Protocol of the Session on May 13, 2004

Dazu gehört neben weitreichenden Strukturreformen der Sozialsysteme insbesondere eine lange geforderte Vereinfachung des Steuersystems. Durch die Freisetzung wirtschaftlicher Kräfte kann ein direkter positiver Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Mittelstandsfinanzierung genommen werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist aber keine Freisetzung, sondern eher eine Beisetzung.)

Auf Landesebene muss die Politik den Schwerpunkt setzen, das Beratungsangebot für Unternehmen stark auszuweiten. Einerseits geht es um die bessere Vernetzung der bereits vorhandenen Institutionen, andererseits um eine deutliche Ausweitung des finanziellen Engagements. Gerade auch vor dem Hintergrund der dramatischen Haushaltslage kommt diesem wirtschaftspolitischen Feld eine entscheidende Bedeutung zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Unternehmen im Land sind gefordert, das verbesserte Beratungsangebot auch entsprechend zu nutzen, denn an den gestiegenen Transparenzanforderungen zwischen Bank und Unternehmen wird künftig kein Weg mehr vorbeiführen. Was früher über den persönlichen Kontakt zwischen Banker und Handwerker geregelt wurde, verlangt heute umfangreiche Darlegungspflichten des Unternehmens

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

und dazu bedarf es der Unterstützung.

Ich will diese Entwicklung natürlich nicht verdammen. Mehr Darlegungspflicht kann durchaus auch einen positiven Aspekt haben, wenn beispielsweise, und das kann man nicht zu gering betonen, Unternehmen rechtzeitig Schwächen und Probleme erkennen, die sie selber haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Ich weiß, dass ich meiner Kollegin Frau Schlupp da eben aus dem Herzen gesprochen habe. Um gute Ratingnoten zu erhalten, also gut bewertet zu sein, sind die Unternehmen gefordert, alle notwendigen Fakten darzulegen. Im Gegenzug sind die Banken gefordert, eine bessere Information über die Ratingeinstufung zu geben. Letztlich verdienen Banken mit Krediten Geld, so dass sie auch in schwierigen Zeiten moralisch gefordert sind, ihre Kunden zu unterstützen.

(Torsten Koplin, PDS: Hört, hört!)

In diesem Sinne, denke ich, müssen alle Seiten aufeinander zugehen. Das hessische Modell ist es wert, dass man es sich anschaut, also einen Blick über den Tellerrand, denn besser BoB als Flop. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Strenz.

Es liegen mir weiter keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1169. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1169 mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion der CDU.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rainer Prachtl, CDU: Bei einer Stimme der SPD. – Mathias Brodkorb, SPD: Ich hatte eine Regung, ich hatte nicht zugestimmt. Das war ein Missverständnis. – Ministerin Sigrid Keler: Er hat gezuckt.)

Wir kommen jetzt zu dem Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Erarbeitung eines Masterplans zur künftigen Sicherung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1183. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1202 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Erarbeitung eines Masterplans zur künftigen Sicherung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1183 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 4/1202 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Dr. Nieszery von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal ist es interessant zu sehen, welche ungewöhnlichen Wege ein guter Antrag der Landtagsfraktion nehmen kann. Zunächst haben wir alle eine Anhörung durchgeführt mit Experten im nichtöffentlichen Bereich. Es war eine sehr konstruktive Stimmung dort. Wir haben alle etwas mitnehmen können. Das Ergebnis haben die Koalitionsfraktionen in einen Antrag gekleidet, der sich dann, oh Wunder, letzten Dienstag in der Landespressekonferenz zum größten Teil wiedergefunden hat und dann auch von der Ministerin, letztendlich als eigene Schöpfung, dargeboten wurde. Frau Ministerin, ich darf hier auch einmal im Namen der Sozialpolitiker meiner Fraktion sagen, dass dies nicht die feine mecklenburgische Art ist. Ich denke, im Sinne einer weiterhin vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Parlament sollten Sie künftig auf eine solche Vorgehensweise verzichten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Oh!)

