Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn erhalten, auf der Drucksache 4/1140, hierzu die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechts- und Europaausschusses auf der Drucksache 4/1323.
Antrag der Fraktion der CDU: Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn erhalten – Drucksache 4/1140 –
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt auf Drucksache 4/1323 die Beschlussempfehlung des Rechtsund Europaausschusses zum Kooperationsbüro Tallinn vor. Erlauben Sie mir, dass ich in aller Kürze die Beratungen im Ausschuss hier erläutern werde. In aller Kürze auch deshalb, weil der Bericht in der Drucksache fünfeinhalb DIN-A4-Seiten umfasst und alles Wichtige schon einmal dargelegt wurde.
Nachdem die beabsichtigte Schließung des Kooperationsbüros im Frühjahr dieses Jahres bekannt geworden ist, hat sich der Rechts- und Europaausschuss unmittelbar nach dem Bekanntwerden dieser Absicht mit Vertretern der Landesregierung an einen Tisch gesetzt, um die Motive und die Hintergründe dieser Schließung zu erfahren. Dies unternahm der Ausschuss, noch bevor von Seiten der CDU-Fraktion der hier zu beratende Antrag eingebracht wurde, da dem gesamten Ausschuss die Entwicklung und – das möchte ich hier nicht verhehlen – der Erhalt dieses Büros am Herzen lag.
Nachdem dann der Landtag den CDU-Antrag am 15. Mai 2004 federführend uns, dem Rechts- und Europaausschuss, und mitberatend an den Wirtschafts- und Bildungsausschuss überwiesen hatte, ist über die Sommer
Wie wir alle wissen, existiert seit letztem Sonntag dieses Aushängeschild Mecklenburg-Vorpommerns, nämlich dieses Büro, im baltischen Raum nicht mehr. Nunmehr sind alle Augen darauf gerichtet, wie eine neue Interessenvertretung in Tallinn und im gesamten baltischen Raum von Seiten der Landesregierung installiert werden kann und muss. Hierzu ist uns im Ausschuss von Seiten der Landesregierung ein umfassender Rahmenvertragsentwurf vorgelegt worden, der darauf abzielt, dass zur Vertiefung und Erweiterung der vielfältigen Beziehungen zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Estland ein Informationsbüro Mecklenburg-Vorpommern in Tallinn eingerichtet wird. Der Vertrag sieht vor, dass die DeutschBaltische Handelskammer in Estland, Lettland und Litauen dieses Büro einrichtet, das dann die Aufgabe hat, zum einen eine allgemeine Interessenvertretung MecklenburgVorpommerns in Estland zu sein, an das man sich in erster Linie wenden kann, auch um Informationswünsche zu stellen, und dessen Aufgabe es ist, bei der Kontaktvermittlung hilfreich zu sein. Dieses Büro soll ferner helfen bei der Förderung von Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich in Estland, Litauen und Lettland engagieren wollen, und es soll für die Durchführung von Projekten in diesen Ländern zur Verfügung stehen. Dies ist im Grunde der wesentliche Inhalt der Neuregelung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den vergangenen 14 Jahren seit Bestehen dieses Parlaments war es im Rechtsausschuss gang und gäbe, dass bei allen europapolitischen Themen im Ausschuss ein einstimmiges Votum, ein Votum aller Fraktionen zustande kam.
Das ist bei dieser Beschlussempfehlung nicht zustande gekommen. Es handelt sich, wenn man so will, um ein Novum, das ich persönlich bedauere. Aber die Ursache liegt nicht bei einer Fraktion oder beim Landtag selbst. Wir haben festgestellt in der Ausschusssitzung, dass wir hier doch relativ weit auseinander sind, was zu akzeptieren ist. Ich hoffe, dass dieses Novum ein Einzelfall bleibt und wir den bisherigen Konsens wiederfinden werden. Ich möchte trotzdem allen Ausschussmitgliedern für die konstruktive Beratungsatmosphäre danken, was in diesem Ausschuss Normalität ist.
