Protocol of the Session on September 10, 2003

Eines ist doch sicherlich klar – Herr Thomas hat das ja mit einem gewissen Lob verbunden –, die Opposition

muss die Landesregierung nicht zur Arbeit tragen, um einen Ausspruch von heute aufzunehmen, erst recht nicht bei unserem Bemühen zur Erhöhung der Schiffssicherheit in der Ostsee. Ich finde den Appell von Herrn Thomas sehr gut, dass wir sozusagen Streitigkeiten von früher beenden und zusammenarbeiten sollten und dass wir eine Abkehr von dem vergangenen Handeln praktizieren sollten. Also ich muss sagen, ich habe kein Problem. Ich muss mich nicht umstellen, ich war schon früher dazu bereit. Ich denke, wenn wir gemeinsam so vorgehen, dann werden wir vielleicht auch über die Ländergrenzen hinweg mehr erreichen. Insofern bedanke ich mich auch für die Einbringung dieses Antrages heute und ich hoffe auf gute Zusammenarbeit in der Zukunft. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Thomas von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich glaube, einiges war nicht so gemeint. Es war mehr gemeint, dass der Innenausschuss eigentlich in dem Bereich Katastrophenschutz auch einiges mit dazu beitragen kann. Weiter ist dieses Know-how, denke ich, auch mit vorhanden und ich bitte jetzt nicht zu unterstellen, dass die anderen Ausschüsse das nicht hätten.

Die „Pallas“-Katastrophe machte klar, dass das deutsche Katastrophenmanagement das eigentliche Problem ist, das ist ja auch unstrittig bei uns. Dass wir vor allem präventiv denken und handeln müssen, auch das ist Gott sei Dank unstrittig, um Katastrophen auf See und im Küstenmeer erstens zu verhindern, das ist das Entscheidende, und zweitens effektiv bekämpfen und eindämmen zu können. Ich würde gerne, das habe ich auch schon gesagt, im Interesse der Sache auf alle Rückblicke verzichten, und zwar auch auf die Argumentation, wer Recht hatte. Fakt ist, dass die Gefahr vor unserer Küste weiter wächst. Das größte Unfallrisiko war, ist und bleibt der Mensch, gefolgt vom Unfallrisiko Materialermüdung, fehlende Doppelhülle, aber auch Überregulierung im Sicherheitssystem der Länder.

Damit kommen wir zum Kernproblem, zu den organisatorischen Voraussetzungen für ein funktionierendes „Sicherheitskonzept Ostsee“, nämlich zur deutschen Küstenwache, an der wir eben nicht vorbeikommen. Das Havariekommando, Sie sagten es richtig, ist der erste Schritt, das ist das Machbare, also positiv. Was sagen aber die Berichte dazu, der Endbericht und der Zwischenbericht? „Die Halbherzigkeit der gesamten Rechtskonstruktion zeigt sich in der Vielzahl der begleitenden Rechtsakte:“, so der Zwischenbericht, Seite 25 (im Übrigen). Der Endbericht ist da viel deutlicher. Zitat: „Ein Vorbild ist nach wie vor die US-Coast Guard, der es mit zu verdanken ist, dass Schiffsunfälle vor den USKüsten relativ selten sind.“ Weiter im Endbericht: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass es trotz angespannter Haushaltslage bei Bund und Ländern noch keine erkennbaren Anstrengungen zu Synergieeffekten in Richtung auf eine Deutsche Küstenwache gibt. Die derzeitigen Strukturen sind nicht mehr zeitgemäß und der aktuellen Lage nicht mehr angepasst.“ Weiter im Endbericht: „Die Forderung nach einer deutschen Küstenwache ist daher in vollem Umfang aufrechtzuerhalten“.

So der Endbericht. Ich denke, das stützt auch unsere gemeinsame Auffassung.

