Protocol of the Session on December 22, 2003

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Bündelung von Aufgaben in größeren Verwaltungseinheiten erleichtert die Spezialisierung des Personals und beseitigt Doppelstrukturen. Mecklenburg-Vorpommern hat mit einer erfolgreichen Verwaltungsreform die Chance, sich als modernes innovatives Land zu profilieren. Das wollen wir nutzen, denn die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes hängt heute mehr denn je auch von einer modernen und leistungsfähigen Verwaltung ab.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, machen Sie doch mal!)

Meine Damen und Herren, machen Sie mit, machen Sie mit und bremsen Sie nicht! Wir sparen, meine Damen und Herren, und stellen Weichen zum Beispiel für leistungsfähige Kommunen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es geht darum, die Kommunen langfristig auf eine breite finanzielle Basis zu stellen, und deshalb ist es gut, dass Regierung und Opposition zu einer Einigung über die Gemeindefinanzreform gekommen sind. Den Kommunen bleibt, anders als ursprünglich von der CDU gefordert, die Gewerbesteuer erhalten. Die Umlage wird zugunsten der Kommunen von 28 auf 20 Prozent abgesenkt. Ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis. Allerdings, auch darauf weise ich hin, wäre die Entlastung der Kommunen mehr als doppelt so hoch gewesen, wenn die Union das Steuervergünstigungsabbaugesetz nicht blockiert hätte.

Ich freue mich aber, meine Damen und Herren, dass die Union wenigstens den Widerstand gegen die Mindestgewinnbesteuerung aufgegeben hat, denn gerade Großunternehmen werden es in Zukunft deutlich schwerer haben, sich der Gewerbesteuer zu entziehen. Nach dem vereinbarten Kompromiss können sie jetzt von dem Jahresgewinn maximal 80 Prozent mit bis dahin aufgelaufenen Verlusten verrechnen und 40 Prozent müssen mindestens versteuert werden. Und das wird zu einer Verstetigung der Steuereinnahmen beitragen.

Meine Damen und Herren, die Entlastungen durch die Gemeindefinanzreform nützen den Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern dauerhaft.

Meine Damen und Herren, im Übrigen bin ich doch gespannt – Herr Rehberg hat hier einige heilige Kühe der Union noch einmal sehr, sehr deutlich verteidigt, weil ja in den letzten Tagen darüber diskutiert worden ist –, ob die Reform nicht gleich weitergeführt wird auf der Grundlage des Konzeptes, das Friedrich Merz eingebracht hat. Ganz abgesehen davon, dass Herr Stoiber sagt, dort besteht eine Finanzierungslücke von 24 Milliarden, die SPD-Bundestagsfraktion rechnet mit einer Finanzierungslücke von 30 Milliarden, bin ich gespannt, ob Sie tatsächlich bereit sind, an Ihre heiligen Kühe heranzugehen oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Harry Glawe, CDU: Sie müssen was machen!)

Im Vermittlungsausschuss war es so, Herr Rehberg, dass dort die Bremsen doch von der Union kamen und nicht von den Mitgliedern der Regierungsfraktionen.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

Meine Damen und Herren, um die Kommunen auch kurzfristig noch stärker zu unterstützen,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

