(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Harry, läufst du jetzt zur Höchstform auf? – Harry Glawe, CDU: Nee. – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Nicht wirklich.)
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Anwesende! Sie haben gewiss Verständnis dafür, dass ich mich nicht zu den Dingen äußern kann, die jetzt in die Diskussion gekommen sind, sondern nur zu dem, was mir als Antrag vorliegt.
Das, was heute hier vorgelegt wurde, denke ich mal, ist ein erster Schritt, den die Opposition gegangen ist, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Endlich und, ich meine, relativ spät
können wir vermerken, dass auch die Opposition des Landtages in Sachen Kita einen Erkenntnisgewinn, und zwar Erkenntnisgewinn aus den zahlreichen öffentlichen Diskussionen zur Novelle,
Endlich bekennen auch Sie sich zur Notwendigkeit eines modernen vorschulischen Bildungsangebotes und Sie wollen auch dafür Geld in die Hand nehmen.
Aber wie Sie das tun oder tun wollen, zeigt meines Erachtens eben doch, dass Sie das Thema dem Grunde nach noch nicht so richtig ernst nehmen.
Der von Ihnen vorgelegte Entwurf ist doch eigentlich nur ein taktisches Manöver. Wie gesagt, ich beziehe mich auf das, was Sie schriftlich eingereicht haben.
Irgendwie möchten Sie als Opposition sich die Forderung der Träger aus der öffentlichen Anhörung zunutze machen,
Forderung nach mehr Geld, ohne dafür ein eigenes Patent oder ein eigenes Rezept in der Hand zu halten.
Es ist nicht zu Ende überlegt und es ist ein Dokument ohne einen wirklich bildungspolitischen Anspruch. Das Rezept des Antrages ist relativ einfach: Man nehme 7 Millionen Euro, verteile sie gleichmäßig auf die Anzahl der in dem Lande vorhandenen Kindergärten und erhalte im Ergebnis eine höhere Qualität der Kindertagesbetreuung.
(Beate Schlupp, CDU: Einfache Rezepte funk- tionieren aber besser als die komplizierten. – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)
Das, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, reicht nicht aus. Schon bislang werden durch das Land, die Gemeinden und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe 80 Prozent der Kosten der Kindertagesbetreuung getragen. Hierbei beziehe ich auch die Ersetzung von Elternbeiträgen mit ein. In vielen Einrichtungen unseres Landes wird mit diesem Geld und dank der engagierten Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher eine sehr gute Arbeit geleistet.
Leider können wir dennoch nicht davon sprechen, dass überall im Land für jedes Kind eine gleich gute Vorbereitung auf die Schule erfolgt. Zu unterschiedlich sind die Ausgangssituationen bei den einzelnen Trägern. Zu unterschiedlich sind auch die Schwerpunkte in den einzelnen Einrichtungen
und zu differenziert sind auch die Herausforderungen der Zukunft, denen unsere Kinder gewachsen sein müssen.
Es reicht nicht, mehr Geld einfach ins System zu geben. Die Erfahrung zeigt, es müssen gleichzeitig Festlegungen dazu getroffen werden, wofür und mit welchem Ziel das Geld ausgegeben werden soll. Das hätten Sie verinnerli
In den zehn Eckpunkten der Frauen-Union vom 12. Mai 2003 heißt es unter dem Punkt „Bildung in den ersten zehn Lebensjahren“: „Wir brauchen ein umfassendes Bildungsverständnis, das der frühen Förderung der Kinder vor Eintritt in die Schule einen höheren Stellenwert gibt. Das Ziel ist eine optimale kind- und altersgerechte Förderung in Elternhaus und Betreuungseinrichtungen. Dazu gehören Maßnahmen“ – ich betone, Maßnahmen – „zur Stärkung der sozialen Kompetenz ebenso wie zur Verbesserung der Sprachkompetenz, für bilinguale Sprachangebote, zur besseren Verzahnung von vorschulischem Bereich und Grundschule aus pädagogischen Gründen, zur Förderung der Kinder mit dem Ziel einer frühzeitigen Einschulung sowie zur wirksamen Förderung bildungsbenachteiligter Kinder insbesondere mit Migrationshintergrund.“
Wo bleiben all diese guten Erfahrungen und Erkenntnisse in Ihrem Gesetzentwurf, verehrte Damen und Herren von der Opposition? Sie, Herr Rehberg, haben am 30.07. des vergangenen Jahres in einer Presseerklärung verlautbaren lassen, es ginge angesichts der PISA-Studie jetzt um realistische Vorschläge. Sie haben damals vorgeschlagen, im letzten Kindergartenjahr ein qualifiziertes pädagogisches Angebot, was immer man darunter auch verstehen mag, einzuführen.
Was Mecklenburg-Vorpommern, was die Kinder in unserem Land wirklich brauchen, ist ein Gesetz, das alle Anbieter in die Pflicht nimmt, ein hohes Maß an Leistung im Interesse der Jüngsten in unserer Gesellschaft zu erbringen. Kindertagesförderung ist ein familienergänzendes Angebot. Die Institutionen der Kindertagesbetreuung müssen die Eltern bei ihren Erziehungs- und Bildungsaufgaben unterstützen. Und diese Notwendigkeit ist inzwischen unbestritten.
Bereits 2002 haben die Jugendminister der Bundesrepublik einvernehmlich einen Beschluss gefasst, die frühkindliche Bildung und Erziehung, insbesondere jedoch auch die Vorbereitung auf die Schule zu stärken. Entsprechende Bildungskonzeptionen werden inzwischen in den Bundesländern, so zum Beispiel in Bayern, RheinlandPfalz, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg erarbeitet. Auch wir werden diese mit unserem Gesetzentwurf, den wir als Regierung vorlegen, zur nächsten Landtagssitzung vorschlagen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, wahrlich nicht das Kampfblatt der PDS, bekannte am 01.09.2003 wörtlich: „Umso wichtiger ist es, dass die inhaltliche Arbeit im Kindergarten festgelegt wird.“ Und worauf wollen Sie dann noch warten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition?
Fakt ist, dass die Kinderärzte beklagen, dass immer mehr Kinder in Mecklenburg-Vorpommern bei der Feststellung der Schulreife erhebliche Defizite aufweisen. Diese beziehen sich auf alle Kompetenzen, die ein Kind innerhalb seiner vorschulischen Phase entwickeln muss. Besonders deutlich sind bei den Einschulungsuntersuchungen zunehmende Defizite in der Sprachentwicklung, in der Fein- und Grobmotorik sowie im Mengen- und Formverständnis. Etwa 20 Prozent der Kinder haben damit keine Perspektive für einen erfolgreichen Schuldurchlauf bereits bei Schuleintritt.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, nimmt die Politik in die Verantwortung. Die Konsequenz aus der PISA-Studie ist nicht, den Kindergarten für das schlechte Abschneiden der Fünfzehnjährigen in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich zu machen, nein. Aber PISA hat gezeigt, wie deutlich der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und erfolgreicher Bildungsbiographie in Deutschland ist. Und daraus gilt es, Konsequenzen zu ziehen, auch mit dem zu novellierenden Gesetz.