Protocol of the Session on December 11, 2002

Im Übrigen rühren unsere Mehrausgaben genau von dieser politischen Entscheidung dieser Landesregierung her.

(Beifall Hannelore Monegel, SPD, und Karsten Neumann, PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wir werden das Ganztagsschulsystem ausbauen. Hier kommt uns dankenswerterweise die Bundesregierung mit ihrem Bundesinvestitionsprogramm zu nutze. Doch was nützt uns eine von außen vergoldete Schule als Ganztagsschule, wenn drinnen vielleicht Mangel herrscht?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und was sagen Sie zum Unterrichtsausfall?)

Insofern dürfen wir bei diesem Ansatz natürlich die Kommunen nicht alleine lassen,

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

wenn es um die qualitative Ausgestaltung von Ganztagsschulangeboten geht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Bitte! Fangen Sie an! Machen Sie!)

Sie hatten lange Zeit die Chance, Herr Dr. Jäger, Ganztagsschulangebote zu fördern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Hier geht es um die Unterstützung der Kommunen.)

Die 70, die wir jetzt haben, sind eindeutig auf dem Mist dieser Landesregierung gewachsen.

(Beifall Gabriele Schulz, PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Mir geht es um die Unterstützung der Kommunen. – Dr. Ulrich Born, CDU: Der Unterrichtsausfall auch.)

Zu Investitionen in Köpfe und Schule gehört aber auch ein neues, ein besseres Lehrerbildungskonzept. Es muss den veränderten bildungspolitischen Anforderungen, wie diese Regierungskoalition sie im Hochschulgesetz, im Schulgesetz und zukünftig im Kindertagesstättengesetz formulieren wird, entsprechen. Wichtige Elemente bei der Lehrerbildung sind dabei für uns ein möglichst früher Praxisbezug der Studentinnen und Studenten, eine verbesserte unter anderem pädagogisch-didaktische Ausbildung schon im Grundstudium, eine Pflichtfortbildung sowie die Schaffung von Anreizen, Zusatzqualifikationen für Mangelfächer, die wir in Mecklenburg-Vorpommern haben, zu erwerben.

Und wir wollen in Schule, dass Benachteiligte genauso wie Hochbegabte stärker gefördert werden. Ich persön

lich bin sehr froh, dass wir doch darüber nachdenken, unsere Sportgymnasien zu Sporteliteschulen des Landes auszubauen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Okay.)

Investitionen in die Köpfe heißt auch, in den Hochschulen und Universitäten mehr Eigenverantwortung wahrzunehmen, die wir ihnen gewährt haben. Das heißt, Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass sie dazu führen, dass unsere Hochschulen und unsere Universitäten ihren Spitzenplatz und die Studierenden, die abgeschlossen haben, ebenfalls ihre Spitzenleistungen in Deutschland behalten können. Dazu müssen wir Studienbedingungen verbessern, werden wir keine Studiengebühren zulassen und wir werden die Proteste der Studentinnen und Studenten ernst nehmen.

Investitionen in die Köpfe heißt auch – und verzeihen Sie, Herr Ministerpräsident, wenn ich das ein bisschen anders sehe –, Kultur und Kunst eben nicht nur als weichen, sondern als harten Standortfaktor in MecklenburgVorpommern zu nutzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig, sehr richtig. Dann macht mal schön! – Dr. Armin Jäger, CDU: Mutig.)

Viertens. Für die PDS heißt eine eigene Handschrift in Politik in Mecklenburg-Vorpommern soziale Standards sichern und soziale Gerechtigkeit ausbauen.

(Unruhe bei Siegfried Friese, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Herr Friese, nun meckern Sie mal nicht so!)

Herr Friese, wenn Sie damit nichts anfangen können, ich könnte Ihnen das gerne definieren,

(Siegfried Friese, SPD: Das will ich gerne mal hören.)

aber meine Zeit ist etwas kurz.

Die PDS setzt sich dafür ein, soziale Standards zu sichern und soziale Gerechtigkeit weiter auszubauen. Das heißt für uns, weiter ganz intensiv um Mehrheiten zu ringen, damit es doch ein Landesgleichstellungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern gibt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das heißt für uns, die Angleichung der Löhne und Gehälter, dass wir sie tatsächlich bewusst befördern und dem Stufenplan bis 2007 zustimmen. Das heißt für uns auch, keine Öffnungsklausel im Beamten- und Tarifrecht für die Länder zuzulassen. Das heißt auch, die Ost-WestAngleichung der Renten für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu befördern.

Wir werden das Landespflegegesetz novellieren und es im Sinne der Betroffenen ausgestalten. Bedarfsgerechte Beratungsangebote werden weiter vorgehalten und natürlich auch die Möglichkeiten des betreuten Wohnens erweitert. Dass Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken sind und die Förderung ihrer Strukturen, in denen für sie, mit ihnen, wo sie aber auch selber arbeiten können, dass diese stabilisiert werden muss, das haben heute zum Glück alle erklärt.

Und PDS-Profil heißt landwirtschaftliche Profile stärken. Deshalb muss das Innovationsprogramm nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien fortgeführt

und ausgebaut werden. Die Ökologisierung der Landwirtschaft – hier sind wir ja schon Spitze – sollte weiter gestaltet werden. Es sollte der Tierschutz als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden.

