Protocol of the Session on January 28, 2004

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch der gestern vorgelegte Kompromiss zu den Einsparungen an den Hochschulen macht zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn.

(Volker Schlotmann, SPD: Aha!)

Bei der öffentlichen Anhörung der Hochschulen im Bildungsausschuss wurde sehr deutlich, dass die hohen Studentenzahlen zum jetzigen Zeitpunkt Stellenkürzungen nicht hergeben. Nun kommen zwar keine neuen Stellenkürzungen hinzu,

(Angelika Gramkow, PDS: Darüber sind wir auch sehr froh. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

aber die ursprünglich bis 2010 zu streichenden Stellen sollen bis zum 30.09.2004 eingespart werden.

(Angelika Gramkow, PDS: Ach was!)

Verstehe das, wer will, ich betrachte es als einen großen Verschiebebahnhof, von dem wohl so schnell kein Zug abfahren wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Eine Mogelpackung ist das!)

Und, Frau Finanzministerin, eigentlich müssten Sie bei all Ihren studierten Kabinettskollegen auf Verständnis und Entgegenkommen stoßen, denn sie haben alle und ausnahmslos ein Hochschulstudium absolvieren dürfen.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordne- ten der CDU – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und vielleicht kann sich ja diese geballte wissenschaftliche Fachkompetenz in unserem Landeskabinett dazu durchringen, den Hochschulen endlich uneingeschränkte Finanzautonomie zu gewähren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Jawohl!)

Dazu gehört dann auch die volle Übertragung der Liegenschaften und der Bauherrentätigkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, moderne Steuerungselemente können die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen natürlich nicht völlig wettmachen. Es wird also in der Zukunft auch zunehmend wichtig sein, für die Hochschulen weitere Finanzquellen zu erschließen. Dazu gehört das Einwerben von Stützungskapital und Spenden ebenso wie die Einführung von Studiengebühren und Absolventenprogrammen. Diese Mittel müssen den Hochschulen als zusätzliche Finanzeinnahmen komplett zufließen. Die private oder durch Dritte ermöglichte Finanzierung von Hochschulen darf immer nur als Ergänzung zu staatlichen Mitteln betrachtet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es darf auf keinen Fall zu einem Rückzug des Landes oder des Bundes aus der Hochschulfinanzierung kommen, auch dürfen diese privat oder über Dritte erworbenen Finanzmittel nicht zum Stopfen staatlicher Haushaltslöcher benutzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Basisfinanzierung ist und bleibt Aufgabe des Bundes. Zusätzlich eingeworbene Finanzmittel stehen den Hochschulen frei zur Verfügung. Das Einwerben von Drittmitteln ist bereits fester Bestandteil in zahlreichen Forschungsbereichen an unseren Hochschulen. Diese Drittmittelfähigkeit würde jedoch durch die geplanten Stellenkürzungen an unseren Hochschulen auch in diesem Jahr verloren gehen, denn für jede Drittmittelbeantragung ist auch eine personelle Grundausstattung notwendig. Ohne personelle Grundausstattung keine Drittmittel, ohne Drittmittel keine Forschung, ohne Forschung keine Zukunftsfähigkeit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich müssen viele Aufgaben auf der Bundesebene gelöst werden und wir können Sie, Herr Ministerpräsident, nur bitten, Ihren Einfluss dort geltend zu machen, so zum Beispiel auch bei der Umsetzung des lange geforderten Wissenschaftstarifs, der bei der Besoldung der Professoren und der Vergütung des wissenschaftlichen Personals künftig wesentlich stärker leistungsorientiert und flexibler sein muss, damit die Hochschulen im internationalen Forschungswettbewerb standhalten können, aber auch mit der Wirtschaft konkurrieren. Forschung und Wissenschaft funktionieren nicht wie öffentlicher Dienst. Wir haben hier die Aufgabe der Drittmitteleinwerbung, Ausgründungen, besondere Anforderungen in Lehre und Forschung, einen hohen Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen, Wettbewerbsdruck – all das muss durch ein besonderes Tarif- und Vergütungssystem aufgefangen werden. Dafür müssen finanzielle Spielräume geschaffen werden, die nicht der jeweiligen Kassenlage unterliegen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion betrachtet die Hochschulen unseres Landes als Motoren für die Landesentwicklung. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, die Hochschulen nicht weiter buchhalterisch zu verwalten, sondern ihre volkswirtschaftliche Bedeutung in den Vordergrund zu stellen. Wer auf einem Feld ernten will, der muss es rechtzeitig bestellen und sorgfältig beackern. Wir wollen Hochschulen, die sich ihre Professoren und Stundenten selbst auswählen können. Wir wollen Hochschulen, die ohne staatliche Reglementierung und Eingriffe ihre Schwerpunkte setzen. Wir wollen Hochschulen, die sich zusätzliche Finanzmittel erschließen dürfen, ohne dass der Staat sich Zugriffsmöglichkeiten vorbehält. Wir wollen Hochschulen, die eine breite und solide Grundlagenforschung betreiben können, und wir wollen Hochschulen, die frei und eigenverantwortlich lehren und forschen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Eine For- derung der CDU fehlt aber noch. Das müssen Sie vollständig sagen!)

