Protocol of the Session on December 10, 2003

Als Steuerungsinstrument entwickelte man das Instrument der Landespflegeplanung. Man hat gesagt, die Einrichtungen, die wir in unsere Landespflegeplanung aufgenommen haben, das sollen die sein, die von dieser Förderung partizipieren. So kommt der zeitliche Fortschritt dergestalt, dass im Jahr 2001 das Bundessozialgericht in einer bemerkenswerten Entscheidung gesagt hat, das Thema, ob eine Einrichtung gefördert werden kann oder nicht, darf nicht abhängig davon gemacht werden, ob eine Einrichtung in einer Landespflegeplanung Aufnahme gefunden hat oder nicht. Dies entspricht nicht der Intention des Pflegeversicherungsgesetzes.

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass das Pflegeversicherungsgesetz zum 01.01.1995 in Kraft getreten ist und einen Paradigmenwechsel in vielerlei Hinsicht vorgenommen hat. Und einer dieser Paradigmenwechsel war, dass man weggegangen ist von einer Bedarfsprüfung. Das heißt, Länder und Kommunen waren nicht mehr in der Situation, eine Bedarfsprüfung vornehmen zu müssen, sondern es wurde ein Wettbewerb hergestellt. Die einzige Voraussetzung, um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können, war das Thema Fachlichkeit. Ich musste, wenn ich einen Versorgungsvertrag haben will, meine fachliche Qualifikation nachweisen. Niemand prüft mehr das Thema Bedarf.

Und um noch mal auf diese BSG-Entscheidung zurückzukommen, das BSG hat gesagt, eine der Hauptintentionen war die Herstellung von Wettbewerb auf dem Pflegemarkt. Und wenn das Land über das Thema Pflegeplanung in diesen Wettbewerb eingreift, indem es sagt, Sie erhalten Förderung und Sie erhalten keine, dann ist das eine Wettbewerbsverzerrung, die rechtswidrig ist. Vor dieser Situation stehen alle neuen und alten Bundesländer gleichermaßen, denn das Thema Objektförderung ist in allen Bundesländern so vorgenommen worden. Alle Bundesländer haben objektmäßig Pflegeeinrichtungen gefördert und stehen seit dem Jahr 2001 nach Ergehen dieser BSG-Entscheidung vor der gleichen Situation und dem musste man Rechnung tragen.

Aber, Herr Glawe, ich muss Ihnen widersprechen

(Harry Glawe, CDU: Das wundert mich eigentlich.)

beim Thema Copyright auf die Liquiditätshilfe, die wir jetzt gemeinsam beschlossen haben. Das Thema Copyright auf Liquiditätshilfe liegt letztendlich bei den betroffenen Einrichtungen, Verbänden und Einrichtungsträgern, die uns darauf aufmerksam gemacht haben, dass es hier zu Liquiditätsengpässen kommen kann.

(Harry Glawe, CDU: Ja, das haben sie gemacht.)

Das ist kein Copyright der CDU

(Harry Glawe, CDU: Auch.)

und dem haben wir uns – ich weiß nicht, ob wir schneller waren als Sie, wahrscheinlich ist das so – dann gemeinsam angeschlossen.

Ich möchte jetzt zum CDU-Antrag kommen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich erspare mir hier, auf die Haushaltsrede Ihres Fraktionsvorsitzenden einzugehen. Dieser hat uns im Rahmen seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfes sonst was vorgelesen, wie Verschwendung, wir schmeißen das Geld aus dem Fenster.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat der Rechnungshof doch gestern festgestellt.)

Ja. Nur, Herr Riemann, dann hätte ich gerade von Ihnen, speziell von Ihnen in persona, erwartet, dass Sie zu Ihrem Änderungsvorschlag auch einen entsprechenden Deckungsvorschlag unterbreiten,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

denn jedwede Verlängerung des bestehenden Gesetzentwurfes führt zu Mehrkosten im Landeshaushalt. Also wenn man den Vorschlag von Ihnen aufgreift, bei dem Sie sagen, ein halbes Jahr Verlängerung würde der Sache gut tun, das würde der Sache gut zur Brust stehen, dann reden wir über Mehrkosten von rund 3,5 Millionen Euro.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja. Die können Sie doch bei Sachverständigen und Gutachten locker einsparen.)