Im Punkt 2 wird die Überwachung und Regelung des Schiffsverkehrs in der Kadetrinne und auf dem Tiefwasserweg Weg T sowie weiterführender Transitwege durch die Verkehrszentralen wie bei der Flugsicherung gefordert. Im Zwischenbericht heißt es dazu, Zitat: „Der Faktor Mensch ist das Kernproblem der Schiffssicherheit. Dieser Faktor wird in der aktuellen Diskussion weit unterschätzt. Ein völlig neuer Regelungsansatz, der sich an der Luftfahrt orientieren könnte, ist erforderlich.“ Dazu wird richtigerweise und ergänzend auch auf die zukünftige Kombination von AIS und Black Box hingewiesen. Im Endbericht wird das bekräftigt. Damit wird unser Punkt 2 letztlich von den Gutachtern im Zwischen- und Endbericht bestätigt. So, wie ich informiert bin, bei allem, was an Risiken dabei ist, muss aus Sicherheitsgründen im Zusammenhang mit dem Jachthafenbau „Hohe Düne“ ohnehin ein neuer Antennenträger aufgestellt werden. Wir meinen, und das wäre ein Vorschlag, das könnte gleich am Darßer Ort geschehen, denn von dort aus kann die Kadetrinne optimal überwacht werden.

Die Lotsenannahmepflicht, wir hatten schon darüber gesprochen, darüber besteht Einigkeit, ich denke, da müssen wir uns weiter engagieren, um das international bei der IMO durchzusetzen. Eine Lotsenpflicht für bestimmte Risikogebiete, zum Beispiel für die Kadetrinne, ist leider nach der ersten dänischen Einladung vom 5. Mai 2003 in Helsinki noch nicht absehbar. Lotsenzwang, das war ja auch Ihr Petitum, für PSSA-Gebiete unterliegt außerhalb der nationalen Souveränität dem internationalen Seerecht. Da kommen wir an Russland nicht vorbei, denn Russland wird weiterhin blockieren.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Sie haben schon fast eingelenkt.)

Wir müssen einfach darüber nachdenken und über die Bundesrepublik auf Russland Einfluss nehmen. Eine andere Chance gibt es nicht.

Aber absolut nicht nachvollziehbar, aus meiner Sicht, ist die Tatsache, dass trotz dieser internationalen Rahmenbedingungen die Lotsenpflicht für alle Tankschiffe in den küstennahen Gewässern Deutschlands per Verordnung erst im Mai diesen Jahres und nach jahrelangem Hickhack mit Seerechtlern und Umweltschützern geregelt worden ist. Ich denke, das kann in Zukunft schneller gehen, da wir in absehbarer Zeit in der Kadetrinne eben nicht mit einer Lotsenpflicht rechnen können. Das Gefahrenpotential steigt aber ständig und deshalb müssen wir über andere Formen der Risikominimierung nachdenken. Aus diesem Grunde sind wir auf den Ansatz EscortSystem gekommen, weil sich das nach der „Exxon-Valdez“-Katastrophe in den Vereinigten Staaten bewährt hat, und wir werden hier in der Kadetrinne wahrscheinlich nicht umhinkommen. Sie sagten, es wird schon einiges getan, aber das genügt aus unserer Sicht noch nicht, das kann noch verstärkt werden. Wir wollen das nicht so machen wie Greenpeace mit dem Entern. Ich glaube aber, da kann noch einiges verbessert werden. Escort heißt auch, bei richtigen Risikoschiffen schon vermehrt Schlepper einzusetzen. Das ist das Escort-System der Vereinigten Staaten.

Herr Innenminister, ich denke, Sie kennen das Problem, dass die Wasserschutzpolizei in dem Seegebiet Darßer

Ort und Dornbusch präsenter sein muss, weil sich dort der nordöstliche Ausgang der Kadetrinne befindet und die Entfernung zu den Heimathäfen in einer 12-StundenSchicht zu groß ist von den jetzigen Stationierungsorten. Als Standorte der Küstenstreifenboote „Granitz“ und „Usedom“ sind die Häfen Saßnitz und Freest vorgesehen. Von Saßnitz zum Darßer Ort sind es 50 Seemeilen und bis zum östlichen Ausgang der Kadetrinne 45 Seemeilen. Also hier, denke ich, kann seepolizeilich auch einiges verbessert werden. Das ist ein wichtiger Standort und hier werden sich zukünftige Aktionen, auch im Bereich Offshore, bündeln. Damit müssen wir rechnen und die Polizei muss dort präsent sein. Von den Drogenanlandungen will ich erst gar nicht reden, das gehört hier nicht her.

