Protocol of the Session on May 13, 2004

Wenn wir also nicht in der Tat komplex reagieren, und die Betonung liegt auf „komplex“, nicht mit einzelnen Möglichkeiten hier und da mal etwa zu versuchen, dazu, denke ich, ist es schon viel zu spät. Wir müssen umfassend dabei reagieren.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das stimmt.)

Und, Frau Fiedler, ich will es einfach noch mal betonen: Wir leiten heute einen Prozess ein. Die Schwerpunkte, die in unserem Antrag stehen – sie sind detailliert vorgetragen worden, ich kann mir das ersparen an dieser Stelle –, sind quasi Überschriften, die offen sind. Es kann durchaus sein, dass ein Schwerpunkt hier noch gar nicht auftaucht, der sich im Gespräch mit den Leuten, die diese Verantwortung tragen, ergibt.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Es wurde auch genug bemängelt.)

Ich gehe davon aus, dass im Ergebnis, im Konzept dieser Vorgehensweise nicht nur Gesetzesänderung steht,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das habe ich auch nicht gesagt.)

nicht nur das Schulgesetz steht.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Dem will ich nicht widersprechen.)

Ich sage nachher mal ein paar Beispiele.

Ja, es steht nicht im Widerspruch. Ich wollte es einfach nur noch mal klären. Ich gehe sogar davon aus, dass viele hinderliche Rahmenbedingungen eher in den Verordnungen und Erlassen liegen.

(Beifall Thomas Schwarz, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Und auch da muss man sich wirklich einiges mal quer angucken. Ich sage solche Worte wie Datenschutz, der manchmal dazu führt, dass erzieherische Möglichkeiten, die gar nichts mit Strafen zu tun haben, gar nicht denkbar sind, weil sie dem Datenschutz unterliegen.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ja. – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Ich stelle mal so ein paar Probleme in den Raum, weil ich denke, das wissen viele gar nicht. Lehrer sind ja den ganzen Tag verantwortlich, auch für die Gesundheit dieser Kinder. Aber zwingend eine Telefonnummer der Eltern zu bekommen, ist nicht denkbar.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das stimmt.)

Datenschutz! Nur wenn Eltern freiwillig diese Telefonnummer hingeben, dann hat sie der Lehrer. Ich stelle mir ganz verzweifelt die Frage, was ist denn, wenn wirklich gesundheitlich was passiert. Schreibe ich den Eltern eine Karte, wir haben Ihr Kind in die Notaufnahme gebracht? Also das ist für mich ein Punkt, wo ich wirklich jetzt schon ein Fragezeichen setze, und das hat nicht mal was mit dem Schulgesetz zu tun.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das ist richtig.)

Kenner der Szene wissen viele andere Dinge, was Lehrer überhaupt nicht thematisieren dürfen, weil es dem Datenschutz unterliegt. Wir haben uns ja auch im Parlament mit solchen Sachen befasst. Da mussten wir beispielsweise zur Kenntnis nehmen, dass Lehrer sich nicht rechtsgemäß verhalten, weil sie es gewagt haben, Wahrscheinlichkeitsrechnungen damit zu begründen, dass zusammengetragen wurde, welche Schuhgröße Schüler haben. Da fällt mir nichts mehr zu ein!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Beifall Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Aber das ist der Trend, der wirklich mitunter die einfachsten Dinge an Schule auch verhindert.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wir haben gestern das Datenschutzgesetz aufgemacht. Dann lassen Sie uns dort was ändern!)

Sehen Sie, Herr Born, ich denke, da wird auch eine wirklich fachlich übergreifende Arbeit erforderlich sein. Und ich hoffe da auf eine Koalition der Vernunft, die sagt, an dieser Stelle überziehen wir ja wohl.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Zuruf von Dr. Martina Bunge, PDS)

Ich will gleich mal weitermachen mit den Beispielen, die sich im Lehreralltag wirklich häufen. Es hat sechs Jahre auch persönlichen Einsatz gekostet, nicht vor den Mikrofonen, sondern intensiv im Zwiegespräch, durchzusetzen, dass auf den Zeugnissen in der Tat wieder unentschuldigte Fehltage stehen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Wer hat denn das abgeschafft?!)

Das war abgeschafft. Ja, Herr Rehberg, können Sie sich vielleicht erinnern? Ich streite mich an der Stelle nicht rum, wann es so war.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ich habe mich mit die- ser Kultusministerin öfter gestritten, Frau Polzin.)

Oh, aber jetzt nicht mit mir! Das passt nicht zu meinem Thema. Das können wir nachher fortsetzen. Okay?

(Eckhardt Rehberg, CDU: Dann sagen Sie doch, wer es abgeschafft hat! – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Torsten Koplin, PDS)

Das ist aber, glaube ich, eine Entscheidung,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Sie hätten das gar nicht abschaffen müssen. Das ist der Punkt.)

die finde ich nicht gut. Aber ich denke, sie funktioniert unabhängig politischer Couleur in etlichen Bundesländern. Und es läuft immer darauf hinaus, wenn unsere Kinder unentschuldigte Fehltage auf dem Zeugnis stehen haben, dann sind sie gegenüber den Kindern in anderen Bundesländern ja benachteiligt, weil die es nicht haben. Das war bis jetzt immer das Argument, weshalb es nicht draufstand.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ich glaube, in Bayern stehen die drauf. – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ist möglich,

(Eckhardt Rehberg, CDU: In Thüringen und Sachsen auch.)

ist durchaus möglich, Herr Rehberg,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Ja, das ist so. – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

aber das ist überhaupt kein Anlass, weshalb ich jetzt hier meinen Blutdruck hochjage.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS, und Torsten Koplin, PDS)

Ich denke, ich habe das Thema angesprochen und wir sollten es angehen.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Torsten Koplin, PDS)

Ich komme mal zu einem viel zitierten Thema. Frau Fiedler hat ja schon angedeutet, dass Sie bestimmte Aspekte auch unseres Antrages hier und da in bestimmten Zusammensetzungen immer wieder auf die Tagesordnung gebracht haben. Frau Fiedler-Wilhelm, der Unterschied – und ich habe mich verbal ja auch in der Regel

nicht negativ zu bestimmten Dingen, die Sie da wollten, geäußert – war im Grunde,

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

dass mitunter eine Verkürzung der ganzen Debatte dabei anberaumt war. Und das war bei Ihrer Vorgängerin Frau Schnoor immer noch so. Da hieß die Mischung, wir lösen das Problem, indem wir das Lehrerpersonalkonzept abschaffen und Kopfnoten bringen. Das war nicht der Ansatz, den wir haben wollten,

(Beifall Andreas Bluhm, PDS)

aber da sind Sie ja inzwischen ein Stück weiter und das freut mich außerordentlich.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ja.)

Ich will mal zum Sozialverhalten von Schülern kommen. Da haben wir uns ein bisschen gedrückt. Ich sage das mal ganz ehrlich, auch für meine Partei. Kopfnoten wollten wir nicht mehr. Aber was wir denn wollen und wie das beim Empfänger auch klar ankommt, das ist uns leider noch nicht gelungen, das vernünftig zum Ausdruck zu bringen. Wir haben stattdessen gehofft, im Ministerium wird man dieses untergesetzlich regeln.

Nunmehr, nach etlichen Jahren, denke ich, wir sollten die Entscheidungsfindung im Ministerium dazu doch mal ein bisschen befördern

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS)