Protocol of the Session on December 11, 2002

Wir sind jetzt im Abstimmungsverfahren.

Wer der Drucksache 4/44 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/44 mehrheitlich angenommen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Steht alles auf dem Zettel drauf. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Herr Kollege Thomas, Fraktion der CDU, hat sich der Abstimmung enthalten. Ich erteile dem Abgeordneten gemäß Paragraph 97 Absatz 1 Geschäftsordnung des Landtages das Wort zur Abgabe einer Erklärung.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Seit über drei Jahren haben wir hier in dieses Parlament richtungsweisende Vorschläge für ein nationales Sicherheitskonzept Ostsee eingebracht. Die vorliegende Entschließung ist aus meiner und aus unserer Sicht ein Minimalkonsens, der vor diesem Hintergrund nicht zustimmungsfähig ist.

(Reinhard Dankert, SPD: Persönliche Erklä- rung! – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Das ist persönlich.

Nach unserem 7-Punkte-Programm,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Wer ist „unsere“? – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

nach der richtungsweisenden Warnemünder Erklärung, nach der Saßnitzer Erklärung zu Offshoreanlagen, nach der Entschließung des Kreistages Rügen war und ist diese Entschließung für mich – und ich meine hier, vor allen Dingen für meine Kollegen auch, Gesine Skrzepski, Martin Brick, Udo Timm, Jörg Vierkant und Wolfgang Riemann – eine Gewissensentscheidung.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Persönliche Erklärung, Herr Thomas!)

Wir können nach „Pallas“, nach „Erika“, nach Møn und nach der „Prestige“ keinem Papier zustimmen, mit dem nicht eine Frage zur zeitnahen Verbesserung der Schiffssicherheit und zur Verhinderung von Ölkatastrophen in der Ostsee beantwortet wird.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Persönliche Erklärung!)

Nach diesen verheerenden Katastrophen sind Absichtserklärungen ein gefährliches Spiel. Wenn du denkst, Sicherheit ist teuer, dann lass es zum Unfall kommen! Die „Prestige“ war nur eines von 60.000 Schiffen, die jährlich die Kadet-Rinne passieren. In zehn Jahren werden es 180.000 sein, darunter Aframax-Tanker mit 130.000 Tonnen Öl.

Wir benötigen zuallererst ein nationales Sicherheitskonzept westliche Ostsee zur Verhinderung von Ölkatastrophen.

(Karsten Neumann, PDS: Das ist ein Beschluss von allen Parlamenten aller Ostseeanrainer. Das ist der Unterschied.)

Die fortbestehenden Sicherheitslücken müssen beseitigt werden.

(Zurufe von einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Lesen Sie sich bitte den Paragraphen 97 durch!

Und dazu benötigen wir erstens ein zukunftsfähiges Notschleppkonzept. Vor Galicien ist es nämlich mit vier Schleppern nicht gelungen – mit einem Pfahlzug von 50 bis 100 Tonnen –, die „Prestige“ in den Wind zu drehen. Die „Prestige“ musste quer zur See geschleppt werden

(Zuruf von Karsten Neumann, PDS)

und das ging voll auf die Stabilität des Schiffes mit nachfolgenden Wirkungen.

Herr Abgeordneter Thomas, ich bitte Sie, sich an die Geschäftsordnung zu halten.

Ich halte mich sehr an die Geschäftsordnung. Ich habe sie durchgelesen.

(Torsten Koplin, PDS: Wir auch. – Rudolf Borchert, SPD: Durchlesen reicht nicht.)

Das ist die persönliche Begründung, weshalb ich mich so in der Abstimmung verhalten habe. Und das gehört dazu. Bei allem Respekt, Frau Kollegin!

Das Bodewig-Konzept setzt wie die Spanier auf mehrere kleine Schlepper und damit...

Herr Abgeordneter Thomas,...

... auf volles Risiko für unsere Küste.

... ich mache Sie nochmals darauf aufmerksam,...

Wir brauchen meiner Meinung nach...

... dass Sie hier nicht zur Sache sprechen können,...

Zur Sache, zu dieser Entschließung, doch!

... sondern lediglich begründen können, weshalb Sie sich der Abstimmung enthalten haben. Und ich bitte Sie, sich an die Geschäftsordnung des Landtages zu halten.

Ich halte mich an die Geschäftsordnung. Das ist die Begründung dafür, dass ich mich so verhalten habe, die ich jetzt hier darstelle.

(Rudolf Borchert, SPD: Das haben wir ja jetzt verstanden.)

Wir brauchen also einen stärkeren Schlepper, das wollen Sie nicht gerne hören, für 130 bis 150 Tonnen,

(Reinhard Dankert, SPD: Das wissen wir alles.)

um einen Havaristen bei Sturm in den Wind zu drehen und abschleppen zu können.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Die „Prestige“ war aus unserer Sicht die letzte Warnung. Wir benötigen eine Küstenwache mit militärischer Führungsstruktur...

Herr Abgeordneter Thomas, ich mache Sie jetzt zum letzten Mal darauf aufmerksam, dass Sie hier keine Positionen der Fraktion darstellen können. Sie sprechen hier immer...

Ja, natürlich.

Nein, Sie haben eben „unser“ gesagt. Also, es ist hier keine persönliche Erklärung.

Das ist meine persönliche Erklärung, dass wir das hier benötigen.

(Torsten Koplin, PDS: Für wen sprechen Sie denn da?)

Und was in Cuxhaven zusammengebraut wird, das ist ein Kommando ohne Kommandogewalt.

(Karsten Neumann, PDS: Hier geht es aber um die Ostseeparlamentarierkonferenz.)

Und das führt in die Katastrophe, meiner Meinung nach. Wir brauchen auch ein Nothafenkonzept mit Festlegung von Reeden. Darüber reden wir schon drei Jahre.

(Karin Schmidt, PDS: Mikro aus!)

Und in der Kadet-Rinne fehlt meines Erachtens immer noch die Weitbereichsradarüberwachung. Wir haben einen niedrigeren Sicherheitsstandard als in der Deutschen Bucht, obwohl wir mittlerweile mehr Schiffsverkehr als in der Deutschen Bucht haben. Und die Risiken von Offshoreanlagen sind meiner Meinung nach in dieser Entschließung völlig ausgeblendet worden. Mit den jetzigen schon bestehenden Risiken und Hunderten von Windrädern werden wir es zur Katastrophe kommen lassen. Die EU-Empfehlung und die schwarze Liste der Tanker ist meiner Meinung nach eine Liste, die nicht wirksam ist. Von den 66 Schiffen sind nur acht Tanker aufgeführt, davon sind zwei schon verschrottet, zwei fahren irgendwo in Übersee und vier sind so klein, dass sie eigentlich gar nicht erwähnenswert sind.