Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag der Fraktionen der PDS und SPD, die Arbeit von bürgerschaftlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern durch eine Unfall- und Haftpflichtversicherung zu unterstützen, findet meine volle Zustimmung. Bei der Unterrichtung des Landtages wurde von allen Fraktionen das Engagement der ehrenamtlich Tätigen außerordentlich gewürdigt und es bleibt nun die Landesregierung aufgefordert, das Ihrige zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements zu tun.
Für viele Menschen gehört bürgerschaftliches Engagement ganz selbstverständlich zu ihrem Leben dazu. Sie
bringen damit ihren Wunsch nach Mitgestaltung, nach Hilfe und nach Solidarität in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen zum Ausdruck. Bürgerinnen und Bürger wollen Benachteiligten helfen oder gemeinsam mit anderen die eigenen Interessen fördern. Was auch immer die Beweggründe des Einzelnen sein mögen, freiwilliges Engagement hilft uns allen und dient der gesamten Gesellschaft.
In vielen Bereichen existiert bereits ein Versicherungsschutz ehrenamtlich Engagierter. Ich denke an die Freiwillige Feuerwehr, denn es besteht für die dort engagierten Bürgerinnen und Bürger Unfallversicherungsschutz durch die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Das Gleiche gilt auch für ehrenamtlich Tätige in Einrichtungen in kommunaler oder staatlicher Trägerschaft, solange diese nicht von Vereinen geleistet wird. Häufig wird allerdings übersehen, dass bürgerschaftliches Engagement mit erheblichen persönlichen Risiken verbunden sein kann. Oft merken es die ehrenamtlich Tätigen wirklich erst im Schadensfall, dass kein oder kein ausreichender Versicherungsschutz vorhanden ist.
Stellen wir uns einfach nur vor, was geschieht, wenn es bei einer Aktion, wie zum Beispiel bei der von mir sehr geschätzten Bürgerinitiative „Freier Himmel“, die sich gegen einen Bombenabwurfplatz in der Kyritz-RuppinerHeide engagiert, zu einem Unfall kommt und Personen betroffen sind. Wer haftet? Das ist die Frage. Oder ein anderes Beispiel, das ebenfalls zeigt, wie lückenhaft und unvollkommen der Versicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist: Wenn sich zum Beispiel Privatpersonen bei Renovierungsarbeiten an Gebäuden oder Einrichtungen der öffentlichen Hand engagieren und irgendwie verunfallen, dann sind sie versichert. Engagiert sich aber ein Verein auf gleiche Weise, dann besteht kein Versicherungsschutz. Und diese Situation zu verändern ist einfach erforderlich.
Es engagieren sich in Mecklenburg-Vorpommern fast eine halbe Million Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich. Sie wollen für ihre Tätigkeit kein Geld, sondern sie freuen sich über ein Dankeschön, sie freuen sich über eine nette Geste und über die Anerkennung von uns allen. Wir brauchen hier aber eine Regelung, wenn es einmal zu einem Unfall oder Ähnlichem kommt. Wenn ein Bürger in Ausübung seines Ehrenamtes zu Schaden kommt, dann sollte er sich auch auf die Gesellschaft verlassen können, die sehr gern seine Dienste in Anspruch genommen hat.
Ich begrüße nachdrücklich, dass die Fraktionen der PDS und SPD eine sehr umfassende Lösung des Schutzes durch eine Unfall- und Haftpflichtversicherung für die Betroffenen vorschlagen. Sie sieht Gruppentarife für Vereine und Verbände, die ehrenamtlich arbeiten, vor. Sie fordert kostenlose Versicherungsleistungen gerade auch für rechtlich nicht anerkannte, aber ehrenamtlich arbeitende Strukturen, für bestimmte Interessengruppen und vor allem für die zahlreichen Bürgerinitiativen. Damit würde sich der Kreis der unfall- und haftpflichtversicherten bürgerschaftlich Engagierten beträchtlich erweitern und auch dem Umstand Rechnung getragen, dass immer mehr bürgerschaftliches Engagement in rechtlich unselbständigen Strukturen geleistet werden kann.