Zu unserem Punkt 5, absoluten Vorrang, und das hatten wir gesagt, für ein wirksames „Sicherheitskonzept Ostsee“ hat ein zukunftsfähiges – ich betone, zukunftsfähiges – Notschleppkonzept. Sie haben das BodewigKonzept erwähnt. Das ist ein, aus meiner Sicht, Zwischenkonzept bis zum Jahre 2005. Im Zwischen- und Endbericht wird auf dieses Konzept verwiesen, die von ihren Standorten aus am Ende in zwei Stunden jeden Havaristen erreichen sollen. Das ist eine Errungenschaft, die uns aber erst nach der Katastrophe zugestanden wurde. Zukünftigen Anforderungen wird dieses Konzept aber nicht mehr gerecht.

Zitat im End- und Zwischenbericht: „Moderne Schlepperkonzepte werden auf relativ hohe Geschwindigkeit, große Zugstärke, eventuell variablen Tiefgang, Gasschutz und Aufnahmemöglichkeit für Einsatzstäbe und Schiffbrüchige Wert legen müssen.“ Und ich füge die Eisverstärkung mit höherer Maschinenleistung hinzu, um Havaristen auch zukünftig aus dem Eis bergen zu können. Weiter heißt es: „Nach der nochmaligen Verlängerung der Charterfristen für die ‚OCEANIC‘ und ‚FAIRPLAY 26‘ könnte das endgültige Schlepperkonzept nach 2005 verwirklicht werden.“ Und das ist unsere Chance. Jetzt können wir einmal gemeinsam und mit Druck darauf Einfluss nehmen, dass wir das bekommen, was wir zukünftig hier in der Ostsee wirklich benötigen.

Leider hat die Bundesregierung in einer Antwort vom 15. Juli für die Nordsee einen Schlepper mit 160 Tonnen Pfahlzug präferiert, obwohl schon nach der „Pallas“-Katastrophe in einem Gutachten eindeutig von 190 Tonnen gesprochen worden ist. 160 Tonnen, das entspricht den bisher vorhandenen vier Sicherheitsschleppern der Briten und den zwei der Franzosen, nicht aber den zukünftigen Anforderungen an ein Sicherheitskonzept Nordsee, wenn die Tiefseehäfen ausgebaut sind und riesige Containerschiffe dort ein- und auslaufen, die etwa 10.000 bis 12.000 Tonnen Treibstoff an Bord haben. In der Ostsee wurde dieser Pfahlzug auf 70 bis 100 Tonnen gedrückt. Ich wiederhole das, was ich im vorigen Jahre hier gesagt habe, das war sehr einfach und simpel. Die Teilprojektgruppe Notschleppkapazität legte falsche Voraussetzungen fest, nämlich, dass der Havarist schon 30 Grad im Wind liegt, also zu dreiviertel. Ein manövrierunfähiger Havarist liegt aber quer, also 90 Prozent im Wind und nicht 30. Er muss vom Schlepper erst in den Wind gezogen werden und dazu braucht er den höheren Pfahlzug. Ich denke, darüber sollten wir reden und die Chance nutzen, damit wir nach 2005 auch wirklich dieses Schiff hier in die Ostsee bekommen. Und nach solchen Vorgaben kann das ISSS Hamburg natürlich nur zu solchen Ergebnissen kommen. So einfach ist es leider nun mal.

