Protocol of the Session on May 13, 2004

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es ist doch schlicht nicht nachzuvollziehen, wie man etwas sehenden Auges in Gang setzen kann, von dem man sagt, wir müssen jetzt alles tun, dass es bloß nicht wirksam wird. Deshalb denke ich, dass unser Landtag hier klug beraten ist, sich nicht so zu verhalten, wie es der Deutsche Bundestag mehrheitlich vorgemacht hat, sondern zumindest dem Beispiel derjenigen zu folgen, die sehr couragiert ihre Meinung auch noch einmal ganz deutlich zu Protokoll gegeben haben,

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

nämlich der 17 beziehungsweise 16 SPD- und Grünenabgeordneten, die klar gesagt haben, dieses Gesetz kann den angedachten Zweck nicht erfüllen. Deshalb hoffen sie nicht nur inständig, dass es nicht in Kraft tritt, sondern sie haben uns im Grunde genommen aufgefordert, das zu korrigieren, was der Deutsche Bundestag gemacht hat. Weil sie sich selber aus den genannten parteitaktischen Erwägungen heraus nicht in der Lage sahen, es zu verhindern, dass sie zustimmen, sagen sie gleichzeitig aber, das Gesetz ist unsinnig. Deshalb gibt es nur noch eine Korrektur, nämlich dass der Bundesrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der Länder diesem Gesetz den Weg weist, den es verdient hat, nämlich dass es im Papierkorb verschwindet.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Deshalb hofft unsere Fraktion, dass der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern die volle Unterstützung des ganzen Landtages bekommt, damit er wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorweisen kann gegenüber Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen, die es erlauben, dass wir überhaupt noch die Chance haben, weitere Unternehmen anzusiedeln, und dass wir den Wirtschaftsminister darin unterstützen, dass er sich im Bundesrat dafür einsetzt – und das sollte in ein entsprechendes Abstimmungsverhalten münden –, dass dieser Gesetzentwurf, den der Deutsche Bundestag mehrheitlich verabschiedet hat, keine Wirksamkeit entfalten kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Born, ich teile Ihre Hoffnung und möchte Sie natürlich gern unterstützen. Die SPD- und auch die PDS-Fraktion werden sicherlich den Wirtschaftsminister und die Landesregierung immer dabei unterstützen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in diesem Land so weiterzuentwickeln,

(Andreas Petters, CDU: Dann stimmen Sie doch dem Antrag zu!)

so positiv weiterzuentwickeln, dass möglichst viele Unternehmen hier in diesem Land sich auch zukünftig ansiedeln. Ich denke auch, das ist der wirklich gravierende Unterschied zwischen dem, was Ihre Partei in den vergangenen Jahren, als sie hier regiert hat, gemacht hat, zu dem, was die Koalitionsfraktionen in den letzten Jahren getan haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Wir hatten mal einen Wirtschaftsminister Ringstorff. Können Sie sich noch entsinnen? Der musste sein Amt abgeben.)

Herr Riemann, muss ich Sie an die Richtlinienkompetenz eines Ministerpräsidenten erinnern, die, glaube ich, auch in Mecklenburg-Vorpommern …

(Wolfgang Riemann, CDU: Die hätte ich mir gewünscht bei der Verwaltungsreform. – Heinz Müller, SPD: Getroffene Hunde bellen.)

Ich muss dem nichts mehr hinzufügen, was der Kollege Müller eben gesagt hat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die hätte ich mir gewünscht, diese Kompetenz. – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Meine Damen und Herren, um auf das Thema zurückzukommen, eine qualifizierte Berufsausbildung ist der Einstieg in die Zukunft.

(Beifall Andreas Petters, CDU: Jawohl.)

Ich glaube, das ist selbst bei der CDU-Fraktion in diesem Land noch eine Erkenntnis, die sich durchgesetzt hat.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Und der andere Punkt ist, wir in der Bundesrepublik Deutschland, und das gilt auch in Mecklenburg-Vorpommern, haben mit dem dualen System zwei sich ergänzende Standbeine geschaffen, die sich bundesweit bewährt haben und auch in anderen Ländern durchaus Anerkennung finden. Das ist nicht nur von Politikern, sondern auch von Unternehmern immer wieder in der Vergangenheit bestätigt worden. Aber das duale Ausbildungssystem,

meine Damen und Herren, funktioniert nur, wenn auf der betrieblichen Seite die Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, die erforderlich sind, um allen ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Bereits vor mehr als 20 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht – und ich denke, an dieser grundsätzlichen Aussage hat sich bis heute nichts geändert – festgestellt, in dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Ausbildungssystem liegt die spezifische Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen bei den Arbeitgebern. Wenn der Staat den Arbeitgebern die praxisbezogene Berufsausbildung der Jugendlichen überlässt, so muss er erwarten, dass die gesellschaftliche Gruppe der Arbeitgeber diese Aufgabe nach Maßgabe ihrer objektiven Möglichkeiten und damit so erfüllt, dass grundsätzlich alle ausbildungswilligen Jugendlichen die Chance erhalten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Meine Damen und Herren, das muss man ganz deutlich sagen, da liegt doch allerdings der Hase im Pfeffer.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze bundesweit von 564.379 auf nur noch 499.717 im Jahr 2003 reduziert.