Die Landesregierung wird Möglichkeiten der Versicherung der Tätigkeit ehrenamtlich Engagierter für das ganze Land prüfen. Der Abgeordnete Herr Walther hat es bereits gesagt, andere Bundesländer haben Erfahrungen mit ent
sprechenden Versicherungsverträgen gesammelt, an die das Land Mecklenburg-Vorpommern anknüpfen kann. Das Sozialministerium wird also die bestehenden Versicherungsverträge, die es in Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bayern gibt, sorgfältig prüfen und entsprechende Lösungsvorschläge erarbeiten. Ich strebe zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine ähnliche Vertragslösung auch für unser Land an, wie sie hier schon genannt wurde.
Mit den beabsichtigten Versicherungsleistungen für bürgerschaftlich Engagierte drückt sich die hohe Wertschätzung und Anerkennung ihres Engagements auch seitens der Landesregierung aus. Ich möchte einfach noch einmal die Gelegenheit nutzen, zu diesem Thema sprechen zu können. Ich möchte von dieser Stelle aus allen Bürgerinnen und Bürgern für ihr ehrenamtliches Engagement danken. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Glawe. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Bürgerschaftlich Engagierte in Mecklenburg-Vorpommern zeichnen unsere Gesellschaft in besonderer Weise aus. Viele Defizite, die in den vergangenen Jahren immer wieder eine Rolle gespielt haben, sind die Fragen der Versicherung oder des Schutzes bei einem Unfall oder bei einem körperlichen Schaden bei der Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Darüber, denke ich, sind sich alle Fraktionen in diesem Hohen Hause auch einig. Das, was mich ein bisschen umtreibt, ist Folgendes in diesem Antrag:
Erstens. Frau Ministerin, Sie sprachen gerade vom Prüfen, aber im Antrag steht klar drin, Lösungen zu finden. Da sind Sie bei der Interpretation ein bisschen vom Auftrag des Antrages weg.
Das Zweite ist, dass mir eigentlich in diesem Antrag ein Termin fehlt. Der Termin kann am 01.01.2005, am 01.01.2006 sein oder es kann auch sein, dass dieser Antrag nach Beendigung der Wahlperiode der Diskontinuität zum Opfer fällt. Alle diese Dinge sind möglich. Ich will ja nicht auf einen Frevel hinweisen, den wir heute Abend noch behandeln werden, wie zum Beispiel die Fragen: Wie gehen wir mit der allgemeinen Beratung und mit der Schuldnerberatung um? Es gab hier sogar einen konkreten Auftrag an die Landesregierung, und zwar mit Terminsetzung, aber auch den hat diese Landesregierung einfach verschlafen.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, dass es wichtig wäre, dass man zu einer Lösung kommt. Es aber immer nur auf den Prüfstand zu setzen, so nach dem Motto „Ankündigungspolitik ist die beste Politik“, dazu sage ich Ihnen, das werden wir als CDU nicht mitmachen. Luftbuchungen gehen nicht. Vor einigen Tagen und Wochen haben wir noch über Nachtragshaushalt und über fehlende Steuereinnahmen debattiert und wir haben über die Absenkung von Haushaltspositionen diskutiert. Jetzt machen Sie auf der anderen Seite schon
Meine Damen und Herren, das alles ist aus unserer Sicht noch relativ vage. Wir hoffen nur, dass Sie das, was Sie heute hier versprochen haben, Frau Ministerin, auch demnächst dem Hohen Hause hier als Lösung vortragen und vorlegen können, um den 500.000 Ehrenamtlichen im Land eine Rundumversicherung, eine Haftpflichtversicherung oder etwas anderes anbieten zu können. Viel Erfolg bei dieser Aufgabe! – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrag der SPD-Fraktion beantrage ich, dass dieser Antrag in den Sozialausschuss und auch in den Finanzausschuss überwiesen wird.
Ich möchte hier ganz gern ein bisschen grundsätzlicher anfangen, denn über den Antragsinhalt im originären Sinne ist ja schon eine Menge gesagt worden, und zwar warum Versicherungsleistungen für bürgerschaftlich Engagierte erforderlich sind. Ich will das Ganze einmal mit dem entsprechenden Überbau versehen. Wenn man sich bei uns in der Gesellschaft gewisse Megatrends ansieht, dann gibt es auf der einen Seite Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen, die wiederum innerhalb der Gesellschaft zu erheblichen Entsolidarisierungstendenzen führen.