Der Endbericht spricht hier, aus unserer Sicht, eine sehr deutliche Sprache, ohne sich direkt auf den Pfahlzug festzulegen. Wir benötigen in der Ostsee – und zwar aus Sicht der Experten, wir haben da schon öfter drüber diskutiert, wir sollten weiterreden – etwa 150 Tonnen Pfahlzug, um auch bei extremen Wettersituationen Aframax-Tanker mit 130.000 Tonnen bei Sturm auf den Haken nehmen zu können.

Die „Prestige“ hat uns allen gezeigt, wir brauchen mindestens einen starken Schlepper, der das in der Ostsee auch wirklich leisten kann. Und der Stationierungsort, in Anlehnung an den „Oceanic“-Stationierungsort in der Nordsee, sollte auch in der Nähe Darßer Ort sein, und zwar als Hafen, möglichst in der Warteposition direkt an der Kadetrinne, so, wie es bei der „Oceanic“ in der Nordsee praktiziert wird.

Der Endbericht präferiert also den starken Schlepper, darüber haben wir auch sehr viel gestritten. Ich würde mich freuen, wenn wir es dieses Mal, und zwar im Hinblick auf das neue Konzept 2005, gemeinsam anpacken und durchsetzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Im Abschlussbericht wird auch auf die Gefahren durch Terrorismus sehr deutlich hingewiesen. Das Schiff als Waffe. Massenvernichtungswaffen können per Schiff transportiert und gezielt eingesetzt werden. Passagierund Kreuzfahrtschiffe und vor allem Fähren können Ziele von Terroranschlägen sein, auch wenn wir uns das heute noch nicht vorstellen können. Fakt ist aber auch, die Terrornetzwerke verfügen laut „Schiff & Hafen“ Nummer 8 diesen Jahres bereits über eigene so genannte maritime Experten. Auf Druck der USA sind zwar Securitymaßnahmen in Häfen und auf See beschlossen worden, die ab 1. Juli nächsten Jahres verwirklicht sein müssen. Fakt ist aber, dass die Reeder diese neuen Sicherheitsmaßnahmen auf die Besatzungen umlegen werden. Die werden vor allen Dingen bei den Revierfahrten noch höher belastet und der Faktor Mensch wird zu einem noch größeren Risiko. Auch das müssen wir beachten. Der Bericht sagt abschließend, Zitat: „In den USA wird die US Coast Guard mit allen wesentlichen Aufgaben beauftragt“, also auch mit den Aufgaben der Terrorismusbekämpfung. Auch darüber sollten wir reden, was wir in Deutschland machen können.

Bezogen auf die deutsche Küstenwache im Vergleich mit dem Luftraum ist im Endbericht als Empfehlung nachzulesen, Zitat: „Eine ernsthaft betriebene Gefahrenabwehr im Luftraum braucht nicht nur ein Lagezentrum, sondern schnell wirkende Einsatz- und Zwangsmittel.“ Weiter: „Auch hier wird derzeit über die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung – in diesem Fall zum Einsatz der Bundeswehr – nachgedacht.“ Das heißt aber für uns, bezogen auf die Kadetrinne, darauf will ich mich mal beziehen, dass wir im Ernstfall auch auf die Bundesmarine zurückgreifen müssten. Das Argument, die sind zu stark bewaffnet, zählt nicht, denn wir haben nicht die Einsatzmöglichkeit wie die US Coast Guard, um Terrorangriffe wirksam abwehren zu können.

In der Abschlussempfehlung 2 wird, Zitat: „eine interventionsfähige Küstenwache als Kontrollinstrument auf See“ gefordert. Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen.

In der Empfehlung 4 zur Begründung heißt es, Zitat: „Schnelle Reaktion und Durchsetzungskraft (Interven- tionsfähigkeit) entscheiden häufig über den Erfolg. Die

Bekämpfung terroristischer Bedrohungen auf See und im Hafen treten als neue Aufgaben hinzu.“ Und dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen. Ich denke, dem können wir auch folgen.