Nachhaltigkeit in der Umweltpolitik, Verwaltungs- und Funktionalreform transparent gestalten, Demokratie und Toleranz leben und gestalten, das wären Punkte, die es auszuführen gilt, wenn die rote Lampe nicht leuchten würde. Deshalb unterbreitet die PDS zum Schluss ein Angebot an alle: Wir wollen Zusammenarbeit. Dieses Angebot geht an Gewerkschaften genauso wie an Unternehmen, an Vereine, an Verbände, auch an die Kirchen, an Angestellte und Arbeiter genauso wie an Beamtinnen und Beamte des öffentlichen Dienstes. Dieses Angebot geht auch an die Opposition. Wir sind dialogbereit im Interesse der besten Ideen und Alternativen für die Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Gramkow.

Ich schließe die Aussprache.

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der PDS und SPD haben beantragt, die Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD „Industriefischerei“ auf Drucksache 4/46 von der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung zu nehmen. Hierüber lasse ich gemäß Paragraph 74 Ziffer 4 unserer Geschäftsordnung abstimmen.

Wer dem zuzustimmen wünscht, die Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/46 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist die Beratung des Tagesordnungspunktes 9 zum Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/46 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU von der heutigen Sitzung abgesetzt.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 2: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien, Drucksache 4/45.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) (Erste Lesung) – Drucksache 4/45 –

Das Wort zur Einbringung hat der Ministerpräsident.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeiten ändern sich – mit diesem Slogan wirbt zurzeit eine große Automobilfirma. Ich greife diesen Slogan auf und beziehe ihn auf unsere alltägliche Lebenswirklichkeit. Sie ist mehr denn je und immer mehr eine mediale Wirklichkeit, eben eine vermittelte. Und das fordert, das überfordert manchmal nicht nur uns Erwachsene. Wie viel mehr, so müssen wir uns fragen, dann unsere Kinder und Jugendlichen? Gewiss, unsere Kinder und sogar unsere Enkel sind ihren Eltern und Großeltern im routinierten Umgang mit der modernen Medientechnik meist überlegen. Doch ist es

auch so, wenn wir die Menge und die Art der Informationen betrachten, die auf uns einstürzen? Hier haben wir Erwachsenen mit Sicherheit eine verantwortungsvolle Aufgabe gegenüber den nachwachsenden Generationen.

Die Menge der auf uns einstürzenden Bilder, Töne und Informationen ist das eine. Das andere sind problematische Inhalte, vor allem Gewaltdarstellungen jeglicher Art. Welche Gefahren, ja Katastrophen und welches menschliche Elend uns drohen können, wenn sich Kinder und Jugendliche vor dem Fernseher, vor dem Computerbildschirm, womöglich noch vor gewaltverherrlichenden Spielen, Videos und Filmen mehr oder weniger freiwillig abkapseln und vereinsamen, wissen wir spätestens seit dem Amoklauf von Erfurt. Mit Entsetzen erinnern wir uns auch an die Amokläufe der vergangenen Jahre in anderen Ländern, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten. Unter dem Eindruck solcher Tragödien verhandeln Bund und Länder schon seit längerer Zeit über einen einheitlichen Jugendschutz in den Medien. Nun soll der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zusammen mit einem Jugendschutzgesetz des Bundes am 1. April des nächsten Jahres in Kraft treten, das vor kurzem den Bundestag und den Bundesrat passiert hat.

Meine Damen und Herren! Der Entwurf unseres gemeinsamen Gesetzes steht heute im Landtag zur Überweisung an. Ich bitte Sie um zügige Beratung unseres Entwurfes. Ich möchte Ihnen die wesentlichen Aspekte des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages der Länder kurz erläutern. Beide, dieser neue Staatsvertrag und das Jugendschutzgesetz des Bundes, legen einen einheitlichen Schutzstandard fest. Vor allem sollen die einzelnen Zuständigkeiten klar definiert und eindeutig zugewiesen werden.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbleibt es bei der gegenwärtigen Regelung, wonach die Rundfunkanstalten und hier insbesondere die Jugendschutzbeauftragten und die Gremien für den Jugendschutz zuständig sind.

Für den Privatrundfunk und die Teledienste, also im Wesentlichen für das Internet, wird ein System eingeführt, wonach nach dem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle lizenzierte Einrichtungen der Veranstalter über die Zulässigkeit von Sendungen und Angeboten entscheiden. Solche Entscheidungen sollen nur dann durch die Landesmedienanstalten beziehungsweise eine neue Kommission für den Jugendschutz überprüft werden können, wenn der Beurteilungsspielraum überschritten wird. Der Bund regelt die so genannten Trägermedien wie Bücher, CDs, CD-ROMs, Videos et cetera. Hier nimmt eine Bundesprüfstelle die Aufgabe wahr, die Vorschriften des Jugendschutzes zu überwachen.

Meine Damen und Herren! Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag möchte den einheitlichen Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor angebotenen elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien sicherstellen, die deren angemessene Entwicklung und Erziehung beeinträchtigen oder gefährden. Dazu unterscheidet der Vertrag unzulässige Angebote und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. Zur Entwicklung und Definition von Kriterien sowie zur Überwachung der so genannten Medien wird die neue Kommission für Jugendmedienschutz – KJM – geschaffen.

Meine Damen und Herren! Die Argumente für einen zeitgemäßen Jugendschutz sind mehr als überzeugend. Sie

sind meines Erachtens zwingend und ich bitte Sie deshalb um zügige Beratung des Entwurfes. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Ministerpräsident.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.