Protocol of the Session on March 31, 2004

Diese weiterführenden Untersuchungen zur Klärung der Dringlichkeit des Vorhabens werden im Rahmen des Gutachtens „Integriertes Verkehrskonzept für die Region Usedom-Wollin“ erfolgen. Dieses Verkehrskonzept soll für Usedom und Wollin Verkehrslösungen finden, die den neuen Herausforderungen durch den Beitritt Polens zur EU gewachsen sind. Und in diesem Gutachten soll auch eine vertiefte Prüfung zur zweiten Eisenbahnanbindung Usedoms stattfinden. Das Verkehrskonzept wird vom Bund finanziert und unter anderem vom Land fachlich begleitet. Anfang 2006 soll das Gutachten voraussichtlich fertig gestellt sein.

Meine Damen und Herren, diese zweite Eisenbahnanbindung Usedoms wird nicht billig. Ein von der Deutschen Bahn AG beauftragtes Ingenieurbüro hat im Dezember 2003 eine Grobkostenschätzung für die Eisenbahnanbindung vorgelegt. Danach wäre je nach Ausbaugrad mit Investitionen zwischen 93 Millionen Euro, wenn der Ausbau eingleisig und nicht elektrifiziert erfolgt, und 168 Millionen Euro, wenn er durchgehend zweigleisig und elektrifiziert erfolgt, zu rechnen.

Meine Damen und Herren, bei diesen Zahlen ist eine Finanzierung der Eisenbahnanbindung angesichts der finanziellen Lage des Bundes und der konkurrierenden Projekte – die großen ICE-Ausbauprojekte – nur über EUMittel realistisch. Wir sollten uns darauf einrichten. Um dafür einen Antrag stellen zu können, muss das Vorhaben allerdings vorher in einen nationalen Plan aufgenommen werden – in unserem Fall ist das der Bundesverkehrswegeplan –, und um das zu erreichen, muss wiederum die geforderte Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ein positives Ergebnis erbracht haben. Damit stellt sich uns die Aufnahme einer zweiten Eisenbahnanbindung der Insel Usedom in den Bundesverkehrswegeplan als wichtiges Zwischenziel. Wir müssen hier einen Schritt nach dem anderen gehen und wir tun das. Wir arbeiten daran und es wäre gut, wenn der Landtag mit dem vorliegenden Antrag der Landesregierung die notwendige Rückendeckung geben würde. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Martina Bunge, PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Riemann von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, die nicht zum Thema gehört. Aber der Herr Minister Backhaus hat im letzten Tagesordnungspunkt gesagt, Herr Riemann kräht hier im Landtag herum des Öfteren.

(Heike Polzin, SPD: Das stimmt, das stimmt.)

Herr Minister, ausdrücklich weise ich dieses zurück. Ich krähe hier im Landtag nicht herum.

(Heike Polzin, SPD: Doch.)

Für Hühner und Hähne sind allein Sie zuständig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Ja, wenn Sie nicht krähen, wer denn dann?!)

Jetzt zum Thema. Frau Schwebs, in Züssow sagen sich nicht Fuchs und Hase gute Nacht. Wenn Sie es nicht wissen, dann darf ich Sie gerne aufklären: Dort sitzt einer der größten Arbeitgeber des Landkreises Ostvorpommern, nämlich die Diakonie, die sich dort in bewundernswerter Weise Behinderten und Benachteiligten widmet.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Menschen mit Behinderung heißen die. – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Meine Damen und Herren, vor circa 13 Jahren etwa zur selben Zeit hat dieser Landtag schon einmal in großer Übereinstimmung gefordert, dass der Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Ducherow–Karnin–Swinemünde und

die Weiterführung an das Streckennetz der Usedomer Bäderbahn in den Bundesverkehrswegeplan eingearbeitet werden soll. Seit mehr als 13 Jahren bohren wir dieses dicke Brett, und, meine Damen und Herren, wir von der CDU-Fraktion werden vor Ort, aber auch hier im Land und beim Bund dieses Brett so lange weiterbohren, bis endlich wieder Züge auf dieser Strecke fahren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Im Jahr 2002 vor der Wahl sagte der damalige Leiter der Landesvertretung und heutige Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, Herr Braune, der Region eine Aufnahme dieser Strecke in den Bundesverkehrswegeplan öffentlich zu. Leider sagte er nicht wann und ob seine Zusage nach der Wahl noch gültig ist. Wie ist der Stand heute?

Und, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, wer in der Begründung nur auf die Kaiserbäder abzielt,

(Ute Schildt, SPD: Koserow! Koserow!)

der wird diese Strecke nicht realisieren, weil die gesamte Insel Usedom Vorteilnehmer dieser Strecke ist, und nicht nur die Kaiserbänder.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Und Koserow.)

Ja, auch Koserow.

Ich sage es auch noch mal, Herr Minister Ebnet: Sie haben angeführt, nordwestlich von Ückeritz wäre die Insel Usedom schneller über Züssow erreichbar. Dieses stimmt so nicht. Und wer dieses in der Öffentlichkeit, zumindest in seinen Reden, hineingeschrieben bekommt, der wird auch nicht …

(Minister Dr. Otto Ebnet: Das habe ich so nicht gesagt!)

Das haben Sie nicht gesagt, das steht aber in der geschriebenen Rede, die dort hinten ausliegt.

(Minister Dr. Otto Ebnet: Es gilt das gesprochene Wort.)

