zeitdruck und Zugzwang zu entkommen. Wir waren uns schnell einig, dass die angesprochenen Punkte Zeit brauchen, um sachgerecht geregelt werden zu können. Bis Ende Februar ist das nicht möglich. Daher haben sich die Regierungen der Vertragsländer darauf verständigt, dass der NDR-Staatsvertrag zuerst allein dahin gehend geändert werden soll, dass die förmliche Vertragsdauer auf den 31. Juli 2007 verlängert wird. Unter Wahrung der zweijährigen Frist ist dann eine Kündigung zum 31. Juli 2005 möglich. Damit ist ein angemessener Zeitrahmen geschaffen, um die gewünschten Novellierungen auszuhandeln und Gesetzestexte zu fassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie daher, dem vom Kabinett am 11. Januar dieses Jahres beschlossenen Gesetzentwurf, der die beschriebene formale Änderung des NDR-Staatsvertrages zum Inhalt hat, zuzustimmen. Damit kann dann auch die Ratifizierungsfrist bis zum 25. Februar dieses Jahres eingehalten werden. Mit dem Gesetz befindet sich unser Land in Übereinstimmung mit den anderen drei Vertragsländern und deren Parlamenten und Regierungen. Ich hoffe, dass die zur Verfügung stehende Frist genutzt wird, um zu vernünftigen Regelungen zu kommen. Ich hoffe auch, dass es gelingt, den politischen Zugriff auf den NDR zu verhindern, denn der NDR soll kein Staatssender eines Bundeslandes werden. Das ist meine Meinung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ursprünglich war keine Aussprache hierzu vorgesehen, weil wir meinten, dass mit der Zustimmung aller Fraktionen zur Verlängerung der Kündigungsfrist der Sache Genüge getan ist.

Herr Ministerpräsident, es ist genau das eingetreten, was wir vermutet haben. Ich will unsere Position zuerst benennen, was den NDR-Staatsvertrag betrifft. Ich wiederhole das, was ich schon zur Ersten Lesung des Rund

funkstaatsvertrages gesagt habe. Wir als CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern sind gegen die Novellierung der Strukturen, was die Gremien Landesrundfunkrat, Gesamtrundfunkrat und Verwaltungsrat betrifft. Wir sind schlichtweg dagegen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Wir wissen, dass wir 1991 deutlich besser in der Relation Gebührenzahler in der Bevölkerung bei der Besetzung der Gremien weggekommen sind als die Prozente unserer Sitze, denn wir haben heute 13 von 58,

(Rainer Prachtl, CDU: Stimmt.)

über 20 Prozent Gebührenzahler.

Zweitens, Herr Ministerpräsident, sind wir gegen ein Modell des Verwaltungsrates, wie es der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Volker Beck bei der Fusion...

(Reinhard Dankert, SPD: Kurt Beck!)

Kurt Beck, Entschuldigung. Volker Beck ist der Kollege aus dem Bundestag von den Grünen. Danke, Herr Dankert.

... eingeführt hat, dass im Verwaltungsrat des Südwestfunks die Hälfte der Verwaltungsratsmitglieder von der Landesregierung Baden-Württemberg und RheinlandPfalz benannt werden. Ich halte das für keine gute Lösung und das sollte man auch nicht anstreben. Wer aber so tut, dass in den Strukturen des Norddeutschen Rundfunks Politik keine Rolle spielt, Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, auf welchem Stern Sie leben.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

Wir haben Verbände, Gewerkschaften, Kirchen und so weiter und da gibt es viele, die ein Parteibuch haben. Und alle, denke ich, haben eine politische Grundeinstellung aufgrund ihrer Lebensbiographie und aufgrund ihres Berufes und so weiter und so fort. Man hat Einstellungen und man hat Haltungen. Was im NDR immer gegeben war, ist, dass die Balance relativ gut gehalten worden ist über die Jahre. Das ist gegeben gewesen.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, und Rainer Prachtl, CDU)

Und, Herr Ministerpräsident, wer sich ein bisschen im Norddeutschen Rundfunk auskennt, der weiß, da gibt es Vorgespräche. Da treffen sich die Schwarzen, die Bürgerlichen, das sind etwa 40 Prozent der Rundfunkratsmitglieder, da treffen sich die, Kollege Friese, die eher das rote oder das grüne Parteibuch in der Tasche haben. Und dann gibt es eine Gruppe, die dazwischen ist, Bunt oder Grau, wie immer man das auch nennen will.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Und wer dieses negiert, das muss ich Ihnen sagen, der streut den Menschen Sand in die Augen. Aber das hat nichts damit zu tun, dass man hier – und das suggerieren Sie jetzt, das ist ein ganz schlimmer Vorwurf gegenüber einer frei gewählten Landesregierung von Niedersachsen – dem NDR den politischen Zugriff der niedersächsischen Landesregierung hier das Schutzschild heben will oder es darf kein Staatssender werden. Herr Ministerpräsident, denken Sie bitte daran, Sie müssen sich gelegentlich auch wieder mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten an einen Tisch setzen! Das müssen Sie gelegentlich tun!

(Beifall Rainer Prachtl, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)