So viel zu der Einlassung meines Vorredners vorhin, in den Ausschüssen gehe es drunter und drüber. Aber was mir gefallen hat, auch wenn wir in der Sache unterschiedliche Auffassungen haben, ist, dass wir gerade, was das Thema Tallinn betraf, miteinander mit hoher Sachlichkeit und mit hoher Fairness diskutiert haben, und das ist im politischen Alltag nicht immer Normalität. – Ich bedanke mich.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre
Als Erster hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ankermann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nutzen wir doch jetzt die Zeit, die paar Minuten, die wir für diesen Tagesordnungspunkt haben, um ein bisschen über Wirtschaftspolitik und Wirtschaft im Lande Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen.
1991, auch im September, hat dieses Hohe Haus den weisen Beschluss gefasst, dieses Kooperationsbüro, von dessen Schließung wir gerade jetzt eben noch mal gehört haben, in Tallinn zu eröffnen. Es sollten damit kulturelle, politische und wirtschaftliche Kontakte ins Leben gerufen werden, denn es war den hier anwesenden Abgeordneten ein Anliegen, in Mecklenburg-Vorpommern – Frau Dr. Bunge ist jetzt leider nicht mehr hier, jedenfalls sehe ich sie nicht, aber heute Morgen in der Aktuellen Stunde hat sie gesagt: mit der geringen Wirtschaftskraft unseres Landes –, in diesem Land wirtschaftliche Interessen zu wahren und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit für die Zukunft auch zu sichern. Das war der Auftrag für dieses Büro.
Ich kann nicht erkennen, dass sich bis zum heutigen Tage diese Interessenlage wesentlich geändert oder sogar gebessert hätte. Mir fehlt dazu offensichtlich die rosarote Brille, durch die der eine oder andere, der hier zu den Akteuren in diesem Verfahren gehört hat, täglich blickt. Offenbar ist es aber so, dass gerade auch seitens der Staatskanzlei – und hier muss ich einmal deutlich werden – im Ausschuss und vielleicht im Parlament, das weiß ich noch nicht, etwas anderes verkündet wird, als im Internet zu lesen ist. Ich nehme Bezug auf das EU-Portal für Mecklenburg-Vorpommern, in dem es unter „EU-Osterweiterung – neue Möglichkeiten und neue Chancen“ wie folgt heißt: „Mit der Erweiterung der Europäischen Union durch zehn Beitrittsländer aus Süd- und Osteuropa ergeben sich neue Herausforderungen und Geschäftsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen. Vorteile liegen insbesondere in der verstärkten Nachfrage aus den Beitrittsländern, in der grenzüberschreitenden Arbeitsteilung sowie in der verbesserten Wettbewerbsfähigkeit durch Kooperation.“
Zwischenzeitlich, der Kollege Krumbholz hat es eben ausgeführt, ist das Büro geschlossen, der Mietvertrag gekündigt, die Einrichtung verscherbelt und die Mitarbeiter sind fort. Nicht dass hier ein Missverständnis entsteht, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Büro wurde nicht geschlossen, weil die Mitarbeiter weg sind, umgekehrt ist der Fall richtig. Die Mitarbeiter sind gegangen, weil sie erkannt haben, dass dieses Büro unwiderruflich geschlossen wird. Man darf hier Ursache und Wirkung sicher nicht verwechseln. Was ist mit den Mitarbeitern geschehen? Wie man hört, sind sie von den Schweden mit offenen Armen empfangen worden und arbeiten dort jetzt weiter, eben so, wie sie vorher für Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet haben.
Es hat sich im Grunde genau das bewahrheitet, was ich hier schon im Mai gesagt habe, dass, wenn wir den Fuß aus der Tür ziehen, andere sofort bereit sind, den Fuß dort hinzustellen, wo wir bisher gearbeitet haben.