Nun zum Antrag.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das klang richtig böse! – Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Herr Rehberg, es steht ja nicht nur Ihnen zu, ab und zu mal böse zu sein, sondern auch mir.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Danke, ich möchte jetzt weitermachen, Herr Rehberg. Wir können gerne nachher draußen reden.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Was ich nur schlimm fand, war die Überschrift, die die Ministerin provoziert hat.)

Darüber kann ja nachher Herr Glawe philosophieren.

Zum Antrag. In der Grundeinschätzung der Situation, denke ich, sind wir uns alle einig: Momentan existiert im Lande Mecklenburg-Vorpommern kein Ärztemangel. Wir haben regional sicherlich mit einem etwas schwierigen Versorgungsgrad zu tun, aber wir haben keine Unterversorgung, in keinem Bereich dieses Landes, weder im fachärztlichen noch im hausärztlichen Bereich. Allerdings sehen wir Probleme auf uns zukommen – und die sehen auch wir alle, alle Beteiligten, die im Gesundheitswesen aktiv sind –, hervorgerufen durch das hohe Alter unserer Ärzte, die in einigen Jahren in Pension oder in Rente gehen werden, und die Tatsache, dass nur wenig Nachwuchs nachrücken wird.

Diese Situation bietet zwei Auswege. Zum einen können wir dadurch in den Bereichen, wo wir jetzt schon eine erhebliche Überversorgung haben, und die muss man auch konstatieren, die Überversorgung abbauen durch natürliche Fluktuation. Allerdings müssen wir vor allem im ländlichen Bereich darauf aufpassen, dass wir durch diese natürliche Fluktuation nicht in eine Unterversorgung hineinrutschen. Dieses eigentliche Problem zeichnet sich im ländlichen Bereich bereits jetzt ab. Obwohl im Durchschnitt genug Ärzte da sind, ist die Wahrnehmung des tatsächlichen Versorgungsgrades bei den Bürgern eine andere. Das ist etwa so wie die berühmte Geschichte mit dem durchschnittlich 30 Zentimeter tiefen Graben und der trotzdem ertrunkenen Kuh.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Der Grund dafür, dass sich die Menschen vor allem im ländlichen Bereich schon jetzt unterversorgt fühlen, liegt an der Definition der Versorgungsbereiche an sich. Sie gestattet es den Ärzten, sich in den Zentren, hier den Mittelzentren und den Oberzentren, teilweise auch in den Unterzentren, konzentriert niederzulassen. Darunter leidet natürlich die breite Fläche. Dieser unbefriedigenden Entwicklung wollen wir durch den Antrag konstruktiv und vor allem frühzeitig entgegenwirken.

Mit dem Ihnen vorliegenden Antrag fordern wir die Landesregierung auf, „in enger Abstimmung mit der Selbstverwaltung bis zum Juni 2005 einen Masterplan zur Sicherung der weiteren flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen.“ Wir haben dieses den Masterplan genannt, von einigen Kollegen wird das belächelt. Aber ich denke, dieses Anliegen sollte sich aus der breiten Masse der Berichte, die wir einfordern, und so weiter herausheben, weil es für uns – und, ich denke, auch für die Opposition – von herausragender politischer Bedeutung ist, die ärztliche Versorgung unserer Bürger sicherzustellen und insofern hohe Priorität genießt. Bei diesem Vorhaben sind unter anderem folgende Schwerpunkte zu prüfen, zu bewerten und so weit wie möglich mit einzubeziehen:

Ich erwarte, dass wir den Arztberuf in der Imagekampagne für Mecklenburg-Vorpommern mit einbinden, dass wir im Rahmen von „MV tut gut.“ nicht nur das Land hervorheben und seine Vorzüge, sondern auch den Arztberuf in diesem Land besser darstellen. Wir haben die meines Erachtens schon fast perverse Situation, dass wir in Berlin über 1.000 arbeitslose Ärzte haben und letztendlich auf eine Unterversorgung in unserem Land zulaufen. Dem müssen wir auch durch Marketing entgegenwirken können.

