Protocol of the Session on February 18, 2004

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, die Arbeitslosenzahlen vom Januar liegen in Mecklenburg-Vorpommern jetzt schon im dritten Monat in Folge unter dem jeweiligen Vergleichsmonat des Vorjahres. Das ist keineswegs in allen Bundesländern so. So viel zu dem zarten Pflänzchen, das Sie übersehen, weil Sie nur das große Ziel vor Augen haben.

(Andreas Petters, CDU: Statistische Effekte!)

Trotzdem ist die Beschäftigungsentwicklung im Land nach wie vor schwerwiegend gestört. Das zeigen vor allem die weiterhin bedrückenden Zahlen bei den Langzeitarbeitslosen, aber auch bei der Jugendarbeitslosigkeit.

Meine Damen und Herren, die soziale Balance in Haushaltsberatungen zu bewahren ist und bleibt einer der Schwerpunkte dieser Koalition und ist – das verhehle ich überhaupt nicht – gleichzeitig eine für uns alle unangenehme, mehr als unangenehme Gratwanderung. Trotzdem: Kürzungen im Haushalt sind allein schon deshalb unumgänglich, weil unter anderem auch die Mittel aus dem Solidarpakt zurückgehen und bis 2019 ganz wegfallen werden. Darauf müssen wir uns doch heute in unserer Ausgabenpolitik einstellen, ohne Ansehen der Tatsache, dass vielleicht Sie dann irgendwann davon profitieren. Wir

stellen uns aber jetzt der Verantwortung, wir haben das nicht so gemacht wie Sie. Dass wir dafür in der Öffentlichkeit nicht unbedingt große Umfragewerte erzielen, das werden wir hinnehmen müssen, aber wir kneifen nicht. Das haben Sie getan.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, gegen den Widerstand der Opposition erhalten wir die Härtefallkommission, haben wir die Mittel für Civitas-Projekte zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgestockt, haben wir Mittel für den Integrationsfachdienst in Rostock zur Unterstützung der beruflichen Eingliederung von Migrantinnen und Migranten zur Verfügung gestellt. Und ich sage Ihnen, diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. All das wollten Sie nicht?! Das müssen Sie den Leuten draußen sagen!

(Reinhardt Thomas, CDU: Machen wir auch. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das tun Sie aber nicht, das tun Sie nicht!

Meine Damen und Herren, eines der dominierenden Themen der Haushaltsberatungen waren ganz sicher die Beratungen um den Stellenabbau in der Landesverwaltung. Dass wir im Vergleich zu anderen westdeutschen Flächenländern zu viel Personal haben, wussten und wissen wir nicht erst seit der Herbststeuerschätzung. Diese hat aber die prekäre Situation des Landes zu diesem Thema noch viel deutlicher gemacht.

Wir in der SPD-Fraktion haben die Diskussion von Anfang an mit sehr großem Ernst und sehr verantwortungsbewusst geführt und begleitet. Wir reden hier – technisch – über die Ausbringung von kw-Vermerken. In der Realität, meine Damen und Herren, würde das Kündigung heißen, Kündigungen in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ich denke, das zarte Pflänzchen blüht?!)

Den Zusammenhang können Sie ja, wenn Sie dann zum Schluss als neunter Redner der CDU hier in die Bütt gehen, noch einmal darstellen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren, sollte es auch bei uns – so wie in Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg – m öglich sein, sich mit den Gewerkschaften und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf sinnvolle, tragfähige und sozial akzeptable Lösungen zu verständigen, das heißt, eine tarifliche Vereinbarung herbeizuführen. Dafür stehen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, dafür stehen wir. Wir wollen keine Entlassungen, wie das von der Union in der Vergangenheit immer wieder gefordert und praktiziert wurde. Und dieses langfristige/mittelfristige Personalkonzept, das Ihr Fraktionsvorsitzender im Interview und anderswo verkündet, ist nichts anderes als Personalabbau durch Kündigungen, nichts anderes, meine Damen und Herren. Das haben Sie den Leuten draußen aber nicht gesagt, da haben Sie den Leuten nach dem Mund geredet. Ich möchte Sie einmal erleben, wenn Sie in einer ernsthaften Konfrontation mit den Kolleginnen und Kollegen stehen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie sind doch heute schon vor 6.00 Uhr gekommen, damit Sie nicht mit den Gewerkschaften reden müssen.)