Übersehen wir eins dabei nicht: In allen drei baltischen Republiken lag im Jahr 2003 das Wirtschaftswachstum zwischen 4,4 und 6,6 Prozent – vergleichbare Zahl der Bundesrepublik: 0,0 Prozent Wirtschaftswachstum 2003 – u nd in diesem laufenden Jahr ist das Wirtschaftswachstum mit 5,2 bis 5,7 prognostiziert. Die Schweden haben in 2003 im Bereich der Direktinvestitionen immer in allen drei Republiken einen der ersten drei Plätze eingenommen, Deutschland nur in einer dieser Republiken. Hier sehe ich das hohe Engagement eines Staates in einer Region, die man auch zukünftig auf Jahre hinaus getrost als Boomregion bezeichnen darf. Anders als unsere Landesregierung, die in ihrem wirtschaftlichen Engagement immer wieder auf halber Strecke stecken bleibt oder die der Mut verlässt auf halber Strecke, engagieren sich andere Länder. Ich will hier nicht auf die bekannten Beispiele, die Sie auch nicht mehr hören wollen, zurückgreifen. Die kennen Sie alle, Sie wissen sofort, woran ich denke. Ich will jetzt mal an die neueren Beispiele denken, an die Nord/LB und an die Werften. Ich gehe davon aus, wir werden es morgen sehen, dass auch hier die Werften kein rosiges Lächeln mehr auf den Lippen haben werden, wenn sie an die nächsten Jahre denken.
Ist das die Art und Weise, Herr Ministerpräsident, wie Sie zukünftig die Chancen für die Wirtschaft begleiten und wie Sie diese steigern wollen? Mit 3 statt 80 Wochenarbeitsstunden? Mit Mitarbeitern, die 37 von 40 Wochenarbeitsstunden etwas anderes tun, als für MecklenburgVorpommern zu arbeiten? Mit einer Anschrift unter einem fremden Dach und keiner eigenen Adresse mehr? Wo will man denn hier noch einen Blumentopf gewinnen für Mecklenburg-Vorpommern und für die Wirtschaft in unserem Lande?
Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Ihnen die Historie hinreichend bekannt. Ich will es noch einmal ganz deutlich sagen:
Erstens hat die Landesregierung uns als Parlament nicht darüber informiert, dass sie dieses Büro schließen will.
Zweitens hat dieses Hohe Haus, Herr Krumbholz hat es eben erwähnt, im Mai dieses Jahres beschlossen, die Angelegenheit weiter eingehend zu beraten, und hat deswegen die Sache in die Ausschüsse verwiesen. Das bedeutet doch wohl, dass mit der Mehrheit dieses Parlaments beschlossen worden ist, diese Angelegenheit zunächst einmal aufzuhalten, um sie aufzuarbeiten und dann einer Entscheidung des Parlaments zuzuführen.
die Möbel verscherbelt beziehungsweise hier vollendete Tatsachen mit der Schließung des Büros geschaffen worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nenne dies einen ungeheuerlichen und einen skandalösen Umgang mit dem Parlament.
Herr Ministerpräsident, ist dieses der Ausdruck Ihres Angebotes – ich erinnere mich hier an die erste Sitzung des Landtages – der fairen Zusammenarbeit zwischen Regierung und Landtag? Ich kann dieses nicht billigen und ich kann und will dieses auch nicht verstehen. Oder ist es einfach so, dass Sie der Wille frei gewählter Abgeordneter einfach nicht interessiert?
Meine Fraktion kann sich mit dieser Politik und mit diesem Vorgehen selbstverständlich nicht einverstanden erklären, weniger wegen des ignoranten Umgangs, den ich eben geschildert habe, sondern mehr wegen des wirtschaftlichen Schadens, wegen des Schadens, der uns dabei entsteht, wenn wir unsere wirtschaftlichen Interessen, die notwendig und notwendiger denn je sind, auf diese Art und Weise preisgeben. Und daher hält meine Fraktion an dem ursprünglichen Antrag fest und möchte dieses Büro weiter am Leben erhalten, auch wenn wir darüber nachgedacht haben, ob sich der Antrag durch die neu geschaffenen Formen nicht erledigt habe. Aber es ist nichts unumkehrbar. Und selbstverständlich ist es diesem Landtag unbenommen, wieder darauf zu drängen, dass ein Büro in Tallinn oder wo auch immer im baltischen Raum geschaffen wird, das diese Aufgaben in dem erforderlichen und notwendigen Umfang weiterhin wahrnimmt. Daher bitte ich Sie dringend um die Zustimmung zum ursprünglichen Antrag. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Neumann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.