Weiterhin fordern wir eine Unterstützung der Entbürokratisierung auf Bundesebene. Das kann auf mehreren Wegen erfolgen, zum Beispiel über Bundesratsinitiativen, aber eben auch durch eine politische Unterstützung unserer Mitglieder in den entsprechenden Gremien, den Unterausschüssen des Bundesausschusses und so weiter und sofort.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Zudem muss weiter die Möglichkeit eingeräumt werden, Zweitpraxen zu führen, und es muss darauf hingewirkt werden, die landärztliche Tätigkeit, also die Versorgung der Menschen in der Fläche, durch bessere Honorare aufzuwerten. Dazu ist natürlich die KV gefordert. Ich habe gesehen, dass Herr Glawe das in seinen Ände

rungsantrag ebenfalls aufgenommen hat. Er wird dazu sicherlich noch weitere Ausführungen machen. Hier muss es zu einer Umverteilung, Umsteuerung in der Honorarverteilung bei der KV kommen.

Weiterhin möchten wir, dass auch die ausländischen Ärzte, die in unserem Land leben, vielleicht in die Versorgung mit eingebunden werden. Dazu ist es erforderlich, dass wir sie qualifizieren, besonders über Sprachangebote, Sprachkurse.

Weiterhin wünschen wir die Aufwertung des Faches Allgemeinmedizin in der studentischen Ausbildung und eine Effektivierung des Notdienstes durch Einbeziehung des öffentlichen Gesundheitssektors, also der Ärzte, die in den Gesundheitsämtern arbeiten, sowie den Ärztinnen und Ärzten, die beim medizinischen Dienst der Krankenkasse sind. Auch da gibt es Ergänzungen durch Herrn Glawe, die wird er nachher selber vortragen. Das kann ich nur ausdrücklich unterstützen.

Zudem – und das ist für uns ein sehr wichtiger Punkt, der eigentlich in der Realität eher vernachlässigt wird – möchten wir, dass die Telemedizin in diesem Land wirklich aufgebaut wird, denn eine vernünftige Versorgung der Menschen in diesem großen Flächenland, in diesem dünn besiedelten Flächenland wird eines Tages wirklich nur noch gut funktionieren, wenn wir heute die Weichen stellen, über einen guten Datenaustausch Medizin zu betreiben über die telemedizinischen Netzwerke.

Ich denke, wir sollten die Möglichkeiten des GMG ausschöpfen und insbesondere medizinische Versorgungszentren einrichten in diesem Land sowie letztendlich die integrierte Versorgung vorantreiben. Das sind die wesentlichen Punkte.

Ich komme jetzt zum Änderungsantrag der CDU. Der CDU-Änderungsantrag ist aus meiner Sicht vollkommen in Ordnung. Er ergänzt wesentliche Teile und präzisiert die von uns gemachten Vorschläge. Die Koalitionsfraktionen werden dem Änderungsantrag der CDU zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Thomas Schwarz, SPD)

Meine Damen und Herren, nach den heutigen und auch den gestrigen Debatten freut es mich, dass wir zumindest in den wirklich wichtigen politischen Dingen, das darf ich sagen als Gesundheitspolitiker, an einem Strang ziehen. Welche vornehmeren Aufgaben gibt es denn in der Politik, als dafür Sorge zu tragen, dass die medizinische Versorgung unserer Bürger sichergestellt wird? Um dieses Problem zu beseitigen, hat man uns gewählt. Das ist unsere Aufgabe. Wenn uns das gemeinsam gelingt, umso besser.

Wir alle als Politiker können nur Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn wir die Sachpolitik zum Wohle unserer Bürger in den Vordergrund unseres Handelns stellen, anstatt uns – wie so oft – in parteipolitisch motivierte Streitereien oder persönliche Verunglimpfungen zu verstricken. Die Gesundheitspolitiker gehen mit gutem Beispiel voran. Ich bitte daher um Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Ulrich Born, CDU)

Danke schön, Herr Dr. Nieszery.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen

Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.