Dann müssten Sie doch, wenn Sie hier ernst genommen werden wollen, auch sagen, woher Sie die 3,5 Millionen Euro nehmen wollen. Das ist doch der Punkt. Sie müssen dann sagen, woher die kommen sollen.

(Beifall Torsten Koplin, PDS – Ute Schildt, SPD: Genau.)

Einen derartigen Deckungsvorschlag habe ich aus den Reihen der CDU nicht vernommen.

(Torsten Koplin, PDS: Das hätten wir gerne gehört.)

Und dann muss man sich auch die Frage stellen: Was würde das letztendlich verändern? Was würde sich in der Sache verändern, wenn wir das tun, was Sie mit Ihrem Antrag verfolgen? Es würde sich nichts verändern. Der Sachverhalt bleibt, wie er ist. Die BSG-Rechtsprechung ist im Raum und wir müssen uns rechtlich dieser BSGRechtsprechung fügen und unsere landesgesetzlichen Regelungen müssen wiederum dieser Rechnung tragen. Deswegen werden wir als SPD-Fraktion Ihren Änderungsantrag, Ihren Antrag ablehnen.

(Harry Glawe, CDU: Der Änderungs- antrag kommt auch noch.)

Ihren Antrag werden wir ablehnen.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Das ist ja unglaublich!)

Jetzt kommen wir zum Gesetzentwurf der Landesregierung einschließlich der Ergänzungen des Sozialausschusses.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Da muss man die Sachen mal auseinander halten.

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Die Frage ist: Was wird kritisiert? Ist es im originären Sinne unser Landesgesetzentwurf oder sind es Gemengelagen, die letztendlich auf andere Sachverhalte zurückzuführen sind? Eine der Tatsachen, die stark kritisiert wird, ist das Thema Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens. Hier wird kritisiert, nicht ganz zu Unrecht, sage ich an dieser Stelle, dass das Ganze innerhalb kurzer Zeit operationalisiert werden soll und wir da spät dran sind. Das ist bekannt, das ist auch ein Problem. Ich habe mich im Sozialausschuss zu diesem Thema schon deutlich bekannt, indem ich gesagt habe, ich sehe die Schwierigkeiten. Gleichwohl sehe ich keine Möglichkeit, das In-Kraft-Treten dieses Gesetzentwurfes weiter hinauszuziehen, weil ich nicht weiß, wie die Mehrbelastungen, die daraus entstehen würden, finanziert werden sollen.

Der zweite Kritikpunkt, der kommt, ist das Thema, wir schaffen Ungerechtigkeit.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist richtig. Da haben Sie mal was Richtiges festgestellt: Sie schaffen Ungerechtigkeiten.)

Nein, das ist der Punkt, Herr Riemann. Die Ungerechtigkeit wird nicht bei uns im Lande geschaffen, denn wir müssen konstatieren, dass wir es mit zwei unterschiedlichen Regelungskreisen zu tun haben. Wir haben auf der einen Seite bei uns im Lande Einrichtungen, die – der Begriff ist heute schon ein paarmal gefallen – über die so genannte Artikel-52-Förderung finanziert worden sind. Die Artikel-52-Förderung griff zum 01.01.1995 im Rahmen des In-Kraft-Tretens des Pflegeversicherungsgesetzes. Und zwar ging der Bund richtigerweise von folgendem Sachverhalt aus: Er hat gesagt, in den neuen Ländern besteht nach wie vor ein Defizit bei der Infrastruktur im Pflegebereich.

Um diese Infrastrukturlücke zu schließen, organisieren wir über das Pflegeversicherungsgesetz für den Zeitraum von zehn Jahren einen Kapitaltransfer in die neuen Länder. Das hat man getan. Diese Regelung läuft demnächst aus und diese Artikel-52-Förderung ist eine sehr auskömmliche Förderung. Die Einrichtungen wurden teilweise in Höhe bis zu 100 Prozent subventioniert. Andere haben ihre Grundstücke mit eingebracht. Irgendwo zwischen 90 und 100 Prozent lag die Subventionierung der Artikel-52-geförderten Einrichtungen mit der Konsequenz, dass die Belastungen in diesen Einrichtungen gering sind. Die Belastungen sind gering, denn der Paragraph 82 Absatz 3 SGB XI sagt im Detail, welche Belastungen Einrichtungsträger als so genannte betriebsnotwendige Aufwendungen an ihre Bewohner weitergeben können. Das sind Zinsen, Mieten, Investitionskosten et cetera. Nur wenn ich als Einrichtungsträger diese Kosten