haben wir die Zuweisungen an die Kommunen gegenüber dem Plan für 2004 und 2005 um 35 Millionen Euro angehoben, davon 10 Millionen Euro mit investiver Bindung, und zur teilweisen Gegenfinanzierung werden die Landesmittel für das kommunale Investitionsprogramm um 3 Millionen Euro gekürzt. Mit Wirkung ab 2005 wird die vom Land gewährte Mindestgarantie der Kommunen abgeschafft. Dann werden die Zuweisungen wieder an die reale Steuerentwicklung gekoppelt und damit holen wir nach, was in anderen Ländern längst Realität ist. Die Finanzministerin hat Sie, Herr Rehberg, nach den Entwicklungen in Baden-Württemberg gefragt. Ich könnte Sie genauso nach den Entwicklungen in Bayern fragen. Sind dort nicht die Zuweisungen für die Kommunen gekürzt worden? Ich könnte Sie nach Brandenburg, nach Sachsen und nach Sachsen-Anhalt fragen, denn dort ist das schon längst passiert, was wir im Jahr 2005 beginnen wollen, nämlich die Steuern nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz zu verteilen. Und ich weise noch einmal darauf hin, dass es im Land Mecklenburg-Vorpommern bisher die höchsten Zuweisungen pro Kopf im kommunalen Finanzausgleich gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Wir sparen, meine Damen und Herren, aber da, wo etwas getan werden muss, handeln wir. Und deshalb haben wir trotz schwieriger Finanzsituation bei der Unterrichtsversorgung noch einmal nachgelegt. Die Bildungspolitik ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung, aber auch in diesem Bereich müssen wir überlegen, wie man effizienter und sparsamer wirtschaften kann. Zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung stellen wir dennoch ab 2004 Geld für zusätzlich 200 Lehrerstellen bereit. Aber zukünftig müssen wir genauer darauf schauen, dass eine stark zurückgehende Schülerzahl in etwa parallel läuft mit dem Zurückgehen der Zahl der Lehrkräfte. Das ist in den letzten Jahren eindeutig nicht so gewesen. Ich begrüße es, Herr Rehberg, dass Sie zu diesem Punkt gesagt haben, dass Sie bereit sind, mit uns beispielsweise über die kleine Grundschule auf dem Lande zu reden und auch über einzügige Schulen. Ich glaube, beides sind Punkte, die dazu führen, dass wir im durchschnittlichen, ich wiederhole, im durchschnittlichen Lehrer-Schüler-Verhältnis eine im positiven Sinne Spitzenstellung in der Bundesrepublik Deutschland einnehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben außerdem mit dem neuen Kindertagesstättenförderungsgesetz den Anspruch auf gleiche Bildungschancen schon im Vorschulalter gestärkt. Ich glaube, das ist angesichts der Haushaltssituation eine große zu würdigende Kraftanstrengung, die das Land hier unternommen hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der PDS)

Wir sparen und handeln, wo es notwendig ist. Der Schiffbau und sein maritimes Umfeld mit einer Vielzahl moderner Dienstleistungs- und Technologiefirmen sind ein wichtiges wirtschaftliches Standbein für MecklenburgVorpommern. Ich glaube, unsere Werften sind, was die Modernität angeht, gut gerüstet für die Zukunft, aber sie haben durch Kapazitätsbeschränkungen der Europäischen Union und Dumpingpreise der Südkoreaner mit

massiven wirtschaftlichen Nachteilen zu kämpfen. Und deshalb, die Finanzministerin hat schon darauf hingewiesen, werden wir mit einer großen Kraftanstrengung d i e Werfthilfe 2004 um 6,7 Millionen Euro und 2005 um 6 , 3 Millionen Euro aufstocken, um in dieser schwierigen Phase die Werften dabei zu unterstützen, die Aufträge, die sie an Land ziehen können, auch tatsächlich an Land zu ziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Kapazitätsbeschränkungen noch vor Ende 2005 geöffnet oder aufgehoben werden, damit unsere Werften davon profitieren können, wenn die Konjunktur wieder an Fahrt gewinnt.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Meine Damen und Herren, alles deutet darauf hin, es gibt einen Stimmungsumschwung in der deutschen Wirtschaft und die Wirtschaftsinstitute sagen einen Aufschwung im nächsten Jahr voraus. Auch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern wächst die Zuversicht – ein starker Anstieg bei den Anträgen auf Fördermittel, eine Vielzahl von Investitionsabsichten, eine deutliche Steigerung der Gewerbeanmeldungen und im Handwerk hat sich im westlichen Landesteil das Geschäftsklima zum ersten Mal seit langem wieder leicht verbessert. Ich glaube, all das zusammengenommen zeigt, dass viele eine Menge vorhaben, und wir setzen alles daran, ihnen dabei den Rücken zu stärken. Ich bin überzeugt, dass es bei einer erfolgreichen Umsetzung der Reformen, die die Bundesregierung mit der Agenda 2010 angepackt hat, auch einen wirtschaftlichen Aufschwung geben wird.

