Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanzsituation der Kommunen in der gesamten Bundesrepublik hat sich seit dem Jahr 2001 dramatisch verschlechtert. In jenem Jahr trat das Steuersenkungsgesetz des Bundes in Kraft und spätestens seit dem 11. September 2001 befindet sich die Konjunktur weltweit auf Talfahrt. Steuersenkungen und konjunkturelle Schwächephasen sind nicht geeignet, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Außerdem sind eine Reihe von Leistungsgesetzen des Bundes in Kraft getreten, die die Kommunen zusätzlich belastet haben. Insbesondere die soziale Grundsicherung für Sozialhilfeempfänger beziehungsweise dauerhaft Erwerbsunfähige und die stufenweise Erhöhung des Kindergeldes haben die kommunalen Haushalte mit belastet.
Insofern war es aus meiner Sicht folgerichtig, dass das Bundesland Schleswig-Holstein einen Gesetzentwurf zur Konsolidierung der Gemeindefinanzen in den Bundesrat eingebracht hat. Dieser Gesetzentwurf basiert auf Ergebnissen der Gemeindefinanzreformkommission, die die Bundesregierung im Jahr 2002 eingesetzt hat. Gerade weil die Ergebnisse dieser Kommission bislang nur ungenügend in die vorgelegten Gesetzesvorschläge Eingang gefunden haben, hat sich Schleswig-Holstein zu diesem aus meiner Sicht kommunalfreundlichen Schritt entschieden. Ich muss sagen, dass ich es sehr bedauere, meine Damen und Herren, dass die CDU-geführten Länder im Bundesrat diesen Entwurf ablehnen wollen.
Die Landesregierung hat diesen Entwurf von Schleswig-Holstein unterstützt. Und ich will hinzufügen, dass die Länder insgesamt, aus meiner Sicht jedenfalls, besser als der Bund einschätzen können, wie die konkrete Situation auf der untersten Ebene, nämlich bei Städten, Gemeinden und Kreisen, tatsächlich ist.
Deshalb darf das Parteibuch bei dieser wichtigen Frage keine Rolle spielen. Ich sage das auch selbstkritisch, Herr Dr. Jäger.
Mir gefällt auch nicht gänzlich, was die Bundesregierung hierzu im Gesetzentwurf zur Reform der Gewerbesteuer vorgelegt hat.
Das gefällt mir nicht ganz. Aber ich habe selbst gelesen, und Sie auch, dass die SPD-Bundestagsfraktion diesen Gesetzesentwurf noch einmal im kommunalen Sinne verändern will. Ich bin mir sicher – auch angesichts der Erörterungen, die derzeit stattfinden –, dass die Koalitionsfraktionen des Bundestages den Gesetzentwurf in Richtung des Kommunalmodells aus der Reformkommission verbessern werden. Damit wird auch den Vorschlägen Rechnung getragen, die zum Beispiel Frau Roth, auch CDU-Mitglied, seit langem erhebt.
Sorgen bereitet mir allerdings, das will ich einräumen, dass in den Reihen der CDU/CSU eine Reihe von verschiedenen Steuerreformmodellen kursieren. Das könnte auch dazu führen, dass es am Ende zu keiner Einigung kommt und damit die Kommunen auch im Jahre 2004 keine zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten erhalten. Deswegen, und das meine ich jetzt tatsächlich so, wie ich es sage, müssen wir auch hier im Landtag, Herr Dr. Jäger, parteiübergreifend auf alle Bundespolitiker einwirken, damit eine kommunalfreundliche Regelung gefunden wird, und zwar ab dem 1. Januar 2004.
Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der Gemeindefinanzreformkommission waren auch in der Bewertung der Betroffenen positiv. Es gab viel Verständnis für das so genannte NRW-Modell. Dieses Modell hat – anders als das BDI-Modell – das Ziel verfolgt, die Einnahmeseite der Kommunen zu stabilisieren, und zwar so, dass die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können, in guten wie in schlechten Zeiten. Die Reform der Gewerbesteuer beinhaltet demnach, Frau Gramkow hat ja schon darauf hingewiesen, folgende wesentliche Punkte:
4. Einführung eines Freibetrages von 25.000 Euro zur Milderung der Steuerbelastung für Existenzgründer und kleinere Unternehmen
5. Kompensation durch Absenkung der Steuermesszahl der Gewerbesteuer und Einführung einer differenzierten Steuermesszahl für Personen und Kapitalgesellschaften
Diese Punkte wurden öffentlich begrüßt, zwar nicht vom BDI, aber von Seiten der Wirtschaft. Und ich sage auch, dass dieses Modell in der Gemeindefinanzreformkommission durchgerechnet wurde. Ich weiß es deswegen, weil auch die Innenministerkonferenz dort vertreten war und parteiübergreifend zugestimmt hat. Es führt zur deutlichen Stabilisierung bei den Kommunen, aber auch zur Verbesserung bei Bund und Ländern. Und die Belastung der Wirtschaft, die es gibt, meine Damen und Herren, ist vertretbar.
Herr Rehberg hat gestern gesagt, dass man sozusagen bei der Gemeindefinanzreformkommission erst einmal auf die Länder und den Bund zeigen muss, denn diese müssen die Haushaltslöcher der Kommunen stopfen.
Herr Rehberg, ich bin sehr gespannt auf Ihren Beitrag. Auch dem Bund und den Ländern steht das Wasser bis zum Halse und dieser Fingerzeig auf andere führt doch zu keinem Ergebnis.
Jede Seite muss in die Lage versetzt werden, Politik machen zu können, und zwar gerade auch auf kommunaler Ebene, meine Damen und Herren.
Entscheidend ist, und das ist tatsächlich der wunde Punkt in der derzeitigen Debatte, dass durch Gestaltungsfreiheit im Hebesatzrecht und durch die steuerliche Verbindung von Kommunalpolitik und örtlicher Wirtschaft ein wirtschaftspolitischer Gestaltungsspielraum in den Kommunen erhalten bleibt, man kann auch sagen, wieder geschaffen werden muss.
Meine verehrten Damen und Herren, ich meine, wir kommen hier tatsächlich nur parteiübergreifend weiter.
Das sage ich auch in Richtung des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion Herrn Merz, der die ganze Reform auf das Jahr 2005 verschieben will. Ich kann nur davor warnen.
So viel zum Geschehen auf der politischen Bühne in Berlin, die für uns existenziell wichtig ist. Ich will Ihnen aber auch sagen, und zwar aus Sicht des Kommunalministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern, welche Rückwirkungen Berliner Entscheidungen auf die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern haben, sowohl hinsichtlich der Einnahmeentwicklung als auch hinsichtlich der Ausgabenbelastung. Zur Beschreibung der Ausgangslage muss man feststellen, dass es den Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 1995 bis 2000 gelungen ist, ihre Haushalte zu konsolidieren.
Wiesen die Haushalte noch in 1995 einen negativen Finanzierungssaldo von 125 Millionen Euro auf, so wurde dieser im Jahr 2000 auf positive 46,8 Millionen Euro verbessert.
Ab 2001, meine Damen und Herren, ich habe darauf hingewiesen, vollzogen auch die kommunalen Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern eine finanzielle Kehrtwende zum Schlechteren.
Hintergrund war, wie ich schon sagte, die Steuersenkung, der 11. September, mehr Aufgaben und steigende Ausgaben.
und damit lagen die Kommunen wieder unterhalb der Marke des Jahres von 1995. Damals, 1995, waren es 125,6 Millionen Euro negativer Finanzierungssaldo.
Wenn die Kommunen sich auch selbst um Konsolidierung bemühten, das muss der Ehrlichkeit halber gesagt werden, so sind hier noch nicht alle Ziele erreicht. So stehen unsere Kommunen im ostdeutschen Vergleich unter den Kommunen in der Investitionstätigkeit schlecht da.