Ich möchte dazu einmal ein Beispiel nennen: Ich habe in der letzten Zeit mitbekommen, dass, nachdem mittelund osteuropäische Länder der EU beigetreten sind, sich eine ganze Reihe von Unternehmen mit dem Gedanken tragen, ihre Geschäftszentralen in diese Länder zu bringen, weil sie sich letztendlich davon steuerliche Erleichterungen versprechen. Da stellt sich für mich die Frage: Was passiert da? Seitens der Wirtschaft wird das Thema Entsolidarisierung in erheblichem Umfang vorangetrieben. Wenn man sich einmal die Diskussion im Lande ansieht, dann gibt es auf der einen Seite den Bereich, der sagt, wir müssen mit den Steuern runter, denn wir zahlen zu viel Steuern und das belastet unsere Kreise in einem nicht zu ertragenden Umfang, und auf der anderen Seite gibt es Kreise, die sagen, wir brauchen eine gerechtere Belastung. Wir müssen nur die Lasten anders verteilen.
Meines Erachtens sind das einfach Erscheinungen dafür, dass hier das Thema Solidarität in der Gesellschaft nicht mehr so vorhanden ist. Deswegen ist für mich bürgerschaftliches Engagement in erster Linie als Bildungsauftrag zu interpretieren, denn Solidarität und Eigenverantwortung sind keine Gegensätze und nicht das Ergebnis vom Sozialstaat. Das ist letztendlich die Frage von Bildung und Erziehung, die hier getroffen wird. Bürgerschaftliches Engagement ist nicht nur eine Dienstleistung, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Haltung.
Ich finde, Ziel unserer Politik in diesem Rahmen muss es sein, bürgerschaftliches Engagement als gesellschaftliche Einstellung weiterzuentwickeln. Das bedeutet, dass man sich neben Sozialstaatlichkeitselementen in gleich hohem Umfang der Aufmerksamkeit der Erziehung von Menschen und von Kindern widmet, was einfach im
Ergebnis dazu führt, dass das Thema Solidarität in unserer Gesellschaft wieder einen größeren Stellenwert bekommt. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag „Versicherungsleistungen für bürgerschaftlich Engagierte“ in Mecklenburg-Vorpommern, den wir heute mit auf den Weg bringen wollen, wollen wir eine bestehende Lücke auf diesem Gebiet schließen. Ich glaube, mit so einem ganz konkreten Schritt wollen wir die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die ehrenamtlich Tätigen einleiten. Es kann nicht mehr als ein Einleiten sein, weil wir natürlich von vielen anderen konkreten Verbesserungen in diesem Bereich und der Notwendigkeit auch weiterhin ausgehen müssen.
Die PDS-Fraktion hat stets für ein Bündel von Maßnahmen gestritten, und zwar im Sinne der vorhin zitierten Enquetekommission des Bundestages, die auf die Entwicklung einer umfassenden Anerkennungskultur abzielt. Zu solch einem Bündel gehören künftig zu lösende Sachverhalte, die unterschiedlich gewichtet sind, aber immer wieder in die eben genannte Zielrichtung gehen. Ein Beispiel für solche Probleme oder Dinge, die gelöst werden müssen, ist die Frage eines Ehrenamtspasses zur günstigeren Nutzung der öffentlichen Leistungen, beispielsweise im öffentlichen Personennahverkehr, aber auch bei Einrichtungen der Kultur und Bildung. Auch der Ansatz der Verlängerung der Förderhöchstdauer beim BAföG für bürgerschaftlich engagierte Studenten kann als ein Beispiel genannt werden, wie man es den Engagierten vereinfachen möchte, sich in der Gesellschaft einzubringen. Gerade bei den jungen Menschen, glaube ich, haben wir eine Zielrichtung, die wir nicht ernst genug nehmen können.