nicht gehabt habe, kann ich damit im Grunde genommen auch keinen weiter belasten. Jetzt ist wegen dieser Unterschiede, die entstehen, auf der einen Seite zwischen diesen Artikel-52-Häusern und auf der anderen Seite bei den Häusern, die nach Landesförderung gefördert worden sind, der Vorschlag einer Umlage immer wieder erhoben worden. Also Einrichtungsträger, Verbandspolitiker erhoben alle die Forderung nach einer Umlage. Nur keiner hat uns eine rechtskonforme, eine rechtssichere Lösung vorstellen können.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist nicht wahr!)

Keiner hat uns eine rechtssichere Lösung vorstellen können. Das würde ich gern diskutieren.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, ich bin gerne bereit dazu.)

Auf der einen Seite ist es eine Sache, die der Bundesgesetzgeber kann. Und die einzige Möglichkeit, die wir haben, um als Land in irgendeiner Form darauf eingehen zu können, ist der Paragraph 9 Pflegeversicherungsgesetz, und der gibt uns so weitreichende Handhabungen nicht. Wenn man das täte, ich sage mal, das ist mindestens so risikobehaftet wie alles andere, was hier kritisiert wird. Also: Artikel-52-Einrichtungen auf der einen Seite und nicht geförderte Landeseinrichtungen auf der anderen Seite, das führt zu Ungleichheit, zu Ungerechtigkeit.

Wir haben als SPD-Fraktion unsere Möglichkeiten genutzt, um auf der Bundesebene hier zu Veränderungen zu kommen. Das hat nicht zum Erfolg geführt, weil in dieser Deutlichkeit nur das Land Mecklenburg-Vorpommern von dieser Entwicklung betroffen ist. Deshalb ist das auf Bundesebene nicht zu Gehör zu bringen gewesen. Ich sage mal, auch andere haben sich bemüht, Wohlfahrtsverbände, Verbandsvertreter. Auch die sind in der Regel auf der Bundesebene vertreten. Da passierte nichts.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Wir sind weiter an der Sache dran. Wir werden diese Sache weiter verfolgen. Im Jahr 2004 ist auf der Bundesebene eine Veränderung des SGB XI, des Pflegeversicherungsgesetzes, geplant und wir wollen sehen, ob wir dann noch einmal den Fuß in die Tür kriegen. Wir haben entsprechende Gespräche geführt, dass mit einer Novellierung des Pflegeversicherungsgesetzes eine rechtskonforme Umlage möglich sein wird, die dann in unseren Einrichtungen zu einer gleichmäßigen Belastung führen wird.

(Beifall Dr. Till Backhaus, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Jetzt möchte ich mich noch kurz dem Änderungsantrag der CDU zuwenden. Der Änderungsantrag, der darauf abzielt, unseren Gesetzentwurf dergestalt zu verändern, dass wir auch die Refinanzierung von Grundstücken und Grundstückserschließungen möglich machen, stimmt, Herr Glawe. Es gibt so eine Rechtsprechung des BSG zu dem Thema, dass auch die Grundstücke und die Erschließung von Grundstücken zu betriebsnotwendigen Aufwendungen zu zählen sind. Es gibt eine Rechtsprechung zu dem Thema, die richtet sich aber, wie Sie das richtigerweise schreiben, gegen den Paragraphen 82 SGB XI, weil der Ausschluss der Refinanzierung über die betrieb s n o twendigen Aufwendungen für Grundstücke und für die Erschließung von Grundstücken da zunächst manifestiert ist. Das heißt, die Geschichte richtet sich in erster Linie gegen Bundesrecht und wir würden gerne mit Verände

rungen warten, bis der Bundesgesetzgeber sich im Rahmen seiner Novellierung dieser Sache stellt. Deswegen werden wir auch diesen Änderungsantrag ablehnen.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Torsten Renz, CDU: Das ist ein Fehler.)

Zum Inhalt unseres Landespflegegesetzes hat sich der Sozialausschussvorsitzende hinreichend positioniert.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Ministerin hat noch einmal die Sache wiederholt beziehungsweise ergänzt. Ich möchte Sie recht herzlich bitten, dem Entwurf des Landespflegegesetzes Ihre Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)