… erreichen, dass diese Region über die Karniner Brücke angebunden wird. Deshalb bin ich dankbar, dass Sie dieses nicht so ausgeführt haben, wie es in Ihrer Rede stand. Ich denke, das sollte man dem Ministerium auch noch mal deutlich sagen: Die gesamte Insel Usedom ist Vorteilsnehmer, nicht nur die Kaiserbäder.

Diese wichtige Bahnstrecke finden wir weder im vordringlichen Bedarf noch im weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes. Sie steht als Prüfauftrag derzeit im Text des Planes, und dieses, meine Damen und Herren, ist uns zu unverbindlich. Unter diesem Aspekt verstehe ich auch den Antrag der Koalitionsfraktionen, zu etwas mehr Verbindlichkeit zu kommen. Allerdings haben Sie es sich nicht getraut, diese Verbindlichkeit dann auch deutlich zu formulieren. Ich werde später darauf zurückkommen.

Die Aktualität des Antrages ergibt sich auch daraus – und ich habe heute früh mit Berlin telefoniert –, dass der Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen sich derzeit mit der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes beschäftigt und der Bundestag sich im ersten Halbjahr ebenfalls mit dieser Thematik befassen soll in diesem Jahr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, leider haben sich die Abgeordneten dieses Bundestagsausschusses, obwohl sie sich mehrheitlich über alle Fraktionen für eine Aufnahme dort ausgesprochen haben, bisher nicht dazu entschließen können, für diese wichtige Strecke wenigstens die Aufnahme in den weiteren Bedarf durchzusetzen, sondern der Berg kreißte und gebar das Mäuschen einer Entschließung, die Karniner Eisenbahnstrecke in fünf Jahren möglicherweise aufzunehmen. Das ist wieder zu unverbindlich und ungenügend für diese Region.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Basis für diese missliche Entscheidung war eine vom Bundesverkehrsministerium vorgelegte Kosten-NutzenAnalyse, die ungünstige Werte derzeit aufweist, diese Analyse aus dem Hause des Ostministers Stolpe und seines Versprechensstaatssekretärs Braune.

(Volker Schlotmann, SPD: Tolle Formulierung.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, schon zu DDR-Zeiten wollte man diese Strecke nicht, weil man S o l i d a r no´s´c und andere Freiheitsbestrebungen in Polen fürchtete. Also änderte man die Datenlage. Und diese falsche Datenlage wurde …

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ja, da brauchen Sie nicht zu lachen, das ist tatsächlich so. Das ist tatsächlich so, es gab eine Studie in der DDR, dass man diese Strecke wieder aufbauen wollte.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Das war genau 1980, als die Solidarno´s´c zu erstarken begann, und dann hat man sie schnell herausgestrichen aus den Bemühungen der DDR.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das wissen Sie noch aus Ihrer nationalen Volkszeitung, Herr Riemann, ne?!)

Das können Sie nachvollziehen, wenn Sie in die Geschichtsbücher hineingucken würden, in die damaligen Protokolle.

Also hat man die Datenlage damals geändert und gesagt, diese Strecke bringt keinen Nutzen. Und diese falsche Datenlage wurde 1990 vom Bundesverkehrsministerium leider übernommen. Das konnten wir feststellen, als wir 1992 im Bundesverkehrsministerium mit einer Delegation aus der Region auftauchten und uns fragten, warum wird das hier so dargestellt, wie es dargestellt wurde. Dort redete man damals von 500 Millionen Baukosten. 500 Millionen!

(Ute Schildt, SPD: Das war in D-Mark.)

Herr Minister hat heute gesagt, was es kostete, um diese Strecke dann nicht realisieren zu müssen.

Die Verhinderer von damals sind auch die Verhinderer von heute. Es mag ja sein, dass mit der Erstellung des integrierten Verkehrskonzeptes für die Insel Usedom sich die Auffassung im Bundesverkehrsministerium noch ändert. Aber darauf, meine Damen und Herren, sollten wir nicht warten oder hoffen. 13 Jahre sind allemal genug. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich den Antrag der Koalitionsfraktionen. Aber weil die Fakten so sind, wie sie sind, müssen wir es bitte konkreter fassen. Ansonsten, Frau Schwebs und meine Damen und Herren von den Koaliti

onsfraktionen, reden wir hier in 13 Jahren wieder über dieses Projekt.

Deshalb schlägt Ihnen die CDU-Fraktion folgende Änderung des Antragstextes vor: „Die Landesregierung wird aufgefordert, sich weiterhin für die Aufnahme einer zweiten Eisenbahnanbindung für die Insel Usedom über die Karniner Brücke in den weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes mit seiner Fortschreibung im Jahr 2004 einzusetzen.“ Sie haben gesehen, welche Änderungen es gibt i n den weiteren Bedarf und mit seiner Fortschreibung in 2004.

Herr Minister Ebnet, ich hätte, da es ja um Verkehr geht, durchaus noch einen aktuellen Stand erwartet, welche möglichen Baubeginne infolge des Mautdesasters hier in Mecklenburg-Vorpommern zumindest geschoben werden. Mir liegt eine Liste vom 24. März vor, nach der die A 241 erst 2008, die B 104 Ortsumgehung Nordschwerin auch 2008, die Ortsumgehung Crivitz 2007 erst ausfinanziert sind. Auch dazu hätte man heute aktuell ein Wort verlieren können, denn es betrifft ebenfalls wichtige Verkehrsprojekte in diesem Land. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Riemann.