Die im Vermittlungsausschuss beschlossenen Steuererleichterungen für die Bürger und die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind ein wichtiges positives Signal. Und wir sollten das nicht kleinreden, das kann die Binnennachfrage ankurbeln. Deutschland hat gezeigt, dass es in der Lage ist, wichtige Reformen anzupacken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch wenn die Kompromisse nicht jedem schmecken, das Land hat Reformfähigkeit bewiesen.

Meine Damen und Herren, 2003 war ein schwieriges und turbulentes Jahr, aber es war auch ein Jahr, in dem wichtige Weichen gestellt wurden im Land und im Bund. Doch Reformen brauchen Zeit, bis sie ihre Wirkung für alle spürbar entfalten. Und deshalb wird auch 2004 kein einfaches Jahr. Wir werden alle Kräfte unseres Landes brauchen, um Mecklenburg-Vorpommern weiter nach vorne zu bringen. In Berlin haben die großen Parteien Kompromissbereitschaft und Reformfähigkeit bewiesen. Ich meine, wir sollten auch hier im Land keine Konfrontation um der Konfrontation willen betreiben. Dafür haben die Menschen angesichts der Herausforderungen, die sie zu meistern haben, kein Verständnis.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Wort zum Schluss an die Opposition, die Finanzministerin hat auch schon etwas dazu gesagt: Sie haben in der vorigen Woche einige eigene Sparvorschläge eingebracht, darunter einige Ladenhüter, die Sie zum wiederholten Male platzieren, und einige nicht nachvollziehbare Zahlen. Aber ich sage auch: Einiges von dem, was Sie aufgeschrieben haben, entspricht unseren Vorstellungen,

und man wird sicherlich darüber reden, wie es die Finanzministerin angekündigt hat.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns zum Wohl der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zusammenarbeiten. Ich glaube, die Menschen haben es verdient. Ich wünsche Ihnen allen, meine Damen und Herren, in allen Fraktionen ein friedliches, schönes und ruhiges Weihnachtsfest. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Danke schön, Herr Ministerpräsident.

Die angemeldete Redezeit der Landesregierung wurde überschritten, so dass entsprechend Paragraph 85 der Geschäftsordnung die CDU-Fraktion sieben Minuten zusätzlich zur verbleibenden Redezeit erhält.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als Erstes möchte ich Herrn von Storch ausdrücklich sagen, dass ich ihm natürlich die zusätzlichen sieben Minuten gönne, weil wir alle schon auf die konkreten Vorschläge des CDUKonzepts gespannt sind. Dafür braucht man dann sicherlich auch sieben Minuten länger.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der 6. November diesen Jahres war ein besonders schwarzer Tag für die öffentlichen Haushalte. Gegenüber den Ergebnissen der Maisteuerschätzung ergab die Novembersteuerschätzung für 2003 und 2004 eine Steuermindereinnahme von insgesamt über 19 Milliarden Euro in der Bundesrepublik, davon entfallen auf die Länder insgesamt 8,2 Milliarden Euro. Die Verarmung der öffentlichen Haushalte hat damit einen neuen dramatischen Höhepunkt erreicht. Diese Entwicklung, wir wissen es, ist die Folge der erheblich hinter den Prognosen zurückbleibenden Konjunkturentwicklung und der aktuellen Steuerschwäche, die auch durch zu geringe Steuergerechtigkeit verursacht wird.

Auch für unser Land hat diese Entwicklung katastrophale Auswirkungen. Die Steuereinnahmen für 2003 betragen demzufolge nur 4,6 Milliarden Euro, das sind 190 Millionen Euro weniger als im Haushaltsplan veranschlagt, und rund 50 Millionen Euro weniger als 1995. Für 2004 betragen die Steuermindereinnahmen gegenüber dem zurzeit zu beratenden Haushaltsplanentwurf, wie wir bereits gehört haben, 210 Millionen Euro und für 2005 280Millionen Euro. Dies ergibt für die Jahre 2003 bis 2005 in der Summe knapp 700 Millionen Euro. In dieser Höhe kamen diese Steuerausfälle überraschend, denn noch Ende September bestand durchaus die Möglichkeit, die Schätzzahlen vom Mai zu erreichen.