Zu unserem Punkt 6. Ich denke, es kann keinen Widerspruch geben, wenn ich sage, Offshorewindanlagen sind aus der Sicht der Schiffssicherheit zusätzliche Gefahrenpotentiale. Offshorewindanlagen sollen zum großen Teil in der Ostsee in Tiefen über der 10-Meter-Linie errichtet werden. Havaristen können also in der Ostsee auf Grund laufen, aber auch in Offshorewindparks hineintreiben. Ein 100.000-Tonner-Tanker als Havarist in Kollision mit einem Offshoregiganten, der größer als der Kölner Dom ist, das ist kein Sciencefiction, das ist am Ende aller dort vorgesehenen Projekte möglich. Und das ist ein Szenario, wo wir uns wirklich überlegen müssen, was wir als zusätzliche Sicherheiten einbauen.

Das BSH genehmigt zurzeit die Offshoreanlagen in einem Abstand zu den Schifffahrtswegen von 2 Seemeilen und 500 Metern. Jeder weiß, dass das einfach nicht genügt. Unser Vorschlag wäre, den Abstand in Seemeilen wie folgt zu errechnen: Die Warnzeit wird mit 0,3 Stunden angesetzt, plus der Hilfszeit von 2 Stunden, plus der Eingreifzeit von 2 Stunden, plus der Stoppzeit von 0,3, mal der Driftgeschwindigkeit des Havaristen, die wird mit 3 Seemeilen angenommen – das war in etwa die Driftgeschwindigkeit der „Lucky Fortune“ bei der Havarie vor Helgoland, das dürfte realistisch sein –, dann kommen wir auf circa 13,8 Seemeilen, ich will sagen 14 Seemeilen. Und ich denke, das ist ein Abstand zu den Offshoreanlagen, mit dem man dann auch aus der Sicht der Schiffssicherheit leben kann. Das ist im Übrigen auch ein mittelfristiger Wert, der mit 2 Stunden Fahrtzeit zum Havaristen von den vorhandenen Schleppern noch nicht erreicht werden kann. Die in Frage kommenden Schlepper in Saßnitz und in Rostock brauchen dazu, wenn wir den oberen Ausgang und das Pilotprojekt Darß nehmen, 4 bis 4,5 Stunden. Diese Zeit ist also schon für die Zukunft im positiven Sinne so ausgerechnet.

Der Endbericht verweist im Zustandsbericht auch auf die bereits vorhandene flächenintensive Nutzung und stellt fest, dass auch eine Raumplanung für Randmeere wie Nord- und Ostsee erforderlich wird. Soviel ich weiß, liegt jetzt auch ein entsprechendes Rechtsgutachten vor, was Ihre und unsere Intention unterstützt. Ich glaube, das ist auch gut so, das stützt deutlich unsere gemeinsame Auffassung.

Als Notliegeplätze an der deutschen Ostseeküste sind die Reeden in der Kieler Förde, die Innenreede von Wismar, die Reede von Rostock, von Altefähr, Stralsund, Saßnitz sowie der Stadt- und Fährhafen vorgesehen. Nothäfen sind Flensburg, Kiel, Puttgarden, Lübeck, Wismar, Rostock, Warnemünde, Stralsund und Saßnitz. Die „Prestige“-Katastrophe machte klar, wie wichtig die Notliegeplätze sind. Der Kapitän der „Prestige“, der wollte unter Land bleiben. Dieser Mann, der so hingestellt worden ist, ist überhaupt nicht schuld an dieser Katastrophe und deren Schäden, die am Ende 12,5 Milliarden Euro betragen. Und wie wir, die Politik, der Realität hinterherlaufen, auch über die EU, zeigt die geplante Erhöhung des Haftungsfonds jetzt auf 1 Milliarde Euro, wenn wir das in Relation sehen.

Der deutsche Entwurf des Nothafenkonzeptes, der basiert auf der IMO-Resolution vom November 1997. Der

Herr Minister sagte schon, dass die Annahme eines Havaristen in den Häfen auf den Reeden in jedem Fall besser ist als das, was auf See passieren kann. Das gilt auch für unsere Küsten, aber kein Hafenkapitän will das. Aber es gibt dazu keine Alternative und deswegen sollten wir das auch gemeinsam tragen. Die Entscheidung zur Zuweisung eines Nothafens muss aber allein dem Leiter des Havariekommandos beziehungsweise dem Leiter der zukünftigen Küstenwache obliegen.