Weiterhin ist die Frage der Anerkennung von Qualifizierungen eine wichtige Frage. Immer wieder steht natürlich auch die Frage der Zahlung von Aufwandsentschädigungen im Raum. In diesem Zusammenhang auch diskutiert und sicherlich nicht aus dem Blick ist die Frage einer Ehrenamtspauschale, wie wir sie ja in vielen Bereichen kennen, ob sie hier beispielsweise auch in dem Bereich, den wir heute diskutieren, sinnvoll wäre. Und eine nicht zu unterschätzende Frage ist letztlich auch der Punkt von steuer- und rentenrechtlicher Berücksichtigung beziehungsweise Anerkennung des Ehrenamtes. Ich glaube, auch hier wäre ein Hebel anzusetzen, der durchaus seine Effizienz bringen kann.
Anerkennung von ehrenamtlicher Arbeit als geldwerte Leistung – bei Förderung hier im Rahmen des Bildungsausschusses in der Anhörung am 17.06. dieses Jahres noch einmal zur Kulturrichtlinie explizit geäußert – wäre durchaus auch denkbar. Weiterhin brauchen wir bei uns in Mecklenburg-Vorpommern Präzisierungen für die Frage der Haftungsregelungen, Haftungsregelungen für ehrenamtlich tätige Vorstände und Vorstandsmitglieder. Auch hier stehen wir immer wieder vor dem Problem im Land, dass Privatpersonen letztlich für die kleinen Vereine und
Verbände mit ihrem Privatvermögen für die Vorstände, für die Verbände und Vereine haften, wenn es irgendwo zu einem Konkurs oder etwas Ähnlichem kommen sollte. Letztlich sollte auch der Punkt der beruflichen Freistellung, den wir in diesem Bereich auch diskutieren, nicht unberücksichtigt bleiben.
Als neuer Parlamentarier habe ich mich gefreut, dass wir mit diesem Thema praktisch sehr zügig umgegangen sind vom Bericht, den wir vorhin genannt hatten, bis zur zügigen Abarbeitung eines ersten Punktes. Und in diesem Sinne, Herr Glawe, ist es natürlich kein Schaufensterantrag, weil wir gewillt sind, diesen Punkt so rasch wie möglich umzusetzen. Ich gehe davon aus, dass wir an konstruktiven Lösungen für unser Land arbeiten. Ich habe die Hoffnung, dass wir das auch zügig hinbekommen. Das zügige Hinbekommen kann logischerweise auch über den Weg der Überweisung an den Ausschuss oder die zuständigen Ausschüsse erfolgen. Das, glaube ich, sollte heute hier nicht der Knackpunkt in der Diskussion sein.
Wir müssen bedenken, dass wir bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern, wenn wir über Veränderungen sprechen, auch reflektieren müssen, dass wir bürgerschaftliches Engagement künftig höher honorieren und anerkennen, als es bisher der Fall war. Der greifende Strukturwandel, soziale Brüche und Veränderungen bringen es nämlich mit sich, dass normalerweise der Wunsch und auch der Bedarf, eigentlich der Wunsch minimiert wird, aber der Bedarf für bürgerschaftliches Engagement steigt. Und diese Diskrepanz müssen wir versuchen zu kitten.
Wichtig ist, dass wir viele der Punkte, die ich auch eben genannt habe, die noch weiter bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern zu lösen sind, selbst anschieben können. Aber klar wird auch, dass wir für einen Großteil der Fragen immer noch die Regelungen auf der Bundesebene benötigen. Und hier ist es auch an der Tagesaufgabe, mit anderen Bundesländern verstärkt zusammenzuarbeiten, um letztlich auch die Bundesregierung in die Verantwortung zu nehmen. In diesem Sinne also kein Abhaken des Themas mit dem heutigen Tag. Wir werden uns weiterhin damit beschäftigen und für die Lösungen im Sinne der ehrenamtlich Tätigen streiten. – Danke schön.
Im Rahmen der Debatte ist vorgeschlagen worden, den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksac h e 4/1241 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Bei einer Stimmenthaltung seitens der Fraktion der PDS ist ansonsten bei Zustimmung dem Überweisungsvorschlag gefolgt.
Ich rufe vereinbarungsgemäß jetzt auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Öffnung der Staatlichen Museen MecklenburgVorpommerns, auf Drucksache 4/1233.
Antrag der Fraktion der CDU: Öffnung der Staatlichen Museen Mecklenburg-Vorpommerns – Drucksache 4/1233 –