Protocol of the Session on November 17, 2004

Die meisten Menschen, die auf den Demonstrationen gewesen sind, die wissen das mittlerweile auch. Und ich bin den Gewerkschaften sehr, sehr dankbar dafür, dass diese Relativierung mittlerweile in dieser Gesellschaft mit den Gewerkschaften diskutiert wird

(Peter Ritter, PDS: Mit der Gewerk- schaftsspitze. – Torsten Koplin, PDS: Die Gewerkschaftsspitze, nicht die Basis.)

und dass hier ein Stückchen von dem geradegerückt wird, was wir wollen und was wir in dieser Gesellschaft auch durchsetzen werden. Im Übrigen, wer das ALG II, das ist hier angesprochen worden, immer wieder darauf bezieht, dass es hier einzig und allein um 331 Euro geht, der sagt wissentlich die Unwahrheit. Zumindest diejenigen, die sich täglich damit auseinander setzen, wissen das.

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS – Regine Lück, PDS: Das haben wir doch gar nicht gesagt.)

Was wollen wir denn Verkäuferinnen, die bei einem großen Handelsunternehmen oder auch in der Ernährungswirtschaft tätig sind, was wollen wir denen denn erzählen, wenn die neun Stunden oder acht Stunden täglich arbeiten müssen und auch nicht mehr in ihrer Lohntüte haben?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU – Zurufe von der PDS: Mindestlohn! – Angelika Gramkow, PDS: Dass sie Mindestlohn kriegen!)

Das muss man den Menschen hier auch mal sagen.

(Angelika Gramkow, PDS: Schöne Einheitsfront, Herr Backhaus!)

Ich will und möchte auch nicht missverstanden werden.

(Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS: Ach nee?! – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Und da sind wir hoffentlich einer Meinung, auch insbesondere mit unserem Koalitionspartner.

(Zurufe von Peter Ritter, PDS, und Rainer Prachtl, CDU)

Für gute Arbeit soll auch gutes Geld bezahlt werden.

(Torsten Koplin, PDS: Natürlich. – Regine Lück, PDS: Wenn Arbeit da ist. Das ist das Problem.)

Das wollen wir in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Aber auch das sage ich hier ganz klar: In der derzeitigen Situation, in der wir uns befinden, für Mecklenburg-Vorpommern einen Mindestlohn von 1.400 Euro einzufordern, ist fernab jeder Realität.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Die rechte Seite ist aber auch gleich noch dran. Freuen Sie sich nicht zu früh!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Ich will im Zusammenhang mit der Mindestlohndebatte nur eins sagen:

(Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU: Lass aber noch ‘ne Tür offen, mein Lieber!)

Wenn ich zur Kenntnis nehme, dass der Durchschnittsbruttolohn in Mecklenburg-Vorpommern 1.270 Euro beträgt, dann sage ich nochmals, die 1.400 Euro sind fernab jeder Realität.

(Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Das ist nicht mal mehr der demokratische Sozialismus, das ist aus meiner Sicht utopischer Sozialismus, meine Damen und Herren.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Jörg Heydorn, SPD: Ja, genau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kritik kommt selbstverständlich natürlich auch von der konservativen Seite. Hier will man im Zuge der Reformen am besten gleich alle Rechte abschaffen, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich in den letzten Jahrzehnten erarbeitet haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Stimmt doch gar nicht, Till. Das weißt du doch besser. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Herr Riemann, dass Sie dazwischenrufen, das habe ich mir gedacht. Aber vielleicht hören Sie zumindest erst mal ein bisschen zu.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mein Lieblingsminister weiß das noch besser.)

Wenn man sich hingegen – und ich habe das ja im Bundesrat und auch aus den Vermittlungsausschussberatungen immer wieder sehr schön aufgenommen – die eigenen Konzepte der Union anschaut, dann geht es um das Thema Kündigungsschutz, Arbeitnehmerrechte abschaffen. Dies ist für uns, ich sage es ausdrücklich hier an dieser Stelle noch mal, unakzeptabel!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da wird dann nebenbei über die 40-Stunden-Woche fabuliert – im Übrigen, im Osten haben wir sie ja – und auch, in vielen anderen Bereichen die Arbeitnehmerrechte weiter zu beschneiden: Wegfall unter anderem der Nachtarbeitszuschläge oder Feiertagszuschläge, natürlich die Durchlöcherung des Flächentarifvertrages oder letzten Endes auch die Einschränkung der betrieblichen Mitbestimmungsrechte. Dieses werden wir und können wir nicht zulassen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, ich muss leider zum Schluss kommen. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass die etablierten Parteien ihre Konzepte auf den Tisch legen. Die CDU hat das ja gerade mit ihrer Kopfpauschale gemacht.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, das ist ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie ungerecht, wie ungerecht dieses System ist. Und wenn das allgemein von der Gesellschaft abgelehnt wird, müssen Sie sich überlegen, wie Sie das wirklich gegenfinanzieren wollen. Dies ist im Übrigen auch ein Stückchen Beitrag für die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Wir wollen und werden Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickeln, auch im Zuge der Reformen im Zusammenhang mit Hartz.

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber nicht so mutlos wie beim Waldgesetz, Till!)

Und Arbeit zu schaffen im Lande ist und bleibt die Hauptpriorität. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Backhaus.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der CDUFraktion Herr Rehberg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über Wirkungen von Arbeitsmarktreformen auf Mecklenburg-Vorpommern redet, dann

muss man natürlich gerade, wenn ich den Arbeitsmarkt sehe, auch diesen nicht isoliert sehen. Und, Frau Kollegin Gramkow, ein staatlich geförderter Arbeitsmarkt hat noch zu keiner Zeit dazu geführt, dass Probleme auf dem Arbeitsmarkt behoben werden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Denken Sie an die Investitionsprogramme, die die SPDFDP-Regierung in den 70er Jahren geschaffen hat, in welche Verschuldensfalle das 1982/83 hineingegangen ist.

(Torsten Koplin, PDS: Ja, die Verschuldung war viel größer. 1 Million Schulden im Land.)

Staatlich geförderte Beschäftigung hat noch nie zum Ziel geführt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, PDS: Die CDU ist die Schuldenpartei.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, woran Deutschland krankt, Herr Kollege Backhaus, und da muss man auch ein Stück ehrlich sein, ist,

(Torsten Koplin, PDS: Schwarze Koffer!)