Meine Damen und Herren, man muss das auch …

(Wolfgang Riemann, CDU: Wer trägt denn da Verantwortung für die Rahmenbedingungen? Wer trägt denn da Verantwortung? – Dr. Ulrich Born, CDU: Bei 40.000 Insolvenzen im Land.)

Herr Kollege Riemann, wir können das auch so machen, wir gehen jetzt vor die Tür und unterhalten uns beide persönlich.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Und wenn wir beide fertig sind, dann rede ich meine Rede hier weiter. Das ist auch nicht das Problem, aber das wäre vielleicht nicht nach der Geschäftsordnung,

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

wie sie es hier im Landtag normalerweise vorschreibt. Sonst machen wir das vielleicht umgekehrt, wenn ich fertig bin, gehen wir vor die Tür und unterhalten uns dann.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Oder Sie unterhalten sich jetzt mit dem Kollegen Born und ich warte so lange, bis Sie fertig sind.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Dieser Trend, der sich aufgezeigt hat aus den Jahren 2000 bis 2003, gilt auch weiter. Der gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern. Wir sind hier durchaus nicht so, auch wenn der Kollege Born den Eindruck erwecken wollte, wir sind durchaus nicht auf einer Insel der Seligen, wo wir keine Probleme mit der Ausbildungsplatzsituation haben. Auch wenn die Ausbildungsleistung der hiesigen Betriebe im Bundesvergleich überdurchschnittlich ist – und da hat der Kollege Born durchaus Recht –, werden wir hier in diesem Land mit der Tatsache konfrontiert, dass immer mehr ausbildungsfähige Betriebe, und das ist der springende

Punkt, auf die eigenverantwortliche Ausbildung von Jugendlichen verzichten.

Um es auch da deutlich zu machen: Allein im Jahr 2002 standen rund 11.000 betrieblichen Ausbildungsplätzen circa 7.000 außerbetriebliche Ausbildungsplätze gegenüber. Damit entstanden im Jahr 2002 mehr als ein Drittel aller Ausbildungsplätze im unserem Land nur aufgrund der Förderung durch Bund, Land und Arbeitsämter. Allein in jenem Jahr – und die Zahlen setzen sich fort, auch in den Jahren 2003 und 2004 sieht es ähnlich aus – wurden von Seiten der Arbeitsämter, von der öffentlichen Hand wollen wir gar nicht reden, über 100 Millionen Euro investiert, um Ausbildung in diesem Land zu ermöglichen. Bereits heute stünden in unserem Land weit mehr Jugendliche ohne berufliche Perspektive da, wenn nicht durch öffentlich finanzierte Sonderprogramme die Zahl der Ausbildungsplätze für unsere Jugend Jahr für Jahr massiv gestützt würde.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und das muss man ganz deutlich sagen: Wer hier der SPD sowohl im Bundestag als auch im Landtag unterstellt, dass wir die Verstaatlichung der Ausbildung wollen, der weiß doch überhaupt nicht, wovon er redet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir sind doch gerade auf dem Weg dorthin. Gerade wenn wir nicht die Umkehr einlegen, dann werden wir zu einem System kommen,

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir sind auf dem Weg in die Sackgasse.)

wo sich die Unternehmen tatsächlich mehr und mehr aus der Ausbildung zurückziehen und tatsächlich die öffentliche Hand das nur noch mit dem eigens hier aufgelegten Programm finanziert. Und so ist tatsächlich nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern bundesweit eine der größten Sorgen von Müttern und Vätern, dass ihre Kinder nach Abschluss der Schule keinen angemessenen Ausbildungsplatz finden werden. Meine Damen und Herren, und diese Sorge ist ja nun durchaus nicht unbegründet.

Jetzt komme ich auf die Kollegin Dr. Böhmer von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der gerade von dem Kollegen Born angesprochenen Debatte zum Berufsausbildungssicherungsgesetz am 7. Mai dieses Monats zurück. Die Dame hat dort festgestellt, wir sind, was die Ausbildungsplatzsituation betrifft, bundesweit mit einer dramatischen Situation ohnegleichen konfrontiert. Aber, meine Damen und Herren, wenn man vor einer schwerwiegenden, nicht nur volkswirtschaftlichen, sondern auch gesellschaftspolitischen Herausforderung steht – und wir haben auch heute hier über das Thema „Erziehung und Motivation von Schülern in der Schule“ gesprochen –, wo soll denn die Motivation herkommen in der Schule, wenn die Jugendlichen befürchten müssen, dass sie, wenn sie ihre Schule zu Ende gebracht haben, mit welcher Qualifikation auch immer, dann trotzdem keinen Ausbildungsplatz finden?! Woraus soll denn tatsächlich die Motivation hergeleitet werden?

Wenn man dieses Problem sieht, diese gesellschaftspolitische Herausforderung, vor der wir alle stehen – und da komme ich darauf zurück, was die Kollegin Dr. Böhmer