Zeitvorgaben für internationale Richtlinien und Verpflichtungen sowie EU-Richtlinien für ein Nothafenkonzept sind leider von den Anrainerstaaten noch nicht ganz eingehalten worden. In Deutschland fehlt aus unserer Sicht das präventive Vorhalten der Technik in Nothäfen und in der Nähe der Reeden. Dazu gehören zum Beispiel Pontons zum Leichtern, also Ölabpumpen, die als Arbeitsbühnen auch bei Havaristen eingesetzt werden beziehungsweise beim Havaristen verbleiben. Zur Ölhavarievorsorge, in Verbindung mit dem Nothafenkonzept, gehört aber auch die Technik zum Leckverschluss. Die muss im Hafen sehr schnell erreichbar gelagert werden. Die Lagerung und Bergung von Ölbindern, zukünftige und neuartige Ölaufnahme- und Lagersysteme für den küstennahen Bereich und Kapazitäten zum Transport sowie zur Entsorgung von Ölunfallschadstoffen müssen, nach unserer Meinung, in der Nähe der Nothäfen und Reeden auch sehr schnell verfügbar sein.

Seit Januar 2002 sind die schon bestehenden Richtlinien zu Hafenstaatenkontrollen durch die EU verschärft worden. 19 europäische Staaten haben sich zur technischen Kontrolle fremdflaggiger Schiffe in ihren Häfen verpflichtet. Der Herr Innenminister sagte es schon, wir haben das Ziel von 25 Prozent nicht erreicht, aber im ersten Quartal mit 26,8 Prozent schon erreicht. Ich denke auch, dass das gut ist. Genauso gut ist, dass die Festhaltegründe verschärft wurden.

Wir meinen – und da kommen wir noch einmal auf die Wasserschutzpolizei –, dass wir mit einer Stärkung der Wasserschutzpolizei den zukünftigen Mehraufgaben, mit Schwerpunkt in Rostock und Saßnitz, gerecht werden müssen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das heißt, wenn wir mehr Kontrollen wollen, brauchen wir natürlich auch mehr Besichtiger. Wir gehen davon aus, dass das über das Innenministerium auch aufgenommen wird und die Stärkung der Wasserschutzpolizei weiter vorangetrieben wird.

Abschließend noch etwas zu der verbesserten Zusammenarbeit zwischen EU und Ostseeanrainern, wie von uns abschließend vorgeschlagen. Nach dem Flaggenstaatenprinzip sind die Kontrollen der eigenen Schiffe und der Klassifikationsgesellschaften festgeschrieben. Die EU will die Kontrolle, vor allem der Klassifikationsgesellschaften, verschärfen. Die „Prestige“ hatte offenbar ihre eigene Klassifikationsgesellschaft und deswegen müssen die Klassifikationsgesellschaften auch verschärft kontrolliert werden. Wenn nötig, müsste ihre Tätigkeit, wie gesagt, auch untersagt werden können, aber das ist erst einmal noch ein Traum. Auslaufverbote, vor allem die Prüfung der Risikoschiffe sind verbessert worden. Der Wille zur Durchsetzung ist allerdings nicht immer in einheitlicher Schärfe in den verschiedenen Ländern vorhanden. Die Frage der wirklichen Sanktionen für Reeder, Makler, Agenten und Schiffe, die sich bis heute Festhalteverfügungen entzie

hen, bleibt offen. Ich darf daran erinnern, im März lief aus dem Hafen Hamburg das Motorschiff „Reedwod“ trotz eines Festhalteverbotes einfach aus. Niemand hat dieses Schiff daran gehindert oder niemand konnte dieses Schiff daran hindern auszulaufen. Das muss zukünftig, auch wenn es hart klingt, mit anderen Mitteln verhindert werden. Stichwort: interventionsfähige Küstenwache, eine andere Alternative haben wir nicht.