Und dazu brauchen wir eines in der Bundesrepublik ganz bestimmt nicht: Elite-Universitäten,

(Reinhard Dankert, SPD: Frau Merkel will Studiengebühren.)

die aus dem Boden gestampft werden, um von den tatsächlichen Problemen in der Hochschul-, Forschungsund Wissenschaftspolitik abzulenken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr wahr!)

Es ist absolut widersinnig, auf Bundesebene ein Programm einzuführen, um Elite-Universitäten zu schaffen,

(Reinhard Dankert, SPD: Spitze!)

auf der anderen Seite aber die Mittel für den Hochschulbau einzukürzen. Ebenso widersinnig ist es, an den Hochschulen des Landes ausgerechnet zu dem Zeitpunkt Stellen zu streichen, an dem die Studentenzahlen einen Höchststand erreicht haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Wer Böses denkt, könnte meinen, dass die Hochschulen an ihren Aufgaben scheitern sollen, damit staatliche Eingriffe in Zukunft wieder möglich sind.

(Reinhard Dankert, SPD: Na, na, na!)

Ernsthaft wollen kann das aber keiner. Und deshalb müssen auf Landes- und Bundesebene alle Schritte unternommen werden, um die Hochschulen aus der staatlichen Überreglementierung zu befreien.

Meine Damen und Herren, am Ende meiner Ausführungen habe ich eine Bitte an Sie alle: Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, dass jeder Bereich unserer Gesellschaft und unseres Staates vom Bildungssystem lebt. Jeder Systembereich kann nur so gut sein, wie die Menschen, die ihn ausgestalten, gebildet sind. Das sollten wir bei allen Sparzwängen niemals aus den Augen verlieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Lochner-Borst.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der SPD-Fraktion Frau Polzin.

(Wolfgang Riemann, CDU: Heike hat auch mal studiert.)

Frau Präsidentin! Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zurufe von einzelnen Abgeordneten der CDU: Guten Morgen!)

Es ist schon eine interessante Angelegenheit mit der Aktualität.

(Wolfgang Riemann, CDU: Hat lange ge- braucht, bis Ihr aufgewacht seid, ne, Heike?! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Herr Riemann, ich wundere mich ohnehin, dass Sie hier sitzen. Ich glaube, Sie hätten hier heute eine wichtigere Aufgabe gehabt. Aber wenn man bei Bildung noch ein bisschen was dazulernen kann,

(Wolfgang Riemann, CDU: Was kann wichtiger sein als Bildung?)

sollten Sie dabei sein, das ist schon in Ordnung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Angelika Peters, SPD: Jawohl!)

Wenn wir schon mal bei Aktualität sind, denke ich, die CDU-Fraktion hat in der Tat ein Thema benannt, das sehr aktuell, sehr brisant ist.

(Harry Glawe, CDU: Schönen Dank, Frau Polzin!)

Aber mitunter ist das mit der Aktualität ja so schnell anders. Ich habe das soeben an der Rede von Frau Lochner-Borst bemerkt, die sicherlich am Wochenende sehr gründlich recheriert hat, um ihre Rede zusammenzutragen. Aber die Gegebenheiten dieser Woche – und damit meine ich die Ergebnisse des Kompromisses, der gestern schon über die Ticker lief – haben natürlich die Aktualität dieser Rede wieder in einigen Teilen in Frage gestellt und ich bin sehr froh darüber.