Protocol of the Session on February 18, 2004

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und die Beschäftigungsentwicklung sind für 2004 nicht nur unmittelbar bedroht, sondern ernsthaft und nachhaltig gestört. Anders als im Grundgesetz und in manch anderen Landesverfassungen ist diese Störungserklärung in Mecklenburg-Vorpommern auch bei einer Störung der Beschäftigungsentwicklung möglich. Mit dieser Ausnahmevorschrift darf man mit Sicherheit nicht leichtfertig umgehen. Wir haben es uns auch nicht einfach gemacht dabei. Die nach Artikel 65 Absatz 2 der Landesverfassung gerechtfertigte erhöhte Kreditaufnahme ist nach Umfang und Verwendung bestimmt und geeignet, diese von mir zitierte Störung abzuwehren. Der Landeshaushalt ist wegen seines Umfangs ein wichtiger Faktor für das Wirtschaftsleben und kann als Konjunktur steuerndes Instrument eingesetzt werden.

Nun neigt Politik sicher schnell dazu, in einer solchen haushaltspolitischen Situation volkswirtschaftliche Grundsatzdebatten darüber zu führen, ob es jetzt nicht an der Zeit sei, der ökonomischen Theorie von Keynes folgend mehr Schulden aufzunehmen, was andere Ökonomen wiederum strikt ablehnen. Die Antwort darauf ist recht einfach. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 18. April 1998 unmissverständlich dargelegt, dass die Vorschriften des Grundgesetzes, die denen unserer Landesverfassung entsprechen, auf den ökonomischen Theorien von Keynes gerade beruhen, wonach sich kontinuierliche Konjunkturzyklen durch finanzpolitische Maßnahmen des Staates beeinflussen lassen. Danach sei es vor allem in den Industriestaaten ökonomisch angezeigt und politisch geboten, die staatliche Haushalts- und Finanzpolitik im Interesse der Konjunkturstabilisierung auf eine antizyklische Steuerung des Konjunkturablaufs auszurichten und die dazu notwendigen rechtlichen Instrumentarien zu schaffen, so das Bundesverfassungsgericht. So viel auch zu den angeblich verstaubten Theorien des Ökonomen Keynes, vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorgehoben.

Ein Weiteres hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt.

Ich weiß, das ist jetzt eine trockene Materie, aber die Ankündigung der CDU, vor das Verfassungsgericht zu gehen, erfordert schlicht und einfach die klare Darlegung dessen, was ich Ihnen jetzt hier vortrage.

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Sie sollten genau zuhören, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

Das Bundesverfassungsgericht hat Folgendes klargestellt und das ist wichtig auch für Ihre Argumentation, die Sie hier immer gebracht haben: Ein Vorrang von Investitionsausgaben vor konsumtiven Ausgaben bei der Kreditfinanzierung lässt sich nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes nicht ableiten.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Haushalt ist es der Koalition gelungen, eine Koordination der Haushaltsplanung mit flankierenden gesetzgeberischen Maßnahmen und einer langfristig ausgerichteten Politik in Übereinstimmung zu bringen. Das hier mit dem Haushalt vorliegende Zahlenpaket soll eine Verstärkung des konjunkturellen Abschwungs durch die Haushaltspolitik des Landes vermeiden. Die erhöhte Kreditaufnahme ist im Zusammenhang mit der bereits eingeleiteten und mittelfristigen Konsolidierungspolitik geeignet zur Abwehr der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und der Beschäftigungsentwicklung.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 31. Oktober vergangenen Jahres hat allen politisch Verantwortlichen in den Ländern noch einmal nachdrücklich die engen Voraussetzungen vor Augen geführt, die wir aber mit dem vorliegenden Haushalt allesamt erfüllen. Wir müssen uns eins vor Augen halten: Niemand geht leichten Herzens den Weg über die Ausnahmevorschrift des Artikels 65 Absatz 2 der Landesverfassung. Würden wir aber diesen Weg jetzt nicht gehen, müssten wir stattdessen den Fehlbetrag spätestens im Haushaltsplan für das übernächste Haushaltsjahr einstellen.

Das hieße, über die in der Mittelfristigen Finanzplanung ohnehin vorgesehenen Kürzungen hinaus weitere schmerzhafte Einschnitte vornehmen zu müssen. Dieser Weg ist n ach unserer Auffassung falsch und würde die Impulse, die wir dann schon erwarten, für die wir sorgen wollen, wieder im Keim ersticken, meine Damen und Herren, und das kann nicht unser Wille sein.