Lieber Kollege, ich war unten und habe die Kollegen zurzeit bei mir sitzen, sie warten auf mich. Also erst einmal überlegen, bevor Sie solche Zwischenrufe machen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

Außerdem kann ich mich noch sehr gut an meine Zeit erinnern, als ich mit meinen Gewerkschaftern gegen Ihren CDU-Kollegen Brick demonstriert habe. Aber auch da hat man im Sinne vernünftiger Gespräche eine Lösung gefunden, der Sie sich verschließen aus populistischen Gründen. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, die Zukunft MecklenburgVorpommerns liegt in der Bildungs- und Hochschulpolitik, da sind wir uns alle gleich, in der Auffassung zumindest.

In einer Auffassung sind wir uns nicht gleich: Ich sage, wir sagen, dieser Doppelhaushalt wird dem gerecht. Dafür haben wir in der Bildungs- und Hochschulpolitik sehr lange sehr hart gerungen – auch intern, das ist gar kein Geheimnis –, bis wir die hier vorliegenden Ergebnisse gefunden haben. Für unsere Schulen und Hochschulen haben wir sinnvolle Lösungen gefunden. Hier will ich allen Beteiligten von der Landesregierung und den Fraktionen sowie den entsprechenden Vertretern aus den Hochschulen für diese konstruktiven Verhandlungen danken.

Meine Damen und Herren, zur Absicherung der hundertprozentigen Unterrichtsversorgung für das Schuljahr 2004/2005 können wir trotz der schwierigen Haushaltslage den Bedarf von 883 zusätzlichen Lehrerstellen finanzieren.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Bitte?)

200 Stellen haben wir zusätzlich ins System bekommen. Für 663 Stellen sind Lösungen im Schulbereich selbst gefunden worden. Und, das sage ich hier ganz bewusst und ganz betont,...

(Unruhe bei Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Hören Sie doch bis zum Ende zu, dann können Sie das ja kommentieren!

... wir haben hier Lösungen gefunden, die, das wissen wir, dazu stehen wir und das vertreten wir, zum Teil schmerzlich sind, aber auch behutsam – und ich betone, behutsam –, wenn wir das zum Beispiel vergleichen mit anderen Ländern,

(Heike Polzin, SPD: Wenn wir das mit 1992 vergleichen.)

Ungleichgewichte beseitigen oder die Ideen von Herrn Wutzke. Er war, glaube ich, einmal Kultusminister der CDU hier im Land.

(Heike Polzin, SPD: Ja, ja.)

Wir haben also versucht, behutsam Ungleichgewichte zu beseitigen und die Unterrichtsqualität so wenig wie möglich zu belasten.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Wir stehen dafür ein, dass das Maß an erreichbarer Bildung allein von den bestmöglich geförderten individuellen Fähigkeiten der Kinder abhängt

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ja, deswegen machen Sie die Klassen größer!)

und eben nicht vom Einkommen der Eltern.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Dafür – das sage ich Ihnen ausdrücklich – stehen wir von der SPD-Fraktion.

(Unruhe bei Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Förder- stunden abgeschafft.)

Meine Damen und Herren, das zweite große Zukunftsthema sind die Hochschulen. Wir haben um diesen Doppelhaushalt auch so hart gerungen, damit die Hochschulen weiter die Leistungsträger und Impulsgeber für das Land bleiben können.

(Zuruf von Andreas Petters, CDU)

Aber, auch das sage ich in aller Deutlichkeit, die Hochschulen müssen und werden ihren Beitrag zu den Konsolidierungsmaßnahmen bringen. Dieser Beitrag ist aber so gestaltet, dass dort keine Impulse gebremst oder abgeschafft werden. Wir haben unseren Hochschulen 2002 Planungssicherheit garantiert und diesem Ziel sind wir wieder ein Stück näher gekommen.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Näher gekommen, ach so. Das hört sich gut an. – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Das kann man sicherlich unterschiedlich definieren oder bewerten oder es ist dann nachher Ihre Aufgabe.

In den vergangenen Jahren ist es uns gelungen, den Hochschulkorridor bei Einsparvorgaben nicht anzutasten. Das wird gerne vergessen, meine Damen und Herren. Auch in diesem Jahr erhalten die Hochschulen im Vergleich zu Reduzierungen in allen anderen Bereichen des Landes 10 Millionen Euro mehr als 2003, insgesamt also 376 Millionen Euro. Das sind rund 12.000 Euro pro Student. Bei den jetzt anstehenden Sparmaßnahmen im Bereich der Personalausgaben müssen, auch aus Gründen der Gerechtigkeit – diskutieren Sie mit den Kollegen, die zum Beispiel heute Vormittag draußen demonstriert haben –, die Hochschulen beteiligt werden. Über die Höhe haben wir hart verhandelt und einen Kompromiss erreicht, den wir hier mit gutem Gewissen vertreten können.

Meine Damen und Herren, ich komme zu weiteren heißen Eisen dieser Haushaltsberatungen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Alles wird gut!)