Sehr verehrte Damen und Herren, in solch einer Situation hat die Politik nur wenig Alternativen, um kurzfristig den Haushaltsausgleich zu sichern. Trotz sofortiger Sperre für sächliche Verwaltungsausgaben bleibt für das abgelaufene Jahr 2003 demzufolge nur noch die Möglichkeit, auf das nicht mehr verwaltbare Defizit von 225 Millionen Euro durch eine höhere Nettokreditaufnahme zu reagieren. Mit dem vorliegenden Entwurf des zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes wird diesen Erfordernissen entsprochen und die Anhebung der Kreditermächtigun

gen von derzeit 826 Millionen Euro auf 1 Milliarde und 51 Millionen Euro vollzogen. Dieses ist für die SPD-Fraktion alternativlos, auch wenn damit der Nettokreditbedarf als Jahresneuverschuldung der höchste ist seit 1990.

Dieses Kreditvolumen übersteigt die Summe der eigenfinanzierten Investitionen von 884,8 Millionen Euro um rund 167 Millionen Euro. Die Verfassungskonformität des Haushalts ist nach Artikel 65 Absatz 2 der Landesverfassung und Paragraph 18 Absatz 1 der LHO aber trotzdem gegeben, Herr Rehberg, weil in Mecklenburg-Vorpommern zweifellos eine ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts beziehungsweise eine schwerwiegende Störung der Wirtschafts- und Beschäftigtenentwicklung zu verzeichnen ist. Ich glaube, ich brauche das hier nicht mit Daten und Fakten zu untersetzen. Ich glaube, wir wissen alle, wie dramatisch die Situation in unserem Land ist. Die erhöhte Kreditaufnahme ist demzufolge erforderlich, um eine weitere Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu vermeiden und gleichzeitig die vorliegende ernsthafte und nachhaltige Störung der Wirtschafts- und Beschäftigtenentwicklung zu überwinden.

Und an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich Folgendes an Herrn Rehberg, auch wenn er jetzt nicht im Plenarsaal ist: Nehmen Sie zur Kenntnis, der Haushalt für 2003 ist verfassungskonform und auch der Haushalt für 2004 wird verfassungskonform werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Angelika Gramkow, PDS: Aber nicht verfas- sungsgemäß, aber nicht verfassungsgemäß!)

Sehr geehrte Damen und Herren, für die Jahre 2004 und 2005 ist es natürlich nicht möglich, die Steuerausfälle nur durch zusätzliche Kredite auszugleichen. Dies würde die ohnehin schon hohe Verschuldung unseres Landes dramatisch verschärfen und das wäre auch das Ende der seit 1998 erfolgreichen Konsolidierungspolitik von SPD und PDS. Dies hat die SPD-Fraktion für sich als Grundlage genommen, um in einem Mix von Maßnahmen zu entscheiden und durch diesen Maßnahmenmix die aktuellen Steuerausfälle für 2004 und 2005 von 490 Millionen Euro zu kompensieren. Zu diesem Maßnahmenmix gehören insbesondere drei Punkte:

Erstens gehören dazu Einnahmeverbesserungen von insgesamt 150 Millionen Euro durch die Realisierung des Verkaufs von Forderungen aus dem Jahr 2003 in Höhe von 50 Millionen Euro und die Neuveranschlagung von EU-Einnahmen aus 2003 in Höhe von 100 Millionen Euro. Weitere Einnahmeverbesserungen wurden zwar umfassend geprüft, wie zum Beispiel Verwaltungsgebühren, Verkauf von Vermögen oder Beteiligungen, aber sie können aus unterschiedlichen Gründen leider kurzfristig zu keiner wesentlichen Entlastung des Landeshaushalts genutzt werden.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie waren nicht mehrheitsfähig.)

Aus unterschiedlichen Gründen.

Zweitens gehören zu dem Maßnahmenmix Ausgabenkürzungen, man kann auch sagen, Sparen. Durch Änderungen an Bundesleistungsgesetzen und durch Personalmaßnahmen sollen insgesamt 128 Millionen Euro eingespart werden, dazu gehört auch der Abbau von 2.000 Stellen in der Landesverwaltung. Es bleibt aber das Ziel der SPD-Fraktion, betriebsbedingte Kündigungen zu