Jetzt für 2004 weitere Einsparungen ohne zusätzliche Kreditaufnahme vorzunehmen wäre ebenso kontraproduktiv. Das hieße, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder die Störung in der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung zu vertiefen. Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Ein Sparen in die Krise hinein wird und darf es mit uns als SPD nicht geben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Deshalb haben wir alle Maßnahmen im Haushalt darauf ausgerichtet, die Beschäftigungsentwicklung im Land positiv zu beeinflussen, ohne die soziale Ausgewogenheit aus dem Blick zu verlieren.

Mecklenburg-Vorpommern – und das schien hier unstrittig zu sein nach den Ausführungen des Ministerpräsidenten und der Bestätigung durch Herrn von Storch – kann keine vom Bundestrend abgekoppelte Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik machen. Uns ist es aber mit

diesem Doppelhaushalt zentral wichtig, die Grundlagen so zu legen, dass der Zug an Mecklenburg-Vorpommern eben nicht vorbeifährt, wenn die Konjunktur bundesweit anspringt; und dass sie anspringt, dafür spricht doch einiges. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es auch so wichtig, dass wir die Wirtschaftsförderung weiter auf hohem Niveau halten.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Das ist ganz entscheidend, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und zukunftsfähige neue Arbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen weiterhin in der Wirtschaftsförderung die Mittel, die uns der Bund zur Verfügung stellt, in vollem Umfang nutzen. Der Bund hat gegenüber der ersten Planung für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ weitere 236.500 Euro für das Jahr 2004 bereitgestellt. Der seitens des Landes...

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: 230.000 Euro? Doch so viel?!)

Wäre Ihnen gar nichts lieber gewesen oder was?

... notwendige Kofinanzierungsanteil – wir reden über den Landeshaushalt, Kollege – in gleicher Höhe wird im Rahmen dieses Doppelhaushalts aufgebracht. Ich wüsste nicht, dass Sie dagegen gestimmt haben im Finanzausschuss, aber gut, wenn Sie meckern wollen.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Damit stehen für Infrastrukturinvestitionen einschließlich des Bundesanteils mehr als 77 Millionen Euro zur Verfügung, für Investitionen privater Unternehmen sogar rund 115,6 Millionen Euro. Das schafft und erhält Arbeitsplätze und genau das wollen wir!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und, meine Damen und Herren, solange für die Werften im Land die Kapazitätsbeschränkungen der EU noch gelten, sind die Werften auf Wettbewerbshilfen angewiesen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig!)

Daran hängen viele tausend Arbeitsplätze,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

nicht nur auf den Werften,

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

sondern auch bei vielen mittelständischen Unternehmen im Land!

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut, Herr Schlotmann! – Regine Lück, PDS: Das sehe ich genauso.)

Deshalb haben wir in einer enormen Kraftanstrengung gemeinsam mit der PDS – Ihr Grinsen müsste Ihnen da gleich wieder vergehen – den Haushaltsansatz für 2004 für die Werften um 6,7 Millionen Euro und für 2005 um 6,3 Millionen Euro angehoben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Das ist konkrete und verantwortungsbewusste Politik zur Sicherung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen auf den Werften und der Zulieferindustrie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Regine Lück, PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Zwischendurch sei auch noch einmal angemerkt, meine Damen und Herren, ich habe in der Sitzung zur Ersten Lesung dieses Haushaltes vor allem auch der Opposition versucht, in Erinnerung zu rufen, dass es einiges, vielleicht sogar vieles hier im Land gibt, was wir alle gemeinsam – Sie, wie die SPD, wie die PDS und andere, viele andere – hier im Landtag in den zurückliegenden 13 Jahren auf den Weg gebracht haben. Und ich sage Ihnen noch einmal wie schon bei der Ersten Lesung: Reden Sie deshalb nicht alles immer in Grund und Boden! Sie schaden nicht nur sich selbst, sondern allen anderen mit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, das sehr zarte Pflänzchen, das sich am Arbeitsmarkt andeutet –

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

ich drücke dies sehr bewusst ganz sorgsam und vorsichtig aus, weil...

Wir sind eigentlich positiv denkende Menschen. Wenn Sie da destruktiv sind, dann ist das Ihr Problem, damit müssen Sie klarkommen.

(Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Ich drücke dies sehr bewusst ganz sorgsam und vorsichtig aus,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

das zarte und sehr anfällige Pflänzchen am Arbeitsmarkt darf jetzt nicht durch einen rigorosen Sparkurs auf Teufel komm raus kaputtgespart werden. Haushaltspolitik ist für mich und meine Fraktion eben mehr als eine Aneinanderreihung von Zahlen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)