Neben den internationalen und den EU-Instrumenten zur Terrorismusabwehr muss die Zusammenarbeit verbessert werden und Bedrohungsanalysen müssen für die gesamte Ostsee erstellt werden. Rückgrat der Terrorismusbekämpfung in der Ostsee sind zukünftig die nationalen Küstenwachen nach US-Vorbild. Ziel ist und bleibt, und da sind wir uns seit langem einig, eine EU-Küstenwache, ich sage besser, eine Küstenwache Ostsee, der auch diese Aufgaben mit übertragen werden.

(Beifall Michael Ankermann, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Ein nur langfristig wegen der internationalen Vertragslage zu lösendes Problem ist die vorgeschlagene Festigkeitsuntersuchung von Problemschiffen, aber Materialermüdung gehört auch zu den großen Risiken, wie wir spätestens nach der „Prestige“ wissen. Also müssten wir das anpacken und ich habe auch keinen Widerspruch gehört. Ich glaube, das ist etwas, was wir langfristig und auch auf internationalen Konferenzen durchsetzen müssen, und zwar diese Festigkeitsuntersuchungen, und dafür sollten wir uns stark machen. Auch das Problem der Schulung von Prüfern. Das technische Problem ist heute nicht mehr so ein Problem.

Ich wiederhole, lassen Sie uns bitte nur nach vorne schauen! Der Endbericht von August, ein ziemlich langer Endbericht, der den vorliegenden Antrag insgesamt und unsere Intention deutlich unterstützt, lässt uns den Weg offen. Wir haben uns heute, und das finde ich toll, von dem alten Rollenspiel verabschiedet, zumindest in diesem Bereich, und es muss Dinge geben, wo wir das nicht tun. Wir werden ab heute gemeinsam Verantwortung für die Ostsee tragen. Wir wissen, dass es eine „Prestige“-Katastrophe auch in der Ostsee geben kann, und wir wissen auch, dass wir in der Ostsee mit viel mehr Langzeitschäden rechnen müssen, und zwar viel mehr, wie das im Atlantik der Fall war. Eine solche Katastrophe wäre für uns die größte Katastrophe. Ich glaube, so richtig vorstellen kann sich das noch niemand. Ich würde sagen, sehen wir es einmal positiv und unabhängig von den Parteien.

Der Endbericht zeigt, der ja erst Ende August fertig gestellt worden ist, dass wir gemeinsam vor diesem Bericht richtungsweisende Hauptforderungen aufgestellt haben, die von allen Experten schließlich nur noch bestätigt werden konnten. In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir die bestehenden Sicherheitslücken gemeinsam benennen und uns dann gemeinsam für die Lösung dieser Probleme engagieren und Druck auf die Bundesregierung ausüben, egal wer da regiert, CDU oder SPD und Grüne. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Überweisung in die genannten Ausschüsse. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Thomas.

Das Wort hat jetzt die Landtagspräsidentin Frau Bretschneider.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer es war, aber irgendjemand hat einmal gesagt, dass Politik das langsame Bohren dicker Bretter sei. Recht hat er und ich kann heute sagen, wir haben ein dickes Brett gebohrt. Und zwar bezieht sich diese Aussage auf das Ergebnis, das die Delegation des Landtages Mecklenburg-Vorpommern auf der gerade erst gestern zu Ende gegangenen 12. Ostseeparlamentarierkonferenz im finnischen Oulu erreicht hat. Und ich möchte zu Beginn meiner Rede deshalb ganz ausdrücklich allen Parlamentariern, die an dieser Reise teilgenommen haben, den Abgeordneten Frau Holznagel, Herrn Caffier, Herrn Jarchow und Frau Schwebs, danken für ihre Unterstützung, die an vielen Stellen sehr notwendig war, aber ich möchte in meinen Dank auch ausdrücklich einschließen die Mitarbeiter der Verwaltung, die uns technisch, organisatorisch und inhaltlich dort sehr gut unterstützt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)